Amerikas Architekt

Er lebte das Klischeebild des Baukünstlers. Vor 150 Jahren wurde Frank Lloyd Wright in Wisconsin geboren. Zu seinen Meisterwerken zählen die Präriehäuser genauso wie das Guggenheim Museum.

Ulf Meyer
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Frank Lloyd Wright (Aufnahmedatum unbekannt). (Bild: Imago)

Frank Lloyd Wright (Aufnahmedatum unbekannt). (Bild: Imago)

Bis heute steht Amerikas Architektur im Schatten von Frank Lloyd Wright. Als er 1959 starb, hatte er mehr als fünfhundert Werke geschaffen. So unterschiedlich die gestalterischen Ansätze über sieben Dekaden hinweg auch waren, sie zeugen alle von Wrights Streben nach der Harmonie zwischen Menschen und Umwelt. Bürohäuser wie das Johnson Wax Building, Kirchen und Synagogen gehören ebenso zu seinem Œuvre wie Schulen, Hotels oder Museen. Für dieses Werk wurde Wright vom American Institute of Architects zum «greatest American architect of all time» ernannt.

Dabei begann Wrights Karriere unspektakulär: Ohne Abschluss verliess er 1886 die Universität und machte sich im boomenden Chicago auf die Suche nach Arbeit. Im Architekturbüro Adler & Sullivan übertrug der grosse Louis Sullivan dem jungen Provinzler überraschend viel Verantwortung. An den Abenden und Wochenenden entwarf Wright private Wohnhäuser. Wichtige Insignien der Wrightschen Entwurfshaltung wie wirkungsvolle Geometrien, breite Bandfenster, weite Dachüberstände und offene Grundrisse entstanden in dieser Zeit. Den zentralen Kamin machte der junge Wright zum Fokus der Wohnräume; und Naturformen verarbeitete er gekonnt zur Motivik für Fenster und Teppiche.

Als eines seiner letzten Präriehäuser vollendete Frank Lloyd Wright das Robie House 1908 in Chicago (Bild: Dan Smith)

Als eines seiner letzten Präriehäuser vollendete Frank Lloyd Wright das Robie House 1908 in Chicago (Bild: Dan Smith)

Nachdem Wright sein eigenes Büro gegründet hatte, zeigte er schon beim Winslow House, wie er Ornamentik, moderne Geometrien und die Betonung der Horizontalen zu einem neuen populären Stil, der Prairie School, amalgamieren konnte. Die Möbel und sämtliche Details der Interieurs, die der Jungstar als integrale Bestandteile seiner neuen Architektur verstand, entwarf er selbst. Er begann, in den Stadtteilen Oak Park und River Forest elegante Wohnhäuser zu errichten. Wrights selbstentworfenes Studio in Oak Park wurde zum Labor einer neuen Baukunst, in dem Wright seine revolutionären Raum- und Gestaltungsvorstellungen verfeinerte. Im Jahr 1901 hatte er bereits fünfzig Prairie-Style-Häuser entworfen. Die meist zweigeschossigen, raumgreifenden Häuser mit flachen Satteldächern, prominent placiertem Schornstein, feinen Einbaumöbeln und natürlichen Baustoffen wie Stein und Holz wurden zum Markenzeichen der Wrightschen Villenarchitektur.

Zwischen 1935 und 1937 errichtete Frank Lloyd Wright über den Wasserfällen von Mill Run in Pennsylvania sein wohl beliebtestes Werk, das Haus Fallingwater. (Bild: Sxenko)

Zwischen 1935 und 1937 errichtete Frank Lloyd Wright über den Wasserfällen von Mill Run in Pennsylvania sein wohl beliebtestes Werk, das Haus Fallingwater. (Bild: Sxenko)

Eine erfolgreiche Formel war gefunden, aber Wright strebte schon vorher nach anderen Bauaufgaben: Für den Unity Temple (1908), ebenfalls in Oak Park, entwickelte er eine streng orthogonale «Raumkunst» in Stahlbeton. Der Tempel ging als erster moderner Sakralbau in die Architekturgeschichte ein. Danach gründete Wright sein Taliesin-Studio in Wisconsin. Das spätere «Taliesin West», Wrights Winterwohnsitz und Atelier in Scottsdale, Arizona, wurde zum wichtigsten Labor des Spätwerks.

Genau an diesem Wendepunkt fand Wrights Werk mit dem Haus Fallingwater von 1937 einen weiteren Höhepunkt. Das Haus hatte Wright für den Kaufhausbesitzer Edgar Kaufmann in Mill Run, Pennsylvania, so wirkungsvoll über einen Wasserfall gesetzt, dass man von den weit auskragenden Terrassen tief in die umgebende Natur blicken kann. Unabhängig von seinem architektonischen Schaffen prägte Wright auch das Berufsbild des Architekten: Seine Vorliebe für schnelle Autos, teure Kleider und schöne Frauen gehört heute zum Klischee des Berufsstandes.

Die Beth Sholom Synagoge in Elkins Park, Pennsylvania, stellt einen Höhepunkt der Synagogenarchitektur des 20. Jahrhunderts dar. (Bild: Smallbones)

Die Beth Sholom Synagoge in Elkins Park, Pennsylvania, stellt einen Höhepunkt der Synagogenarchitektur des 20. Jahrhunderts dar. (Bild: Smallbones)

Wrights städtebauliche Ideen stehen im Schatten seines architektonischen Schaffens. Die dezentrale «Broadacre City», Wrights Vision einer autogerechten Stadt, wurde 1932 im Buch «The Disappearing City» vorgestellt. Die Usonia genannte suburbane Stadt der Zukunft sollte von unzähligen «Usonian Houses» mit Flachdach geprägt sein.

Das Solomon R. Guggenheim Museum in New York läutete 1959 eine neue Ära des Museumsbaus ein. (Bild: PD)

Das Solomon R. Guggenheim Museum in New York läutete 1959 eine neue Ära des Museumsbaus ein. (Bild: PD)

Als sich nach dem Zweiten Weltkrieg der International Style in den USA endgültig durchsetzte, erfand sich Wright im Alter von achtzig Jahren noch einmal neu: Das 1959 vollendete Solomon R. Guggenheim Museum in New York wurde aufgrund seiner Raumspirale zu einem der berühmtesten Museen der Welt und gilt als sein Vermächtnis.