Bauwerk

Schweizerische Hochschule für die Holzwirtschaft
Marcel Meili, Markus Peter Architekten - Biel (CH) - 1999

Holz im urbanen Kontext

Innovative Schulhausarchitektur von Meili & Peter in Biel

17. August 1999 - Christoph Affentranger
Ging es um Bauen mit Holz, so hatte die «Landi»-Formel: «Mit Holz Heimat bauen» mehr als ein halbes Jahrhundert lang Gültigkeit. In den vergangenen Jahren konnte man dann aber eine überraschende Trendwende beobachten, deren technische Voraussetzungen neue Holzbautechniken und neue Bauvorschriften bildeten. Der hohe Stellenwert ökologischer Handlungsweisen in unserer Zeit bildet den gesellschaftspolitischen Hintergrund für den Boom. Architekten und Ingenieuren gelang es, das enge Korsett tradierter Formen zu sprengen. Jüngstes Beispiel dafür sind die von den Zürcher Architekten Marcel Meili und Markus Peter mit Zeno Vogel realisierten Neubauten der Hochschule für die Holzwirtschaft in Biel.

Das Grundstück liegt am Rand von Biel direkt an der Hauptstrasse Richtung Solothurn. Eine Industriehalle, eine Wohnanlage, der Höhenzug des Juras und offene Felder bilden den Kontext. Hier sollte nach dem Willen der Bauherrschaft, der Schweizerischen Hochschule für die Holzwirtschaft Biel, die aus zweigeschossigen Schulgebäuden mit flachen Giebeldächern sowie niedrigen Werkhallen und Lagerschuppen bestehende Anlage aus der Nachkriegszeit verdichtet werden. Mit zwei typologisch unterschiedlichen Eingriffen haben die Architekten das relativ grosse Raumprogramm auf dem engen Grundstück überzeugend untergebracht. Zum einen bauten sie die neuen Hallen der Verfahrenstechnik im südlichen Teil des Areals direkt an die bestehenden Werkhallen und verbanden so Alt und Neu zu einem grossen und flachen Bau. Als Gegenpol entstand ein viergeschossiges, kubisches Lehrgebäude, das sich in seiner Mächtigkeit abhebt von den niedrigen Nachbarbauten mit ihren Giebeldächern. Das Besondere an diesem 94 Meter langen und 17 Meter hohen Ankerpunkt im städtebaulichen Kontext ist, dass es sich dabei um einen Holzbau mit einem Erschliessungskern aus Beton und einer vorgehängten hinterlüfteten Fassade aus Eichenholz handelt.

Das dominante, weit auskragende Flachdach ist nicht bloss eine formale Spielerei, sondern entscheidend für den Wetterschutz der Holzkonstruktion. Das Attikageschoss ist auf den Längsseiten um die Balkonschicht zurückversetzt. In den unteren drei Geschossen durchbrechen auf beiden Hauptfassaden des Gebäudes eingezogene Terrassen die mit Fenstern horizontal strukturierten Wände und lassen das Tageslicht bis in die Erschliessungszonen vordringen. In umgekehrter Richtung entstanden so Beziehungen aus dem Gebäude heraus in die Landschaft. Der Rundgang durch das Innere des Gebäudes wird so zu einem Erlebnis mit immer neuen Blickwinkeln.

Auf Kontraste als Kunstgriff setzen die Architekten im Inneren des neuen Lehrgebäudes. Überproportional grosse Türen etwa stehen im Gegensatz zu niedrigen Durchgängen, die wiederum in hohe Räume führen. Auf der Ebene der Materialisierung tritt der rohe Beton der Korridore und Treppenhäuser in ein faszinierendes Wechselspiel mit den aus unterschiedlichen Holzarten gebildeten Oberflächen der Klassenzimmer und der übrigen Räume. Die Freude an Proportionen und präzisen Details bestimmt das ganze Gebäude. Das von den Ingenieuren Conzett, Bronzini, Gartmann aus Chur erarbeitete konstruktive Konzept nutzt beide Materialien, Holz und Beton, optimal. So wurden etwa die den Baukern umgebenden Schuleinheiten als selbsttragende Holzkonstruktion ausgebildet. Dadurch werden die Betondecken des Erschliessungskerns nicht durch die Vertikallasten des Holzbaues belastet. Sie tragen primär sich selbst und wurden deshalb als vorgespannte Flachdecken mit grossen Spannweiten erstellt. Das Lehrgebäude und die Werkhallen der Hochschule für die Holzwirtschaft sind sichtbarer Beleg dafür, dass ein Bau aus Holz auch im städtischen Kontext bestehen kann. Dafür und für den bis ins Detail klugen Einsatz des Baustoffes Holz wurde die Anlage wenige Tage vor der Einweihung am heutigen 17. August mit dem «Prix Lignum» ausgezeichnet.

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Für den Beitrag verantwortlich: Neue Zürcher Zeitung

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