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Intuitives Gestalten
Neue Zürcher Zeitung

Arbeiten des Büros LOST Architekten aus Basel

Obschon die Bauten und Projekte des jungen Basler Architektenduos LOST sehr vielfältig sind, ist ihnen ein bodenständiges Streben nach dem Robusten, dem Einfachen und Elementaren gemeinsam. Die Architekten vertrauen der Intuition und spüren in ihrer Arbeit der Sinnlichkeit von Formen und Materialien nach.

3. Juni 2005 - Peter Omachen
Sie kannten zu viele Architekten, um sich für einen unter ihnen entscheiden zu können. Für den Entwurf ihres Einfamilienhauses lancierten die Auftraggeber daher einen kleinen Architekturwettbewerb unter fünf eingeladenen Büros. Damit gaben sie 1999 den entscheidenden Impuls für die Gründung des Büros LOST Architekten in Basel. Das von ihnen 2001 vollendete Einfamilienhaus in Therwil öffnet sich mit seinen beiden stumpfwinklig aneinander stossenden Gebäudeflügeln zur Aussicht auf den Höhenzug des Blauen und in das Birsigtal. Das Gefälle des Südhangs wurde genutzt, um die Doppelgarage und den Eingang an der tiefsten Stelle des Grundstücks zu placieren. Während auf der Gartenseite der Eindruck eines eingeschossigen Hauses entsteht, scheint dieses, von der Strasse her gesehen, wie auf einem Tablett zu ruhen.
Einfühlsam

Die Bauherrschaft hatte genaue räumliche Vorstellungen von ihrem künftigen Heim. Sie wünschte etwa einen grosszügigen Hauseingang, den die Architekten zu einer eigentlichen Mehrzweckhalle im Untergeschoss ausformten. Diese öffnet sich in einer raumhohen Fensterfront auf einen ummauerten Gartenhof entlang des Zufahrtsweges. Der hellrot eingefärbte Betonboden erinnert an Terrakotta. Dieser heiter wirkende Bodenbelag setzt sich bis ins Wohngeschoss fort, wo differenzierte Innenräume den alles beherrschenden Ausblick immer wieder neu inszenieren.

Die geometrische und räumliche Komplexität dieses Erstlingswerkes offenbart bereits die charakteristische Arbeitsweise der beiden ursprünglich aus Deutschland stammenden Basler Architekten, deren Büroname sich aus den Anfangsbuchstaben ihrer Nachnamen zusammensetzt. Dietrich Lohmann und Christoph Standke arbeiten - ausgehend von den Bedürfnissen ihrer Bauherren und der Analyse des Ortes - mit einer Vielzahl von Skizzen und Modellen unermüdlich an der Lösungsfindung. Als in erster Linie intuitiv gestaltende Architekten unterscheiden sie sich damit vom Typus der abstrakt denkenden Architekten, deren Idealentwurf aus einer einzigen, alles generierenden Idee besteht. Die beiden 1960 und 1966 geborenen Architekten haben in Darmstadt und an der Bauhausuniversität Weimar studiert und sind nach mehrjähriger Berufspraxis, unter anderem beim Basler Büro Herzog & de Meuron, in der Rheinstadt sesshaft geworden.

In den vergangenen Jahren haben sich LOST Architekten vor allem mit Umbauten beschäftigt, wobei sie ihr feines Gespür für das Potenzial des Vorgefundenen unter Beweis stellen. Besonders eindrücklich gelang ihnen dies beim Umbau eines Fitnesscenters in Möhlin. Der unkoordiniert im Erdgeschoss einer grossen Geschäftsliegenschaft gewachsene Betrieb wurde um ein Sportartikelgeschäft ergänzt, das gleichzeitig den neuen, repräsentativen Eingang bildet. Verschiedene Funktionen wurden in beidseitig des Raumes eingeschobene Hohlwände integriert. Die rot lackierten Wandkörper halten Abstand zur glänzend schwarzen Decke und lassen den einst banalen Raum als geheimnisvolle Hülle voller Lichtreflexe erscheinen. Eine von der Decke hängende Verkaufsvitrine, die an den Rohbau eines Eisenbahnwaggons erinnert, wirkt wie eine eigenartig verfremdete Kraftmaschine. Die vermeintlich muskulös-erotische Welt der Fitnessstudios wird in dieser gekonnten Inszenierung augenzwinkernd karikiert.

Kraftvoll

Der endgültige Durchbruch der beiden Architekten steht mit der hoffentlich baldigen Ausführung des Basler Veranstaltungs- und Kulturprojektes Kuppel im Parkraum zwischen Zoo und Heuwaage noch bevor. Das aus einem Wettbewerb hervorgegangene Siegerprojekt sieht den Ersatz eines bestehenden provisorischen Holzbaus vor, der als wichtigste überregionale Institution der Basler Klub- und Live-Musik-Szene gilt. Den geplanten Neubau konzipierten sie als einen organisch geformten Holzspantenbau mit vertikalen Lichtschlitzen. Ähnlich wie das wuchernde Rankengeflecht über der alten Kuppel legt sich über die neue Kuppel ein Geflecht aus verwobenen Holzstäben. Im Innern verborgen befindet sich der bienenkorbartige Veranstaltungsraum aus aufgestapelten, miteinander verdübelten Schwartenbrettern als Hort lauten Treibens in nächtlicher Abgeschiedenheit.

Dietrich Lohmann und Christoph Standke von LOST Architekten stellen ihre Arbeiten am 8. Juni um 18 Uhr 30 im Architekturforum Zürich am Neumarkt 15 vor.

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Für den Beitrag verantwortlich: Neue Zürcher Zeitung

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