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dérive 32
Die Stadt als Stadion
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zur Zeitschrift: dérive
Herausgeber:in: Christoph Laimer

Erziehung, Kunst und Klasse

Warum es sich lohnen könnte eine vierzig Jahre alte Museums-Studie zu lesen

11. Juni 2008 - Anita Aigner
„Soziologie und Kunst vertragen sich nicht. Das liegt an der Kunst und an den Künstlern, die es nur schlecht ertragen, wenn an ihrem Selbstverständnis gerührt wird: Das Universum der Kunst ist ein Universums des Glaubens, des Glaubens an die Begabung, an die Einzigartigkeit, an die Einzigartigkeit des unerschaffenen Schöpfers, und der Einbruch des Soziologen, der verstehen und erklären will, wird darüber zum Skandalon. Entzauberung, Reduktionismus, mit einem Wort: Grobschlächtigkeit oder, was auf dasselbe hinausläuft, Sakrileg: Der Soziologe ist jener, der so, wie Voltaire die Könige aus der Geschichte gejagt hatte, die Künstler aus der Geschichte der Kunst verjagen will.“[1] Die Soziologie hat also einen schlechte­n Stand in Kunst- und Kunstliebhaberkreisen und die Dünkel, von denen sie im scharf bewachten Areal der Hochkultur umgeben ist – gegenüber der Statistik, die gemein macht, das Geniale mit dem Unbedeutenden auf eine Ebene stellt, gegen­über der Masse und dem Kollektiv, mit der die Soziologie im Bunde steht und die deshalb, weil sie mit dem Minderen und Mittelmäßigen gleichviel befasst ist wie mit dem Auserlesenen, nur als Bedrohung der Einzigartigkeit des Künstlers wie seiner Kreation gesehen werden kann –, derlei Vorbehalte machen ihr das Leben schwer und sind wahrscheinlich auch das größte Hindernis für ihre Rezeption. Wobei der Abwehrmechanismus, wenn er auch in seiner Logik nachvollziehbar ist, der Sache nach völlig unbegründet ist. Stellt die Soziologie doch nur ein Angebot zum besseren Verstehen der eigenen Vorlieben und Gewohnheiten im Umgang mit Kunst und keine Anleitung zu deren Verweigerung oder Abwertung dar.

Wenn nun ein französisches Buch, das in Kennerkreisen als „heimlicher Klassiker“ der Kunst- und Kultursoziologie gehandelt wird, ganze vier Jahrzehnte nach seinem Ersterscheinen ins Deutsche übertragen wird, so liegt die Vermutung nahe, dass dies dem Wunsch nach lückenloser Verbreitung eines zu Rang und Namen gekommenen Autors geschuldet ist. Zweifellos ist es der „Klassiker“ Bourdieu, der in den letzten Jahren posthum die Übersetzung früher, zum Teil weniger bekannter Arbeiten nach sich gezogen hat. Doch ist das mit dem Ableben und der Kanonisierung einhergehende Interesse an unübersetzt gebliebenen Texten nie ganz frei vom schalen Beigeschmack der Zweit- beziehungsweise Nachrangigkeit und bisweilen auch vom Vorwurf der Überholtheit eines Befunds. Mag auch für einen bestimmten Leserkreis, die spezialisierte Fach- und Fangemeind­e, die Leselust, also der Hunger auf Neue­s, selbst wenn es alt ist, per se vorhanden sein, so drängt sich im konkreten Fall doch die Frage auf, was denn heute mit einer soziologischen Untersuchung, die sich Mitte der sechziger Jahre des 20. Jahrhunderts die soziale Struktur und die Gewohnheiten der französischen MuseumsbesucherInnen im europäischen Vergleich zu ihrem Gegenstand machte, anzufangen wäre.

Entgegen erster, zugegeben nicht ganz von der Hand zu weisender Bedenken eine ganze Menge – und zwar nicht nur, weil angesichts des gegenwärtigen Booms von Museumsneubauten (vor allem jener für moderne Kunst) eine kritisch-reflexive Auseinandersetzung mit der kulturellen Praxis des Museumsbesuchs besonders ratsam scheint. Die Studie hat vor allem deshalb nichts an Aktualität verloren, weil ihre Befunde – nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass das Schulsystem nach wie vor die Privilegierten privilegiert und Kunstmuseen im Wesentlichen noch immer nach dem Ausstellungsmodell des 19. Jahrhunderts funktionieren (Darbietung von „Meisterwerken“ mit der dazugehörigen Kulturheldenverehrung) – auch für die Gegenwart gültig sind.

Weil das soziologische Projekt also Aufklärung in Sachen Kunst verspricht, es die sozialen Bedingungen und distinktiven Effekte der Aneignung und des Gebrauchs kultureller Güter zu erhellen vermag, aber auch – und das wird von Leuten, die Bourdieus Theorie auf die Verknüpfung von Lebensführung und gesellschaftlicher Klasse verkürzen, leider allzu oft vergessen – Herrschaftsverhältnisse, die hierarchische und hierarchisierende Ordnung symbolischer Güter und die Mechanismen der Reproduktion gesellschaftlicher Ungleichheit durch und mit Bildung und Kultur freizulegen vermag, sollte dieses Buch im Besonderen für Museumsleute, KunstpädagogInnen und KulturpolitikerInnen, für all jene, die antreten, um Kunst zu vermitteln, zu fördern, zu bewahren, zu verbreiten und verstehbar zu machen, wertvolle Einsichten bereit halten. Wiewohl voraussehbar ist, dass es gerade an dieser Front kracht und professionelle Kunst- und KulturarbeiterInnen aus einer instinktiven Abwehrhaltung heraus zu simplifizierenden Interpretationen neigen, die aus dem Soziologen einen gegen die Kunst zu Felde ziehenden Philister machen.

Nun lässt sich die Kunstskepsis eines Bourdieu aber nicht einfach in die Schublade des gemeinen Kunstverächters stecken. Sie hat nichts mit den populistischen und anti­intellektuellen Vorurteilen gemein, wie sie etwa die moderne bildende Kunst das 20. Jahrhundert hindurch bis in die Gegenwart begleiten (von der nationalsozialistischen Diskreditierung abstrakter und expressionistischer Werke als „Entartete Kunst“ bis zur beispiellosen Hetze gegen den als „Fäkalkünstler“ diffamierten Kärntner Künstler Cornelius Kolig durch FPÖ-PolitikerInnen und deren Sprachrohre in der Kronen Zeitung Ende der 1990er Jahr­e). Ebenso wenig mit dem Kulturpessimismus jener Intellektuellen, die ihr Verlangen nach gesellschaftlicher Rache in orthodoxe Ordnungsrufe (Aufrufe zum Stil- und Wertebewusstsein, Besinnung auf Meisterschaft und strenge Form) oder in ein Anspruchsdenken umwandeln, das künstlerische Produktion (etwa durch Reduktion auf ihren Unterhaltungswert) verharmlost oder (durch Aufbürdung philosophischer Maßstäbe) nichtig erscheinen lässt; und schon gar nichts mit den von Polemik und Zynismus begleiteten ikonoklastischen Akten eines in Negativ-Theologie umgeschlagenen enttäuschten Glaubens, der, weil er keine differenzierte Bewertung mit Veränderungsvorschlägen anzubieten hat, nur in fatalistische Selbstaufgabe und totale Abkehr münden kann. Nichts liegt dem Soziologen ferner, „als zu jenem Reduktionismus und Zerstörungswerk anzustacheln, worin sich Verbitterung und Groll gefallen“.[2]

Bourdieus „Kritik der Kunst“, die nicht als Kritik der Kultur (der kulturellen Werke, ihrer ProduzentInnen und RezipientInnen), sondern als Kritik „des Gebrauchs der Kultur als Kapital und Instrument symbolischer Herrschaft“[3] zu verstehen ist, schreibt sich „Kritik“ aber nicht auf die Fahnen. Auch die Kritik der fetischistischen Gläubigkeit ist nicht das Ziel, sondern in gewisser Weise das Nebenprodukt (und zugleich Vorbedingung) einer Soziologie der Kunstinstitution, die sozialstrukturanalytische, bildungs- und herrschaftssoziologische Elemente miteinschließt. Eine­r Kultursoziologie also, der es um mehr geht als um eine Lehre vom Fetisch Kunstwerk: nämlich um soziale Ungleichheit (die mit den ungleichen Bedingungen der Aneignung bildungselitärer Güter gegeben ist), um symbolische Gewalt (mit der sich die legitime Kultur, die immer auch die materiellen und symbolischen Interessen der herrschenden sozialen Gruppen ausdrückt, allen Mitgliedern einer Gesellschaft aufzwingt), um die Rolle von Kultur und Bildung bei der Legitimation und Aufrechterhaltung einer auf Ungleichheit basierenden Sozialordnung.

Unter diesen Vorzeichen stellt die Studie L’amour de l’art einen Beitrag zu einer kritischen Gesellschaftsanalyse dar und unterscheidet sich damit maßgeblich von herkömmlichen Museumsstudien, die in der Regel die Interessen derer bedienen, die ein Interesse am Fortbestand und an der Expansion des Systems der (in diesem Fall bildenden) Kunst haben, also entweder Argumente für die Durchsetzung eines Museumsneubaus liefern (wie etwa die Museumsstudie für Graz von Peter Weibel)[4] oder die Institutionen der Kunstschaustellerei mit Empfehlungen zur Attraktivitätssteigerung und Verbesserung der Öffentlichkeitsarbeit versorgen.

Im Gegensatz zu den sich als wissenschaftlich ausgebenden Befunden der Markt-, Meinungs-, Motiv- und Zielgruppenforschung bleibt Bourdieus Untersuchung der kulturellen Praxis nicht in der abstrakte­n Universalität von „Bedürfnissen“ oder „Motivationen“ (also letzten Ursachen und Gründen) stecken, die einen Museumsbesuch veranlassen oder nichtig erscheinen lassen. Statt sich mit Begründungen zufrieden zu geben, die die Befragten selbst zum Ausdruck bringen, fragen Bourdieu und seine MitarbeiterInnen nach den ökonomischen und sozialen Bedingungen, die den Museumsbesuch als kulturelle Freizeitbetätigung überhaupt möglich machen. Wo der motivationspsychologische Ansatz der Halb- und Spontanwissenschaft nur Kunstinteressierte und Uninteressierte erkennt und in den „Verweigerern“ nur eine über attraktive Namen und Events anzulockende Zielgruppe zu sehen vermag, unterscheidet Bourdieu zwischen sozial Privilegierten und Benachteiligten, zwischen Besitzern und Nichtbesitzern von kulturellem Kapital. Wobei er die zu kurz Gekommenen für ihre „Defizite“, das heißt ihre Distanz zur Kultur, nicht selbst verantwortlich macht, sondern diese als kulturell Enteignete sichtbar macht, die kein Bewusstsein um das Entbehrte haben.

Doch nur da, wo die gesellschaftlich vermittelten Ursachen kultureller Enteignung offen gelegt und die Ungleichheiten gegenüber der Kultur nicht als Ungleichheit der Gaben sondern als Ungleichheit der Erziehung ausgewiesen werden, laufen auch Ungleichheitsverhältnisse nicht Gefahr – und dies ist wesentlich –, durch sozialwissenschaftliche Beschreibung naturalisiert zu werden. Weshalb die kritische und empirisch fundierte Soziologie von Bourdieu (im Unterschied zur „registrierenden“, der gesellschaftlichen Nachfrage nach Legitimierung nachkommenden soziologischen Forschung) nicht nur auf die Dekonstruktion der Vorstellung von einer in der Natur des Menschen verankerten „Liebe zur Kunst“ abzielt, sondern auch auf Enthüllung der wahren, aber verschleierten gesellschaftlichen Funktion von Kunst, soziale Unterschiede zu stabilisieren und zu legitimieren.

Das empirische Fundament einer verstehenden Soziologie

Für manche mag der ungeheure Aufwand der Erhebungen befremdlich erscheinen, tabellarisch in Form gebracht auf über fünfzig Seiten im Anhang. Schwer nachvollziehbar auch die eingangs gelieferte, im Vergleich zum übrigen Text etwas trocken anmutende Erläuterung der Untersuchungsmethoden. Ungeduldige und am soziologischen Handwerk weniger Interessierte mögen sich mit diesen Klammern, zwischen denen sich die Interpretation der Daten in drei Kapiteln ausbreitet, auch nicht lange aufhalten – was jedoch die empirische Behandlung des Gegenstandes betrifft, so darf L’amour de l’art bis heute als Maßstab gelten. Dies nicht nur, weil hier (im Gegensatz zur empirielosen, von der sozialen Realität ihres Gegenstandes oft meilenweit entfernten Kunst- und Kulturphilosophie) bestimmte Behauptungen und Hypothesen durch Daten abgesichert werden – es handelt sich schließlich um eine der größten und noch dazu europaweiten Befragungen von Besucherinnen und Besuchern von Kunstmuseen –, sondern weil die Datenerhebung selbst das Produkt eine­r methodisch strengen, hoch reflexiven wissenschaftlichen Arbeit ist. Einer Arbeit, in die entscheidende gesellschaftspolitische und theoretische Fragen eingearbeitet sind.

Weil der Umgang mit Daten nicht bloß ein registrierender ist, also Wissenschaft hier nicht einfach funktioniert wie ein Spiegel, liefert die theoretisch begründete empirische Soziologie, mit der sich Bourdieu in den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts vom, wie er selbst sagt, „positivistischen“ Lazarsfeld, aber auch von der „theoretizistischen“ (die empirische Forschung hinter sich lassenden) Sozialphilosophie Adornos absetzt, wichtige Anhaltspunkte für die Untersuchung von Kunst und Kultur. Was von Bourdieu gelernt werden kann, ist einerseits, dass öffentlich kommunizierte Kategorien und Begriffe nicht unreflektiert zu übernehmen sind, der öffentliche Diskurs um Kunst, Kultur und Bildung nicht bei seinem face value zu nehmen, sondern auf seine Vorbegriffe (Präkonstruktionen) zu untersuchen ist, daraufhin, was er nicht thematisiert, verschleiert und voraussetzt. Andererseits zeichnet sich eine an der Forschungslogik Bourdieus geschulte Perspektive auch dadurch aus, dass sie die Gewohnheiten und Vorlieben der sozialen AkteurInnen mit deren Positionen im sozialen Raum vermittelt (nicht aus ihnen ableitet!), was bedeutet, dass ein Verständnis kultureller Praktiken nicht ohne Schichtungstheorie zu haben ist.

Dass sich bei Bourdieu „Messen“ und erkenntniskritische Reflexion aufs Fruchtbarste verbinden, hat zum einen damit zu tun, dass ihm sein Philosophiestudium einen Zugang zu einer wissenschaftstheoretischen Tradition eröffnete, für die Bachelard, Canguilhem und Koyré stehen, zum anderen mit dem biographischen Glücksfall, dass er während seines Militärdienstes in Algerien und der dort unternommenen ethnologischen Forschungen mit Statistikern vom INSSE, dem Nationalen statistischen Amt, zusammenfand – unter ihnen Alain Darbel, der die Befragungen und die mathematischen Modelle der Museums­studie entworfen hat und auch als deren Mitherausgeber in Erscheinung tritt (während übrigens Dominique Schnapper, die, obschon sie gemeinsam mit Bourdieu die Untersuchung geleitet und den Text des Buches verfasst hat, nur als Mitarbeiterin Erwähnung findet.)

Demokratisierter Zugang zur Kultur?

Die mit besonderer Sorgfalt und großem Aufwand erhobenen und aufbereiteten Daten dienen zunächst einmal dem Beleg der evidenten Vermutung, dass der Zugang zu den gesellschaftlich als Kunst anerkannten Kulturprodukten ein Privileg der gebildeten Klassen ist. Wenn breite Schichten das Angebot ausschlagen, an den in Museen ausgestellten Werken teilzuhaben, dann ist dies, so die Schlussfolgerung der empirischen Studie, nicht das Ergebnis einer freien Wahl. Das Ausgeschlossen-Sein derer, die sich vermeintlich selbst ausschließen, ist nicht auf ein wenig ausgeprägtes (angeboren gedachtes) Interesse, sondern auf die mangelhafte Vermittlung jener Instrumente zurückzuführen, die es ihnen erlaubten, die ästhetischen Botschaften zu entziffern und so zu jenen kultivierten Lüsten vorzudringen, die das Kultur- und Bildungsspiel den Eingeweihten verschafft.

Obschon ein Zusammenhang zwischen Besuchshäufigkeit und Bildungsniveau feststellbar ist und der Kunstsinn als verallgemeinertes Verhalten immer häufiger wird, je weiter man in der gesellschaftlichen Hierarchie nach oben geht, zeigt die Studie, dass schulische Ausbildung weder das einzige noch das ausschlaggebende Kriterium für die anhaltende Ausübung legitimer kultureller Praktiken darstellt: entscheidender noch als die schulische Erziehung (mag diese auch Anregungen liefern und gelegentlich auch bei sozial weniger Begünstigten Neigungen hervorbringen) ist die familiale Erziehung, die durch frühe, in die vertrauten Abläufe des familiären Lebens eingebundene Praktiken (Konzert-, Theater- und Museumsbesuche, gemeinsames Musizieren oder Lesen von Büchern etc.) ein Gefühl der Vertrautheit mit der Welt der Kunst und Kultur zu verankern imstande ist.

Ein solcher durch langsames, unmerkliches Vertrautwerden und nicht durch gezieltes Lernen erworbener „Vorsprung“ ist jedoch, wie Bourdieu und seine MitarbeiterInnen auch im Zusammenhang mit anderen bildungssoziologischen Untersuchungen (Les héritiers 1964 [5], La reproduction 1970 [6]) argumentieren, durch institutionelle Vermittlung kaum aufzuholen. Die in der damaligen Bildungsdiskussion heftige Reaktionen auslösende und bis heute (trotz Bildungsexpansion) nicht widerlegte These lautet, dass das Bildungssystem nur sehr begrenzt in der Lage ist, die Ungleichheiten, die durch das soziale Herkunftsmilieu bedingt sind (von der Beherrschung der Sprache, den Umgangsformen bis zu den Mitteln, um sich Werke der bildenden Kunst anzueignen), aufzuheben. Mehr noch, das Bildungssystem sogar dazu tendiert, die Ungleichheiten zu verstärken, insofern es diejenigen, die bereits eingeführt sind, begünstigt (durch Bestätigung und Anregung zur Vertiefung bereits vorhandener, außerschulisch erworbener Kenntnisse und Kompetenzen) und bei den nicht Initiierten, die sich entsprechend der vorherrschenden (den Privilegierten die beste Rechtfertigung ihres kulturellen Privilegs verschaffenden) charismatischen Ideologie der natürlichen Gabe nur als unbegabt oder nicht kunstsinnig begreifen können, keine dauerhafte kulturelle Praxis zu verankern vermag.[7] „[I]ndem sie [die Schule] so tut, als könnten die Ungleichheiten im Bereich der Kultur nur von n­atürlichen Ungleichheiten herrühren, also Ungleichheiten der Begabung, und es gleichzeitig unterlässt, allen das zu geben, was nur einige Wenige ihren Familien verdanken, kann das Schulwesen diese anfänglichen Ungleichheiten nur fortschreiben und absegnen.“ (S. 106)

Der die formale Chancengleichheit als I­llusion entlarvende und die konservativ­e (die Privilegien der Privilegierten legitimierende und konservierende) Funktion des Bildungswesens offenlegende Blick des Soziologen mündet jedoch nicht, wie ihm bisweilen vorgehalten wird, in Ratlosigkeit und Resignation. Im Gegenteil, aus der Kenntnis um die objektiven Mechanismen der Verbreitung von Kultur leitet sich für Bourdieu die Forderung nach einer Bildungs- und Kulturpolitik ab, deren Ziel die „Verallgemeinerung der Zugangsbedingungen zu allgemeinen Gütern“ ist. Damit ist aber nicht bloß das „physische“ Zugänglich-Machen kultureller Güter gemeint. Bourdieu legt die Widersprüche eine­r auf Demokratisierung sich berufenden Kultur- und Bildungspolitik offen, wenn er betont, dass die Demokratisierung kultureller Güter nicht vollzogen ist, wenn nicht gleichzeitig zu ihrer Erreichbarkeit auch die für die Aneignung von Kulturgütern notwendigen Einstellungen und Techniken ihrer Handhabung allgemein verbreitet sind. Was nützt der freie Eintritt ins Museum, die physische Nähe zu den Werken, wenn die Mittel der (gebildeten) Aneignung nicht gegeben sind?

Unter den Gebildeten herrscht jedoch nach wie vor die Meinung vor, dass die kostbarsten Güter einer Gesellschaft bereits dann für alle verfügbar sind, wenn sie für alle billig und ohne Schranken „abholbar“ sind. Natürlich – nicht jeder kann sich eine Karte für die Traviata-Aufführung im Salzburger Festspielhaus oder die Aufführung von Torquato Tasso im Wiener Burgtheater leisten, und schon gar nicht ein Bild von Markus Lüpert­z. Aber, so der Einwand, für alle gäbe es die Malerei eines Lüpertz im Museum, die Sangeskünste einer Netrebko bei der Übertragung im Fernsehen oder im Radio, mit etwas Glück und spätabendlicher Wachheit sogar das Goethestück. Radio und Fernsehen, CD und DVD, Taschenbücher und Bibliotheken – alles Errungenschaften zur Verbreitung (hoch)kultureller Güter, dazu angetan, eine Gleichstellung beim Kulturkonsum herbeizuführen und wer da die kostbaren Früchte nicht zu pflücken versteht, wäre eben selber Schuld.
Gegen die Argumente derer, die allein im freien Zugang zur Kunst (Musik, Literatur, Malerei etc.) eine Demokratisierung der ehemals den Reichen und Gebildeten vorbehaltenen Vergnügungen sehen, wenden Bourdieu und seine MitarbeiterInnen ein, dass die Wahl der kulturellen Güter nicht einfach Sache einer bewussten freien Entscheidung ist und der Kulturgütermarkt nicht einfach ein Selbstbedienungsladen, in dem hoch- und populärkulturelle Produkte den KonsumentInnen gleichwertig und unvermittelt gegenüberstehen. Dem Gesetz folgend, dass etwa moderne Kunst (wie auch andere exklusive Güter) nur für diejenigen existiert, die gelernt haben, ihr einen Wert beizumessen und sich durch sie Befriedigung zu verschaffen (ob es sich dabei nun um den unmittelbaren ästhetischen Genuss oder um die mittelbaren Freuden der Distinktion handelt), bleibt sie für diejenigen, die nicht über die nötigen Einstellungen und Mittel ihrer Aneignung verfügen, trotz aller Zugänglichkeit doch immer unerreichbar. Oder anders formuliert: „Knapp sind nicht die Güter, sondern die Neigung, sie zu konsumieren, knapp ist ein „kulturelles Bedürfnis“, das, anders als die „Grundbedürfnisse“, Ergebnis von Erziehung bleibt.“ (S. 67)

Die gesellschaftliche Institution, die einzig dazu legitimiert und mit dem gesellschaftlichen Auftrag versehen wäre, die Benachteiligung derer auszugleichen, die von ihrer Herkunft her keine Anreize erfahren haben, sich mit Bildungsgütern zu befassen, ist und bleibt für Bourdieu die Schule. Nicht ein Mehr an Öffentlichkeitsarbeit, nicht freier Eintritt, nicht längere Öffnungszeiten oder noch diversifiziertere Angebote der Museumspädagogik – mögen diese Begleitmaßnahmen auch von Bourdieu gefordert sein[8] –, sondern nur eine längere Schulzeit und ein längerer, methodisch und systematisch vorgehender Kunstunterricht könnten zu e­iner wesentlichen Steigerung der kulturellen Praxis (des Besuchs von Museen, Theatern und Konzerten, aber auch des Leseverhaltens) führen. Insofern von den Informations-Angeboten in der Regel jene am meisten profitieren, die bereits zur Kunst bekehrt sind, und Berichte über Museumsausstellungen in Rundfunk und Fernsehen nur von denjenigen mit Interesse aufgenommen werden, die aufgrund ihres Bildungsniveaus zur Aufnahme disponiert sind, kommt Bourdieu zu dem Schluss, dass „die Investitionen in kulturelle Einrichtungen wenig rentabel (sind), solange es an Investitionen in die Schule fehlt, denn sie allein ist dazu in der Lage, die Nutzer solcher Einrichtungen zu „produzieren““. (S. 157)

Weil die Wahrnehmung von Werken der bildenden Kunst – ganz entgegen der widersinnigen Vorstellung eines angeborenen, vor jeder Erziehung vorhandenen Kunstsinns oder kulturellen Bedürfnisses, aber auch entgegen der kunstpädagogischen Illusion eines „unmittelbaren Verstehens“ – notwendig Bildung voraussetzt, also lehr- und lernbar ist (jedenfalls bis zu einer bestimmten Stufe der ästhetischen Kompetenz, die durch die Beherrschung von Begriffen bestimmt ist, welche ein Klassifizieren und Benennen von Merkmalen, also ein erstes Unterscheiden ermöglich­t), wären alle Schülerinnen und Schüler von der Schule mit entsprechenden Werkzeugen der Wahrnehmung auszustatten. Eine Forderung übrigens, die zunächst einmal gegen die Angriffe derjenigen zu verteidigen ist, die in einem Unterricht, der sich die Vermittlung von Namen, Epochen und Stilen zur Aufgabe macht, nur Etikettenwissen und Halbbildung sehen können. Ist es doch allemal besser, erst einmal und als Voraussetzung für alles weitere Sprechen über Kulturprodukte das Vokabular zur Beschreibung von Formen und die Prinzipien der ästhetischen Einteilung zu beherrschen, als einzig auf den Code des alltäglichen Lebens und die Logik unmittelbaren Wertens zurückgeworfen zu sein.

Was fehlt: die Verallgemeinerung einer kritisch-reflexiven Kunstwahrnehmung

Freilich darf aber angezweifelt werden, dass die Einverleibung des kunstgeschichtlichen Sortierapparats, die Orientierung am professionellen (für Laien ohnehin immer unerreichbar bleibenden) Expertenwissen, das sich nach Bourdieu von der Wahrnehmung des Laien „durch die Genauigkeit, den Reichtum und die Verfeinerung der angewandten Kategorien“ unterscheidet,[9] für einen aufgeklärten Umgang mit Artefakten hinreicht. Jedenfalls scheint Bourdieus Vorstellung von einer für alle zu erstrebenden Kunstkompetenz, die er in Anlehnung an die ikonologische und damals gerade aufblühende semiologische Tradition entwickelt,[10] aus mehrerlei Gründen überholt und vor allem befreiungstheoretisch nicht zu Ende gedacht.

Nicht nur, dass mit der traditionellen werk­ästhetischen Annäherung implizit so etwas wie die „endgültige Wahrheit“ eines Stils oder die „richtige Interpretation“ eines Werks mitschwingt – was angesichts der heute unhintergehbaren Pluralität von Interpretationsmethoden nur den Vorwurf der Rechthaberei und Wissenschaftsgläubigkeit einbringen kann –, sie kann auch einem Teil der Produktion, der nicht mehr „Werk“, sondern „Ereignis“ ist, nicht gerecht werden. Weil sich viele Kunstgattungen (Performances, Happenings, Installationen etc.) einer Kategorisierung über Formmerkmale entziehen und auch nicht überall, wo Form ist, eindeutig lesbarer Inhalt ist – denken wir nur an abstrakte Malerei –, kommt man mit stilistischen Merkmalszuweisungen und einem Modell des Dekodierens oft nicht weit. Vor allem aber kann die gelehrt­e Vorstellung von der Kunstwahrnehmung als einem Akt des Entschlüsselns bzw. der „Lektüre“, wie auch Heinz Steinert und Christine Resch mit ihrer „Interaktions-Ästhetik“ argumentieren,[11] nichts zum Verständnis der Gesamtsituation beitragen, in der Kunst produziert, präsentiert und rezipiert, also als „Kunst“ wahrgenommen und anerkannt wird.

Bourdieu hat wohl später in Die Regeln der Kunst (1992)[12] mit seinem Forschungsprogramm einer „Wissenschaft von den Kulturprodukten“ (das sowohl die Rekonstruktion der allmählichen Herausbildung eines relativ autonomen Produktionsfeldes, als auch die Rekonstruktion der Herausbildung der reinen ästhetischen Einstellung umfasst) der Kunstgeschichte das Prinzip der Reflexivität verordnet. Er hat also mit Verweis auf die Geschichtlichkeit der (kunsthistorischen) Einteilungsprinzipien, auf die Geschichtlichkeit der ästhetischen Einstellung (das Auge des Kunstliebhabers, das sich selbst als Naturgabe und gültige Norm vorkommt) und auf die Mitarbeit der professionellen KommentatorInnen an der (Re)Produktion der Institution Kunst die Grundpfeiler einer reflexiven, das heißt einer der Geschichtlichkeit des eigenen Kennerauges bewussten, die stillschweigenden Vorannahmen sich enthüllenden und damit der Falle „essentialistischen“ Denkens entkommenden (nicht beim sichtbaren Objekt stehen bleibenden) Kunstwissenschaft formuliert; damit aber auch einen Rahmen für reflexive Kunstwahrnehmung bereitgestellt, der es Gebildeten ermöglicht, sich selbst als Teil des Ereignisses „Kunst“ zu denken und dabei nach den eigenen (vermeintlich persönlichen) Interessen, Wünschen und Erwartungen, nach den gesellschaftlichen Normen und Grundmechanismen zu fragen.

Bedauernswerter Weise hat es Bourdieu jedoch verabsäumt, die reflexiven Elemente soziologischer Betrachtung in ein (utopisches) Modell der institutionalisierten Unterweisung zu integrieren. Zu sehr bleibt er dem damals vorherrschenden Modell der „internen“ Lektüre (der von Erwin Panofsk­y begründeten ikonologischen Tradition) verpflichtet, zu sehr setzt er die gelehrte Rezeption von Kunstwerken als pädagogisches Leitbild voraus, als dass er auf die Idee käme, den Beitrag der Soziologie (zum besseren Verstehen der Institution Kunst wie auch zum eigenen Kunstkonsum) selbst zum Vermittlungsinhalt zu machen. Problematisch also ist, dass Bourdieu eine bestimmte, traditionell an Werkinterpretation ausgerichtete kunstwissenschaftliche Wahrnehmung als ideales (und in diesem Sinne für alle zu erstrebendes) Wissen voraussetzt: Für ihn gibt die Kunstwissenschaft die Latte vor, was es über Kunstwerke zu wissen und zu sagen gibt, weshalb der Grad der Kunstkompetenz auch an der Beherrschung des historisch konstituierten Klassifikationssystems der Kunstgeschichte zu bemessen wäre. Ausgangspunkt für angemessenes Verstehen bleibt hier nach wie vor das „Werk“, dessen immanenter Sinn und Gehalt (bei verfeinerten Interpretationsinstrumenten natürlich auf der obersten Bedeutungsebene) in einem Übersetzungsakt freizulegen wäre.

Wenn es aber die soziologische Beobachtung gestattet, verschiedene Wahrnehmungsformen (vom alltäglichen Erleben bis zum gebildeten Verstehen) zu unterscheiden, warum dann nicht den Heranwachsenden vermitteln, dass jedes kulturelle Produkt, von einem Rubens über Comics bis zur Pop-Musik, zum Gegenstand verschiedener Arten von Verständnis werden kann? Warum sie nicht damit konfrontieren, dass persönlicher Geschmack so individuell nicht ist und letztlich doch ein gruppen- bzw. schichtspezifisches Phänomen darstellt? Wenn die Soziologie in der Lage ist, das Universum der Kunst als ein Universum des Glaubens zu enttarnen, warum dann nicht bei der leidigen Frage ansetzen, was ein Kunstwerk von einem Alltagsgegenstand (oder formal ähnlichem Eigenprodukt) unterscheidet und die Mechanismen der Kunstwerdung gleich an beispielhaften Aktionen (etwa Duchamps Pissoir oder Warhols Suppendosen) veranschaulichen? Warum bei einem „gotischen“ Sakralbau nicht auch auf den Einsatz von Rundbogenfenstern hinweisen und damit bewusst machen, dass die nach Formmerkmalen vorgenommene Klassifikation nach Stilen (hier die Formel Spitzbogen = gotisch) zu kurz greift und vor allem keine natürliche, sondern eine von KunsthistorikerInnen im nachhinein geschaffene, den ProduzentInnen bisweilen selbst völlig fremde Ordnung darstellt. Und lieferte nicht, etwa im Fall der Begegnung mit afrikanischen Masken im Museum, die einfache Feststellung, dass die Gegenstände hier ihrem ursprünglichen lebensräumlichen Kontext entrissen sind, wertvolle Ansatzpunkte, um die Institution Museum selbst als einen Ort zu denken, der Gegenständen, die in ganz anderer Absicht geschaffen wurden, ein neues Sein und BesucherInnen eine Norm der Erfahrung dieser Gegenstände aufzwingt?

Wenn Bourdieu nun aber davon ausgeht, dass sich Kunstkompetenz an der Beherrschung von Unterteilungsprinzipien misst, die sich mehr oder weniger leicht durch institutionalisierte Unterweisung aneignen lassen – was im Fall des letzten Beispieles hieße, die Masken als „primitive Kunst“ zu klassifizieren und die Objekte auf ihr Sein als ästhetische Werke zu reduzieren – dann setzt er nicht nur die Verallgemeinerung eine­r bestimmten ästhetischen Haltung und Wahrnehmungsform (nämlich die einer reinen, nicht-reflexiv gewordenen Kunstgeschichtsschreibung) voraus und bestätigt diese, er unterminiert damit eigentlich auch das von ihm selbst angestrebte Projekt einer emanzipatorischen Bildung.

Ein Kunstunterricht, der sich bei der Auswahl der Gegenstände und ihrer Interpretation völlig an der „reinen“ internen Lektüre orientiert und damit sämtliche Fragen, die die vorgegebene Ordnung ins Wanken bringen, radikal ausschließt, kann nur auf die bedingungslose Anerkennung bestimmter kultureller Güter als „Kunst“, nur auf einen noch reibungsloser funktionierenden, weil für alle zur Norm gewordenen Kult der geweihten Werke hinauslaufen. Wenn man also will, dass schulische Vermittlung (auf allen Ebenen) nicht nur die bestehende Ordnung reproduziert und Legitimationsfunktion erfüllt – was sie natürlich immer tut, allein durch den Rückgriff auf kanonisierte Bildungsgüter und die Weihe, die sie den Werken der Bildungskultur verleiht, indem sie sie durch ihre Vermittlung als bewunderungswürdig festlegt –, sondern von ihr erwartet, dass sie zur kritischen Befragung der bestehenden Ordnung befähigt, dann wäre auch jenes reflexiv-soziologische Wissen, das zu einer von Personenkult und Anbetung befreiten Kunsterfahrung ermächtigen kann, dazu beitragen kann, echte Erfahrungen aus der Begegnung mit Kulturgütern zu machen, in den Unterricht einzulassen bzw. zunächst einmal in der Ausbildung von KunstpädagogInnen zu verankern.

Wert und Wirkung einer (über praktisches Arbeiten hinausgehenden) Kunstpädagogik wären dann weniger (oder nicht nur) daran zu messen, dass die Heranwachsenden über die Wahrnehmungs-, Denk- und Ausdrucksschemata verfügen, die ein Einordnen und Klassifizieren der Bildungs­güter erlauben, sondern vor allem auch an ihrem emanzipativen Potenzial, das sich für gewöhnlich im Misstrauen gegenüber gesellschaftlichen Vorgaben, in einer gewissen Distanz zu Normenkenntnissen, in einem Relativieren vorgegebener Wertzuschreibungen, in einem Wissen über die Historizität (und damit auch Willkür) der Einordnungsinstrumente und in der Reflexion eigener Vorannahmen zeigt. Jedenfalls bedeutete eine um reflexiv-emanzipative Elemente erweiterte und in diesem Sinn gebildete Kunstwahrnehmung dann nicht einfach die Reproduktion der vom westlichen Kunst-Kultur-System geforderten ästhetischen Haltung, und Vermittlung von Kunstwerken beschränkte sich dann auch nicht auf ein formalistisches (vom sozialen und historischen Kontext absehendes) Lesen des Gegenstandes. Die Formulierung der Grundsätze für eine rationale Kunstpädagogik, die einen aufgeklärten, reflexiven Umgang mit Kunstwerken zum Ziel hat, steht allerdings noch aus. Absehbar ist, dass – aufgrund der Eigenlogik des künstlerischen Feldes – ein solches Programm a­llerdings kaum innerhalb des akademischen Feldes der Kunstausbildung, dem ja die Ausbildung von KunstpädagogInnen angeschlossen ist, entwickelt werden kann.

[Anita Aigner, Studium der Architektur an der TU-Wien, Promotion mit einer bauhistorischen Arbeit zum Wiener Wohnbau der Zwischenkriegszeit, seit 1994 Universitätsassistentin am Institut für Künstlerische Gestaltung der TU Wien]

[1] Bourdieu, Pierre: „Aber wer hat denn die „Schöpfer“ geschaffen?“, im April 1980 an der Ecole nationale supérieure des arts décoratifs gehaltener Vortrag. In: ders.(1993)): Soziologische Fragen. (Questions de sociologie. Paris: Les Éditions de Minuit, 1980) Frankfurt am Main: Suhrkamp, S. 197-211, S. 197.
[2] Bourdieu, Pierre: Leçon sur la leçon. In: ders.(1985): Sozialer Raum und Klassen. Leçon sur la leçon. Zwei Vorlesungen. Frankfurt am Main: Suhrkamp, S. 63.
[3] Bourdieu, Pierre & Wacquant, Loïc J.D. (2006; 1996): Reflexive Anthropologie. (Réponses pour une anthropologie réflexive. Paris: Édition du Seuil, 1992) Frankfurt a. Main: Suhrkamp, S. 190.
[4] Vgl. http://rurban.xarch.at/weibel-ori.html
[5] Bourdieu, Pierre & Passeron, Jean-Claude (1964): Les héritiers. Les étudiants et la culture. Paris: Éditions de Minuit. Die deutsche Übersetzung „Bildungsprivileg und Bildungschancen“ bildet den ersten Teil des Buches Die Illusion der Chancengleichheit. Untersuchungen zur Soziologie des Bildungswesens am Beispiel Frankreichs. Stuttgart: Klett, 1971.
[6] Bourdieu, Pierre & Passeron, Jean-Claude (1970): La réproduction. Éléments pour une théorie du système d‘enseignement. Paris: Éditons de Minuit. Der erste Teil des Buches, Fondements d’une théorie de la violence, liegt in deutscher Fassung vor in: Grundlagen einer Theorie der symbolischen Gewalt. Frankfurt am Main: Suhrkamp, 1973. Der zweite Teil des Buches La réproduction ist in deutscher Übersetzung eingegangen in den Band Die Illusion der Chancengleichheit, a.a.O.
[7] Außer vielleicht bei den Wenigen, die eine Einstellung zum sozialen Aufstieg und einen Hang zur – oft inhaltsleeren, vom Prinzip der immateriellen Schatzbildung dominierten – Bildungsbeflissenheit entwickelt haben. Bourdieu spricht in diesem Zusammenhang auch treffend von einer „Art kulturellen Bulimie“ (S. 98), die der Wechsel auf die Universität, insofern dieser immer auch den Zutritt zur gebildeten Welt bedeutet, bisweilen bei Studierenden aus bildungsfernen Schichten auslöst.
[8] Wenn sich Bourdieu angesichts der weihevollen Stille im musealen Andachtsraum fragt „Warum keine Musik einsetzen, die den Besuchern das Gefühl geben könnte, ein paar Worte aussprechen zu können, ohne damit das religiöse Schweigen zu stören? Warum die Dienstleistungen im Bereich des Informationsangebots nicht insgesamt verstärken und die Museen nicht mit Bibliotheken, Konzertsälen, Buchhandlungen und Geschäften ausstatten, die Reproduktionen, Schmuck und folkloristische Gegenstände anbieten? Warum Museen nicht einladender machen, indem man Bars, Shops, Salons oder Restaurants einrichtet, die es den Besuchern ermöglichen, ihren Tag im Museum verbringen?“ – so klingt das heute, da die geforderten Belebungsprogramme weitgehend eingelöst sind, überholt. Aber eben auch zu kurz gegriffen in Anbetracht der Tatsache, dass die Mittel zur Aneignung, speziell zur kritisch-reflexiven Auseinandersetzung mit Kunst und ihren Institutionen bildungspolitisch bislang nicht formuliert und sanktioniert wurden.
[9] Bourdieu, Pierre : Elemente zu einer soziologischen Theorie der Kunstwahrnehmung, in: ders.: Zur Soziologie der symbolischen Formen. Frankfurt am Main: Suhrkamp, S. 159-201, S. 187.
[10] Vgl. auch Bourdieu, Pierre (1974;1970): „Elemente zu einer soziolo gischen Theorie der Kunstwahrnehmung“. In: ders.: Zur Soziologie der symbolischen Formen. Frankfurt am Main: Suhrkamp, S. 159-201.
[11] Resch, Christine & Steinert, Heinz (2003): Die Widerständigkeit der Kunst. Entwurf einer Interaktions-Ästhetik. Münster: Westfälisches Dampfboot.
[12] Bourdieu, Pierre (2001;1999): Die Regeln der Kunst. Genese und Struktur des literarischen Feldes. (Les règles de l’art. 1992) Frankfurt am Main: Suhrkamp.]

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