Bauwerk

Sanierung Rathaus / Bildsteinhaus Kufstein
Rainer Köberl, Giner + Wucherer - Kufstein (A) - 2011
Sanierung Rathaus / Bildsteinhaus Kufstein, Foto: Lukas Schaller

Wurzelbehandlung

Das Rathaus von Kufstein liegt im Süden der Altstadt an prominenter Stelle unterhalb des Kirchhügels und der Festung. Es ist eingebunden in einen kleinen, dreiparzelligen Häuserblock zwischen mittelalterlicher Stadtmauer, altem Friedhof, Kirch- und Festungsweg. Unlängst im Zuge von Bauarbeiten archäologisch freigelegte Bereiche der mittelalterlichen Friedhofsanlage konnten zeigen, dass die Bebauung dieses Quartieres vor die Zeit der Stadterhebung 1393 zurückreicht. Das Rathaus selbst ist an dieser Stelle erstmals 1520 erwähnt. Der Bau lässt den spätgotischen Bestand in der Gewölbehalle im Erdgeschoss noch heute erkennen. Er besaß bis zur Neugestaltung 1923/24 mit dem heute so markanten Stufengiebel ein gotisches Grabendach und war äußerlich kaum von den normalen Stadthäusern zu unterscheiden. Unmittelbar im Süden angebaut, ursprünglich durch einen schmalen Parzellenstreifen getrennt, finden sich das sogenannte Bildsteinhaus und das Pfarrstöckl. Beide Bauten tradieren mit ihrer Südflucht die Position der mittelalterlichen Stadtmauer, sind selbst wiederholt überformt, besitzen aber noch heute ansehnliche Bereiche wie ein barockes Stiegenhaus. Die drei Objekte schaffen ein historisch beachtliches Ensemble und sind seit geraumer Zeit in öffentlichen Besitz.

Mit der Erweiterung des Rathauses wurde eine Zusammenlegung der Gebäude erwogen. Ein Wettbewerb zur Nutzung und Gestaltung brachte Klarheit, dass es möglich war, historisch gewachsene Strukturen so mit einander zu verbinden, dass die Gebäude ihre eigene Entwicklung bewahren konnten und gleichzeitig Notwendigkeiten der Nutzung, Erschließung, Barrierefreiheit, u.a.m., in einer neuen, fast selbstverständlich scheinenden Parallelstruktur unterzubringen. Mehr noch, die neue Erschließung bedient sich Erzählungen der alten Stadt. Die Stadt erhält ein neues Tor so groß wie ein Stadttor, man könnte glauben es war immer an jener Stelle. Dieses führt durch die „Stadtmauer“ mitten ins Rathaus, die Wegachse weiter zum Unteren Stadtplatz und verleiht dem Rathaus zu ebener Erde einen öffentlichen Charakter, ähnlich mittelalterlicher Vorbilder.

Der Umbau des Rathauses von Kufstein ist getragen von neuer Architektur in der zweiten Reihe, von qualitätvoller Reparatur und guter Ergänzung, von Bezügen die mehrheitlich von innen nach außen getragen werden, von sichtbaren wie unsichtbaren Beipässen und der Zurücknahme der Gebärden im Außenbau, dessen zeitgenössische Veränderung nur an der weißen Krone des Bildsteinhauses wahrzunehmen ist, die nach einer Verzahnung von Himmel, Festungsberg und Dachlandschaft trachtet und so der Bau nicht von sich selbst, sondern vom Ensemble lebt. Baulich war manches schwierig zu meistern. Gute Wurzelbehandlungen brauchen eben gutes Arbeiten, damit der Gleichklang in einem mit historischen Werten belegten Ensemble erhalten werden kann. (Text: Walter Hauser)

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Für den Beitrag verantwortlich: aut. architektur und tirol

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