Bauwerk

Hang im Haus
polar÷ - Bad Gleichenberg (A) - 2006

In der Mitte ist das Licht

Für eine befreundete Familie plante das Architekturbüro polar ein Atriumhaus. Das ebenerdige Baukunstwerk schwebt auf einer aufgestelzten Bodenplatte federleicht über dem Hang. Und schon winkt der erste Preis: „Das beste Haus 2007“ in der Steiermark.

7. Dezember 2007 - Isabella Marboe
Bad Gleichenberg ist ein Dorf. Eisern hält sich im Ort das Gerücht, dass Architekten ein Vermögen kosten. Auch Familie J. fiel der öffentlichen Meinung anheim - und fuhr daher, ohne auch nur einen Moment zu zögern, in die Blaue Lagune, um dort am gebauten Objekt das Terrain des Leistbaren zu erkunden.

Man wurde fündig. Den befreundeten Architekten Siegfried Loos und Margot Fürtsch, die unter dem Namen polar firmieren, präsentierte Familie J. den häuslichen Fund und den eigenen Grund, um noch ein paar heiße Tipps zu ergattern. Die Architekten kamen und staunten: Das sonnige Grundstück, schön in einer Talmulde gelegen, erwies sich als leichte Hanglage. Mit dem Traum des Fertighauses aus der Blauen Lagune war es damit aus und vorbei.

Nun kam das Architekturbüro polar ins Spiel. Das Budget war klein, die Erwartungen an einen überzeugenden Entwurf waren dafür umso größer. Die Architekten gingen sehr umsichtig vor. In vielen Gesprächen loteten sie die Gewohnheiten jedes einzelnen aus. In einem Punkt waren sich alle zukünftigen Bewohner einig: Ein großes, gemeinsames Wohnzimmer musste her, alle Räume sollten ebenerdig auf einer Ebene angesiedelt werden. Den Blicken aller ausgesetzt zu sein? Da hatten die beiden Töchter Unbehagen. Feinsensorisch wurde ihnen diese Vorstellung genommen. Stattdessen reifte die Liebe zu guten Materialien und zu reichlichem Veränderungspotenzial heran.

In der Mitte ein Atrium

Die Essenz all dessen wurde schließlich in einen Entwurf gegossen: ein Atriumhaus, das auf einer aufgeständerten Bodenplatte federleicht über dem Gelände schwebt. In nur drei Tagen stand der Holzbau. Sorgfältig wurde er so ins Grundstück gesetzt, dass auch die flache Wintersonne in den verglasten Innenhof strömen kann. Feinakkordiert gruppieren sich sämtliche Räume um diesen Innenhof. Er ist der kontemplative Angelpunkt, um den das Wohnen kreist. Morgens bis abends scheint hier die Sonne. Gelegentlich kommt ein Haustier aus Nachbars Garten zu Besuch, schlüpft unter dem Haus hindurch und nimmt im sonnigen Atrium Platz.

Draußen vorm Haus. Am Eingang steht ein winterkahler Amba-Ahorn. Die Fassade aus graugrünen Eternitplatten bietet ihm einen passenden Hintergrund. An der Westseite drängt sich die Massivholzdecke des Innenraums nach außen und geht in ein Vordach über. Wind- und blickgeschützt kann man hier in der Abendsonne liegen und über Sitzstufen in den Garten hinausgehen. „Wir haben mit der Terrasse große Freude“, sagt die Baufrau, „bis Ende Oktober können wir unbedenklich draußen sitzen.“

Sichtbares Holz

Im Innenraum dominieren warme Farben und Materialien. Die sichtbare Massivholzdecke schafft atmosphärische Wärme. Dem Holz war man nicht abgeneigt. Statt über eine herkömmliche Treppe bewältigt man den Niveausprung zum lauschigen Platz am Feuer mittels eines massiven Holzblocks, der unbekümmert auf dem Boden liegt. „Ich liege oft auf dem Boden und genieße die Wärme“, sagt die Baufrau.

Einmal kam eine Kurgästin angetrippelt und deponierte ein Kuvert: Zwei Fotos vom Gebäude und liebe Grüße waren darin. Seit das Projekt mit dem Steiermark-Preis für „Das beste Haus 2007“ ausgezeichnet wurde, gibt es viele neugierige Besucher.

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Akteure

Architektur

Bauherrschaft
Christian Jöbstl
Karin Jöbstl