Bauwerk

Niedrigenergiehaus Gemini+
AL1 Architektinnen, grundstein - Weissenbach an der Triesting (A) - 2010
Niedrigenergiehaus Gemini+, Foto: Clemens Franke
Niedrigenergiehaus Gemini+, Foto: Clemens Franke
18. November 2017 - ORTE
Das Grundstück im südlichen Wienerwald liegt leicht abgesenkt zur Hauptstraße im Norden und erstreckt sich rund 35 Meter nach Süden, wo es an Wiesen grenzt. Den idyllischen Baumbestand wollten die Bauherren unbedingt erhalten. Die finale Gebäudeform nimmt vorhande Lichtungen und markante Baumansammlungen auf und „kombiniert diese mit den Neubauten zu einer bewohnbaren Raumfolge. Es entsteht eine vielschichtige Wohnlandschaft, die die Typologie des Wohnhauses im dörflichen Raum um einen Baustein ergänzt.“

Es entstanden zwei L-förmige Baukörper die miteinander in Beziehung treten und durch Verschwenkung eines der beiden Körper um 90 Grad eine wettergeschütze Hofsituation zwischen sich aufspannen. Im Keller sind die beiden Körper miteinander verbunden, da nur ein Haus pro Grundstücksparzelle zulässig ist.
Das Konzept für das Niedrigenergiehaus entstand in engem Austausch aller Planungsbeteiligten. Aus gemeinsam diskutierten Fragen wurden Thesen abgeleitet, die die Idee des Gebäudes widerspiegeln:

„Kinder wollen in den meisten Lebensphasen kein eigenes Zimmer. Dem entsprechend ist das Grundprinzip die offene Raumfolge. Die einzelnen Räume sind abtrennbar, aber das Schliessen der eigenen Zone hat zweite Priorität.“

„Ein Bad kann Durchgangsraum sein. Das Baden steht inmitten des Lebens. Der Badebereich ist sowohl von Küche als auch vom Wohnbereich her zugänglich. Auch hier gilt die Priorisierung der Offenheit vor hermetischer Trennung der Funktionen.“

„Fliesende Räume und ein Haus als Rundlauf – schaltbar und wechselhaft. Die Reminiszenzen an einen Loos'schen Raumplan sind offensichtlich. Ein Fenster vereint die drei Funktionen: die Blickbeziehung von innen und außen, die Belichtung und die Belüftung. Diese drei Funktionen können in drei Elementen bedient werden.“

„Ein Wohnhaus braucht keine gängigen Sehmuster, braucht keinen ablesbaren Eingang, braucht keine ablesbaren Geschossteilungen.“

„Gebaut wird auf autodidaktischer Basis mit geringem handwerklichem Vorwissen unter Einbeziehung lokaler Akteure. Daraus ergibt sich die Bauphase als bewusster (Lern-)Prozess unter Anwendung spezifischer Methoden und dem weitgehenden Verzicht auf Grossmaschinen.“

„Ansicht ist gleich Grundriss ist gleich Schnitt ist das Entwurfsprinzip der Konstruktion. Die Holz-Beton-Verbund-Bauweise wird als Decke, als geschlossene Wand und als Licht spendende Stützenreihe zugleich verwendet. Um den Baumbestand zu schonen, wurden die Holz-Beton-Verbund-Wände auf der Bodenplatte gestapelt gegossen und nacheinander wie ein Falthaus hochgeklappt. Die Materialisierung ist eine Symbiose aus vor Ort bzw. regional Vorgefundenem, wie das Holz des Wienerwaldes für die Konstruktion, der Lehm des Aushubes für den beheizten Boden oder der Hanf aus Tschechien als Dämmstoff. Traditionelle Techniken verbinden sich mit technisch-industriellen Lösungen, wie der doppelten Acryl-Doppelsteg-Fassade zu einem Niedrigenergiehaus.“ (AL1 Architekt:innen, bauchplan, grundstein, Peter Kneidinger) (Text: Peter Popp, erschienen im DETAIL online 07.02.2013)

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Für den Beitrag verantwortlich: ORTE architekturnetzwerk niederösterreich

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