Bauwerk

Parkhotel (vormals: Turmhotel Seeber)
Henke Schreieck Architekten - Hall in Tirol (A) - 2003
Parkhotel (vormals: Turmhotel Seeber), Foto: Norbert Freudenthaler
Parkhotel (vormals: Turmhotel Seeber), Foto: Norbert Freudenthaler

Lust auf Torte?

Lois Welzenbachers Parkhotel in Hall/Tirol war gleichzeitig an heutige Bedürfnisse anzupassen wie in seinem ursprünglichen Zustand wieder herzustellen. Wie Henke|Schreieck die Quadratur des Kreises schafften.

27. Juni 2003 - Liesbeth Waechter-Böhm
Es war schon im Wettbewerbsverfahren ein ungewöhnliches, ein riskantes Konzept, das Dieter Henke und Marta Schreieck vorgeschlagen haben, als es um die Instandsetzung und vor allem die Erweiterung des Turmhotels Seeber, später Parkhotel, von Lois Welzenbacher in Hall/Tirol ging. Denn vom Welzenbacher-Bau (1930/31) war der eigentliche Korpus zwar noch da, aber er war an der einen Seite, Richtung Kurmittelhaus, so zugebaut, dass man ihn als Turm kaum noch wahrnehmen konnte. Und das von außen so Besondere der an den Gebäudeecken weit vorkragenden Balkone, die den Eindruck einer Drehbewegung vermittelten, mit der sich das Haus optisch gewissermaßen aus der Erde herausschraubt, das gab es nicht mehr. Die hatte man irgendwann abgeschnitten. Der frei stehende Turm von Welzenbacher war also in seiner turmartigen Wirkung schon extrem reduziert. Und dann noch der Vorschlag von Henke[*]Schreieck: neben den kleinen Turm Welzenbachers einen zweiten, größeren zu setzen!

Der schöne Kurpark, gleich angrenzend an die wundervolle Altstadt von Hall, auf einem ansteigenden Gelände gelegen, begrenzt auf der einen Seite durch das Kurmittelhaus von Hans Illmer (ebenfalls 1930/31) und daneben, aber abgesetzt das Turmhotel von Welzenbacher: In einem solchen Umfeld einen Erweiterungsbau zu realisieren, der nicht das gesamte Grünareal „auffrisst“, der den Welzenbacher nicht tangiert, der ja im Gegenteil frei gelegt und im ursprünglichen Zustand wieder hergestellt werden sollte, gleichzeitig aber eine Verbindung zwischen Neubau, Welzenbacher und Kurmittelhaus zu schaffen, das war das Kunststück. Und erschwerend kam dann noch dazu, dass eine gewaltige Erweiterung der städtischen Tiefgarage unter dem Parkareal gefordert war.

Dass das alles geht, davon kann man sich jetzt überzeugen. Noch ist das Kurmittelhaus zwar eingerüstet, weil es geputzt wird, und die Grünanlagen, die durch den Tiefgaragenbau ziemlich gelitten haben, sind erst im Entstehen (Grünplanung: Auböck/Karasz), aber dass hier ein ausgesprochen spannendes Gebäudeensemble entstanden ist, darüber lässt sich nicht streiten.

Der Turm neben dem Turm: der neue rund, 23 Meter hoch und fast schwarz; der alte quadratisch, niedriger und ganz weiß. Und alles verbunden durch ein Sockelbauwerk, das im Neubau ins ansteigende Gelände eingebettet ist und bis hinunter zum Kurmittelhaus in einer großzügigen, aber nicht aufdringlichen Geste alle Bauten verbindet.

Henke[*]Schreieck haben das neue Haus konisch geplant, ein bisschen wie einen Trichter, der sich nach oben verbreitert und rundum verglast ist. Und diese Verglasung wiederum ist eingepackt in ganz regelmäßig geschichtete Lamellen, die die Rundung erst herstellen, denn die Glashaut selbst konnte aus ökonomischen Gründen natürlich nicht gebogen sein; gleichzeitig dienen die Lamellen der Beschattung und dem Sichtschutz.

Die verglaste Fassade macht die Zimmer von der Decke bis zum Boden vollkommen auf - der Ausblick ist in alle Richtungen sensationell, ob man jetzt die Nordkette oder die Altstadt von Hall oder auch den Welzenbacher vor Augen hat. Auf diesen visuellen Mehrwert wollte man einfach nicht verzichten, noch dazu, wo man ja auf Balkone bewusst verzichtet hat, um den Welzenbacher-Bau, dessen Charakteristikum die Balkone sind, auf keinen Fall zu konkurrenzieren.

Die Hotelzimmer im Neubau haben durch die runde Gebäudeform eine Art „Tortenstück“-Zuschnitt. Das klingt vertrackter, als es tatsächlich ist: Dadurch, dass sich jedes Zimmer zur Aussicht, zum fantastischen Panorama hin öffnet, erweitert sich der Innenraum sozusagen virtuell. Im Welzenbacher-Haus bedurfte es da schon größerer Anstrengungen, um auf einen Standard zu kommen, der einer heutigen Vier-Sterne-Kategorie entspricht. Denn da musste man in einer Drei-Zimmer-Abfolge jeweils das mittlere Zimmer streichen und für räumlich versetzte Badezimmer nutzen.

Das alte Parkhotel hat dem Bauherrn und den Architekten überhaupt einiges aufzulösen gegeben. Ursprünglich wusste ja gar niemand wirklich etwas mit diesem wunderbaren Zeugnis einer regional infiltrierten, gleichwohl internationalen Moderne anzufangen. Die Stadt Hall hat es zwar gekauft - aber was tun damit? Es waren Architekten, nämlich Inge Andritz, Feria Gharakhanzadeh und Bruno Sandbichler, die bei der Stadt vorstellig wurden, um auf die Bedeutung des Welzenbacher-Hauses aufmerksam zu machen. Konsequenz ihrer Initiative war ein EU-weites Auswahlverfahren und ein Wettbewerb unter 15 Teilnehmern. Den hat allerdings das Team Wiederin-Konzett gewonnen, das einen nur viergeschoßigen Neubau vorschlug, der aber entsprechend mehr Grundfläche im Park verbraucht hätte, weil sich ja am Umfang des Programms nichts geändert hat. Henke[*]Schreieck waren damals Zweite. Das Hauptproblem beim Projekt von Wiederin-Konzett war, dass sie die Verbindung der einzelnen Baukörper ausschließlich unterirdisch geplant hatten und davon auch nicht abgerückt sind. Während der Betreiber - verständlicherweise - argumentierte, dass eine Tunnelverbindung für ein Vier-Sterne-Hotel nicht zumutbar sei und es obendrein eine Restaurantlösung geben müsse, die alle Bauten gleichermaßen bedient und obendrein für ein externes Publikum attraktiv ist, sind doch die Haller früher auch ins Parkhotel speisen gegangen.

Bevor Henke[*]Schreieck, als ursprünglich Zweitgereihte, den Auftrag akzeptierten, bestanden sie auf einer neuerlichen Jury-Sitzung, bei der die verschiedenen Standpunkte, natürlich vor allem der Betreiber, gehört wurden. Erst dann kam es zur jetzigen Lösung.

Wie schwierig die Sanierung des Welzenbacher-Hauses werden sollte, war zu diesem Zeitpunkt noch nicht abzusehen. Die Zimmer waren heutigen Anforderungen anzupassen, so viel war klar. Aber kein Mensch konnte ahnen, dass etwa die Bewehrung in den Balkonplatten auf der falschen Seite lag, dass sie statisch nicht sicher waren. Da war ein ungeheurer Aufwand nötig - und der wurde immer größer, wo immer man auch hingefasst hat.

Das ist aber jetzt alles geschafft. Man weiß beim besten Willen nicht, was man jemandem raten soll: im Welzenbacher zu logieren oder im Neubau. Ich habe im Neubau gewohnt, mit Blick auf die Nordkette, den Welzenbacher habe ich besichtigt, immer und immer wieder. Ich habe die feinen, sehr, sehr feinen Eingriffe von Henke[*] Schreieck bewundert, etwa wie sie die viel zu niedrigen Geländer im Stiegenhaus „aufgedoppelt“ haben, ohne den Charakter zu zerstören. Und ich muss sagen, dass die Abfolge Hotelhalle - Bar - Frühstücksraum - Restaurant, allem vorgelagert eine großzügige Terrasse mit Restaurantbetrieb, aufs selbstverständlichste funktioniert. Es ist immer ein gutes Zeichen, wenn man nicht darüber nachdenkt, wie es einmal war, wie es hätte sein können. Solche Fragen stellen sich beim Parkhotel gar nicht. Nein, was man als Eindruck mitnimmt, kann nur sein: So ist es, und anders soll es gar nicht sein.

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