Bauwerk

Loft M.
Kirchweger und Zechner - Wien (A) - 2004

Raumgebirge mit Himmelsblick

Mit einem kostengünstigen, oberlichtbanderhellten Raummöbelsystem aus naturlackierten MDF-Platten schenkten die Architekten Kirchweger und Zechner einer Loft in Ottakring individuelle Rückzugsnischen, ohne den Charakter des zentralen Einraums zu zerstören.

2. Juli 2005 - Isabella Marboe
Auf Otto Wagners Hochtrasse pfeift die Vorortelinie über die Julius Meinl Gasse, der Traditionsbetrieb, Gewerbe, Fabriken, Gemeindebauten und das Kongressbad mit Park drückten der Gegend ihren Stempel auf. Lärm dröhnt über den rot-weiß-rot beplankten Badeeingang in der Liebknechtgasse, gegenüber lag ein Gewerbeblock brach, den Bauträger BAI verwertete. Dreiseitig von neuen Wohn- Geschäftsriegeln mit Merkur-Markt geschlossen, blieb vom Bestand nur die Westflanke in der Beringgasse. Die alten Hallen wurden estrichfertig saniert und in diverse Größen unterteilt zum Ausbau verkauft.

Außen lassen rote Fliesen zwischen grauen Stahlbetonrahmen und doppelreihige quadratische Vollwärmeschutzfenster den Bestand nur erahnen, hinter den Türen am rigipsbeplankten Flur aber zeigen sich Lofts mit Qualität und Charakter: 4 m hohe, große Einräume mit leporelloartig gefälteter Stahlbetondecke. Beim Badeausflug mit seinen zwei Kids entdeckte der Bauherr den Block, im fast quadratischen, nord- und westseitig voll durchfensterten, gleichmäßig hellen Eckloft erfüllte sich sein Eigentumswohntraumraum. Hier gab es keine Überhitzung, ideales Atelierlicht und Ruhe.

Bisher hatte er in einer Gründerzeitwohnung gelebt, die kindlichem Lauf-Spiel- Schlafdrang, seiner Leidenschaft fürs Malen, Kochen und Essen mit vielen Freunden genug Zimmer bot. Die Loft sollte ein kommunikativer Einraum mit offener Küche bleiben, doch er brauchte schallund blickdichte Rückzugszonen für sich, die Kinder und einen Raum zur flexiblen Innenerweiterung, der Untermietoption, Gästen und später jedem Kind eigenes Quartier bot. Den Spagat aus kollektivem Groß- und separatem Individualkleinraum bewältigt das sorgfältige Innenraumdesign von Kirchweger und Zechner bravourös. Sie entwickelten ein günstiges Elementsystem aus naturlackierten MDF-Platten und Glas, das fließende Grenzen definiert, Möbel, Stauraum, Licht und Installationen trägt.

Über den 2,50 Meter-Wandmöbeln bieten ein Meter hohe Glasbänder auf zarten MDFLeisten, MDFLeisten, die weder Rippenstruktur noch Fenstersprossen queren, den optischen Vollgenuss der Deckenfaltung, die sich als Kunsthimmel übers Loft legt. Ihr flächendeckendes Pendant bildet das strapazierfähige, geölte Eichenindustrieparkett, das mit der MDF-Haut harmoniert. Fächerartig in bewegtem Knick um die bestimmende, freie Diagonale geführt, fasst die neue raumfacettierende Feinstruktur eine lebensoffene Mitte ein, die sich zum lichten Nordwesteck weitet und so subtil den schönsten Blick über eine Allee inszeniert. Sie gibt der Loft eine Richtung und ihren Rändern differenzierte Privatnischen.

Wie Inselriffe im Parkettmeer driften die Raummöbel zum Eingangseck, schützen das private Dahinter, lenken sanft Blick und Schritt zur hellen Weite. Am fixen Kaminschacht dockt die lange, schwebende Nirostawerkbank mit Herd an, wo der Koch bei freiem Blick hantiert und Gäste wie an einer Bar sitzen. Dahinter entfaltet sich am beckenkühlschrank- stauraumbergenden MDF-Rücken die längste Raumöbelkette an der Ostwand. Sie birgt das MDF-Bad, wo Spiegel, blau lackierte Wände, verglaste Dusche und Schiebetür in sein Schlafzimmer am Nordfenster Licht und Frische bringen. Es folgt das Reich der Kids, die ihre Spiellade durch die schräge Kastenraumwand ins Wohnen schieben können. Die zweite MDF-Formation pirscht sich von Süden zum Entree, wo sie mit Guckloch überm Telefon die Garderobe bildet, die sich zur Gastraumoberschrankflucht ausbuchtet und so dem Bett an der Wand Bewegungsfreiheit schenkt. Hier ruht man unter zwei Himmeln: naturblau westbesonnt am Fenster, weiß stahlbetongefaltet am Oberlicht.

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Akteure

Architektur

Bauherrschaft
Jürgen Maurer