Bauwerk

Landhaus 2
fpa frank und probst architekten, Walter Schwetz Architekt - Innsbruck (A) - 2005
Landhaus 2, Foto: Dave Bullock

Landhaus im Gleichgewicht

15. April 2006 - Nora G. Vorderwinkler
Das Schlagwort „Gender Mainstreaming“ findet zusehends Eingang in unterschiedlichste Lebensbereiche. Der Begriff wurde 1985 im Zuge der UN-Frauenkonferenz in Nairobi aus der Taufe gehoben. Inhaltlich wird dabei die Überwindung von sozialen Ungleichheiten zwischen Frauen und Männern in allen Lebensbereichen und bei allen Planungs- und Entscheidungsschritten gefordert. Doch wie steht es heute, 20 Jahre später, um diese Forderung in einer männerdominierten Branche wie der Architektur?

Beim Neubau des Landhaus 2 in Innsbruck wurden die Leitlinien des Gender Mainstreaming österreichweit erstmals in einem öffentlichen Gebäude umgesetzt. Dabei war der Anspruch auf eine geschlechtersensible Planung keineswegs von vorne herein im Projekt implementiert. Der Beschluss der Tiroler Landesregierung zur Umsetzung des Gender Mainstreamings in allen Bereichen war zwar 2002 bereits erfolgt, dennoch bedurfte es erst eines Hinweises an die Stadtverantwortlichen, das Thema beim Bau des Landhauses zu berücksichtigen. Mit der Aufgabe wurde die Innsbrucker Architektin Elke Krismer betraut. Da das Projekt zum Zeitpunkt ihres Einstieges bereits weit gediehen war – die Polierplanung stand kurz vor dem Abschluss – konnte die Architektin in ihren Bemühungen um eine rollenneutrale Bauausführung nur in beschränktem Maße Einfluss nehmen. Am Beginn ihrer Arbeit stand eine geschlechterspezifische Analyse der Ausgangssituation und der Grundlagen für das Projekt in Form eines Fragebogens, der neben den Projektleiter, Auftraggeber und Architekten auch an die Sonderplaner und an die künftigen NutzerInnen des Gebäudes ausgegeben wurde. Nach deren Auswertung wurden konkrete Maßnahmen zur Erreichung eines Idealzustandes erarbeitet und weitestgehend umgesetzt. Der Maßnahmenkatalog umfasste neben der Überprüfung der Standortfrage hinsichtlich Erreichbarkeit und vorhandener Infrastruktur auch Fragen der Sicherheit. Um so genannte Angsträume zu vermeiden, wurde die Situierung der Frauenparkplätze bei gleichzeitiger hierarchieloser Zuteilung der Benutzerparkplätze überprüft. Ebenfalls erfolgte eine Adaptierung der allgemeinen Lichtsituation und des Treppenhauses, indem teilverglaste Türen eingesetzt wurden. Die öffentlichen Wartebereiche wurden mit Spielnischen für Kinder ausgestattet. Eine dezidierte Kinderbetreuungsstätte für NutzerInnen und Kunden hatte sich nach Auswertung der Fragebögen als hinfällig erwiesen. Die Arbeits- und Bürobereiche sind möglichst transparent gestaltet. Das Leitsystem weist haptische, symbolische, farbliche und sprachliche Merkmale auf, die geschlechterdifferenzierte Bezeichnungen verwenden und sich vom Außenbereich in Verbindung mit dem Blindenleitsystem konsequent durchziehen. Hinsichtlich der Gestaltung des Außenbereichs wurden staudenartige Pflanzen durch hochstämmige Bäume ersetzt, um uneinsehbare Bereiche zu vermeiden. Das Landhaus 2 gilt als Pilotprojekt für die Umsetzung des Gender Mainstreamings im öffentlichen Bau. Fortschritte wurden auch schon anderorts erzielt: In Oberösterreich wird die Umsetzung des Gender Mainstreamings noch in diesem Jahr in die Anforderungsliste für öffentliche Förderungen im Wohnbau aufgenommen werden.

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Für den Beitrag verantwortlich: 20er - Die Tiroler Straßenzeitung

Ansprechpartner:in für diese Seite: Steffen Arorasteffen.arora[at]zwanzger.at