Bauwerk

neunerhaus hagenmüllergasse
pool Architektur - Wien (A) - 2015
neunerhaus hagenmüllergasse, Pressebild: Hertha Hurnaus
neunerhaus hagenmüllergasse, Pressebild: Hertha Hurnaus

Preisträger ZV-Bauherrenpreis 2016

5. November 2016 - newroom
Schon von außen ist an den Fassaden des stattlichen Eckhauses mit den unregelmäßig verteilten Fensteröffnungen zu erkennen, dass das Neunerhaus im dritten Wiener Bezirk, eine am Ort eingesessene Einrichtung für obdachlose Mitbürger:innen, nicht aus gestapelten Normwohnungen besteht. Die differenzierten Fassaden zu den Straßen hin und mehr noch im Hof signalisieren die Individualität der einzelnen Wohneinheiten. Die Bewohner:innen sollen sich nicht in normierten, aufgereihten Einheiten verwahrt fühlen.

Im Inneren gibt es kein Treppenhaus im eigentlichen Sinn, sondern einen bis unters Dach durchs Haus „mäandrierenden“ Weg mit unterschiedlichsten Raumerlebnissen, der die Cafeteria im Untergeschoss, den Sozialen Stützpunkt, die Büros, die Arztpraxis, den Veranstaltungs- und Aufenthaltsbereich sowie die 79 Wohneinheiten auf sieben Etagen miteinander verbindet. Es gibt 57 Wohnplätze in unterschiedlichen Wohnungstypen für Übergangswohnen und 22 Plätze für dauerhaftes, betreutes Wohnen. Jedes Geschoss bietet eigene Situationen und Treffpunkte, denn Kommunikation aller Beteiligten untereinander wird bei dieser Wohnform für Menschen in prekären Lebenssituationen höchste Bedeutung beigemessen. Die Betreuung findet nicht nur in den Sprechzimmern im Erdgeschoss statt, sondern in informeller Form auch in den Kommunikationszonen der Wohnetagen. Das räumlich komplexe Erschließungssystem generiert für scheue, nicht ans Wohnen gewöhnte Menschen halbprivate und zwanglos kommunikative Eingangssituationen zu den kargen, notwendigerweise robust, aber ausreichend dimensionierten und möblierten Apartments. Der eigentlich enge Tiefhof ist für den Aufenthalt im Freien und als Zugang zur von den Bewohner:innen betriebenen und für Besucher:innen offenen Cafeteria räumlich geschickt miteinbezogen und sympathisch begrünt.

Die Architekt:innen haben die Funktionsbeschreibungen und Anforderungen des Betreibers in ein ungewöhnliches Raumprogramm umgesetzt, das anschließend vom Bauträger engagiert und mutig realisiert wurde. Wenn man Sozialarbeit „bauen“ kann, wenn man durch architektonische Konzeption Obdachlosen ein selbstbestimmtes, menschenwürdiges und betreutes Wohnen ermöglichen kann, wenn man mit Architektur die Resozialisierung unterstützen kann, so wird das in diesem vom Verein neunerhaus konzipierten und betriebenen und von der WBV-GPA errichteten Gebäude in beeindruckender Weise geleistet. (Text: Jurytext ZV-Bauherrenpreis 2016, Falk Jaeger)

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