Gratiseintritt mit Hintergedanken

Mit einem Besucherforum versucht das Schweizerische Architekturmuseum Basel Besucher anzulocken und ihnen so Vorschläge für neue städtische Grünflächen schmackhaft zu machen.

Gabriele Detterer
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Die geschlossenen Grünflächen Basels sollen entzäunt werden – etwa diejenigen des Novartis-Campus. (Bild: Georgios Kefalas / Keystone)

Die geschlossenen Grünflächen Basels sollen entzäunt werden – etwa diejenigen des Novartis-Campus. (Bild: Georgios Kefalas / Keystone)

Das gab es noch nie. In den nächsten drei Wochen verzichtet das Schweizerische Architekturmuseum Basel (SAM) auf Eintrittsgebühren und stellt den Besuchern in seinen Räumen Flächen zum Arbeiten, Spielen, Picknicken zur Verfügung. Dient die plötzliche Zweckentfremdung der Räume dem Wohlergehen und der «Bespassung» des Publikums, weil dem neuen SAM-Direktor Andreas Ruby nach seiner bilderreichen, aber wenig erhellenden Antrittsausstellung «Schweizweit» bereits die Architekturthemen ausgegangen sind?

Natürlich nicht. Der Hintergedanke des Angebots, im SAM zu spielen, zu essen oder sich auszuruhen, ist es, den Besuchern die Thematik «Urbane Räume für gemeinschaftliches Leben» nahezubringen – oder, provokativer gesagt, unterzujubeln. Hierzu hat man unter dem Titel Forum Basel bunte Schautafeln aufgehängt. Diese zeigen von lokalen und internationalen Architekten entwickelte Vorschläge, aufgrund deren mehr offene Aussenräume für Gemeinschaftsaktivitäten in Basel eingerichtet werden sollen. Gefordert wird in der Ausstellung unter dem Schlagwort «De-fence!» vor allem, dass die geschlossenen Grünflächen Basels entzäunt werden – etwa diejenigen des Novartis-Campus.

Ob der Gratiseintritt zieht und mehr Personen ins SAM gelockt werden können? Am Sonntagnachmittag jedenfalls tut sich in den Räumen des SAM rein gar nichts. Ganz allein steht man auf dem «Pingpong-Feld» und hofft auf mögliche Tischtennis-Partner, die aber nicht auftauchen. Haben diese sich von der an der Eingangstür angeschlagenen SAM-Hausordnung für den Spiel- und Picknickraum abschrecken lassen? Verboten ist nämlich das Mitführen von Tieren, untersagt sind derbe Politiksprüche und alles, was den SAM-Freizeitbetrieb stören könnte wie «Sex and Drugs and Rock'n'Roll». Wo aber halten sich all die Basler auf, die Andreas Ruby mit seiner cleveren Idee ins Haus locken wollte? Sie lagern massenweise am nicht weit entfernten Rheinufer, sonnen sich, amüsieren sich, bändeln an, strecken die Füsse ins Wasser und geniessen die Freizeit mit Blick auf das gegenüberliegende Grossbasler Ufer und die vom Basler Münster überragte historische Skyline. Auch im Naturpark Lange Erlen gibt es rund 20 Hektaren Freizeitgelände zum Joggen, Radeln und Picknicken. Basel knausert wirklich nicht mit schönen Freizeiträumen.

Am Bedarf der Bewohner nach mehr Freizeitanlagen und Grünflächen in der Rheinstadt orientieren sich die von der SAM-Aktion initiierte Recherche sowie der Aufruf «Sei Teil des öffentlichen Lebens im SAM» jedenfalls nicht. Dann schon eher am Bedürfnis der Architekturbüros, sich selbst darzustellen.

Weit hergeholt erscheinen die im «Plan Común» von Kim Courrèges und Felipe De Ferrari gesammelten «44 Strategies For Public Space». Dazu zählen die Vorschläge, bewaldete Malls anzulegen oder Stadtviertel ohne Strassen und «without large-scale economic activities». Neben solch phrasenhaften Anregungen gibt es auch die konkreten Ideen, Basler Brücken zu begrünen, neue Rheinfähren («Art Drop») aufs Wasser zu lassen und den Brunnen auf dem Münsterplatz in eine Therme umzuwandeln. Damit mündet das Forum Basel in ein Kauderwelsch unterschiedlichster Vorschläge für Gemeinschaftsflächen im Freien. Ob sich da der Gratiseintritt lohnt? Wer in der Mittagspause mit einem Arbeitskollegen Pingpong spielen will, für den auf jeden Fall.

Das Forum Basel im SAM dauert bis 18. Juni. Begleitprogramm unter www.sam-basel.org.