Bauwerk

Haus 47°40´48´´N / 13°8´12´´E
maria flöckner und hermann schnöll - Adnet (A) - 2006

Jurytext, Architekturpreis Land Salzburg, 03.12.2008

3. Dezember 2008 - newroom
Die Koordinaten der Breitengrade bezeichnen/verorten das von Maria Flöckner und Hermann Schnöll geplante Haus zwar, benennen es jedoch nicht. Wir wissen, dass es im Raum Salzburg, in Adnet zu finden ist und mittels der bereits alltäglichen Navigationsinstrumente gelangen wir mit dem Auto direkt vor die Haustüre. Trotzdem bleibt der Ort vorerst abstrakt. Und das scheint dem Denken, dem Programm der Auftraggeberfamilie und des Architektenduos zu entsprechen.
Bestimmend für den Entwurf ist der gekonnte Umgang mit Differenzen – z. B. einer Differenz zwischen einer Idealisierung eines Hauskonzeptes und der selbstbewussten Einfügung in eine ganz spezifische Landschaftssituation. Das wäre noch nichts Neues. Wir kennen das von Mies van der Rohes Haus Farnsworth und neuerdings von dessen interessanten Bastarden - des japanischen Architekten Shigeru Ban. Auch bei diesen Häusern fehlt die Zentralität, sind Boden- und Deckenplatte die bestimmenden Elemente, fließt der Raum nach Außen und die Landschaft nach Innen, erfolgt der Materialeinsatz höchst kontrolliert und doch poetisch.
Also: Was ist dann das Originäre an dem ausgezeichneten Haus von Flöckner und
Schnöll?
Der Ausgangspunkt für den Entwurf ist ein völlig anderer, nicht ein klassizistisch-mathematischer, sondern ein strukturell-poetischer. Themen wie Tragen und Lasten bleiben formal ausgeklammert. Geometrisch eindeutig sind nur die neun modularen, im Grundriss präzise platzierten Servicekuben. Der rechte Winkel löst sich zu den Außenbegrenzungen hin auf. Das ergibt Zwischenräume und Filter, die souverän die Landschaft einbeziehen, rahmen oder mitunter auch nicht.
Im Inneren des Hauses zeigt sich der strukturelle Ansatz in einem unhierarchischen Spiel mit Bewegung und Statik, der Gleichsetzung von mobilen Gegenständen wie Tisch, Auto oder Couch über die Möglichkeiten der räumlichen Veränderungen durch bewegliche Elemente zwischen den Kuben.
Details und Materialen sind sorgfältig geplant und präzise eingesetzt, wirken aber nie autonom sondern folgen dem funktionell-ästhetischen Konzept des Hauses. Das Haus ist sozusagen farblos. Hätten wir doch mehr so „farblose“ Häuser die den Bewohnern, den benötigten Gebrauchsgegenständen und der sich auch farblich ständig verändernden Landschaft einen derartig lebendigen, kultivierten Rahmen bieten.
Jetzt erhoffen wir uns von Maria Flöckner und Hermann Schnöll geplante Werke im
städtebaulichen Maßstab. Ihre eigenständigen, intelligenten und damit
zukunftsweisenden Architekturen sollten entsprechend gefördert und honoriert werden.

Text: Michael Hofstätter

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