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19. März 2025 Der Standard

Architekt im Widerstand

Im Jahr 1943 wurde der österreichische Architekt und Widerstandskämpfer Herbert Eichholzer von den Nazis ermordet. Der Grazer Verein für Geschichtsarbeit Clio widmet ihm nun eine umfangreiche Dokumentation.

Auch wenn sich in den vergangenen Jahren die eine oder andere Publikation mit dem 1903 in Graz geborenen und 1943 in Wien von den Nationalsozialisten ermordeten Herbert Eichholzer beschäftigt hat und auch wenn seit 2014 in der Grazer Schröttergasse 7 ein Stolperstein für ihn liegt: Der Name Herbert Eichholzer war lange bestenfalls in zeithistorisch interessierten Kreisen und unter engagierten Architekten und Architektinnen bekannt. Nun hat der Grazer Verein für Geschichtsarbeit Clio eine Lücke geschlossen und eine umfangreiche Dokumentation über den Architekten und kommunistischen Widerstandskämpfer herausgegeben.

Schon der Titel des aufwendig gestalteten Bandes ist programmatisch: „Blaupause“ bezieht sich nicht nur auf das Werkzeug des Architekten, sondern will auch als Bezeichnung für ein Vorbild verstanden werden. Das Buch macht zudem schmerzhaft deutlich, dass Eichholzer einer der vielen kreativen Köpfe war, dessen Leben und Schaffen von den Nationalsozialisten je beendet wurde, und welcher Verlust damit für die Gesamtgesellschaft über Generationen hinweg entstanden ist: Schon beim bloßen Durchblättern staunt man, wie zukunftsweisend Eichholzers Architekturkonzepte waren. Der Zeit geschuldet, wurde davon wenig umgesetzt. Noch weniger ist erhalten, ein Großteil des von ihm entworfenen Mobiliars sei aus Unkenntnis entsorgt und seine wenigen erhaltenen Bauten verschandelt oder vernichtet worden, schreibt Mitherausgeberin Alexandra Riewe.Ein erhaltenes Gebäude ist das Haus Brutmann im steirischen Eisenerz. Hier nahm das Projekt „Blaupause“ seinen Anfang. 2022 und 2023 war dort eine Ausstellung über Leben und Werk Eichholzers zu sehen, der vorliegende Band komplettiert die Recherchen zur Ausstellung.

Graz, Paris, Moskau

Eichholzer hatte in den 1920er-Jahren in Graz an der Technischen Hochschule Hochbau studiert. Sein Volontariat absolvierte er 1929 und 1930 im Atelier von Le Corbusier in Paris, wo er auch bei der Planung des Centrosojus – der Zentrale der sowjetischen Konsumgenossenschaft – für Moskau mitgewirkt hatte. In den folgenden Jahren konnte er auch in Österreich einige Projekte verwirklichen, die sich abzeichnende Weltwirtschaftskrise bremste die Bautätigkeit allerdings enorm. Sein erstes Großprojekt, das auch gebaut wurde, war ein Arbeiterwohnhaus im obersteirischen Judenburg. 1932 schließlich ging Eichholzer wie viele andere junge Architekten und Architektinnen in die Sowjetunion. Es sei eine programmatische Entscheidung gewesen, schreibt Mitherausgeber Heimo Halbrainer. Eichholzer habe das „neue Bauen“ propagiert: Es sei ihm um „das Fortlassen jeglichen überflüssigen Schmuckes, Ehrlichkeit im Material, Klarheit der Konstruktion, Verwendung neuer Baustoffe, flaches Dach gegenüber dem schlecht ausgenutzten Steildach und einfache Gebrauchsmöbel“ gegangen.

Wie Eichholzer ging damals auch die Architektin Margarete Schütte-Lihotzky in die Sowjetunion. Ihre Entwürfe aus der Moskauer Zeit für Kindermobiliar sind derzeit in einer Ausstellung der Universität für angewandte Kunst Wien zu sehen. Die Kulturpolitik der jungen Sowjetunion wandelte sich damals jedoch rasch, und statt Avantgarde kam die Kritik an der Avantgarde. Ein großer Teil der Architekten hatte Moskau daraufhin 1933 wieder verlassen. Eichholzer war einer der Ersten und kehrte nach Graz zurück, wo er einige kleinere Projekte fortschrittlicher Architektur im Individualwohnbau umsetzen konnte.

Den sozialistischen Ideen hatte er nach den negativen Erfahrungen in der Sowjetunion freilich nicht abgeschworen, Eichholzer blieb ein linker, ein politischer Mensch. Er war Mitglied der Sozialdemokratischen Partei und schloss sich wie viele andere seiner Genossen und Genossinnen nach der Niederschlagung des Arbeiteraufstandes 1934 der damals illegalen Kommunistischen Partei an. Nach dem „Anschluss“ Österreichs 1938 – gegen den er zuvor aktiv aufgetreten war – musste er im März 1938 aus Graz fliehen. Er flüchtete zuerst nach Triest, dann nach Paris, im November 1938 nach Ankara. Hier konnte er im Atelier von Clemens Holzmeister an der Planung des neuen Regierungsviertels mitarbeiten.

Rückkehr nach der Flucht

In der Türkei war Eichholzer am Aufbau einer Anlaufstelle der Auslandsorganisation der KPÖ führend beteiligt. Im Frühjahr 1940 ging er zurück nach Österreich, er sollte die nach verschiedenen Verhaftungswellen zerschlagenen Widerstandsgruppen und den Kontakt zur nach Moskau geflüchteten Parteiführung wieder aufbauen. Die Rückreiseerlaubnis nach Graz kam von den Nazi-Behörden, nachdem er angegeben hatte, sich nur im nationalsozialistischen Sinn betätigen zu wollen. Grete Schütte-Lihotzky folgte einige Monate später und reiste nach Wien.

Als durch einen Spitzel im Februar 1941 die weitverzweigte Widerstandsgruppe der KPÖ aufflog, wurden mehrere Hundert Personen verhaftet, darunter auch Schütte-Lihotzky und Eichholzer. Schütte-Lihotzky überlebte die Nazi-Haft knapp und wurde im April 1945 von der US-Armee befreit. Herbert Eichholzer wurde zum Tode verurteilt und am 7. Jänner 1943 in Wien ermordet.

Veranstaltungsinfo Ausstellung „Moskau Material“: Margarete Schütte-Lihotzkys Entwürfe für Kindermobiliar. Universitätsgalerie der Angewandten im Heiligenkreuzerhof, Schönlaterngasse 5 / Grashofgasse 3, 1010 Wien, Stiege 8, 1. Stock. Zu sehen noch bis 5. April 2025, Mittwoch bis Samstag jeweils 14 bis 18 Uhr (an Feiertagen geschlossen).

Heimo Halbrainer, Gerhild Illmaier, Alexandra Riewe (Hg.), „Herbert Eichholzer: Blaupause“. € 31,– / 200 Seiten. Clio – Verein für Geschichts- und Bildungsarbeit, Graz 2024

verknüpfte Publikationen
- Herbert Eichholzer BLAUPAUSE

20. Mai 2010 Der Standard

Die Kommunikation der guten Brisanz

Die Architekturtage 2010 wollen das Image des modernen Salzburg heben

Salzburg - Vor zwei Jahren hat Panorama Tours, ein Reiseveranstalter, der eigentlich auf Führungen durch das barocke Salzburg spezialisiert ist, begonnen, Touren zu Vorzeigeprojekten moderner Architektur an der Salzach anzubieten. Der Publikumszuspruch ist inzwischen verebbt. Das liege, erklärt Roman Höllbacher von der Initiative Architektur, vor allem an der schlechten Kommunikation in Sachen Architektur: „Gutes wird oft nicht kommuniziert.“

In der Öffentlichkeit, so Höllbacher, dominierten vor allem Projekte, die „schlecht gelaufen“ seien. Prominentestes Beispiel: Das zum Haus für Mozart umgebaute Kleine Festspielhaus. Dazu kämen jede Menge „sinnlose Diskussionen“ um Wettbewerbe, die nie zu einem Ergebnis führten. Die Neugestaltung des Makartplatzes sei exemplarisch: Die Pläne des Wettbewerbssiegers Boris Podrecca wurden nie umgesetzt.

Dabei gebe es jede Menge Erfolge, meint Höllbacher. Etwa das Stadtteilzentrum „Neue Mitte Lehen“ am Standort des ehemaligen Fußballstadions, wo neben Stadtbibliothek und gewerblicher Nutzung auch Wohnungen entstanden sind. Ganz aktuell: der Umbau des Lehener Stadtwerke-Areals.

Literatur und Religion

Bei den Architekturtagen 2010 werden neben der Wiederbelebung der geführten Touren ins moderne Salzburg aber auch ganz andere Themen in den Mittelpunkt gerückt. Brisanz verspricht die Auseinandersetzung mit den Glaubensräumen und deren Präsenz in der Stadt. Damit wolle man keine Minarett-Diskussion inszenieren, versichert Höllbacher. „Viel wichtiger ist es, die Vertreter verschiedenster Religionsgemeinschaften in einen Diskurs zu locken.“

In der Ausstellung „Architektur wie sie im Buche steht“ im Künstlerhaus wiederum stehen literarische Räume im Mittelpunkt, die in Romanen zahlreicher prominenter Schriftsteller vorkommen. Studenten der TU München haben den Versuch unternommen, diese Räume zu rekonstruieren. Auch Thomas Bernhard nimmt Gestalt an.

19. September 2008 Der Standard

Verpfuschter Kulturbau beschäftigt Gericht

Stadt Salzburg klagt Architekten und Bauausführer - Gravierende schalltechnische Probleme machen Nutzung unmöglich - Arge Kultur bleibt Sanierungsfall

Salzburg - Der Skandal rund um den Neubau der Salzburger Arbeitsgemeinschaft Kultur zieht nun eine Flut von Klagen nach sich. Wie Baustadtrat Martin Panosch (SPÖ) dem Standard bestätigte, versucht die Stadt vor Gericht gegenüber Architekten, Bauphysikern und einer mit der Baukoordination betrauten Immobiliengesellschaft Schadensersatzansprüche geltend zu machen. Eingeklagt werden insgesamt 445.000 Euro.

Wie vom Standard wiederholt berichtet, weist der rund vier Millionen Euro teure Neubau, welcher das legendäre Kulturgelände Nonntal ersetzen sollte, massive Mängel auf. Das Haus verfügt zwar über eine funktionierende Infrastruktur, aber gravierende schalltechnische Probleme machen die angestrebte Mehrfachnutzung unmöglich: Musik aus den Proberäumen überträgt sich in andere Seminar- und Kursräume.

Proben unmöglich

Während des Veranstaltungsbetriebes sind Proben unmöglich. Allein durch die nichtlukrierten Mieteinnahmen würden dem Verein Arge Kultur jährlich etwa 25.000 Euro fehlen, so die Schätzung der Vereinsführung. Rechtlich bestehe jedenfalls, so Panosch, „akuter Handlungsbedarf“. Das Haus wurde Ende 2005 eröffnet, man stehe also kurz vor der dreijährigen Verjährungsfrist.

700.000 Euro nachschießen

Insgesamt müssen Stadt und Land Salzburg für die Sanierung des verpfuschten Kulturbaus 700.000 Euro nachschießen. Wobei man vom Plan, die für das multifunktionale Haus benötigten Proberäume unterirdisch anzubauen, wieder abgekommen ist. Laut Baustadtrat Panosch will man statt der Probebunker doch eine Sanierung des Bestandes versuchen.

Intendantensuche

Aber auch der Verein Arge Kultur selbst, der eigentlich nur Mieter in dem von der Stadt errichteten Gebäudes ist, kommt nicht zur Ruhe. Mit September hat der bisherige künstlerische Leiter, Marcus Hank, nach Zerwürfnissen mit dem Vereinsvorstand überraschend das Handtuch geworfen. Jetzt wird die Intendanz voraussichtlich neu ausgeschrieben.

11. April 2003 Der Standard

Kleines Festspielhaus: Kostenexplosion droht

29 Millionen Euro sind nicht genug

Die offiziell veranschlagten 29 Millionen Euro für den Um- beziehungsweise Neubau des Kleinen Festspielhauses werden nie und nimmer reichen. Nach einer am Donnerstag vom Salzburger Planungsstadtrat Johann Padutsch (Bürgerliste) präsentierten Expertise des Münchner Consultingbüros „Diederichs & Partner“ dürften die Errichtungskosten netto auf mindestens 37 Millionen Euro kommen. Dazu komme noch, dass von den festgelegten 29 Millionen vier Millionen Euro noch nicht finanziert seien.

Rechnet man weitere technische Verbesserungen hinzu, gehen die Experten von einem Kostenrahmen jenseits der 42 Millionen Euro aus. Dass beim Ausrüstungsstandard nachgebessert werden müsse, ist für die Beratungsfirma klar: Die aktuellen Planungen würden Technik und Ausstattung des Hauses „eher am unteren Level“ ansiedeln.

Neben der abzusehenden Kostenüberschreitung bemängeln Padutsch und der Klubobmann der Bürgerliste im Gemeinderat, Helmut Hüttinger, aber auch die schlechte Akustik und die schlechte Sicht von den Sitzplätzen auf die Bühne. Die Sichtverhältnisse würden jedenfalls nicht besser sein, als beim alten Holzmeisterbau. Zur Kritik am architektonischen Konzept - „das Schlechteste, was ich je gesehen habe“ (Architekt Klaus Kada) - kommt auch noch die Angst vor einer Bauverzögerung. Der Terminplan sei jedenfalls so eng, dass bei den geringsten Verzögerungen das neue „Haus für Mozart“ im Mozartjahr 2006 nicht bespielbar wäre. Auch die Felsenreitschule stünde dann nicht zur Verfügung.

Die Bürgerliste fordert daher einen sofortigen Planungsstopp samt Neuausschreibung. Baubeginn wäre dann erst nach 2006. Ähnlich hat sich auch schon FP-Stadtvize Siegfried Mitterdorfer geäußert. SP-Bürgermeister Heinz Schaden selbst - er vertritt die Stadt Salzburg im Festspielkuratorium - ließ bereits ebenfalls deutliche Distanz zu den Plänen von Holzbauer/Valentiny erkennen. Ob er mit seinem Veto im Kuratorium das Projekt zu Fall bringen werde, war aber am Donnerstag noch nicht entschieden.

Unabhängig davon sieht Padutsch allerdings eine andere Variante, das „völlige Desaster und die größtmögliche Blamage“ im Zentrum von Salzburg rechtlich zu verhindern. Den Betreibern fehle nämlich die notwendige Bauplatzerklärung. Diese sei notwendig, da es sich um keinen Umbau, sondern um einen kompletten Neubau handle. Zudem fehle bis heute die Zustimmung der Altstadtkommission. Und weiter: Da Holzbauer/Valentiny für ihr Vorhaben insgesamt 600 Quadratmeter zusätzlichen Grund für das in den Max-Reinhardt-Platz hineinragende Foyer benötigen würden, müsse dafür noch die Zustimmung des Eigentümers eingeholt werden. Dies ist die Landeshauptstadt Salzburg.