Zeitschrift

anthos 2007/1
Friedhöfe heute
anthos 2007/1
zur Zeitschrift: anthos
Herausgeber:in: BSLA

Trauer und Trost - Neue Gemeinschaftsgräber in Zürich

Wegen der grossen Nachfrage mussten in den vergangenen Jahren auf einigen der städtischen Friedhöfe Zürichs neue Gemeinschaftsgräber geschaffen werden. Es sind verschiedene, eigenständige Lösungen entstanden.

10. März 2007 - Roman Berchtold
Im Auftrag von Grün Stadt Zürich konnte das Büro Berchtold Lenzin in den vergangenen Jahren drei neue Gemeinschaftsgräber auf städtischen Friedhöfen realisieren. Trotz ähnlicher Rahmenbedingungen und Anforderungen hat die Auseinandersetzung mit den spezifischen Orten zu sehr unterschiedlichen Lösungen geführt. Allen Projekten ist gemeinsam, dass sie aus dem Bestand heraus entwickelt wurden und sich auf die Stimmung der jeweiligen Friedhofsanlagen beziehen. Die Interpretation des Vorgefundenen regt in vielerlei Hinsicht an und überlagert sich mit eigenen Bildern und Vorstellungen. Oftmals gilt das Interesse dem Nebeneinander von Gegensätzen, den lauten und leisen Kontrasten, die sich gegenseitig stärken. Daraus entstanden eigenständige, vielschichtig lesbare Grabstätten – Räume mit der für das Trauern notwendigen Intimität, die Halt geben und aufnehmen sollen.

Friedhof Altstetten

Das neue Gemeinschaftsgrab nimmt die ursprüngliche Längsachse des alten Friedhofteils auf, die mit einer flachen Rampe als Eintritt und rückseitigem Treppenabgang zum Aussichtsplatz weiter fortgesetzt wird. Eine grosszügige Kiestreppe führt zur Rasenfläche, worin die Bestattungen vorgenommen werden. Locker in die Treppenanlage eingestreute Solitärsträucher bilden eine diffuse Raumgrenze, die sich im vorderen Bereich des Rasens auflöst. In die Kiestreppe eingelassen sind Natursteinplatten für Inschriften. Die Anordnung der Platten erinnert an eine Musikpartitur. Das warme Rot der Sandsteinplatten und das rostende Metall der Stufen stehen im Kontrast zum dunklen Kiesbelag und den angrenzenden Rasenflächen. Seitlich wird die Grabstätte durch bestehende, kastenartig geschnittene Hecken gefasst. Über diese hinweg führt der Blick zur einen Seite der Stadt, auf der anderen Seite zum Ausläufer des Uetlibergrückens. Als Hintergrund schliessen frei wachsende Buchsbäume die Bestattungsfläche ab.

Friedhof Fluntern

Der Standort des neuen Gemeinschaftsgrabes liegt abseits vom Hauptweg zwischen Waldrand und markanter Fichtenreihe auf abfallendem Gelände. Die stimmungsvolle Raumstruktur an peripherer Lage erfordert für die Auffindbarkeit ein Zeichen. Zwei versetzt angeordnete, ungleiche Stampflehmmauern spannen einen Aufenthaltsbereich am unteren Rand des Geländes auf. In Ihrer Materialisierung und Massigkeit stehen sie dezent und trotzdem gut erkennbar für die neue Grabstätte. Eine vom Kiesweg abgesetzte Bodenplatte führt an der Mauer vorbei in die Anlage. Der mit Trasskalk gebundene Bodenbelag nimmt die erdige Erscheinung des Lehms auf und endet an der längeren Mauerscheibe. Vor immergrünem Pflanzenhintergrund durchflirrt eine transparente Bronzestangenwand den Raum zwischen den Mauern. Auf den Bronzestäben können Namen eingraviert werden. Die gewählten Materialien bilden eine Einheit, die sich in den parkartigen Kontext einfügt und zugleich Bezug zum Ort nimmt: der Stampflehm als verdichteter Zustand von Erde, dem letzten Ruheort. Sowie in seiner kontinuierlichen Verwitterung als Metapher vom Dasein und der Vergänglichkeit. Oberhalb des Gedenkplatzes liegt die mit Buchsbaum und Schneeflockenstrauch eingefasste, ansteigende Bestattungsfläche. Der Blick streift darüber hinweg zum Waldrand hoch.

Friedhof Nordheim

Das seit Jahren bestehende Gemeinschaftsgrab wurde durch den Einbezug der angrenzenden, abgeräumten Grabfelder wesentlich vergrössert. Die Grabstätte besetzt neu die gesamte Lichtung, die von teilweise mächtigen Bäumen umsäumt ist. Am stärksten prägen zwei Eichen, die im unteren Teil ein Aussichtsfenster Richtung Oerlikon und Seebach bilden. Eine ergänzende Pflanzung mit Sträuchern konkretisiert den Rahmen des Pflanzenbestandes und bereichert ihn zur Blüte- und Herbstzeit. Ein Zickzackweg aus Beton führt in leichtem Gefälle durch die geneigte Rasenfläche. Darin werden die Beisetzungen vorgenommen. Bergseits wird der Weg von einem Natursteinband begleitet, worin die Namen der Verstorbenen eingraviert werden können. Durch das Weglassen von weiteren Gestaltungselementen wird der Weg zum Zeichen für das neue Gemeinschaftsgrab. Durch seine prägnante Form und den hellen Betonflächen tritt er in starken Kontrast zu den umgebenden Grünflächen. Je nach Standort hat der Weg eine ganz andere Präsenz: Von oben betrachtet scheint er beinahe die ganze Bodenfläche zu bedecken. Vom Hangfuss aus verliert er sich als feine, hin und her laufende Linie in der Grünfläche.

teilen auf

Für den Beitrag verantwortlich: anthos

Ansprechpartner:in für diese Seite: Daniel Haidd.haid[at]fischerprint.ch

Tools: