Bauwerk

Erweiterung Internatsgebäude für Schisportlerinnen
Dieter Tuscher, Martin Maximilian Weiskopf - Stams (A) - 2008
Erweiterung Internatsgebäude für Schisportlerinnen, Foto: Henning Koepke

Auszeichnung des Landes Tirol für Neues Bauen 2010

12. November 2010 - aut. architektur und tirol
Stams, heißt es, sei die Schi-Kaderschmiede aller erfolgreichen Weltmeister und Olympiasieger in Österreich. Entsprechend großzügig wird in die Ausstattung des Ortes investiert. Nicht bloß in Sportanlagen und Geräte, sondern auch in die Architektur. Das barocke, weithin sichtbare Kloster gestattete keine Behelfsbauten. Mit Othmar Barths Gymnasium (1980) wurde rechtwinklig zu den historischen Bauten des Stifts und parallel zum Hang eine topografische Zäsur gesetzt. Sie war maßgebend für die Fortsetzung der Bebauung, die sich im Anschluss an das bis auf das 13. Jahrhundert zurückgehende Mensagebäude in die geneigte Landschaft fügt. Dabei versteckt sich der u-förmige Internatsbau für die jungen Schisportlerinnen aber nicht wie ein getarnter Flugzeughangar, sondern zeichnet mit seiner brückenartigen Verbindung im Anschluss an den Altbau einen neuen Horizont: Die Intervention ist Haus und ist Landschaft. Zwischen den beiden Schenkeln der in die Topografie eingeschnittenen Zimmertrakte liegt ein geschützter Gartenhof. Der funktionale Ausbau aus heimischer Eiche, zwischen Vorstandsbüro und Yachtdesign changierend, würde jedem Sterne-Hotel zur Ehre gereichen. Man muss diese Atmosphäre als Beitrag zur ästhetischen Erziehung betrachten, sonst vermisst man Indizien, dass hier pubertierende Schülerinnen wohnen.

Auch der Altbau beherbergt in den Obergeschossen Appartements mit Ein- bis Dreibett-Zimmern, alle mit eigenem Bad. In den breiten Treppenhallen stehen jetzt solide Schließfach-Inseln. Die historischen Räume wurden von verunstaltenden Einbauten befreit, ihre dunkel ausgeschlagenen, an gemütliche Weinstuben erinnernden Kabinette sind ebenfalls durch sachliche helle Eicheneinbauten ergänzt. Statt imitierender Schmuckformen konterkariert die Präzision des Industriestandards die neuen Speiseräume. Sichtbarer Bruchstein, weißer Putz, altes Holz, daneben Ortbeton, Stahlbauteile und die flächigen Schreinerarbeiten sind ein Lehrbeispiel, wie sich um ein historisches Gebäude respektvoll ein zeitgenössisches Passepartout legen lässt. (Jurytext: Wolfgang Bachmann, Auszeichnungen des Landes Tirol für Neues Bauen 2010)

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Für den Beitrag verantwortlich: aut. architektur und tirol

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