Bauwerk

Seniorenheim Stockerau
Johannes Zieser - Stockerau (A) - 2006
Seniorenheim Stockerau, Foto: Rupert Steiner
Seniorenheim Stockerau, Foto: Rupert Steiner
30. August 2009 - Az W
Grundgedanke des Entwurfes ist ein im Park vor Anker liegendes „Schiff“, das über einen „Landungssteg“ mit dem „Festland“ verbunden ist. Der Geländesprung verstärkt diese metaphorische
Deutung noch. Das Gestaltungskonzept sowie alle vorgeschlagenen Materialien folgen diesem Gedanken, das Haus wird als Arche und als beherbergendes Schiff gesehen. An der Stelle des Bauplatzes verschränken sich zwei städtebauliche Ordnungssysteme, das des Roten Hofes mit dem noch in diesem System gebauten Kolomansheim sowie jenes der Neubaugasse mit seinen Einfamilienhäusern, das zu den vorigen verdreht ist. Die Grenzen des Grundstücks folgen jeweils diesen Ordnungen. Das Gebäude antwortet auf diese Ordnungssysteme und erhält dadurch eine dynamische Spannung, die eine vorteilhafte Aufweitung nach Süden mit sich bringt.

Durch diesen Geländesprung wird es möglich, bei vollem Tageslicht den Wirtschaftsbereich, den Allgemeinen Bereich und den Arzt- und Therapiebereich in insgesamt 3 Geschossen anzuordnen, was ein Gebäude mit äußerst kurzen Wegen zur Folge hat. Durch den winkelförmigen Zuschnitt des Grundstückes kann der Pflegetrakt optimal ost-west-orientiert angeordnet werden, er bindet mit der
Pflegestation, den Pflegefunktionsräumen und dem Aufenthaltsbereich im Zentrum an den Wirtschafts- und Allgemeinbereich an. Die kompakte Anordnung aller Abteilungen hat eine hohe Wirtschaftlichkeit in Bau und Betrieb zur Folge.

Ausgehend von der vorhandenen Neigung des Bauplatzes von etwa einem Geschoss (2,70 m) wurde das Gebäude so situiert, dass abgesehen von den abzutragenden vorhandenen Erdwällen möglichst geringe Erdbewegungen nötig sind. Dieser Niveauunterschied macht es möglich, am Roten Hof ebenerdig das Eingangsgeschoss zu betreten (Niveau +174,45) und von diesem nur mehr jeweils ein Geschoss abwärts oder aufwärts zu gehen (Erdgeschoss und Obergeschoss).
Erklärtes Ziel des Entwurfes war es, den maximalen Weg der Stationsschwester zum weitest entfernten Zimmer mit 40,00 Meter zu begrenzen. Durch die versetzte Anordnung des grundsätzlich zweihüftigen Zimmertraktes mit den Pflegefunktionsräumen in der Mitte (Tageslicht von außen und über ein Oberlichtelement) gelingt es, die Zimmer sehr nahe an der Station anzuordnen.

Alle Gemeinschaftsräume sind optimal südorientiert und beziehen sich in ihrer Ausrichtung auf den bestehenden Park des eigenen sowie des anschließenden Grundstückes des Kolomansheimes. Die Gemeinschaftsräume der Abteilungen sind in einem räumlichen Verbund mit der Raumfolge Friseur-Kapelle-Heimcafe in drei Ebenen angeordnet. Diese Gemeinschaftsräume ergeben in Verbindung mit dem im Erdgeschoss integrierten Pflanz- und Wasserbecken, den räumlichen Strukturen des zweigeschossigen Cafes (Kamin, Stützen, Pflanzen, Beleuchtung) eine zentrale Lebenswelt mit ausgewogener Balance zwischen Geborgenheit und Öffentlichkeit.

Im Erdgeschoss ist die Gartengestaltung mit einem Pflanz- und Wasserbecken im Gebäudeinneren fortgesetzt. Die Bepflanzung soll in mindestens zwei Geschossen räumlich wirksam werden. Im
Erdgeschoss liegen unmittelbar anschließend der Gemeinschaftraum der Pflegeabteilung sowie der Speise- sowie Aufenthaltsbereich des Personals. Zu allen Jahreszeiten bringt dieses räumlich komplex angelegte Zentrum einen nicht zu ersetzenden atmosphärischen und klimatischen Gewinn.

Dem Wunsch der Ausschreibung entsprechend sind die halböffentlich nutzbaren Räume in unmittelbarer Nähe des am Roten Hof gelegenen Haupteinganges angeordnet. Friseur/Fußpflege, Kapelle, Seminarraum und Heimcafe bilden eine schrittweise sich weitende und nach Süden auf die Cafeterrasse sich öffnende Raumfolge. Die Stützenreihe der tragenden Konstruktion führt direkt zu den Erschließungstreppen und den Aufzügen. Doppelgeschossige Verglasungen mit großzügigem
Vordach erlauben einen wunderbaren Ausblick in die Parklandschaft Richtung Neubaugasse. Nordseitig liegt an dieser Stelle die gesamte Verwaltung. Durch die versetzte Anordnung der Geschosse ist die Anlieferzone unmittelbar vor dem Wirtschaftsbereich durch eine Rampe möglich. Durch einen weiteren Eingang in unmittelbarer Nähe der beiden Aufzüge ist auch die Belieferung des Kellergeschosses optimal gewährleistet. Als Abschluss der Zimmereinheiten ist dem Pflegetrakt in allen Geschossen sowohl im Norden als auch im Süden eine verglaste Freiterrasse vorgelagert. Diese sind im Süden verlaufend auskragend ausgebildet, um eine möglichst gute sommerliche Beschattung zu gewährleisten, im Norden hingegen parallel dazu, um eine möglichst gute Besonnung zu erhalten. (Text: Architekten)

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Für den Beitrag verantwortlich: Architekturzentrum Wien

Ansprechpartner:in für diese Seite: Maria Welzigwelzig[at]azw.at