Mit Theo Hotz ist ein bedeutender Zürcher Architekt verstorben. Peter Berger, langjähriger Mitarbeiter, beschreibt ihn im Interview als Erfinder, Praktiker durch und durch sowie als Patron, dessen direkter Stil auch verletzen konnte.
Peter Berger, Sie haben jahrzehntelang mit Theo Hotz zusammengearbeitet. Was machte ihn als Architekten aus?
Er war ein Erfinder, und das in vielerlei Hinsicht. Es gab Projekte, die ein aussergewöhnliches Raumkonzept aufwiesen und solche, die technologisch interessant waren. Er hat sich beispielsweise auch für Uhren interessiert, wollte wissen, wie deren Technologie funktioniert.
An welche «Erfindungen» denken Sie?
Vor 25 Jahren hat er beim Bau der Empa St. Gallen Photovoltaikzellen in die Fassade eingebaut – heute ist das Standard, damals war es das erste derartige Gebäude in der Schweiz. Eine seiner ersten Bauten war das Hotel Astoria in Luzern. Dort hat er die Rezeption auf dem Dach placiert. Das war in den 50er-Jahren, als der Tourismus aus den USA anzog. Für ihn war klar: Diese Leute wollen die Alpen sehen. Interessant war auch der Auftrag der Baugenossenschaft ABZ: Die Kostenvorgabe für eine einzelne Wohnung war strikt beschränkt.
Das tönt aus heutiger Sicht, da Genossenschaften sehr viele Bauten erstellen lassen, nicht besonders aussergewöhnlich.
Heute ist sehr viel mehr vorgegeben. Er musste sich damals ganz grundlegend der Frage stellen: Was macht eine Wohnung aus, was braucht es als Minimum? Resultat war unter anderem, dass kein Treppenhaus erstellt, sondern dass Balkon und Treppenhaus integriert wurden. Es handelte sich um den Regina-Kägi-Hof in Oerlikon, der zum Vorbild für kostengünstiges Bauen in Zürich wurde.
Wenn Sie von «Erfinder» sprechen, sprechen Sie seine Kreativität an. Eine Eigenschaft, die mancher Architekt für sich beansprucht. Was hat Theo Hotz von anderen abgehoben?
Seine Neugier hat ihn ausgezeichnet. Aber man muss auch die Zeit sehen, in der er tätig war. Er hat sein Büro 1949 gegründet. Heute gibt es in Zürich enorm viele gute Architekten. Damals war es sozusagen einfacher, ein «Erfinder» zu sein, als dies heute der Fall ist.
Wie kam er zur Architektur?
Er hat Hochbauzeichner gelernt. Theo Hotz war kein Akademiker, sondern ein Handwerker. Für eine gewisse Zeit hatte er eine Gastprofessur an der ETH inne, aber da fühlte er sich nicht wohl, weil er schlicht kein Theoretiker war. Er hat oft gesagt: «Während die anderen über Architektur reden, baue ich.» Er hatte zudem ein gutes Gefühl bei der Auswahl der Leute, die er ins Büro holte, und hat fähige Leute um sich geschart.
Wie war er als Chef?
Er war ein Patriarch, keine Frage. Er hat die Leute machen lassen, dann aber klare Kritik geäussert, den Finger draufgehabt. Er war sehr zugänglich, aber auch extrem direkt und damit für manche verletzend. Er hatte eine richtige «Züri-Schnurre» und hat gerne und viel geredet. Ich bin in all diesen Jahren oft mit ihm Mittagessen gegangen: Er hat dann jeweils geredet, ich habe zugehört. Er war gewitzt und kulturinteressiert. Er war ein richtiger Zürcher, FCZ-Fan. Er sagte immer allen gleich «Du», war unkompliziert und gerade für die jungen Architekten sehr zugänglich.
Als Patriarch dürfte ihm der Rückzug aus dem Geschäft nicht leicht gefallen sein.
Vor sieben Jahren hat er mir und meinen Partnern Stefan Adler und Robert Surbeck das Büro übertragen. Seit seiner Unterschrift vor sieben Jahren kam er nicht mehr ins Büro. Er sagte, er könne es sich nicht vorstellen, nicht das letzte Wort zu haben. Er hat uns gefehlt. Nicht unbedingt als Architekt, aber als Mensch und als einer, der seine Meinung sagt. Wir sind Freunde geblieben bis zum seinem Tod.
Was war sein letztes grosses Projekt?
Das Sihlcity hat er noch bis zur Einweihung begleitet. Es war wohl auch der Höhepunkt seines Schaffens. Wir konnten mit dem Projektentwickler eng zusammenarbeiten. Anfangs war das Sihlcity als konventionelles Einkaufszentrum geplant. Heute ist es ein Stück Stadt. Das ist sein Verdienst.