Bauwerk

kaiser - Um- und Aufbau Kaiserstraße
pool Architektur - Wien (A) - 2007

Stilvolle Krone für die Gründerzeit

Mitten im dicht verbauten Wien erstrahlt ein Gründerzeithaus im neuen Look. Die pool-Architekten setzten dem Bestand zwei Geschoße auf und verbanden das Alte und das Neue zu einer Einheit.

21. Juni 2008 - Isabella Marboe
Das Haus stammt aus dem Baujahr 1890, hatte nur zwei Geschoße und eine kaiserliche Adresse. Es liegt in der Kaiserstraße im hippen siebten Wiener Gemeindebezirk. Das Schönbrunnergelb war stark ergraut, der Laden im Erdgeschoß schon seit langer Zeit geschlossen. Das konnte nicht so bleiben. Der Bauträger Gewog legte daher die Sockelsanierung und den Dachausbau in die Hände der pool-Architekten.

Die Zugangssituation wurde verbessert, die behutsam entkernten und zusammengelegten Wohnungen wurden mit neuen Fenstern, Parkettböden und allerlei haustechnischem Komfort ausgestattet. Im neuen Dachaufbau wurden zudem elf neue Wohneinheiten geschaffen. Die gegeneinander versetzten Bauvolumen und Terrassen sorgen für Licht, Luft und Freiraum.

Das Haus liegt im dicht verbauten Stadtgebiet. Der Hauseingang, der früher in der Mitte der Straßenfassade lag, wurde an die nördliche Feuermauer verlegt. Durch ein dynamisch geknicktes, gläsernes Portal kann man nun von vorn bis hinten das ganze Haus durchschreiten. Frisches Blau an Wänden und Pfeilern und die vielen Rampen bilden einen spannenden Parcours, der bis ins Hinterhaus führt. Zwei Seitenflügel mit eigenen Stiegen umschließen einen sechs Meter schmalen Hof.

Nachdem das Kellerfundament verstärkt wurde, konnte das Abenteuer auf dem Dach beginnen. An der Feuermauer im Süden ist ein Hohlraum eingeschnitten, der als unsichtbare Lichtquelle alle Ebenen durchzieht. Dem Wohnraum im vierten Stock schenkt er eine exklusive, witterungsgeschützte Loggia, der Wohnung darüber eine Terrasse mit Blick zum Wilheminenberg. „Ich finde es sehr schön, dass man vom Balkon in die Kinderzimmer sehen kann“, sagt das Mädchen, das hier wohnt. Auf der Terrasse darunter übt ein Kind gerade Schnurspringen.

Aufbau aus einem Guss

„Wir wollten keine glatte Schachtel auf den Bestand setzen. Es sollte wie aus einem Guss wirken“, erklärt Architekt Axel Linemayr vom Büro pool. Als zeitgenössische Attika ragen die zwei aufgestockten Geschoße mit ihren leicht abgeschrägten Kanten über die Kaiserstraße. Sie tragen denselben elfenbeinfarbenen Putz wie der Bestand. „Die Fenster sollten möglichst groß sein, doch der Straßenraum ist sehr eng. Also mussten wir einen Weg finden, um den Sichtbezug zum Gegenüber zu filtern.“

Zwischen den schlanken, modernen Gesimskanten oben und unten sind die Fensterläden aufgefädelt. Wer sie öffnet oder schließt, gestaltet auf diese Weise das Stadtbild mit. „Wir verwenden diese Fensterläden täglich“, sagt Linemayr. Er ist selbst ins Haus gezogen und wohnt im vierten Stock.

Seine 2,70 Meter hohe Wohnküche ist durchgesteckt, geschlafen wird zur Straße. Vor der Glasfassade ist eine trichterförmige Loggia eingeschnitten. Die Decke darüber steigt zum Hof auf fast sechs Meter an. Der vife Architekturkenner hat es wohl schon erahnt: Der Plafond über der Loggia ist zugleich eine Treppe - über sie gelangt man auf die Terrasse der Wohnung darüber. Dort beginnt der zweistöckige Dachaufbau, der das Haus stilvoll krönt. Von all dieser angewandten Geometriekunst ist von unten jedoch kaum etwas zu sehen.

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