Bauwerk

Stavros Niarchos Foundation Cultural Center
Renzo Piano Building Workshop - Athen (GR) - 2017
Stavros Niarchos Foundation Cultural Center © SNF - Yiorgis-Yerolymbos
Stavros Niarchos Foundation Cultural Center © SNF - Yiorgis-Yerolymbos

Neues Kulturzentrum: Ein Kulturpalast in Athen

Griechenlands Nationaloper und Nationalbibliothek übersiedeln nun in das neue Kulturzentrum im Süden Athens. Die Stiftung des Reeders Stavros Niarchos hat dem Staat das Megaprojekt übergeben – und finanziert sicherheitshalber weiter die Kosten für den Betrieb.

24. Februar 2017 - Markus Bernath
Jogginghosen und T-Shirts trocknen an einer schiefen Leine auf dem Balkon eines Nachbarhauses. Auf dem schmutzigen Gehweg hat ein fürsorglicher Mensch zwei kleine Holzhütten gebaut, aus denen korpulente Straßenhunde träge schauen. Und um die Ecke braust ohne Unterbrechung der Autoverkehr über die sechsspurige Posidonios-Avenue Richtung Piräus oder Glyfada, vorbei an leer stehenden Büros und fahlgrünen Palmen. Das Kulturzentrum, das hier aufgesperrt hat, komplett mit Opernhaus, Nationalbibliothek und Park, wirkt wie ein Meteor aus einer anderen Welt, der im Süden Athens einschlug.

Elly Andriopoulou hat einen anderen Vergleich. „Als die Leute den Beginn der Bauarbeiten sahen, wurde es ein Leuchtturm der Hoffnung“, sagt die Managerin des Kulturzentrums der Stavros-Niarchos-Stiftung: „Es ging voran, ganz nach Plan. Es war für sie.“ Andriopoulou arbeitet für die wohl größte private Wohltätigkeitsorganisation im Griechenland der Schuldenkrise. Der Reeder Niarchos hatte – weitgehend steuerfrei wie alle in der Branche – bis zu seinem Tod 1996 ein Milliardenvermögen angehäuft, mit dem seine Familie seither dem Land unter die Arme greift.

Am Donnerstag übergab die Stiftung das Megaprojekt in einer abendlichen Feier an Staat und Volk. So war es 2009, kurz vor Ausbruch der Finanzkrise, in einem vom Parlament ratifizierten Abkommen festgelegt worden. Die Niarchos-Stiftung finanziert und verschenkt anschließend ihre Projekte, selbst wie jetzt einen vom Stararchitekten Renzo Piano entworfenen Kulturpalast.

670 Millionen Euro hat er am Ende gekostet, nur ein bisschen mehr als die 617 Millionen, die Alexis Tsipras zum Ärger der Kreditgeber im vergangenen Dezember an die Rentner im Land verteilt hatte. Tsipras’ Weihnachtsgeschenk ist längst verpufft. Doch das Kulturzentrum bleibt. Für Griechenland, wo Politiker und Medien jeden Tag mit Millionen und Milliarden an Schuldenrückzahlungen und neu verordneten Sparzielen jonglieren wie an einer Börse, ist ein neuer öffentlicher Platz zum Lesen und Musikhören ein unglaublicher Luxus.

Die „schöne Aussicht“

Renzo Piano hatte eine Frage, als er den enormen Baugrund im Süden Athens zum ersten Mal inspizierte. „Wo bitte ist die schöne Aussicht?“, soll der Architekt gefragt haben. Kallithea, der Name der Vorstadt zwischen Piräus und der Bucht von Faliro, bedeutet eben das – „schöne Aussicht“. Doch Kallithea ist ärmlich und zubetoniert, die Sicht auf die Bucht und auf den Saronischen Golf zwischen Athen und dem Peloponnes abgeschnitten durch die Schnellstraße entlang des Ufers.

Die „schöne Aussicht“ haben sich Renzo Piano und die Architekten seines Workshops deshalb selbst geschaffen. Ein Hügel wurde angehäuft, der als Parkanlage breit und langsam ansteigend über die Glasfront der Bibliothek hinweg auf das Dach des Opernhauses führt. Dort schützt, einem Segel ähnlich, ein enormes Solarpanel die Besucher vor der Sonne. Von oben haben sie einen Rundumblick über Athen und den Golf; unten, vom Eingang der Parkanlage betrachtet, sieht man nur das Solardach des Opernhauses. Mit seinen Stützen wirkt es wie eine neue Akropolis. Alte Olivenbäume mit dickleibigen Stämmen, neu eingesetzt, und bauchige Sessel zum Sitzen und Sonnen wie in den Pariser Stadtparks, die zwischen Rosmarin- und Lavendelbüschen platziert sind, geben der Gartenanlage das Aussehen eines modern-antiken Hains. Ein künstlicher Kanal läuft an einer Seite.

Auch nach der Übergabe an den Staat wird die Stiftung das Kulturzentrum für zunächst fünf Jahre weiter subventionieren. Zehn Millionen Euro jährlich sind eingeplant, die Hälfte für laufende Kosten von Park und Kulturzentrum, die andere Hälfte für Veranstaltungen. Für einen „Leuchtturm der Hoffnung“ hat Griechenlands Regierung selbst kein Geld.

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