Bauwerk

Villa F.
Najjar & Najjar - Wien (A) - 2008
Villa F., Foto: Manfred Seidl
Villa F., Foto: Manfred Seidl

Seemann, deine Heimat

Beim Umbau einer in die Jahre gekommenen Villa in Wien-Mauer haben die Architekten Najjar & Najjar die Yacht ins Haus geholt.

4. April 2009 - Sabine Lintschinger
Von der Straße aus ist der Villa F. vom Umbau im vergangenen Jahr kaum etwas anzusehen. Die Farben wurden auf Schwarz und Weiß reduziert, dem Eingang wurde ein Glaskobel vorgelagert, darüber zieht sich - wie Al Capones Hut - ein Satteldach in die Fassade hinein.

Die Lage im Süden Wiens, die tolle Aussicht und der großzügige Garten mit altem Baumbestand waren für den Bauherrn Kaufargumente genug. Da er aber modern und ungewöhnlich wohnen wollte, machte er sich im Internet auf die Suche nach dem passenden Architekten. Ein kleiner Wettbewerb folgte: „Der Entwurf von Najjar war mit Abstand der beste“, erzählt der Bauherr im Rückblick.

„Die Entwurfsidee zielte darauf ab, den Bestand aufzuwerten und die Blickbeziehungen zu verbessern“, sagt indes Architekt Rames Najjar, der dem ursprünglichen Stil des Hauses nicht viel abgewinnen konnte und die Bauaufgabe als schwierig bezeichnet. Um großzügige, zusammenhängende Räume zu schaffen, wurden Wände entfernt und Teile der Fassade abgetragen, bis nur noch der Rohbau stehenblieb.

Beim Betreten des High-End-Luxusdomizils offenbart sich bereits die innere Wandlung des Gebäudes - vom düsteren Wienerwald-Stil zum coolen Yachtdesign. Hell und klar ist das Entree mit seiner farbigen Hinterleuchtung im Eingangsgeschoß, wo auch Gäste untergebracht werden können. Über eine Marmortreppe gelangt man auf die Wohnebene der Villa F. Man staunt nicht schlecht: Eine Welle geht durch den Raum, der Blick folgt ihr unweigerlich.

„Die Welle ist eine Verbindungsmöglichkeit“, erklärt Najjar, „von der Formensprache her ist der Umbau vom Bootsbau inspiriert.“ Daher sind auch die unterschiedlichen Funktionen unauffällig in die Wände integriert. Die mit Corian verkleidetete Möbelwand dient als Stauraum für die Dinge des Alltags. Selbst die technischen Spielereien wie Video-Beamer und die Leinwand für das Home-Cinema sowie die LED-Beleuchtung verschwinden dezent in der Decke. Nichts stört, nichts liegt herum.

Versteckt und weggeräumt

Die Lebensbereiche Essen, Kochen, Wohnen und Arbeiten gehen nahtlos ineinander über. Blickfänger ist das Aquarium, das wie ein lebendiges Bild die Wand ziert und mit dem hinterleuchteten, computergenerierten Glas verschmilzt. Rund eine halbe Stunde täglich braucht das Salzwasseraquarium an Aufmerksamkeit, so der Hausherr. Sinn der lebendigen Wasserlandschaft war es, dem Raum mehr Tiefe zu geben und den Yachtcharakter zu verstärken.

Die Küche ist ein weiteres Highlight des Hauses. Das übliche Sammelsurium an Töpfen und Küchengeräten lässt sich hier nicht einmal erahnen. Wer will denn schon in einem 500 Quadratmeter großen Refugium des Jetsets Kochtöpfe und Karotten herumliegen sehen? Sämtliche Funktionen verschwinden in den Wänden. Sogar die unscheinbaren Ecken haben es in sich und bergen so manches Regal.

Am Ende der Welle liegt eine integrierte Bar, die flächenwirksam hinter einem creme- und gelbfarbenen Wandkunstwerk verschwindet. Ansonsten dominiert die Lieblingsfarbe des jungen Bauherrn: Weiß schätze er eben nicht nur beim sommerlichen Outfit und beim Sportwagen, meint er, sondern auch im Haus.

Durch eine Glaswand gelangt man schließlich in den Spa-Bereich mit Sauna und Pool. Gegenstromanlage, Wasserfall, Massagedüsen, Poolbeleuchtung - alles da. Wenn man in den chilligen Liegen Platz nimmt, wähnt man sich auf einem Schiffsdeck. Hinter der Reeling gleitet der Blick statt aufs Meer hinaus in den Garten. Der maritime Gedanke wurde auch im Obergeschoß weitergeführt. Wie eine Kommandobrücke thront auf dem Haus eine riesige Gaupe aus Glas. Hier liegt einem Wien zu Füßen - oder aber das Fernsehprogramm im aufklappbaren Flatscreen.

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