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17. Februar 2018 Der Standard

Öffentlicher Aufschrei um Kunst am Flakturm

Still verschwinden wird sie nun nicht mehr: Für die von Ausbauplänen des Haus des Meeres bedrohte Arbeit von Lawrence Weiner am Flakturm im Esterházypark könnte es einen neuen Standort geben.

„Stopp der Kunstvernichtung“, titelte Eva Blimlinger dieser Tage einen offenen Brief, adressiert etwa an den „Herrn Bürgermeister“, die Vizebürgermeisterin und den Herrn Landeskonservator. Mit „verärgertem Erstaunen“ habe die Rektorin der Akademie der bildenden Künste festgestellt, „dass die Stadt Wien der Zerstörung von Kunst im öffentlichen Raum“ zustimme. Nämlich „durch die Bewilligung eines massiven Ausbaues des Flakturms, in dem sich das Haus des Meeres befindet“. Denn die Wortskulptur des US-amerikanischen Konzeptkünstlers Lawrence Weiner wird, wie Falter und STANDARD berichteten, diesem Ausbau zum Opfer fallen.

Der vom Esterházypark aus weithin über den Dächern von Mariahilf und Neubau ersichtliche Schriftzug „Zerschmettert in Stücke (im Frieden der Nacht) / Smashed to pieces (in the still of the night)“ wurde 1991 für die Wiener Festwochen am Flakturm realisiert. Ein Statement, das fortan die kriegerische Funktion der Flaktürme vergegenwärtigte und eine Umdeutung zu einem architektonischen Mahnmal gegen Krieg, Faschismus und auch Nationalsozialismus ermöglichte.

Einmaliges Honorar

Weiner bekam damals ein einmaliges Honorar in der Höhe von 100.000 Schilling, womit die Nutzungsrechte abgegolten wurden, da die Urheber- und Eigentumsrechte bei ihm verblieben. „As long as it lasts“, womit ein Verblassen des Schriftzuges oder ein Abblättern der Farbe durch die Witterung einkalkuliert war. Dessen ungeachtet erfolgte 2005 eine Restaurierung, die anfallenden Kosten in der Höhe von 80.000 Euro wurden vom Altstadterhaltungsfonds getragen. Weiner damals in einer E-Mail an seine Wiener Galerie: „Ich stimme überein, dass es ein Teil von Wien ist und so schön wie möglich sein sollte.“ Vor diesem Hintergrund sei er bereit dazu, die Dauerleihgabe der Arbeit zu verlängern.

Mittlerweile sieht sich in der Stadtregierung offenbar kaum noch jemand in der Verantwortung. Im Juli 2015 war der Flakturm für einen symbolischen Euro in den Besitz der Haus des Meeres Betriebs GmbH gewechselt. Als Verkäufer fungierte die Magistratsabteilung (MA) 69 Immobilienmanagement unter der Leitung von Marion Winkler. Vorweg, weder sie noch ihre Stellvertreter waren für den STANDARD erreichbar. Der damalige Kaufvertrag enthält einen interessanten Passus, wonach sich „Die Stadt Wien“ verpflichtete, „das Kunstwerk ordnungsgemäß und in sicherem Zustand zu erhalten“. Warum also bleibt man jetzt untätig?

Ein MA-Mitarbeiter verweist an das Büro des Kulturstadtrats Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ). Auch er war nicht erreichbar, seine Sprecherin erklärte, man sei nicht mehr zuständig. Warum? Nun, ursprünglich sollte es ohnedies nur ein temporäres Kunstwerk sein, dessen Lebensdauer man über die Jahre verlängert habe. Jedenfalls habe man jetzt weder rechtliche noch praktische Möglichkeiten, etwas zu verhindern, da der Künstler den Wunsch geäußert habe, dass es entfernt wird. Das stimmt nur bedingt.

Im Frühjahr 2017 wurden erste Ausbaupläne öffentlich, in denen ein Aufzug mehr oder weniger durch das Kunstwerk geführt hätte. Für das Rendering hatte das Architekturbüro die Schrift verkleinert. Ein klarer Eingriff in das Urheberrecht Weiners, der in solchen Fällen sowohl die Schriftgröße, die Typografie als auch die Farbe vorgibt, verlautete seine Galerie. Gegen eine „Zerstörung“ hatte sich Weiner explizit ausgesprochen und stattdessen die Entfernung gefordert.

Alternative Orte

In dieser Zeit kam es hinter den Kulissen des Kulturministeriums zu ersten Gesprächen für eine Alternative, für die sich auch Lawrence Weiner erwärmen kann. Konkret sollte Smashed to pieces (in the still of the night) an einen der beiden Flaktürme im Augarten transferiert bzw. neu geschaffen werden, wie Thomas Drozda, damaliger Minister, nunmehr SPÖ-Kultursprecher, bestätigt. Sogar die Finanzierung sei gesichert, über Privatsponsoren. Derzeit ist dieses Projekt on hold.

David Ellensohn betont: „Wir werden uns mit aller Kraft für den Erhalt des Kunstwerks einsetzen.“ Es könne nicht sein, dass ausgerechnet im Gedenkjahr ein solch „symbolträchtiger Teil des Stadtbildes“ zerstört wird, erklärt der grüne Klubchef. Er befürchtet weiters, dass die Betreibergesellschaft daraus Kapital schlagen und die Fassadenteile künftig lukrativ als Werbefläche nutzen wird.

5. Oktober 2016 Der Standard

Vom wah­ren Wert ei­nes Wohn­zim­mers

An­hand ei­nes Mö­bel­en­sem­bles er­zählt das Jü­di­sche Mu­se­um Wien die Ge­schich­te der Fa­mi­lie Glück

Wien – Glück ist ein Fa­mi­li­en­na­me, der sei­nen Trä­gern viel ver­spre­chen mag, nur um es in der Rea­li­tät des Le­bens und an­ge­sichts be­glei­ten­der his­to­ri­scher Zä­su­ren nicht hal­ten zu kön­nen. Laut Ge­nea­lo­gen sei die­ser Na­me in Ös­ter­reich weit ver­brei­tet, in Wien be­reits vor 1600 und über al­le Kon­fes­sio­nen hin­weg nach­weis­bar. Das Wohn­zim­mer der Fa­mi­lie Glück ti­telt ei­ne ak­tu­el­le Prä­sen­ta­ti­on im Jü­di­schen Mu­se­um Wien, die an­hand ei­nes Mö­bel­en­sem­bles mehr als nur ei­ne Fa­mi­li­en­ge­schich­te er­zählt. Denn in sei­ner Ty­po­lo­gie re­prä­sen­tiert die­ses Ein­zel­schi­cksal Flucht und Mig­ra­ti­on im 20. Jahr­hun­dert.

Hersch und sei­ne Ehe­frau Ju­dith Glück ge­hör­ten zu je­nen jü­di­schen Mig­ran­ten aus Ga­li­zien, die sich kurz nach der Jahr­hun­dert­wen­de ver­stärkt in Wien an­sie­del­ten. Die Hoff­nung auf ein bes­se­res Le­ben soll­te sich für den Kap­pen­ma­cher­meis­ter und Kür­schner bald er­fül­len. Die über die Jah­re wech­seln­den Wohn- und Ge­schäfts­adres­sen do­ku­men­tie­ren den wirt­schaft­li­chen Auf­stieg. 1916 war die Fa­mi­lie samt Werks­tatt schließ­lich in den bar­ocken Schwind­hof am Fleisch­markt über­sie­delt. Dort blieb die Fa­mi­lie bis zum An­schluss 1938, dann wur­de der Fa­mi­li­en­be­trieb ent­eig­net.

Hersch wur­de im No­vem­ber 1941 nach Kau­nas (heu­te Li­tau­en) de­por­tiert und dort er­mor­det. Die Söh­ne Er­win und Wal­ter flüch­te­ten mit ih­ren Fa­mi­li­en vor­erst nach Frank­reich. Er­wins Ehe­frau wur­de in Niz­za ver­haf­tet, nach Ausch­witz de­por­tiert und er­mor­det. Den an­de­ren ge­lang die Flucht in die USA, wo sich die Brü­der in New York nie­der­lie­ßen und ei­ne Kür­schne­rei be­trie­ben.

Zu­fäl­li­ge Zeu­gen

Das Wohn­zim­mer Er­wins zier­te über die Jah­re ei­ne Mö­bel­gar­ni­tur, die er aus Wien ret­ten konn­te und die sein Sohn Hen­ry nun ge­schenk­wei­se dem Jü­di­schen Mu­se­um über­ließ. Wer das aus ei­ner Eck­bank mit in­te­grier­tem Bü­cher­re­gal, ei­nem Tisch, zwei Ho­ckern so­wie ei­nem Bar­schrank und Buf­fet be­ste­hen­de En­sem­ble in den 1920er-Jah­ren fer­tig­te, ist un­be­kannt. Die Di­ag­no­se des Mö­bel­ex­per­ten Chris­ti­an Witt-Dö­ring: kei­ne Mas­sen­wa­re, wie die raf­fi­nier­te Wahl des Fur­niers be­le­ge, wo­bei sich bei die­sen „zu­fäl­lig er­hal­te­nen Zeu­gen ei­ner ehe­ma­li­gen Welt“ ei­ne ge­wis­se Spie­ßig­keit nicht leug­nen lie­ße. Kunst­his­to­risch sind die­se Wohn­zim­mer­mö­bel oh­ne Be­lang. Ihr Wert de­fi­niert sich da­ran, über Ge­ne­ra­tio­nen Teil des All­tags der Fa­mi­lie Glück ge­we­sen zu sein. Bis 26. 3. 2017

11. April 2009 Der Standard

Purkersdorfer Restbestände

In den Kriegswirren plünderten die Purkersdorfer das Mobiliar „ihres“ Sanatoriums. Restbestände sind nicht nur auf dem Kunstmarkt heiß begehrt. Die Erben nach Zuckerkandl versuchen jetzt Ansprüche geltend zu machen. Mit bedingtem Erfolg.

Es war das erste von Josef Hoffmann und der Wiener Werkstätte im Sinne eines Gesamtkunstwerkes konzipierte Projekt, für das der Industrielle Viktor Zuckerkandl 1904 den Auftrag erteilte: Bis 1906 entstand in Purkersdorf ein modernes und elegant ausgestattetes Sanatorium. Die Lesezimmer, Speisesäle, Salons, Spiel- und Schreibzimmer wurden nach Entwürfen von Josef Hoffmann und Kolo Moser möbliert. Mehrheitlich waren damit der Bugholzmöbelhersteller J. & J. Kohn und der Korbmöbel-Spezialist Prag-Rudniker beauftragt.

Die allseits bewunderten Modelle wurden von diesen Firmen nicht nur für das Sanatorium selbst hergestellt, sondern in das eigene Produktsortiment übernommen und wohl auch nach 1906 verkauft. Die exakte Anzahl der explizit für Purkersdorf produzierten Möbel ist nicht mehr nachvollziehbar. Auch, weil es im Archiv der Wiener Werkstätte im MAK (Museum für angewandte Kunst / Gegenwartskunst) keine Aufzeichnungen gibt, versichert Kuratorin Elisabeth Schmuttermeier. Von der ehemaligen Opulenz zeugen nur mehr alte Fotos.

Bis zur Weltwirtschaftskrise 1929 florierte der Betrieb, dann blieben die Maharadschas und Dollarmillionäre dem Refugium fern. Wenige Tage nach dem Anschluss wurde das Sanatorium von den neuen Machthabern unter kommissarische Verwaltung gestellt. Am 25. August 1939 erwarb es Hans Gnad für 3770 Reichsmark von der Österreichischen Kontrollbank. Zwei Jahre später wird das Gebäude zu einem Kriegslazarett umfunktioniert. Die Möbel - sie entsprachen nicht dem nationalsozialistischen Geschmack - wurden in den Kriegswirren geplündert und als Brennholz verwendet. Purkersdorfer Zeitzeugen erinnern sich noch heute an den Gestank, den die Möbellackierung beim Verheizen verursachte.

Nach dem Krieg versuchten die überlebenden Eigentümer der Zuckerkandl-Familie zu retten, was noch zu retten war. Im Februar 1948 wird das Rückstellungsverfahren eingeleitet, das im Juni 1952 mit einem Vergleich endete.

Im Februar 1953 verkauften die Zuckerkandls die Liegenschaft dem evangelischen Verein für „Innere Mission“, der es bis offiziell 1984 als Krankenhaus und Pflegeheim nutzte. Laut Günther Breckner, er verfasste 1979 bis 1982 seine Diplomarbeit über das Sanatorium, sei der Betrieb schon Ende der 70er-Jahre eingestellt worden.

Mangelnde Wertschätzung

Einen erheblichen Teil der Möbel hatte der Verein zu diesem Zeitpunkt bereits an Interessierte verkauft, und das waren wegen der damals mangelnden Wertschätzung für Objekte des Jugendstils nicht viele. Einer davon war John Sailer, der Mitte der 1960er-Jahre ein Konvolut an Stühlen aus dem Speisesaal erwarb. Ernst Ploil, Rechtsanwalt, Teilhaber des Auktionshauses „im Kinsky“ (Wien) und selbst Sammler, glaubt sich an 48 dieser Sailer-Schützlinge zu erinnern.

Etwa 3000 Euro hätte ein Exemplar damals gekostet, ein Wert, der sich im Zuge des Jugendstil-Hypes der 90er-Jahre in die Höhe schraubte. Allein von Dezember 1998 bis Jänner 1999 gelangten bei Christie's 23 dieser von J. & J. Kohn ausgeführten Stühle in London und New York unter den Hammer und spielten insgesamt stolze 558.000 Euro ein.

Sie alle hatten entsprechend den Katalogangaben von Christie's mehrfach den Besitzer gewechselt: Neben John Sailer waren das etwa Hans Hollein, der New Yorker Kunsthändler Richard Feigen sowie Margo und Maurice Cohen. Laut Ploil haben diese Stühle ein wesentliches in den 1960er-Jahren ergänztes Merkmal, den kreischroten Kunststoffbezug der Sitzfläche. Ohne diese Besonderheit, das bestätigen Elisabeth Schmuttermeier und Eva Ottillinger, Kuratorin des Hofmobiliendepots, sei eine Unterscheidung zwischen original „Purkersdorfern“ und den von Kohn als Modell Nr. 322 seriell hergestellten und verkauften unmöglich. Aber ein relevantes Detail, da sich die Erben nach Fritz Zuckerkandl seit einiger Zeit bemühen, für die originalen Einrichtungsgegenstände Ansprüche geltend zu machen.

International seien sie damit abgeblitzt, erklärt Ernst Ploil. Vor einigen Jahren habe er ein entsprechendes Gutachten im Auftrag Ronald Lauders verfasst, als man die Neue Galerie (New York) um Restitution deren Purkersdorfer-Sammlungsbestandes ersuchte.

Der gerichtliche Vergleich von 1952 hätte sowohl die Liegenschaft umfasst als auch die - um den Inventarschwund seit 1938 reduzierten - noch verbliebenen Ausstattungselemente. Alles andere, so Ploil, wäre juristisch völlig unsinnig. Als grob unverhältnismäßig deklariert dagegen Alfred Noll den damaligen Vergleich. Er vertritt die Zuckerkandl-Erben mittlerweile in der Liegenschaftsangelegenheit. In Sachen Mobiliar wurde er von seinen Klienten nie beauftragt. Fehlende Inventarlisten, bestätigt auch Noll, bleiben hierbei der größte Fallstrick.

Laut Emil Zuckerkandl seien die Räume Anfang der 1950er-Jahre leer gewesen. Dagegen spricht aber der rege Absatz in den Folgejahren: Neben erwähnten Sessel-Verkäufen in den 1960er- und auch 1970er-Jahren, fand 1985 in der Galerie Metropol eine Ausstellung mit Leihgaben der „Inneren Mission“ und auch verkäuflichem Mobiliar statt.

Totgerittener Zustand

Im begleitenden Katalog ist auch eine zeitgenössische Aufnahme des Billardzimmers publiziert. Zu sehen sind drei eingebaute Fauteuils und jeweils zugehörige Regale, wie viele es ursprünglich waren, ist nicht mehr feststellbar. Das in der Galerie Metropol gezeigte Ensemble stand nicht zum Verkauf, was danach damit passierte, weiß Georg Kargl nicht; diese Woche hätte ein solches bei Christie's in London versteigert werden sollen. Ploil kennt es. Schon zweimal hätte man es ihm zu einer Auktion „im Kinsky“ anvertrauen wollen. Er habe, so Ploil, „wegen des erbärmlich totgerittenen Zustandes“ der Möbel dankend abgelehnt. Nach einem Bericht im Kurier, wonach Emil Zuckerkandl hier gestohlenes Kunstgut vermutet, zog Christie's den Fauteuil (Taxe 9920 Euro) sowie das Regal (4410 Euro) zurück. Wohl eher aus politischem Kalkül, denn auf juristisch argumentierbarer Basis. Wann und von wem der jetzige Einbringer diese Möbel bezog, wollen weder er noch Christie's offenlegen.

Vermutlich von einem der weiteren Vorbesitzer: 1991-2002 der deutsche Immobilienunternehmer Walter Klaus, ab 2002 die Buwog (Bauen und Wohnen Gesellschaft mbH), seit 2006 die Baca Adagio Leasing GmbH.

Von dem mittlerweile begehrten Mobiliar war Anfang der 1990er-Jahre nicht mehr viel übrig. 1992 wurde das Sanatorium unter Denkmalschutz gestellt, in einer Beilage sind noch neun Einrichtungsgegenstände angeführt, die - bestätigt Eva-Maria Höhle, Generalkonservatorin des Bundesdenkmalamtes (BDA) - also noch vorhanden sein müssten. Das Billard-Ensemble sei nicht darunter, wohl aber zwei Tische aus dem Speisesaal. Womöglich jene beiden, die Sotheby's im Dezember 2008 in New York für rund 10.300 Euro versteigerte?

Die Angaben im Katalog sprechen dafür: Der Einbringer habe die Tische im Zuge des Verkaufs an die Buwog erworben. Wie es scheint unrechtmäßig, denn ein Antrag auf Ausfuhr, erklärt Höhle auf Anfrage, wurde nie gestellt.

Für kommende Woche wurde nun eiligst ein Lokalaugenschein in Purkersdorf anberaumt.

16. September 2004 Der Standard

Legenden erobern den Markt

Im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts avancierte Deutschland zur Wiege moderner Produktgestaltung. Der internationale Kunstmarkt quittiert dies heute mit entsprechenden Preisen für Bauhaus-Objekte.

Wien - Ausstellungen, wie etwa die aktuell aus Berlin ins Hofmobiliendepot importierte, haben aus markttechnischer Sicht einen erheblichen Anteil an der Entwicklung eines konstanten Preisgefüges und damit an der Entfaltung eines Mythos. „Staatliches Bauhaus“ nannte Walter Gropius 1919 das neue deutsche Kunstinstitut.

Das unter der Leitung von Gropius (1919-28) bis Mies van der Rohe (1930-33) angestrebte Ideal war die Verbindung einer geistig-künstlerischen und einer praktisch-handwerklichen Ausbildung mit dem Ziel eines gemeinsamen Dienstes an einem visionären, bildende Kunst und Architektur vereinenden Gesamtkunstwerk mit dem „Großen Bau“ als Zentrum.

In der Praxis sollte ein neuer Typ von Mitarbeiter für Industrie und Handwerk herangebildet werden, der Technik und Form in der Art einer Werkeinheit beherrschte. Das Bauhaus wollte, bis zu seiner Auflösung unter der NS-Kulturbürokratie 1933, einer zeitgemäßen Entwicklung der Be-hausung dienen.

Als legendär gelten vor allem die Bauhaus-Möbelentwürfe, für die es auch entsprechende Nachfrage auf dem internationalen Kunstmarkt gibt. Dahinter stehen aber selten Sammler aus dem deutschsprachigen Raum als solche aus dem angelsächsischen, „die dieser klassischen Formensprache der europäischen Moderne erlegen sind“, weiß Designexpertin Gerti Draxler (Dorotheum) aus Erfahrung.

An der Spitze der vor allem von amerikanischen Sammlern dominierten Preisskala liegen Entwürfe Mies van der Rohes und Marcel Breuers. Aufgrund langer Produktionszeiten und vieler Reeditionen ist die Bewertung ihrer Klassiker recht unterschiedlich. Mies' legendärer MR 90 - in der Ausstellung ist nur das Folgemodell aus dem Haus Tugendhat zu sehen -, besser bekannt unter der Bezeichnung Barcelona, ist als Ausführung vor 1929 nicht unter 140.000 Euro erhältlich.

Bereits 1997, anlässlich der ersten reinen Chair-Auktion von Christie's, war der Preis des für den deutschen Pavillon anlässlich der Weltausstellung in Barcelona entworfenen Loungechair auf 195.000 Euro gestiegen. Am 9. November gelangt im Dorotheum ein Paar solcher Barcelona (8.000-10.000 €) zur Auktion, und zwar geschraubte und nicht gelötete Versionen, wie sie gegenwärtig noch produziert werden.

Als besonderes Liebkind der Sammlerszene gilt Marcel Breuer - auch für Einsteiger. Das Dorotheum offeriert in genannter Designauktion den Bürodrehstuhl B7 von 1926 (7500-8500 €). Seltener ist das 1932/33 entworfene Regal (Mod. 176), aus vernickeltem Stahlrohr mit verstellbaren, Holzböden (18.000-25.000 €, Dorotheum 9. November) oder Hocker aus der Bauhaus-Kantine, von denen einer bei Christie's 1997 für umgerechnet 10.300 Euro den Besitzer wechselte. Als berühmtester Breuer gilt der Clubsessel B3, seit der Reedition durch die italienische Firma Dino Gavino Wassily genannt. Für Ausführungen um 1927 sind zwischen 25.000 und 40.000 Euro veranschlagt, werden aber auch Beträge jenseits der 80.000 Euro bezahlt.