Hitzestau in Städten: Mit mehr Bäumen und kühler Luft will der Zürcher Kantonsrat Linderung verschaffen

Die Vorschläge der Kantonsregierung, um die Folgen der Klimaerwärmung einzudämmen, sind in der Kommission umstritten. Im Parlament sind knappe Entscheidungen zu erwarten.

Stefan Hotz 3 min
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Ein solcher Zustand wird nicht gerade angestrebt, aber ein Ziel der Gesetzesrevision ist, dass der Umschwung von Gebäuden grüner wird.

Ein solcher Zustand wird nicht gerade angestrebt, aber ein Ziel der Gesetzesrevision ist, dass der Umschwung von Gebäuden grüner wird.

Christian Beutler / Keystone

Der Klimawandel kann Menschen unmittelbar gefährden, vor allem durch die Häufung extremer Wetterereignisse, die vermehrt zu Hochwasser führen oder zu Hitzeperioden, die den Kreislauf belasten. Neben dem Kampf gegen die Erwärmung der Atmosphäre durch Eindämmung der Treibhausgase braucht es ebenso Massnahmen, um die Auswirkungen zu vermindern.

Diesem Zweck dient die Vorlage unter dem Titel «klimaangepasste Siedlungsentwicklung», die Baudirektor Martin Neukom (Grüne) im Mai 2021 vorstellte. Die gut ein Jahr später von der Regierung beschlossene Vorlage beschäftigte die vorberatende Kommission für Planung und Bau (KPB) des Kantonsrats an insgesamt 25 Sitzungen.

Nun liegen ihre Anträge vor. Die Vorlage behandelt unterschiedliche Themen, meist handelt es sich um Kann-Bestimmungen, um die Handlungsmöglichkeiten der Gemeinden zu erweitern. Die KPB beantragt einstimmig, auf die Vorlage einzutreten. Zu zahlreichen Punkten liegen aber Minderheitsanträge vor.

Nur grosse Bäume geschützt

Die Kommission schreibt in einer Mitteilung, sie habe sich vertieft mit der Frage beschäftigt, wie die Ziele der Gesetzesänderung mit den Bedürfnissen der Gemeinden und den Rechten der Grundeigentümer in Einklang zu bringen seien. Dabei lehnten die bürgerlichen Parteien, die in der KPB über eine knappe Mehrheit von 8 zu 7 Stimmen verfügen, einige Anträge der Regierung ab. Die wichtigsten Punkte der Vorlage sind:

  • Baumschutz: Schon heute können die Gemeinden die Erhaltung und den Ersatz von Baumbeständen regeln. Die Regierung wollte die Möglichkeiten erweitern. Die Mehrheit der KPB beschränkt dies nun auf Bäume mit einem Stammumfang von mindestens 100 Zentimetern. SP, Grüne und GLP treten für die Variante der Regierung ein.
  • Bauen im Untergrund: Die Regierung und die rot-grüne Seite wollten mehr Platz für grössere Bäume schaffen, die viel Schatten spenden und Wasser speichern. Heute ist es grundsätzlich erlaubt, das ganze Grundstück zu unterkellern, was den verfügbaren Wurzelraum für grosse Gewächse beschränkt. Die Einführung einer sogenannten Unterbauungsziffer sollte dies begrenzen. Die Bürgerlichen lehnen sie mit ihrer Mehrheit in der KPB jedoch ab.
  • Nachbarschaftsrecht: Die Regierung will die gesetzlichen Grenzabstände von Bäumen zu benachbarten Grundstücken verringern. Das erleichtert bei knappen Platzverhältnissen das Anpflanzen von Bäumen. Die Kommissionsmehrheit will die Abstände gegenüber der heutigen Regelung auf 4 Meter für grosse und 2 Meter für klein wachsende Bäume halbieren. Hier tritt die SVP für grössere Abstände ein.
  • Begrünung: Die Regierung wollte den Gemeinden die Möglichkeit geben, in ihrer Bau- und Zonenordnung für Neubauten die Begrünung von Flachdächern vorzuschreiben. Die bürgerliche Mehrheit verlangt nun dafür eine Interessenabwägung mit den technischen und betrieblichen Möglichkeiten sowie der wirtschaftliche Tragbarkeit. Ihr geht es um die selbstbestimmte Nutzung etwa für Erholungszwecke. Weniger umstritten sind Regelungen für die Fassadenbegrünung und generell für mehr Grün um die Gebäude, wobei FDP und SVP im Detail Vorbehalte haben.
  • Kaltluftströme: Grundsätzlich unbestritten ist die Absicht, das Abkühlen der Innenstädte nach heissen Tagen zu begünstigen. Um Hitze-Inseln zu vermeiden, sollen die Gemeinden Regeln über die Stellung und die Abmessung von Neubauten aufstellen können. So kann in der Nacht kühle Luft besser in die Siedlungszentren gelangen. Die KPB-Mehrheit will jedoch anders als die Regierung und die rot-grüne Minderheit Klein- und Anbauten davon ausnehmen.

Während die Parteien der Kommissionsmehrheit bis anhin auf schriftliche Stellungnahmen verzichten, üben die rot-grünen Parteien Kritik an den Mehrheitsanträgen. Die bürgerlichen Parteien gewichteten das Eigentum stärker als den Schutz der Bevölkerung vor den Auswirkungen des Klimawandels, schreibt die kantonale SP in ihrer Mitteilung.

Auch die Grünen beklagen, die moderate Vorlage der Regierung werde in wesentlichen Punkten verwässert. Die Grünliberalen schreiben von einer «Abschwächung bis zur Wirkungslosigkeit» und heben hervor, die Kommissionsmehrheit habe sich gegen die Gemeindeautonomie entschieden.

Ausgang im Rat ungewiss

Allerdings bleibt der Ausgang der Detailberatung im Rat offen. Die EVP und die AL, die mit SP, Grünen und GLP die Klima-Allianz bilden, sind in der KPB nämlich nicht vertreten. Man kann davon ausgehen, dass sich die AL den rot-grünen Parteien anschliesst. Die EVP hat nach Auskunft ihres Fraktionspräsidenten Markus Schaaf noch nicht entschieden, wie sie sich verhalten wird.

Schliesst sich die 7-köpfige EVP-Fraktion dem Mitte-links-Lager an, sind in den Beratungen am 29. Januar sehr knappe Entscheidungen zu erwarten. Die Klima-Allianz und die bürgerlichen Fraktionen zusammen verfügen im Parlament je über 90 Sitze, wobei Ratspräsidentin Sylvie Matter von der SP nicht abstimmt. Ausschlaggebend sind in solchen Fällen jedoch eher abwesende Ratsmitglieder.