Veranstaltung

Landschaftsräume
Ausstellung
Landschaftsräume, Pressebild: Darko Todorovic
13. Juli 2017 bis 28. Oktober 2017
vorarlberger architektur institut
Marktstrasse 33
A-6850 Dornbirn


Eröffnung: Mittwoch, 12. Juli 2017, 19:00 Uhr

Freiraum ist Lebensqualität

„Landschaftsräume“ - Ausstellung im vai Vorarlberger Architektur Institut

10. Juli 2017 - Martina Pfeifer Steiner
Es ist an der Zeit, die wandelnden Konzepte und Strategien von zeitgenössischer Landschaftsarchitektur zu vermitteln und ein Bewusstsein zu schaffen, wie bedeutend die Gestaltung von Frei- und Grünräumen für städtebauliche Entwicklung und die Zukunft der Gesellschaft ist. Dieses Thema beleuchtet nun das vai in einer vertiefenden Ausstellung, und zwar auf Projektebene, der Ebene der AkteurInnen, des Berufsstandes bezüglich historischer Entwicklung, Ausbildung, Herausforderungen und des gesellschaftlichen Anspruches. Ein theoretischer Layer, auch zu den Subthemen, wird ebenfalls angelegt.

Über Jahrhunderte hinweg waren es Architekten, Gärtner, Maler oder Laien, die Gärten, Parks, öffentliche Plätze und Landschaften gestalteten. Gibt es irgendwo ein Schloss ohne sorgfältige Landschaftsplanung? Legendär ist die Kunst des englischen Landschaftsgartens im 18. Jahrhundert, die in bewusstem Kontrast zum bisher dominierenden französischen Barockgarten stand. Anstelle der mathematischen Strenge von exakt angelegten Beeten und beschnittenen Hecken, suchte man nach der Ästhetik natürlicher Landschaft und abwechslungsreichen Eindrücken, der Idee eines „begehbaren Landschaftsgemäldes“ folgend.

Der Berufsstand der LandschaftsarchitektInnen ist in Österreich ein recht junger, es gibt erst seit 1991 ein reguläres Studium an der Universität für Bodenkultur (BOKU) in Wien. Entsprechend den neuen Tätigkeitsfeldern wie Stadt- und Dorferneuerung, Agrarförderung, Umweltverträglichkeitsprüfungen und Gartendenkmalpflege wurden nun auch Umwelt- und Naturschutz, kooperative Planungsverfahren und alltagstaugliche Freiraumgestaltung Teil des Selbstverständnisses von Landschaftsarchitektur.

Lebensqualität

Anfang der 1990er Jahre pilgerte man noch nach Paris um den aufsehenerregenden Parc André- Citroën zu besuchen. Die große Geste war spektakulär zu dieser Zeit. Auf dem Gelände der ehemaligen Automobilfabrik, einer Fläche von 14 Hektar, wurde der Park im Stil der Postmoderne angelegt, mit drei pompösen Glashäusern, Themengärten (weiß, schwarz, rot, blau, „en mouvement“) und einer riesigen Wiese, die geometrische Wasserläufe durchziehen. Der Park kommt dem dichtbebauten Wohngebiet zugute und verbindet es mit der Seine.
Soziale und städtebauliche Dimensionen von Landschaftsarchitektur sind auch am weltbekannten High-Line-Park in Manhatten ablesbar. 2009 verwandelte man in New York die ungenutzte Hochbahntrasse in einen neuen Begegnungsort. Wo einst Güterzüge in neun Metern Höhe die oberen Stockwerke der Fabriken und Lagerhäuser mit Fleisch belieferten, blühen heute Astern und Petunien. Die Umnutzung der High Line veränderte die Umgebung rundherum. Der Meatpacking District, wo sie beginnt, West Chelsea, durch den sie führt, und Hell ́s Kitchen, wo sie aufhört wurden zu Szenevierteln, Straßenzüge sorgfältig renoviert und neue Wolkenkratzer gebaut.

Die aktuellen Arbeitsbereiche von Landschaftsarchitektur gehen vor allem in Richtung Beteiligungsprozesse. Auf interdisziplinäre Vernetzung setzt die heutige Generation, was sich an der vermehrten Kooperation in Bauprojekten zeigt, aber auch in Bürogemeinschaften.

Bürgerbeteiligung

Die Stadt Bregenz rang lange um ihren Kornmarktplatz. Ein weitreichender Bürgerbeteiligungsprozess brachte an die hundertfünfzig Leute mit Architekten, Landschaftsplanern und PolitikerInnen an einen Tisch um sich der Frage zu nähern: Was braucht Bregenz in seiner Mitte? Und das Ergebnis ist überzeugend. Der sandfarbene durchgehende Bodenbelag erzeugt Weite, die ovalen Bauminseln mit den alten Platanen und die Sitzgelegenheiten, welche sich in konvexer Linie reihen, eine angenehme Balance von Privatheit und Kommunikation.

Ebenso waren beim Platz der Wiener Symphoniker vor dem Festspielhaus die Vogt Landschaftsarchitekten aus Zürich beteiligt. Erinnern wir uns an den Aufruhr vor zehn Jahren, als man sich nicht vom alten Brunnen und einzelnen Bäumen trennen wollte. Heute schätzen alle diesen lebendigen Ort der Begegnung, der obendrein dem internationalen Flair des Hauses gerecht wird. Und wer kann sich dem Zauber des Laubbaumgartens vor dem Casino entziehen?

Dass die Kostenstelle für Landschaftsarchitektur beim Montforthaus in Feldkirch eingespart wurde, merkt man dagegen. Es reicht nicht, die Natursteinpflasterung einfach zu verlängern, einem Platz muss seine Form gegeben werden. Tatsächlich hat die Intervention der Landschaftsarchitektin Nicoletta Piersantelli dann den Stadtraum hinter dem Montforthaus gerettet. Das engagierte Beteiligungsprojekt, initiiert von einer Lehrerin des Pädagogischen Förderzentrums, hat viel bewirkt. Thematisiert wurde das starke Bedürfnis nach einem Pausenhof, Ergebnis ist eine Stadtmöblierung, die noch dazu den Bogen zum Museumsquartier in Wien spannt. Die grünen „Enzis“ fanden ihren Platz und machen Feldkirchs Stadtleben eindeutig kommunikativer.

Auch beim Laurentiuspark an der sogenannten Gesundheitsmeile, die das Krankenhaus Bludenz, Seniorenheim, „Wohnen für Jung und Alt“ und „Werkzeit“, die Ausbildungsstätte für Jugendliche, vereint, war Piersantelli federführend. In einem ausführlichen Beteiligungsprozess wurden VolksschülerInnen, die Jugendlichen und SeniorInnen in Planung und Ausführung eingebunden.

Landschaftsarchitektur vor Ort

Die Ausstellung im vai zeigt zahlreiche Beispiele der Landschaftsplanung in Vorarlberg und den angrenzenden Regionen. Konkrete Projekte sind Privatgärten, Parks, Plätze, Straßenräume, Spielplätze, Außenanlagen von Kindergärten, Schulen, Pflegeheimen, Sozialeinrichtungen, Wohnanlagen und Gewerbebauten, hier auch historische mit Neuinterpretation. Als Nachschlagewerk dient nextland, eine Internetplattform, die seit 2005 der Architekturdatenbank nextroom.at angeschlossen ist, und mit dieser vai-Aufarbeitung weiter wachsen wird.

Wichtig für die Vermittlung sind Vor-Ort-Begehungen. In Exkursionen, Wanderungen, Spaziergängen wird inhaltlich vertieft und mit den AkteurInnen diskutiert. Auch für Kinder und Jugendliche gibt es ein vielfältiges Herbstprogramm.

Die Gestaltung von Landschaftsräumen ist heutzutage auf Projektebene bereits gut verankert. Erfreulich, wenn auch die Öffentlichkeit bewusst die Qualitäten von Freiräumen wahrnehmen kann, das wäre die Intuition von gelungener Landschafts-Architektur-Vermittlung.
Der Text erschien in der Juli/August-Ausgabe von KULTUR - Zeitschrift für Kultur und Gesellschaft, http://www.kulturzeitschrift.at

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