Bauwerk

Wohnbau Hirtenkloster
Nussmüller Architekten - Graz (A) - 2014
Wohnbau Hirtenkloster, Foto: Paul Ott
18. September 2015 - HDA
Nördlich des ehemaligen Hirtenklosters, zwischen Wienerstraße und Mühlgang im Westen und Schleifbach im Osten wurde 2014 eine Wohnanlage der ÖWG von Nussmüller Architekten fertiggestellt. Das Projekt umfasst 407 Wohneinheiten und geht auf einen, von den ausführenden Architekten gewonnenen, zweistufigen Wettbewerb im Jahr 2001 zurück. Über einen Zeitraum von zehn Jahren wurde die Anlage in vier Bauabschnitten ab 2004 realisiert.


Beim Wettbewerb waren aufgrund der Größe des Bauvorhabens städtebauliche Überlegungen von großer Bedeutung. Es musste auf das heterogene Umfeld und die stark befahrene Wienerstraße reagiert werden. Zu diesem Zeitpunkt war auch klar, dass in mittlerer Zukunft eine Straßenbahnlinie in den Nordwesten von Graz gebaut werden sollte. Zur Disposition standen zwei Trassenvorschläge am Planungsgebiet vorbei und einer durch das Areal. Bis zum Bau der Straßenbahn sollte die Buslinie 40 diese Strecke bedienen. Das Siegerprojekt von Nussmüller Architekten griff die letztere Variante auf und entwickelte das Projekt entlang dieser zentralen Nord-Süd-Verbindung zwischen Kalvariengürtel und Viktor-Franz-Straße.


Nussmüller Architekten entwarfen einen durchgängigen, sich zentral aufweitenden Grünraum entlang der ÖV-Trasse, gleichzeitig der Stadt als auch dem Wohnbau zugehörig. Eine die Trasse begleitende Rad- und Fußwegeverbindung sollte ebenfalls realisiert werden. Im Osten wird dieser Raum durch einen langen geschwungenen fünfgeschoßigen Baukörper definiert, dessen Wohnungen zu diesem orientiert sind. Großzügige Durchgänge über zwei Geschoße durchbrechen den Riegel und gewährleisten Offenheit. 

Während die zentrale Achse im Südwesten noch von einem länglichen Baukörper begleitet wird, löst sich dieser im Norden in sieben- bis achtgeschoßige Punkthäuser auf. Diese Hochpunkte markieren zugleich jenen Teil, an dem sich das Grundstück bis zur Wienerstraße erstreckt. Die hier angrenzenden Baukörper sind normal zur zentralen Achse ausgerichtet, bis schließlich eine steil ansteigende Wiese das Areal zur Wienerstraße hin abgrenzt. 

Von der Wienerstraße aus erinnert die Rückseite dieser Rampe durch ihre Betonoberflächen an die Außenansicht einer Stadiontribüne. Darunter befinden sich jedoch überdachte PKW-Abstellplätze und die Einfahrt zur Tiefgarage. Sie funktioniert als Schallschutz gegenüber der Wienerstraße.



Auf Basis dieses, von der Jury unter Vorsitz von Günther Domenig erstgereihten Entwurfs wurde 2002 einstimmig seitens der Stadt Graz ein Bebauungsplan inklusive der ÖV-Trasse beschlossen. 2008 wurden die für die ÖV-Trasse und die Geh- und Radwegeverbindung nötigen Flächen in das öffentliche Gut übernommen. Bis 2011 wurde der Unterbau für die Trasse, sowie der Geh- und Radweg am Grundstück fertiggestellt, weiters wurde um die straßenrechtliche Einreichung im nördlich angrenzenden Bereich bis zur Viktor-Frank-Straße angesucht. Im November 2012 wurden schließlich die Fertigstellung der ÖV-Trasse und die Führung der Buslinie über das Areal aufgrund von Protesten von Politiker:innen, Bürger:innen und Bewohner:innen auf Eis gelegt – an Plänen für die Straßenbahn wird offiziell weiter festgehalten.

 Infolge dessen wurde der Lückenschluss zur Viktor-Franz-Straße weder für den öffentlichen Verkehr noch für Fußgänger und Radfahrer hergestellt. Die Wohnanlage ist nun nur vom Kalvariengürtel und der Wienerstraße zugänglich.



Die einzelnen Baukörper werden mittels Laubengang erschlossen, was zum Erreichen der Barrierefreiheit vorteilhaft ist. Die Treppenaufgänge zu den Laubengängen sind aus deren Achse herausgeschwenkt. Der Übergang zwischen öffentlichen und privaten Bereichen auf Erdgeschoßebene wird dadurch und über Eingangsnischen und Grünflächen definiert. Die Gestaltung dieses Übergangs auf der Wohnseite wird weitestgehend den Bewohner:innen überlassen.
Auch in den Obergeschoßen gewährleisten die abgesetzten Laubengänge im Zusammenspiel mit Eingangsnischen eine sauber definierte Zugangssituation und Kommunikationsraum. Die Balkone gewinnen, ebenfalls mittels Nischen an Tiefe und erweitern damit die querlüftbaren Grundrisse in den Außenraum.
Zentral und im Osten des Gebiets liegende Spielanlagen bieten, zusammen mit dem zentralen grünen Anger, ein differenziertes Angebot an Freiflächen.
(Text: Georg Schutka)

teilen auf

Für den Beitrag verantwortlich: HDA

Ansprechpartner:in für diese Seite: Karin Wallmüllerbaudatenbank[at]hda-graz.at