Bauwerk

Kunsthaus Bregenz
Peter Zumthor - Bregenz (A) - 1997
Kunsthaus Bregenz, Foto: Hans Ege
Kunsthaus Bregenz, Foto: Margherita Spiluttini
Kunsthaus Bregenz, Foto: Hans Ege

Lob der einfachen Wahrheit

In Bregenz wird heute Peter Zumthors „Kunsthaus“ eröffnet

Ursprünglich sollte es ein Museum regionaler Kunst werden, künftig soll es als ein Ort internationaler Gegenwartskunst und der jüngsten Kunstgeschichte fungieren. Mit der Schau _James Turrel – Lichträume (Bericht folgt) wird heute das Kunsthaus Bregenz, bestehend aus Verwaltungs- und Ausstellungsgebäude, eröffnet.

25. Juli 1997 - Gert Walden
Die Gesamtkosten werden auf 285 Millionen Schilling geschätzt, wofür 3.880 Quadratmeter Nutzfläche errichtet werden konnten. Der Schweizer Architekt Peter Zumthor hat mit seiner städtebaulichen Disposition der beiden Gebäude Einbindung und Autonomie im Kontext zwischen Kornmarkttheater und Bodenseeufer erreicht. Das niedrigere Verwaltungsgebäude nimmt die Höhen der umliegenden Häuser auf, der freistehende Turm des Ausstellungsgebäudes signalisiert Bedeutsamkeit durch Fernsichtwirkung, beide begrenzen einen offenen Platz als Forum für das Kunstpublikum.

Zwar ist die Form des Turmes auch mit Grundflächenersparnis argumentierbar, doch wollte Zumthor damit mehr: Das Haus ist ein Ort für Kunstwerke und Menschen. Die Ruhe des Raumes und die kontemplative Haltung gegenüber der Kunst werden als Aussagen einer Architektur formuliert, die über die elementare Wechselwirkung zwischen Licht und Materie entstehen. Zumthors Baukunst ist kompromißlos und dominant zugleich. Die Ausstellungsräume in den drei Obergeschoßen werden jeweils von drei L-förmigen Betonscheiben begrenzt, welche die Treppenaufgänge und Aufzüge verdecken, um die Ausschließlichkeit der räumlichen Wahrnehmung nicht zu stören. Natur- und Kunstlicht werden ausschließlich über die Geschoßzwischendecken eingeleitet, womit der Blick ins Freie versperrt wird.

Kunst und Baukunst stehen also im Mittelpunkt der Betrachtung und in einem Licht, das auf eine Weise gedämpft ist, daß der Maximalkontrast zwischen Hell und Dunkel kaum entstehen kann, was auf die Dauer recht ermüdend ist. Wie auch die perfektionierte Eindimensionalität, das Hierarchische der Räume sich von der Komplexität des tatsächlichen Lebens deutlich abgrenzt. Hier werden noch die einfachen Wahrheiten von Materie, Proportionen und Lichtwirkungen hochgehalten, auch an der Fassade mit ihrer semitransparenten Haut aus geätzten Glasschindeln.

Wer sich auf das Spiel einläßt – und die Künstler müssen das wohl – wird allerdings belohnt. Die außenliegende Glasschindelfassade – eine tragende Konstruktion vor der eigentlichen Gebäudehülle – reflektiert ähnlich wie bei Norman Fosters ITN-Gebäude in London die klimatischen Veränderungen, läßt aber zugleich Bewegungen im Inneren des Turmes erkennen. Die Modulation des Lichts als Verbindungselement zwischen Innen und Außen, ohne deshalb ausgewiesene Baustrukturen bemühen zu müssen, zählt sicherlich zu den bemerkenswertesten Aspekten dieser Architektur. Wie auch die bewußte Verschleierung technischer Aspekte zugunsten einer sehr hohen Materialpräsenz in einer Konsequenz zu Ende gedacht wurde, die in ihrer Haltung gegenüber dem Pragmatismus der gegenwärtigen österreichischen Architektur, weniger in ihrer „Kopierfähigkeit“ beeindruckt.

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