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Profil

Isabella Marboe lebt und arbeitet als Architekturjournalistin in Wien. Die Architekturjournalistin studierte an der TU Wien und der Bezalel University in Jerusalem Architektur, nach ihrem Diplom absolvierte sie die katholische Medienakadamie und den Lehrgang Magazinjournalismus vom „Profil“. Weil Architekturmedien immer rarer und Journalismus immer schnellebiger wird, gründete sie ihr eigenes online medium www.genau.im
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Isabella Marboe schreibt regelmäßig für diverse Qualitätsmedien wie das „spectrum“ der Tageszeitung „die Presse“, die deutsche ,Detail', die DBZ, Piranesi, die renommierte Wochenzeitung ,die Furche', das niederösterreichische Kulturmagazin ,morgen’, verfasst Beiträge für die vom vai kuratierte Architektur-Beilage „Leben & Wohnen“ der Vorarlberger Nachrichten, sowie das niederösterreichische Magazin „gestalten.“
Sie war jahrelang leidende Redakteurin von architektur.aktuell und hatte in einer Co- Chefredaktion mit Dr. Sandra Hofmeister die deutsche Ausgabe von „domus“ konzipiert und geleitet.

Lehrtätigkeit

Lehrveranstaltung ,PR für Architekten' am Institut für Raumgestaltung und Entwerfen der TU Wien.

Mitgliedschaften

ögfa, ORTE Architekturnetzwerk, Presseclub Concordia

Publikationen

„Spectrum“ die Presse, „die Furche“, detail, dbz, „Leben & Wohnen“ in den VN, „der Plan“, „morgen“
„Bauen für die Gemeinschaft in Wien“, detail Verlag, Beiträge für Best of Austria

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Artikel

10. Mai 2008 Der Standard

Sechs Häuser in 18 Meter Höhe

Die alte Bausubstanz war unregelmäßig und verwinkelt. Die Architekten kunath trenkwalder hatten folgende Idee: alten Raster ignorieren, neuen Raster schaffen und hoch über der Stadt einfamilienhausartige Maisonetten schaffen.

Das alte Haus aus dem Jahr 1859 hatte Charakter. Es liegt auf einer schmalen Parzelle, die 60 Meter weit nach hinten reicht. Der Stadt zeigt es eine klassische Schauseite, hinter dem Entree jedoch windet sich ein lang gezogener Bauteil die Feuermauer entlang.

Der Bauherr wollte nachhaltig in die Substanz investieren, das Dach ausbauen und die Lebensqualität im Haus heben. Das Architekturbüro kunath trenkwalder nahm das Objekt genau unter die Lupe. „Der Bestand sieht aus wie die Mustersiedlung eines Fensterherstellers aus dem 19. Jahrhundert“, sagt Architekt Martin Kunath, „alles ist schief, und die Trakte haben verschiedene Niveaus. Es war unser bisher schwierigstes Projekt.“

Was tun bei lauter schiefen Winkeln? Die Architekten verstärkten die oberste Bestandsdecke und erklärten sie kurzerhand zum Baugrund in 18 Meter Höhe. Dem alten Dach wurde eine neue modulare Ordnung aufgesetzt. Sie folgt einem strikten Raster von 1,25 Metern und bildet die Planungsgrundlage für sechs hochelegante Maisonette-Wohnungen aus einem Guss. Die Wohnungsgröße variiert zwischen 65 und 300 Quadratmetern.

Mit dem Bestandsbau hat das Dachgeschoß wenig zu tun. Einmal ragt die autonome Struktur kühn in den Hof, ein anderes Mal fluchtet sie dezent zurück. „Wir wollten die Maisonetten wie Reihenhäuser aufs Dach stellen“, so Kunath, „jede Wohnung sollte viel Ausblick, Licht und auf jeder Ebene eine Terrasse oder einen Balkon haben.“

Die Umsetzung dieser Idee bedurfte höchster Bauordnungs-Arithmetik. Das straßenseitige Volumen blieb unausgeschöpft, dafür wurde es der Fassadenabwicklung überm Hof zugeschlagen. Außerdem nutzte man alle erlaubten Gaupen und Erker und schlichtete die Kubatur so lange um, bis sich der Eindruck aufgesetzter Einzelhäuser ergab.

Gang mit Verweilqualität

Erschlossen werden die Wohnungen von einem Gang entlang der Feuermauer. Rosafarben getönte Oberlichten erhellen diese innere Straße, die vor den Türen Nischen bildet und wie ein kollektives Wohnzimmer tapeziert ist. Die Lichthöfe, die in die historische Bausubstanz eingeschnitten sind, wurden selbstverständlich auch im Dachgeschoß ausgespart und bereichern eine der Wohneinheiten um ein Innenatrium, an dem die Stiege hochgleitet.

Die Fenster sitzen als rahmenlose Öffnungen in der Wand und bringen die phänomenalen Ausblicke über Baumkronen, Karlskirche und Stephansdom voll zur Geltung. Praktische Wendeflügel und breite Ablageborde erhöhen den Genuss. Raumhohe Glastüren sorgen im ganzen Haus für einen fließenden Übergang auf Terrasse und Balkon.

Das Souterrain wurde übrigens zum Seminarzentrum Theresianumgasse ausgebaut, aus dem einstigen Parkplatz im Hof wurde eine grüne Oase für die Stadt, und den Geländesprung am Nordtrakt macht sich nun eine Sonnenterrasse zunutze. „Das ist unsere Plattform für die Allgemeinheit, unser Tanzboden und der Speakers' Corner“, sagt der Bauherr stolz.

3. Mai 2008 Der Standard

Lamellen nach Lust und Laune

In einer Siedlung ist man vor Einblicken nicht gefeit. In Oberwaltersdorf steht seit kurzem ein Haus aus der Architekturfeder von g.o.y.a., das aufzeigt, wie's geht: Ein beweglicher Screen steuert Lichteinfall und Aussicht.

Gelbe Villen mit Giebel, rustikale Holzbalkons und Steildächer in Variationen. Viele Klischees aus dem Fertighauskatalog bündeln sich im niederösterreichischen Oberwaltersdorf zur ruhigen Siedlung. Hier besaßen die Bauherren die Hälfte eines Doppelhauses. Die traute Umgebung wollten sie nicht wechseln, die Wohnsituation sehr wohl. Die Kinder sollten nicht länger in kleinen Zimmern wohnen, auch Stauraum fehlte an allen Ecken und Enden. „Wir hatten ein winziges Vorzimmer, zu viert nach Hause zu kommen war bereits ein Drama“, erinnert sich die Baufrau.

Als in der Nähe ein Eckgrund verkauft wurde, packte man die Gelegenheit beim Schopf. Über Freunde gelangten die Bauherren zu Architekt Paul Preiss. Er komponierte der ganzen Familie ein vielschichtiges Haus nach Maß auf die Parzelle, das ganz ohne das für Oberwaltersdorf typische Satteldach auskam. Das war ausschlaggebend dafür, dass das Projekt den örtlichen Bauausschuss passieren musste. „Weil auch Tankstelle und Bahnhof flache Dächer haben, durften wir das Haus dann so bauen wie geplant.“ Mit diesem ersten Projekt gründete Paul Preiss die g.o.y.a. group of young architects.

Eine Sichtbetonscheibe markiert die Zufahrt. Fast Ton in Ton zeigen sich die Garage und die Rückflanke des Hauses dahinter grau verputzt. Aus einem großen, trichterförmigen Foyer gelangt man in die lichtdurchfluteten und luftigen Wohnräume. Wie ein Monitor scheinen im Obergeschoß die Schlafzimmer in die Landschaft zu kippen.

Im Westen des Grundstücks wurde eine Wasserader ausgependelt. Hier durfte kein Wohnraum anstreifen. Mit viel Respektabstand gleitet an besagter Stelle die Küche vorbei. Vom Wohnraum kann man schwellenlos auf die Terrasse im Garten treten. Mittels einer Glasschiebetür lässt sich der hintere Teil des Raumes zum Büro für den Bauherrn abzwacken. So hat er Ruhe beim Arbeiten, einen externen Zugang über die Terrasse und seine spielenden Kinder stets im Blick. Im Osten des Hauses, wo alle paar Stunden ein Bummelzug an den Weinbergen vorbeituckert, ist in den Boden ein Swimmingpool mit umlaufenden Holzlatten aus Bankirai eingelassen.

Entspannungsfaktor Licht

Freitragende Holztreppen führen zu den Schlafzimmern hoch. Das Stiegengeländer besteht aus eingespannten Stahlstäben. Ein trapezförmiges Oberlicht in der ansteigenden Decke lässt die Sonnenstrahlen über die leicht schwingende Treppe vom Himmel bis in den Keller fluten.

„Ich wollte vom Schlafzimmer aus unbedingt den Sonnenaufgang sehen“, sagt die Baufrau. Durch das Fenster am Kopfende des Betts kann sie nun miterleben, wie draußen die Morgenröte aufsteigt. Nebenan gibt es ein großes Elternbad mit runder Badewanne zum Entspannen.

Auch die beiden Kinder haben ihr eigenes Bad. Beidseitig zugänglich liegt es in der Mitte ihrer gleich großen Zimmer, deren Nurglasfronten nach Süden blicken. Vor den Fenstern liegt ein gedeckter Luftraum. Ein nach vorn kippender Screen aus Aluminiumlamellen dient dazu, je nach Sonnenstand die Position zu ändern und auf diese Weise den Lichteinfall zu steuern. „Wir hatten anfänglich etwas Angst wegen der vielen Glasflächen, aber jetzt sind wir ganz glücklich damit. Von innen sieht man alles, von draußen nichts. Genau, wie wir es wollten.“

26. April 2008 Der Standard

Operation am offenen Haus

Am Rand der Donauauen steht ein gestrandetes Schiff der Architekten Wolfgang Tschapeller und Wolfram Mehlem. Das bizarre Betonobjekt will vor allem eines: sich von den gängigen Bildern 08/15-Wohnens verabschieden.

Der Wiener Architekt Wolfgang Tschapeller arbeitet konsequent daran, Räume neu zu definieren. „Die normalen Parameter von Geschoßen und Wänden können kein immerwährend gültiges Prinzip sein“, sagt er. Für ihn ist Architektur eine Operation in einem sozialen Kontext. „Jedes Projekt entsteht aus der Auseinandersetzung mit den jeweiligen Gegebenheiten. Wir nehmen ein Volumen, drücken etwas hinein und richten es so, dass man sich darin aufhalten kann.“

Dem Bauherrn war klar: Sollte er für sich und seine Familie je ein Haus bauen, käme als Architekt nur Wolfgang Tschapeller infrage. Als sich am Rand des Naturschutzgebiets der Donauauen schließlich ein Grundstück fand, konnte das interaktive Raumexperiment beginnen. Der Fluss prägt Land und Häuser: Fast alle Gebäude hier stehen auf Stützen, um vor Hochwasser gewappnet zu sein. Diesem Beispiel sollte das eigene Haus folgen.

Die Familie wünschte sich einen großen, gemeinsamen Raum mit Kochzeile, Kamin und Terrasse. Zwei Jahre arbeiteten Wolfgang Tschapeller, Jesper Bork und Wolfram Mehlem im intensiven Dialog mit den Bauherren an Papier-, Styropor und Computermodellen. Das Resultat ist ein Betonbaukörper, der die gängigen Vorstellungen eines Einfamilienhauses sprengt.

Ausgangspunkt des Entwurfs ist ein mehr als 22 Meter langes, sechs Meter hohes und breites, rechteckiges Volumen, in das die kleineren Räume eingedrückt sind. Wie Membrane umhüllen fließende, schräge Wände diese frei geformten Individualbereiche, die als „Abdrücke der architektonischen Operation“, so Tschapeller, im offenen Wohnraum sichtbar werden und ihn auf diese Weise umformen.

„Das Verhältnis der Volumina zueinander war essenziell für die Qualität des Inneren. Es bildet eine Kulturtextur, die sich nach dem Nutzer richtet“, erklärt der Architekt und sinniert weiter: „Dieses Haus ist ständig im Dialog mit seiner Umgebung.“ Wie ein Schiff liegt der kantige Baukörper in der Au, wie ein Schlot ragt das Studio des Bauherrn über das flache Dach hinaus. Nur auf vier Stützen berührt das Betonobjekt die Erde. Darunter befindet sich die Keller-Ersatzbox und eine Parkmöglichkeit fürs Auto.

Wohnen in der Lichtung

Eine leichte Außentreppe führt an der Südseite zum Eingang, neben dem der gebirgige Wandrücken des Kinderzimmers ansteigt. Wie durch eine Schlucht schlüpft man unter die Decke des abgehängten Schlafraums auf die weite Wohnlichtung, die ganz in Weiß erstrahlt. Wie Kristalle ragen die Zimmer in das offene Innere und verwandeln es in eine bewohnbare Kunstlandschaft. Dahinter verbirgt sich ein polygonales Flächentragwerk aus Holz. Unauffällig verschwindet darin die Stauraumwand mitsamt Kamin. Als dreidimensionale Glaskörper stülpen sich die Fenster über der Küchenzeile aus der Südfassade, frei geformte Fenster durchbrechen die Betonschale und bieten in diversen Körperhaltungen vom Boden bis zur Decke ungeahnte Perspektiven. Mit einer sechs Meter hohen, windverstrebten Glasfront nach Westen scheint der Wohnraum mit dem auskragenden Balkon regelrecht ins Freie zu kippen.

19. April 2008 Der Standard

Paprika vom Südhang

In Gaimberg plante das Architekturteam Steinklammer eine Wohnanlage, die raffiniert den Hang hinabfällt. Oben gibt es reichlich Lärchenholz, unten haben die Mieter indes ihre Beete bepflanzt - mit Chili und anderen Nachtschattengewächsen.

Vor den Toren von Lienz, mitten in den Osttiroler Bergen, liegt die kleine Ortschaft Gaimberg. 800 Menschen leben hier, die Atmosphäre ist zutiefst ländlich. Architekt Peter Jungmann baute vor einigen Jahren in sehr puristischer Weise das Gemeindeamt aus. In unmittelbarer Nähe, an einem steilen Südhang, plante das Architekturteam Steinklammer für die Gemeinnützige Hauptgenossenschaft des Siedlerbundes einen sozialen Wohnbau.

Die Anlage besteht aus zwei differenziert gestalteten Zeilen, die wie Kaskaden den Hang hinabgleiten und einen gemeinsamen Freiraum einfassen. Sie sind von offenen Stiegen durchbrochen und erwecken den Eindruck lose aneinandergereihter Einzelhäuser. Die unteren Ebenen sind weiß verputzt, das oberste Geschoß ist jeweils mit Lärchenschindeln verkleidet. Diese Fassadengestaltung, die Anleihen an der lokalen Bautradition nimmt, korrespondiert mit den umliegenden Bauernhöfen, Stadeln und Apfelbäumen und verleiht der Anlage ihren eigenen Charakter.

„Wir wollten die Zeilen nicht parallel zur Höhenschichtlinie staffeln, sondern zwei Baukörper schaffen, die nach Süden abfallen“, sagt Architekt Georg Steinklammer. So steht kein Haus dem anderen in der Sonne. 19 Wohnungen gibt es insgesamt, sechzehn davon haben Zimmer mit Südblick, alle mindestens einen Balkon. Zu den vier durchgesteckten, ebenen Einheiten im weißen Sockel führen Rampen. Diese Wohnungen haben einen kleinen Patio, ein Terrassenplateau und Küchen mit quer liegenden Fenstern zur Dorfstraße.

Zwischen den Häusern ragen rohe Betonstiegen auf den Gehsteig. Die Holzschalung prägte der Betonoberfläche ihre Maserung ein. Das ist nicht nur ästhetisch, sondern auch rutschfest. Sie führen zu den Split-Level-Wohnungen, die im ersten Stock beginnen und sich mit einem Niveausprung bis in den nächsten Hausabschnitt erstrecken. Zwei bis drei Zimmer gibt es in der unteren Ebene, vorm Sanitärblock in der Mitte schwingen sich Innentreppen über die offenen Außenstiegen hinweg zur großzügigen Wohnküche, die einige Treppen höher liegt.

Wohnen und Stiegensteigen

„Die Topografie des Grundstücks ist auch in den Wohnungen ein Thema“, sagt Architekt Steinklammer, „man geht draußen die Straße hinauf, dreht am Eingang um und steigt dann innen Richtung Talblick hoch.“ Und eine stolze Mieterin schwelgt: „Wir wollten Sonne haben - und davon gibt es hier genug.“ Hinter einer runden Stütze öffnet sich das gläsern aufgelöste Raumeck zu Licht und Ausblick. Davor liegt die Sonnenterrasse.

Auch der zweite Bauteil besteht aus vier Häusern, hat ebene Einheiten im Erdgeschoß und offene Stiegendurchgänge, die zu den Split-Levels führen. Erschlossen wird dieser Wohnriegel von einem lauschigen, abgetreppten Weg im Osten des Grundstücks. Den Freiraum in der Mitte der Wohnanlage gestaltete übrigens der Landschaftsplaner Gerald Altenweisl. Kirschbäume, Edelkastanien, Ziersträucher und Obst wachsen zwischen den Häusern. Es herrscht die Atmosphäre eines Dorfplatzes.

Am unteren Ende des Gartens ragt eine Gemeinschaftsterrasse mit Kinderspielplatz über die Tiefgarageneinfahrt. Am Rande des Grundstücks wurden Mieterbeete angelegt. Hier treffen sich alle. „Ich habe erstmals im Leben einen Garten“, sagt eine Mieterin, „es ist eine Riesenfreude, die eigenen Chili und Paprika zu ernten.“ Und auch einen Spitznamen gibt es: Die Leute sprechen bereits von der „Hochbeet-Siedlung“.

12. April 2008 Der Standard

Holzunterricht für die Ferien

Für die Steiermark entwickelte das Tiroler Büro HolzBox ein modulares Herbergssystem mit Wiedererkennungswert. Direkt an der Salza wurde das bestehende Jugendcamp um 30 Betten pädagogisch wertvoll erweitert.

Grüne Almen, schwarzes Kürbiskernöl und ein markiger Dialekt - landschaftlich, kulturell und kulinarisch hat die Steiermark einiges zu bieten. An günstigen Jugendherbergen aber herrschte bisher großer Mangel. Also schrieb das Land im Rahmen des EU-Förderprogramms „Leader+“ einen Wettbewerb für multifunktionale Camping-Module aus. Sie sollten aus steirischem Holz sein, sich dem Gelände anpassen und das touristische Image der Region nachhaltig verjüngen.

Das Innsbrucker Architekturbüro HolzBox überzeugte mit kompakt möblierten Modulen, die sich beliebig aneinander reihen, übereinander stapeln und in Wasser- oder Hanglagen aufständern lassen. Es gibt eigene Holzboxen für größere Gruppen sowie für Betreuer und Eltern. Jede Box ist zehn Meter tief und an beiden Schmalseiten verglast. Auf einer Seite befindet sich die Erschließung, auf der anderen die Schlafnische mit einer nebenliegenden Loggia. In der Mitte liegt die Sanitärbox.

In materieller Hinsicht zeigen die Module, was Holz alles kann. Die Decken und Wände sind aus massiver, verleimter Fichte - das ist nicht nur robust, sondern auch ökologisch nachhaltig, atmosphärisch warm und naturschön. Außen trotzt pures, sägeraues Schnittholz jedem Wetter. „Holz ist sehr vielseitig“, sagt Architekt Ferdinand Reiter, „im vorgefertigten Leichtbau kann man damit rasch und kostengünstig eine Tourismusinfrastruktur schaffen.“

So geschehen im Wildwasserzentrum der österreichischen Naturfreunde. Es liegt in den Wildalpen am Ufer der Salza, einem idealen Einsteigerfluss zum Raften und Kajakfahren. Von April bis Oktober schlagen bis zu 200 Menschen ihre Zelte und Wohnmobile am Campingplatz auf. Abenteuer und Natur gab es hier zu genüge, doch leider hatte das Wildwasserzentrum nur spärliche 24 Betten im Altbau an der Straße. Man brauchte dringend Platz für Schulen, Gruppen und Familien.

Westlich vom Bestand steht nun ein neues Camp der HolzBox. Es besteht aus fünf Apartment- und einem Gemeinschaftsmodul, die allesamt auf einer aufgeständerten Bodenplatte am Ufer entlang schweben. Diese Maßnahme schützt vor Hochwasser und schafft unter dem Camp einen gedeckten Freiraum, wo man grillen, Boote parken und bei Regen ungestört im Freien sitzen kann.

Holz bis in den Innenraum

Der Zugang liegt zwischen den Bäumen. Eine breite Treppe, die zugleich eine große Kommunikationsplattform ist, führt auf den Erschließungsflur im Westen. Auf den hohen Sitzstufen treffen sich alle. Darunter ist ein Lager, darüber liegt der Gemeinschaftsraum zwischen zwei Glasfronten. Tische und Stühle sowie eine Eckbank aus schwarzen MDF-Platten, die zugleich eine Lade ist, säumen die Längswand. Über dem Küchenblock hängen die Tassen vom Oberschrank herab. „An den Möbeln haben wir ganz schön getüftelt“, sagt der Architekt.

In den Schlafkojen stehen neben den Stockbetten hohe Kastenstelen mit Stauraum. Keck ragt die äußere Schlafstätte auf den Flur und schafft so dem Eingang eine Nische. Am Glas ist man hautnah am Geschehen, hinterm Lüftungsflügel kann man sich verstecken, wenn man will. Die Eltern und Erzieher schlafen mit Blick zum Fluss. Wenn nötig, lassen sich die ohnehin großen Betten durch Aufstocken noch verdoppeln. Dezent drückt sich die froschgrüne Sanitärbox mit Dusche und WC an die Wand. Frei steht der Tisch im Raum, durch den von morgens bis abends die Sonne strömt. Am Balkon ist das Rauschen des Wassers ganz nah.

5. April 2008 Der Standard

Im Geiste der alten Siedler

Eine Wohnsiedlung aus der Zwischenkriegszeit: Wo vorn strenger Denkmalschutz herrscht, entfaltet eines der Häuser an seiner Rückseite ungeahntes Ausbaupotenzial. Sebastian Schmid verhalf der Architektur auf die Sprünge.

Im Schatten des Kabelwerks, einem exemplarischen Wohnbau in Wien Meidling, liegt die Siedlung Hoffingergasse. Josef Frank und Erich Faber planten in der Zwischenkriegszeit die moderne Anlage, die damals neue Maßstäbe setzte. 284 Einfamilienhäuser mit Satteldach reihen sich hier aneinander, knapp 70 Quadratmeter Wohnfläche misst eine Einheit. Vergeben wurden die Domizile per Los, tausend Stunden baute jeder Siedler daran. Die Häuser liegen an sonnigen Gärten, die mit Schuppen, Stall und Futterkammer alles boten, was Selbstversorger brauchten.

Heute wird die Anlage von der Siedlungsgenossenschaft Altmannsdorf und Hetzendorf verwaltet. Bei Familien sind die Häuser mitsamt Garten heiß begehrt - umso mehr, seit die U-Bahn die Stadt und ihre Infrastruktur in greifbare Nähe rückte. Auf einem Eckgrund, der sich an einem stillen Weg knapp 60 Meter nach Südosten erstreckt, wurde ein Haus frei.

„Es war wirklich noch aus den Zwanziger Jahren“, sagt die Baufrau und zählt die Nachteile der alten Bauweise auf: „Der Holzboden lag direkt am gestampften Erdreich auf, die Wände waren feucht.“ Für ein Paar mit zwei Kindern war das abgewohnte Haus mit der schmalen Stiege, den winzigen Kammern und Fenstern zu finster und eng.

Bauen mit Denkmalschutz

„Es gibt keine Feuermauern und vom Nachbar hört man jedes Husten,“ sagt Sebastian Schmid, der den Umbau plante und sein Büro programmatisch exit-solutions nannte - weil Architektur immer einen Ausweg kenne. Der lag hier im Garten: Die Anlage steht unter Denkmalschutz, an der Straßenseite war daher nichts zu ändern. Sie wurde frisch verputzt, bekam originalgetreue grün-weiße Fenster und Sonnenkollektoren aufs Dach, die genügend Energie zur Warmwasseraufbereitung liefern.

„Im Innenraum waren uns viel Helligkeit und ein warmer Fußboden wichtig“, sagt der Bauherr, der alle Elektroinstallationen in Eigenregie verlegte. In bester Siedlermanier entrümpelte das Paar den Garten, riss alte Dämmungen und Böden heraus, verlegte das schöne Ahornparkett, zog neue Decken ein, montierte Gipskartonplatten und Lärchenlatten. Die Bilanz: „In diesem Haus stecken weit mehr als 1000 Arbeitsstunden.“

Neben dem Eingang wendelt sich eine leichte, selbsttragende Ahorntreppe um ein 5,60 Meter hohes Regal mit reichlich Stauraumpotenzial. Das Licht, das von oben einfällt, kann zwischen den einzelnen Stufen durchströmen. Auch die Holztramdecke ist neu. Ihre Balken laufen direkt auf den Stahlträger über dem großen Wanddurchbruch zu, der den Wohnraum zum Garten öffnet.

Vor dem Wohnbereich wurde ein Wintergarten mit Glasdach angebaut. Hier sitzt man direkt unterm Himmel an der Terrasse. Die Küche grenzt an den neuen Wirtschaftstrakt, der dem lärchenverkleideten Holzleichtbau darüber als weißer Sockel dient. An einem geräumigen Schrankraum befindet sich oben das Elternschlafzimmer, von dessen Fenster direkt aus dem Bett auf die Bäume im Garten sieht. „Wir wachen mit der Sonne auf und erleben das Licht ganz anders.“

Im Bestand gingen sich oben noch zwei gleich große Kinderzimmer aus. Eines hat sein Fenster überm Garten, das andere schaut auf die Straße, daneben ist das Bad. Durch ein eingeschnittenes Dreieck in der Stiegenwand kann man unters Dach lugen, wo Schrägverglasungen für reichlich Tageslicht sorgen. Ein weiterer Ausbau kündigt sich bereits an. Die Baufrau: „Ich liebe Dachräume, auf den freu ich mich schon.“

29. März 2008 Der Standard

Zweisamkeit leicht gemacht

Getrennt wohnen ist unpraktisch und teuer. Also beschloss man, die Zukunft in einem neuen Haus zu beschreiten. Aus dem knappen Budget schuf Architekt Harald Saiko viel Wohngefühl auf wenig Fläche.

Er läuft Marathon, fährt Motorrad und bastelt gern. Mit seinen über 4.500 Schallplatten lebte er lange Zeit in einer Wiener Wohnung. Sie hingegen ist sehr reiselustig, fotografiert viel und entspannt sich bei der Gartenarbeit. Mit Bildern und Büchern wohnte sie in Baden. „Das ewige Hin- und Herfahren war auf Dauer nichts“, sagt er. Zwei Mieten und zwei Wohnsitze seien zu viel für eine Beziehung. Und so fassten sich die beiden ein Herz und steckten ihr Geld in eine gemeinsame Bleibe.

„Ein Haus mit Garten war immer mein Traum“, sagt sie. Gewünscht war eines mit Offenheit und Ausblick, das genau auf ihrer beider Bedürfnisse nach Gemeinsamkeit und Rückzug zugeschnitten war. Zu groß durfte es nicht sein, denn das Budget war knapp. „Mehr Grundfläche bedeutet mehr Kosten“, sagt Architekt Harald Saiko, „wir mussten in diesem Fall viel Wohngefühl auf wenig Fläche erzeugen.“ Saiko ist ein vehementer Verfechter des Loftgedankens, der hier gewinnbringend zur Anwendung kam.

Verzicht auf den Keller

Der Grund ist keine 500 Quadratmeter groß, von fast quadratischem Zuschnitt und liegt an einer Sackgasse, die von sattelbedachten Fertighäusern gesäumt ist. Tattendorf liegt im Hochwassergebiet der Triesting. Die meisten Keller in dieser Gegend werden oft geflutet - neben den Kosten ein triftiger Grund mehr, darauf zu verzichten.

Stattdessen gleitet eine schnittige Box die östliche Grundgrenze entlang. Sie dient als Stauraum und Werkstatt. Hier kann der Bauherr basteln und frostsicher sein Motorrad parken. Leichtfüßig schwebt daneben das Haus auf einer Betonplatte etwa 30 Zentimeter über dem Gelände. „Bei Hochwasser kann man auf der Terrasse sitzen und hinunterschauen“, meint Saiko gelassen.

Die Betonplatte dient dem vorgefertigten Holzleichtbau als Speichermasse. Im Süden und Westen öffnen sich über Eck geführte Isolierglasfronten zum Garten hin. Sie lassen den offenen, langen Wohnraum scheinbar erst im Freien enden. Davon profitiert man auch in der kalten Jahreszeit: Wenn die Sonne scheint, muss man im Winter tagsüber nicht heizen. Weit kragt das Dach über die Terrasse aus, alle öffenbaren Fenster und geschlossenen Wandflächen sind rot gestrichen. „Das ist eine schöne und lebendige Farbe“, sagt die Baufrau, „hier in der Gegend sind wir das bunte Huhn.“

Auf den Vorraum wurde verzichtet, man ist also gleich im Wohnbereich. Links vom Eingang befindet sich die kompakte Küche mit Blick auf die Straße. Rechts strebt hinter der Schiebetür das lange, weiße Bad dem Schlafzimmer entgegen. Es liegt im Norden und mündet direkt ins Hoheitsgebiet des Bauherren. Nur eine Schiebetür trennt seine Welt vom naturnahen Wohnen an der Terrasse. Im gläsernen Eck liegt das sonnige Reich der Baufrau. „Wir haben zwei Lebensstile“, erklärt der Bauherr, „meine Partnerin liebt es offen, ich bin eher zurückgezogen.“ Im flexibel teilbaren, loftartigen Raum ist beides möglich.

Praktische Hausbaudetails zum Schluss: Das Haus hat ein graues Foliendach, das über die Außenwände gezogen ist. Das erspart die Regenrinne und lässt das Wasser einfach abgleiten und in der Erde versickern. Schließlich war den Bauherren die bloße Folienhaut dann doch zu nackt - sie kleideten ihr Haus mit Lärchenlatten neu ein. Auch Bad und Küche wurden in Eigenregie verfliest, der Parkettboden wurde verlegt, Wände wurden gestrichen. Sogar den Garten haben sie selbst angelegt. „Das macht Spaß und stärkt die Bindung.“

8. März 2008 Der Standard

Neues Leben für den Block

Ein Eckhaus aus der Gründerzeit gestaltete das Architekturbüro atelier 4 von Kopf bis Fuß um. Im Erdgeschoß ist die Wohnbaugesellschaft Neues Leben beheimatet, auf dem Dach wurden sieben neue Wohnungen geschaffen.

Ein Eckhaus aus der Gründerzeit mitten in Favoriten. Die hohe Decke des Parterres, die um sechs Stufen angehoben ist, zeugt von altehrwürdiger Geschichte. Um die Jahrhundertwende wurden hier Klaviere produziert, für den Transport war eine hohe Zufahrt in den Hof notwendig. 1970 kaufte die Genossenschaft Neues Leben die einstige Fabrik und richtete im Hochparterre ihr eigenes Büro ein.

Dort wurde es immer enger. Einige Abteilungen expandierten in den ersten Stock, was auch die interne Kommunikation ins Stocken brachte. Als man bereits ernsthaft einen Standortwechsel erwog, fand das Architekturbüro atelier 4 einen Weg, wie sich der Bestand adaptieren und auf einer Ebene um funktionale Büroflächen erweitern ließ. Sie hatten den angrenzenden Wohnbau geplant und wussten, dass entlang der nachbarlichen Feuermauer noch ein unbebauter Teil des Grundstücks brachlag, das mit Bauklasse I - das entspricht einer Bauhöhe von neun Metern - gewidmet war.

Wohnen und Arbeiten

„Im Städtebau wird immer eine Durchmischung von Arbeiten und Wohnen angestrebt“, sagt Architekt Peter Scheufler, „hier konnten wir dieser Forderung gerecht werden. Wir haben die Gemeinschaftsräume umstrukturiert und haben den dafür vorgesehen Pavillon gegen eine Büronutzung getauscht.“ Damit kam ein Stein ins Rollen, der die Mauer zu Fall brachte und einen umfassenden Erneuerungsprozess auslöste. Bei laufendem Betrieb wurde der Bestand in drei Abschnitten zu einem Referenzobjekt fürs Arbeiten und Wohnen in der Stadt ausgebaut.

„Wir haben nicht nur das Haus saniert, sondern den ganzen Block erneuert“, erklärt Scheufler, „das ist ein wichtiger Impuls für den Bezirk.“ Mittels einer Aufstockung konnten sieben neue Wohnungen geschaffen werden. Mehr als 720 Kilogramm pro Quadratmeter waren dem Bestand nicht zuzumuten. Der gesamte Dachaufbau besteht daher aus einem leichten Stahlskelett, ausgefacht mit vorgefertigten Holzbauteilen.

Ein ruhiges Fensterband rahmt die erste Ebene und lässt das zweite Dachgeschoß scheinbar über der weißen Gesimskante schweben. In diesem aluminiumverkleideten Baukörper liegen die Wohnküchen der durchgesteckten Maisonette-Wohnungen. Sie erstrecken sich von den hohen Fenstertüren am gedeckten Loggienband hoch über der Straße bis hin nach Norden, wo ein Traumblick über die Stadt geboten wird. Alle Zimmer haben Eichenparkett, viel Licht und hohe Fenster. Den harmonischen Übergang zum benachbarten Wohnbau schafft eine ebene Wohneinheit im Osten. Ihr Flachdach dient den darüber liegenden Maisonetten als Terrasse.

Nicht nur in lichten Höhen wurde saniert, auch auf der Straße sind bauliche Eingriffe deutlich zu erkennen. Außenliegende Sonnenschutzlamellen setzen im Sockelbereich ein erstes Signal. Als elegante Screens gleiten sie ums Eck. Hinter den Fenstern liegen die hellen Büros der Wohngenossenschaft - fast völlig zwischenwandfrei und nur mit halbhohen Regalen unterteilt. Gläserne Durchbrüche in der Mittelmauer lassen Licht und Kommunikation frei fließen.

Eine leichte Luftbrücke führt auf einer Ebene vom Empfang direkt in den neuen Büropavillon. Im Norden und im Süden öffnet er sich mit Nurglasfronten und Terrassen zum neu gestalteten Hof. Im zweiten Stock hat Karl-Heinz-Stadler, Geschäftsführer von Neues Leben, sein Büro: „Besonders angenehm ist der Spielplatz unten im Hof. Der belebt den Blick von der Arbeit enorm.“

1. März 2008 Der Standard

Wohntribüne im Winkel

Das Grundstück war vorhanden. Andrea und Wolfgang Paschinger von p2 architektur setzten in den flachen Hang einen schlichten Wohnwinkel. Um dem elterlichen Haus nicht die Aussicht zu nehmen, duckt es sich in den Grund. Nur das letzte Stück entschwebt.

Der Bauherr ist ein leidenschaftlicher Surfer, seine Frau wollte unbedingt ein eigenes Studio im Haus. Lange lebten sie in einer gemeinsamen Dachwohnung in Wien, doch ihre Sehnsucht nach Natur wuchs fortwährend. Aus dem Traum vom Haus am Neusiedler See wurde nichts - die Baugründe waren einfach zu teuer. Glücklicherweise hatten die Eltern der Baufrau ein Grundstück gleich neben ihrem Haus. Günstiger geht's nicht, sie entschieden sich dafür.

Im Internet stieß das Paar auf ein sehr ansprechendes Holzhaus von Wolfgang und Andrea Paschinger, die zu zweit das Büro p² architektur leiten. Dort lagen die Bauherren goldrichtig. „Wir haben Spaß an der Zusammenarbeit mit anderen“, sagen die Architekten. Als Diplomarbeit hatte Wolfgang Paschinger massive Haustypen aus Kreuzlagenholz entwickelt. Auch in der Büropraxis setzen die beiden Architekten auf diese Bauweise. Der Baufrau kommt das gelegen: „Von Holz umgeben zu sein ist ein angenehmes Gefühl. Es behagt uns viel mehr als Ziegel.“

Geplant wird immer gemeinsam. „Unsere Entwürfe sind am besten, wenn wir beide unseren Senf dazu geben“, sagen die Architekten. Der Grund ist etwa 20 Meter breit, im Nordwesten liegt das Elternhaus, im Nordosten reicht die Aussicht bis zum Kogelberg - der sollte sich unbedingt auch innen blicken lassen. „Den Bauherren war wichtig, den Eltern am Grundstück nebenan nicht den Ausblick zu nehmen.“ In mehreren Studien testete man die Auswirkung diverser Baukörper auf deren Wintergarten aus. Mehr als ein Geschoß war daher nicht drin.

Das Budget war knapp. Gewünscht war ein Niedrigenergiehaus mit einem Keller und einem Arbeitsstudio für die Baufrau. Das traf sich gut, denn der Grund fällt über seine Gesamtlänge um 1,40 Meter ab. „Ganz eben konnte man das Haus ohnehin nicht hinstellen, man musste mit dem Hang arbeiten.“ Leichtfüßig gleitet es auf einem Streifenfundament den Garten entlang, wo es am Ende über dem Keller entschwebt. Im Eckfenster des Schlafzimmers zeigt sich bei Sonnenaufgang der Kogelberg in bestem Licht.

Terrasse als Puffer

Die Bodenplatte und alle tragenden Wände sind aus Kreuzlagenholz. Die Dämmung montierten die Bauherren selbst, anschließend wurde grau verputzt. Auch die Lattenroste des Carports stellten sie selbst auf. In der Nordwestflanke schlüpft man direkt zum Eingang. Hier liegen die Nebenräume, alle anderen Zimmer fassen winkelförmig den Garten ein. „Das Haus ist nach außen introvertiert und nach innen extrovertiert“, erklärt der Architekt. „Die Terrasse ist der Übergang. Je nach dem, wo man steht, gehört sie zum Freien oder zum Haus.“

Hinter einer schönen Fassade aus Glas und rauchgrauen, furnierten Max-Platten sind am Garten Wohn-, Kinder- und Schlafzimmer aufgefädelt. Unter dem ansteigenden Dach streben sie der Sonne entgegen. Weit ragt es über die Terrasse, die sich vom Pflanztrog am Schlafzimmer bis zu ihrem dicken Ende vor den Glastüren des Studios ergießt. Übrigens: Der offene Wohnraum umfasst auch die Küche. Oberschränke gibt es nicht, dafür rahmt ein Abstellbord die Fensterkante und hält so den Blick nach außen frei. Die Baufrau schwärmt: „Die Lichtspiele der Lamellen sind toll, vor allem am Vormittag. Im Winter reicht die Sonne bis ganz nach hinten.“

23. Februar 2008 Der Standard

Der Sprung über die Norm

Auch im knappen Budget des sozialen Wohnbaus kann räumliche Großzügigkeit stecken. Die pool-Architekten realisierten ein Haus, in dem sogar die durchgesteckten Einheiten überm Wohnraum einen Freudensprung auf fast drei Meter machen.

Der soziale Wohnbau ist ein hartes, erneuerungsresistentes Pflaster. Hier trifft die Verantwortung für die Lebensqualität der Mieter auf knappe Budgets und klar definierte Richtlinien der Wohnbauträger. Was zählt, ist die maximale Nutzfläche.

Anders bei den pool-Architekten: Wenn sie entwerfen, geht es ums Ganze. Schräge Rampen, Wände, Decken und Terrassenlandschaften prägen ihre Bauten, in denen sich das Innen mit dem Außen verschränkt. Ihrer Liebe zu Innovation blieben sie auch im sozialen Wohnbau treu - und so kam die Oberdorfstraße zu einem Haus, in dem die Loggien an der Fassade springen, weil es dahinter Räume von fast drei Meter Höhe gibt. So etwas ist im sozialen Wohnbau nicht alltäglich.

Wie war das möglich? Wirklich spannend wird es immer über der Traufkante. Denn das Volumen, das sich dort unter der vorgeschriebenen 45-Grad-Neigung einschreiben lässt, birgt für Architekten die meisten Gestaltungsmöglichkeiten. „Die Bauordnung stellt es frei, den Giebel zu drehen“, erläutert Axel Linemayr von pool. Dieser innovative Kunstgriff brachte auf dem langen, schmalen Eckgrund das wesentliche Mehr an nutzbarer Fläche.

Sonne in jedem Raum

Nun begann die Knochenarbeit: das zähe Ringen um die optimalen Grundrisse. „Wir sind beim Entwurf von den Wohnungen ausgegangen. Sie sollten nach Süden orientiert sein und kaum Zimmer aufweisen, die nur von Norden belichtet sind“, so Linemayr, „wir wollten daher möglichst viele Einheiten durchstecken.“ Um die Südsonne ungehindert bis zur stillen Hofseite strömen zu lassen, entschied sich pool für fließende Räume und für die kostengünstige Schottenbauweise.

Das war noch nicht alles. Die große Wohnungstiefe wollte man mit mehr Höhe kompensieren, und so wurde in bester Loos'scher Raumplan-Tradition ein komplexes System entwickelt, das unterschiedliche Raumhöhen miteinander kombiniert. In den Wohnküchen beträgt sie üppige 2,80 Meter, während sie in den einzelnen Zimmern die üblichen 2,50 Meter aufweist.

Auch viel Luft und Sonne braucht der Mensch. Also wurden vor die offenen, raumhoch verglasten Wohnräume im Süden Loggien aus Sichtbetonfertigteilen gehängt. Um den Mietern im geförderten Rahmen noch ein Stück Balkon zuzuschlagen, sind sie seitlich perforiert. So entstand ein 58 Meter langer Baukörper mit einem prägnanten Eck, der etliche raffinierte Höhensprünge macht. „Es war eine richtige Detailtüftelei“, geben die Architekten zu, „die Baufirma war stark gefordert.“

Um noch mehr Wohnraum zu gewinnen, wurden quer über die Nordseite einige Erker verstreut. So kam das Haus an der Kreuzung im Osten zu seinem urbanen Auftritt. Hier liegen das gelbe Foyer, ein Gemeinschaftsraum sowie die Einfahrt zur Tiefgarage. Dem Hof zeigt die Garageneinfahrt ihre leutselige Seite: Sie ist außen als Lattenrost gestaltet, einen Spielplatz gibt es auch.

Ganz oben fluchten zwei gestaffelte Dachgeschoße mit Terrassen himmelwärts. Sie schaffen im Süden viel Platz an der Sonne und treppen sich dann von sechs auf vier Geschoße hinab. Hier endet das Loos'sche Regiment. Dafür gibt es Maisonetten, deren gelbe Laubengänge auf der Nordseite für Abwechslung sorgen. Auf einer Höhe mit dem Nachbarn endet das Haus im Westen mit einer Gemeinschaftsterrasse am Dach.

16. Februar 2008 Der Standard

Schaukasten mit Perforation

Einer Baufrau mit vielen Sammlungen setzten die synn architekten ein Haus wie einen Maßanzug in den Garten. Wie Vitrinen rahmen tief vorstehende Fenster in verschiedenen Höhen den Blick. Fein gestanzte Fensterläden machen das Haus zu einem Kunstwerk.

Eine Ortschaft unweit von Bad Vöslau, eine Dorfstraße wie jede andere. Ein Wiener Paar aber hatte dort auf einem Grund sein privates Refugium gefunden. „Diesen Garten hat mein Mann ausgesucht. Wir waren fasziniert von seiner Größe und den alten Bäumen“, sagt die Baufrau, „es herrscht absolute Ruhe, man kann wunderbar spazieren gehen und ist trotzdem nahe der Stadt.“

Man setzte rare Pflanzen und schmiedete viele Pläne. Dann starb der Gatte und ließ die Frau mit dem Grund sowie mit seinen Sammlungen von Comic-Heften, Büchern, Glasobjekten und mehr allein zurück. Es galt, die Zukunft selbst in die Hand zu nehmen und das Grundstück zu bebauen. Planen sollten es die synn architekten, die der Baufrau aufgrund des hohen Frauenanteils im Büro sehr vertrauenswürdig schienen.

Die Aufgabe war delikat, auch viele Pflanzen waren liebevoll gehegte Pretiosen und sollten weiter gedeihen dürfen. „Wir haben uns genau darauf geeinigt, was wir fällen dürfen“, erinnert sich Architektin Bettina Krauk an die Fact-Finding-Mission nach der richtigen Position des Hauses.

Rahmen aus Beton

Dieses steht nun im obersten Drittel des Gartens und dockt direkt am Nachbar an. Das Flachdach über der Garage wurde zur Terrasse mit Morgensonne. Mühelos erhebt die Farbe Silber den Maschendraht von der banalen Umzäunung in die Gefilde beiläufiger Eleganz. Hier kann man Straße und Garten überblicken und gelangt auf einer Außentreppe direkt auf die Wiese. Garage und Hauseingangstür werden von einem feinen Band aus Sichtbeton gerahmt. Dieser bildet ein gedecktes Entree und gibt dem klaren, weißen Bau einen skulpturalen Touch.

Die Küchenbar heißt alle willkommen. Hinter ihrer Kastenwand liegen Bad und Waschmaschine. „Ich wollte alle Grundbedürfnisse barrierefrei bewältigen und trockenen Fußes ums Haus gehen können“, erklärt die Baufrau. Vom Eingang über die Westseite bis hin zur Terrasse im Norden zieht sich ein Rost aus Lärchenlatten. Vier Fenstertüren führen vom offenen Wohnraum sowie aus dem Zimmer der betagten Mutter, die ebenfalls im Haus wohnt, direkt ins Freie.

„Die Glas- und Comic-Sammlungen waren ein großes Thema“, sagt die Architektin, „sie erforderten viele Lager- und Präsentationsflächen. Da kam uns die Idee mit dem Schaukasten.“ Um verschiedene Lichtverhältnisse zu schaffen, wurden die Fenster unterschiedlich hoch gesetzt - sie rücken die Objekte ins beste Licht. Besonders raffiniert ist das edle Design der Fensterläden. In die Metallelemente wurden horizontale Linien eingestanzt, die dem Haus seine unverwechselbare Erscheinung verleihen.

Eine Vitrine ins Grüne

An einem weißen, beidseitig bestückbaren Regal gleitet die Treppe hoch - ein Schaukasten über zwei Geschoße. Durch das Dachflächenfenster sieht man in den Himmel. Diagonal steigt das Pultdach bis zum Eck des Schlafzimmers an, wo sich das Fensterthema facettenreich auffächert. Wie eine Vitrine springt es aus der Wand, bietet ein weites Panorama und ausreichend Platz zum Sitzen. „Vom Bett habe ich eine wunderbare Sicht ins Freie. Morgens hier aufzuwachen ist der absolute Luxus“, schwärmt die Baufrau. Auch ihre Katze liegt gern im Erker in der Sonne.

9. Februar 2008 Der Standard

Wie Stamm und Krone

Auf ein kleines Grundstück in Wien-Donaustadt stellte Architekt Christoph Mayrhofer ein Haus, als sei es ein Baum. Im gläsernen Stamm zu ebener Erd wird gewohnt, in der ausladenden Baumkrone im Geschoß darüber gibt es die Schlafzimmer mitsamt Blick ins Geäst.

Donaustadt am Rande von Aspern. Die Straße sieht aus, als wäre sie eines schwülen Hundstages einem Film von Ulrich Seidl entstiegen. Wie vom Fließband reihen sich Fertigteilhäuser mit spitzen Giebeln aneinander. Plötzlich zweigt ein Zugang ab. Er führt zu einem schmalen Fahnengrundstück mit prächtigen alten Bäumen. Die Bauherren sind alteingesessene Donaustädter und träumten lange Zeit vom Leben im Grünen: „Wir wollten ein praktisches Niedrigenergiehaus, in dem man gut leben kann.“

Die Bauordnung erlaubte offene oder gekuppelte Bauweise. Den richtigen Platz zu finden war trotzdem schwierig, denn der Grund stand voller Bäume, war kaum 30 Meter lang und von Nachbarn rundum umgeben. „Dieser Garten war wie ein Walddickicht. Ein Haus zu bauen bedeutete in diesem Fall Kahlschlag“, sagt Architekt Christoph Mayrhofer, „doch ich wollte möglichst viele Bäume retten und den Charakter des Ortes auf alle Fälle wahren.“ Das hatte Konsequenzen: Um dem schönen Nussbaum im Eck nicht die Wurzeln abzugraben, verzichtete man auf den Keller.

Keller im Erdgeschoß

Stattdessen säumt ein langer Stauraum aus Sichtbeton die Rückseite des Hauses. „Als typische kellerfixierte Österreicher waren wir anfangs skeptisch“, erinnert sich die Baufrau, „im Nachhinein betrachtet hat es allerdings nur Vorteile, wenn man seinen Keller nebenan und nicht unten hat.“ Praktisch: Man müsse keine Stiegen steigen.

Das massive Betonrückgrat dient dem Haus als Speichermasse. Es nutzt den stabilen Grundwasserspiegel der Donaustadt als Energiequelle, indem es mittels Wasserpumpe, Wärmetauscher und kontrollierter Wohnraumbelüftung beheizt wird.

Wie ein Baum steht das Haus an der nordöstlichen Grundgrenze. Transparent umfließen 3,50 Meter hohe Scheiben den offenen Wohnraum, über dem wie eine laubgelbe Blätterkrone die intime Schlafebene auskragt. Sie besteht aus Stahlträgern, wurde mit gedämmten Holzfertigteilen ausgefacht und mit High-Pressure-Laminat-Platten verkleidet. „Im Herbst haben die Blätter die gleiche Farbe wie unser Haus“, sagt die Baufrau.

„Für die Qualität der Innenräume war eine klare Zonierung von halb öffentlichen und privaten Bereichen ganz maßgeblich. Beim Wohnen und Essen sollte man rundherum den Garten spüren“, so der Architekt.

Drei Marillenbäume, deren Früchte der Hausfarbe entgegenreifen, stehen in der Auslage des Wohnraums. Im Südosten gedeiht der Nussbaum prächtig. „Der Raum ist sehr hoch und so konzipiert, dass er sich optimal an die Sonne und an die Jahreszeit anpasst“, berichtet die Baufrau aus eigener Erfahrung. „Es ist ein echter Familienraum mit viel Licht und Luft. Obwohl die Kinder oft Freunde zu Besuch haben, die nach Lust und Laune herumtoben, wird es niemals eng.“ Über einem umlaufenden Oberlichtband scheint die Decke als Vordach in den Garten zu entschweben.

Vor dem umlaufenden Balkonband, das im Südwesten die Glasfronten der Schlafzimmer und Bäder säumt, falten sich die Fassadenplatten zu zarten, tiefen Lamellenschwertern auf. Sie schützen vor zu viel Sonne, wahren die Privatsphäre und gleiten in eleganten, horizontalen Bahnen ums Eck. Wenn man zwischen ihnen durchblickt, wähnt man sich den Baumkronen ganz nahe.

2. Februar 2008 Der Standard

Wohnbuckel am Waldesrand

Ein Gasthof aus alten Tagen wurde umgebaut und dient nun dem Wohnen im Grünen. Zwischen Kastanien- und Ahornbäume setzten die syntax architekten zwei gegeneinander versetzte Baukörper. Die sanften Dachformen scheinen mit der Natur zu verschmelzen.

Einst bezeichnete man den alten Dorfgasthof als „Sacher vom Wienerwald“. Er hatte einen prächtigen Garten, eine nette Veranda und einen Schiffboden aus massivem Tannenholz. Unzählige Hochzeiten, Feste und Tanzveranstaltungen waren über ihn hinweggefegt. Ein plötzlicher Umbau setzte dem Gasthof zu und zerstörte das alte Flair. Wie das Leben so spielt, musste schließlich Konkurs angemeldet werden.

Die Baufrau - in Kindestagen begleitete sie oft ihre Großmutter, die im alten Dorfgasthof selbst noch am Herd stand - wollte sich einen Lebenstraum erfüllen. Gemeinsam mit ihrem Mann kaufte sie das Gehöft und beauftragte das Klosterneuburger Architekturbüro syntax mit einem Neubau, der neben der alten Bausubstanz entstehen sollte. „Wie man in einer Syntax aus Wörtern Sätze bildet, setzten wir verschiedene Bauteile zu einem Gebäude zusammen“, erklären die Architekten ihre Arbeitsweise. Die Raumproportion, die Orientierung zu Tageslicht und Sonne, die Topografie sowie die Lebensart der Nutzer seien nur einige wenige Aspekte des architektonischen Regelwerks, nach dem ein differenziertes Ganzes gebildet wird.

Satzbau aus Alt und Neu

Zu einem klaren Satzbau gehört, dass man mitunter auch einmal ein Satzglied entfernen muss. Als Erstes wurde daher ein Teil des Bestandstraktes abgerissen. Die große Geste weitete den Blick ins Grüne. Der geschichtsträchtige Gastraum mitsamt Originalmobiliar und Ofen - er blieb freilich bestehen - wurde zum Atelier adaptiert. Wie ein romantisches Stück Land-Art rahmt das alte Bruchsteinmauerwerk den dorfseitigen Vorgarten des neuen Arbeitsraumes.

„Wir wollten von der Natur so viel wie möglich nach innen holen und wollten das Haus so in den Garten stellen, dass kein Baum gefällt werden muss“, erklärt syntax. Daraus ergibt sich die Organisation in zwei unterschiedlichen Bauteilen. Der eine dient dem Wohnen, der andere dem Schlafen. Über weißen Außenwänden driften die Dachflächen wie Zwillingsgewölbe auseinander. Sie sind aus gedämmten Holzfertigteilen, mit Kupfer gedeckt und werden mit der Zeit wohl selbst wie ein Stück Landschaft wirken.

Wie Pavillons parken die beiden Neubautrakte zwischen dicht wuchernden Kastanien- und Ahornbäumen, wo auf diese Weise neuartige Freiräume ausgebildet werden. Im Osten gleitet der weit vorgezogene Dachbogen sogar bis zur Erde hinab. Eine wohl- gemeinte Geste gegenüber der Natur: Die Dachkante scheint die Bäume regelrecht zu umarmen und bildet so einen schattigen, intimen Freiraum aus. Wie vom Zufallsprinzip geleitet entwächst der Terrasse eine dreistämmige Linde.

Leitfarbe im Innern

Innen gibt es zwei Leitfarben, die sich konsequent durchs Haus ziehen. Das Schrankraumband vor den Arbeits-, Schlaf- und Badezimmern gibt sich in einem fröhlichen Gelb, die Farbe des Wohnens hingegen ist ein kräftiges Rot. Aus dem offenen Durchgang im Wohnzimmer ragt ein horizontales Mauerband mit integriertem Dunstabzug. Darunter steht, mitten im 4,80 Meter hohen Wohnraum, ein roter Herdblock. Fein gliedern Sichtbetonstützen den Blick durchs Panoramaglas, vor dem die Terrasse an Atelier und Biotop in der Abendsonne liegt. Sie tragen das Überlager, von dem sich die Holzdecke bergend über die Lesegalerie wölbt.

26. Januar 2008 Der Standard

In der Mitte die Sonne

Je kleiner ein Haus, desto mehr zählt das Detail. Auf einem steilen Südhang über Wien planten die Architekten Thaler und Thaler ein raffiniertes Kleingartenhaus. Statt erwartungsgemäß eng zu sein, besticht es durch Großzügigkeit und Weite. Das liegt vor allem am vielen Tageslicht.

Der goldene Tipp kam vom Kellner. „Wir hatten die Wohnungssuche schon fast aufgegeben“, erinnert sich der Bauherr. „Als wir eines Tages nach dem Spaziergang im Schutzhaus einkehrten, fragte der Wirt, warum wir uns nicht einfach im Kleingartenverein Rosental anmelden.“ Gesagt, getan.

Auf der Parzelle am Satzberg funkte es gleich. Dem steilen Südhang liegt ganz Wien zu Füßen. „Von hier aus gibt es einen herrlichen Ausblick auf die Kirchenkuppel von Steinhof.“ Fehlte nur noch das Haus dazu. Es sollte aus Holz sein, außerdem wollte das Paar mit Kind seine 50 Quadratmeter bebaubare Fläche optimal nutzen und möglichst viel vom Ausblick bewahren.

Es begann die Suche nach dem richtigen Architekten: Sorgfältig durchforstete man das Internet und schrieb diverse Büros an. Bei Norbert und Ursina Thaler passte die Chemie auf Anhieb. Wer sagt, dass ein Holzhaus wie ein Holzhaus aussehen muss? Den Architekten schwebte ein kompakter Monolith aus Kratzputz vor. Aus wenig Fläche machten sie ein Maximum an Raum. „Die Aussicht ist so herrlich, da braucht man nicht viel Haus, sondern möglichst viel Transparenz“, sagen die beiden Thalers.

Gelbe Box im Raum

Der Plan glückte vortrefflich. Nun steht ein klares, klassisch modern anmutendes weißes Haus mit quadratischem Grundriss im Hang. Über dem Lichtschacht an der Nordseite des Hauses führt ein leichter Metallsteg zur weißen Eingangstür. Direkt unter der Decke ist die Fassade von einem langen Glasband aufgeschlitzt. Dahinter offenbart sich ein Luftraum, der sich bis ganz nach oben ausdehnt.

Die Stiege liegt im nordöstlichen Hauseck: Wie Äste ranken sich Stufen aus Eschenholz um die gelbe Servicebox, die in der Mitte des Raumes steht. Sie begrenzt das offene, haushohe Entree und versetzt dem puristisch weißen Raum mitsamt seinem anthrazitgrauen Kunstharzboden einen farbigen Akzent. Der Dreh- und Angelpunkt familiärer Geselligkeit liegt eine Stufe tiefer: Am Esstisch, der direkt vorm Panoramafenster steht, haben acht Personen Platz. Draußen auf der Terrasse rückt Wien dann noch ein Stückchen näher. „Wir laden oft Freunde zum Brunch. Die Kinder können frei herumlaufen, Platz gibt es genug.“

Nur eine weiße, tragende Holzwandscheibe trennt das Wohnen von der Küchenzeile. Das rahmende Glasband bietet eine unverwechselbare Perspektive. „Ich liebe den Blick auf diese zwei Fichten. Das gibt mir das Gefühl, mitten im Wald zu sein“, sagt der Bauherr. Morgens stellt er sich mit seiner Kamera am liebsten vors Fenster und fotografiert den Sonnenaufgang. Für ebenso schöne Abendstunden sorgt die Terrasse.

Einen Stock höher zeigt sich Wien aus der Vogelperspektive. Golden leuchtet die Kuppel von Steinhof durch das Südfenster. Sein Arbeitsplatz liegt direkt über der Stiege an der offenen Galerie. Die lange Westterrasse braucht der Bauherr zum Entspannen.

Zur Nacht ruht es sich bestens im Kellergeschoß. Der eingeschnittene Schacht bringt Helligkeit vors Bad, Kinder- und Elternschlafzimmer hingegen liegen vor hohen Fenstern am Kiesbett im Garten. Den Eltern spendet der Südbalkon im Geschoß darüber zusätzlich Schatten. „Zum Schlafen ist das ein Traum. Am schönsten ist es nach dem Regen: Da kriegen die Steine eine andere Farbe.“

18. Januar 2008 Der Standard

Cockpit mit Wien-Blick

Wien Grinzing: Blick über die Stadt, Garten neben dem Haus, ein Kleinod aus den Siebzigern. Um die Dachkubatur maximal auszunutzen, setzten die SHARE architects dem Altbestand eins auf. Das Resultat ist ein Haus mit fescher Haube.

Weinberge säumen den Horizont, aus dem dichten Dächermeer ragen die Türme der Pfarr- und Kaasgrabenkirche - die Hochlage in Wien Grinzing war ideal. Auch der Garten im Südwesten und das bestehende Haus aus den Siebziger Jahren gefiel den Bauherren auf Anhieb. Aus dem Wohnzimmer kann man direkt auf die Gartenterrasse treten, im Stock darüber sind genügend Zimmer für die Eltern und ihre drei Kinder aufgefädelt. Einziges Problem: Für konzentrierte Arbeit war kein Platz mehr. Da die Bauherren versierte Heimarbeiter sind und dringend zwei getrennte Räume benötigten, um sich ungestört in ihre Unterlagen vertiefen zu können, war ein Ausbau unvermeidlich.

Als möglicher Ruhepol bot sich das Dach an. Wenn schon umbauen, dann ordentlich: Vier Zimmer, Bad und WC sollten schon drin sein, schließlich waren eine Menge Akten, Bücher und Gäste unterzubringen. Auf Empfehlung von Freunden landete man bald bei den SHARE architects.

Gewissenhaft ging das Wiener Büro ans Werk. Zuerst wurde eine Studie erstellt, die deutlich machte, wie viel Nutzfläche in der zulässigen Dachkubatur steckte. Von der Tonne übers Satteldach bis hin zum Maximalausbau, der in einer kühnen Auskragung die Grenze zur Baufluchtlinie auslotete, standen einige Optionen offen.

Dach aus einem Guss

„Jedes Projekt ist ein Prototyp, das für die Bauherren ein Optimum an Größe, Komfort und Qualität herausschlägt“, sagen die Architekten, „das Tollste an der Lage sind die vielen Ausblicke, die man von hier oben hat. Von Anfang an war daher klar, dass wir das Panorama ins Haus holen müssen.“ Die neue Aufstockung sollte nicht wie ein Fremdkörper am Haus sitzen, sondern wie aus einem Guss erscheinen. Bis die endgültige Form gefunden war, wurden unzählige Modelle gebaut, Dachneigungen erprobt, Gaupen hochgeklappt, Fenster eingeschnitten, Terrassen eingekerbt. Das Endresultat ist ein abstrakter Monolith, der von einer dünnen Haut überzogen ist.

„Wir wollten kein beengendes Dachbodengefühl“, sagt die Baufrau, „zuerst dachten wir an ein Loft, doch dann siegte die Pragmatik: Wir brauchten getrennte Zimmer und funktionsfähige Arbeitsräume.“ In schwungvollem Bogen führt die neue Treppe vom Bestand aufs Dach. Die Stiege liegt unter einer Gaupe, die sich aus der vorbewitterten Blechhaut stülpt. Von hier reicht das Auge bis zum Kahlenberg, der breite Glasstreifen in der Seitenwand fängt die Wiener Skyline ein.

Die transparente Intention der Bauherren und Architekten ist dem Dachaufbau deutlich anzusehen. Mit einem imposanten Nurglaseck stülpt sich das Home-Office auf die offene Gangmitte. Unmittelbar vor dem Panoramaglas steht der Schreibtisch des Bauherrn. Über eine große Schiebetür kann man auf die Terrasse treten, die genau zwischen den Arbeitsterritorien von Mann und Frau liegt. Auf diese Weise kann man einander im Blickfeld behalten.

Im Bereich der Terrasse mussten die Architekten tricksen: Damit der Holzleichtbau über den Balkon im Südwesten auskragen und seine Schnauze der Sonne entgegenstrecken kann, musste die alte Decke mittels Stahlträgern verstärkt werden. Wie von einem Cockpit aus blickt die Baufrau über Grinzing: „Besser könnte es nicht sein.“

12. Januar 2008 Der Standard

Schwarze Schönheit

Wie ein eckiger Erdklumpen steht das dunkle Haus inmitten eines beliebten Ausflugszieles am nördlichen Stadtrand von Linz. Vielversprechend: Die x architekten nennen das Haus Black Beauty. Unter einem schrägen Dach entfaltet sich das Leben im Gelände.

Lufthungrige Stadtwanderer, Mountainbiker und Sonntagsfahrer tummeln sich am Wochenende auf dem Bachlberg im Norden von Linz. Die Parzelle der Bauherren liegt inmitten von beliebten Ausflugsrouten. An der Nordgrenze des Grundstücks führt ein Wanderweg steil zur nächsten Alm, an der fallenden Südkante gibt es eine Blickachse zur Uferpromenade in der City. Direkt dahinter beginnt der Wald.

Wie einen Erdklumpen hoben die x architekten den dynamisch zugespitzten Baukörper aus dem Grundstück und hüllten ihn in eine schwarze Fassade. Unter einem schrägen Dach, das der Geländeneigung folgt, gleitet es stromlinienförmig zur Terrasse hinab. Die durchgefärbten, glasfaserverstärkten Betonplatten wirken wie eine Haut, in die jemand mit dem Messer lange, auf- und absteigende Fensterbahnen eingeschnitten hat. „Die Schlitze sind bewusst gesetzt“, erklärt Architekt Birgmann, „um den Eindruck ausgetrockneter Erde zu verstärken, haben wir die Betonplatten umgedreht und die Rückseite nach außen gewandt.“

Ursprünglich waren die Architekten davon ausgegangen, dass die Betonplatten von Luft und Sonne nach einiger Zeit gebleicht würden, stattdessen dunkelten sie nach. Heute ist die einst anthrazitfarbene Fassade tonig schwarz. „Ich muss gestehen, anfangs waren wir vom Entwurf überrascht“, sagt die Baufrau, „inzwischen gefällt das Haus nicht nur uns, sondern auch den meisten, die vorbeigehen.“ Einige seien sogar der Meinung, es handle sich um das schönste Haus von Linz.

Haus folgt Gelände

Einblicke von Passanten und Radfahrern waren unerwünscht, Licht und Ausblick dafür hochwillkommen. „Wir entwickelten den Entwurf aus der Topografie des Ortes. Jedes Geschoß sollte ideal ans Gelände angebunden sein“, sagt Architekt Birgmann. Das stellte die übliche Reihenfolge des Öffentlichen und Privaten auf den Kopf. Dieses Haus entwickelt sich von oben nach unten: An der Straße liegt die Garage, vier Stufen tiefer durchsticht das Foyer mit der oberlichthellen Stiege die Hausmitte. Eine Glasscheibe im Boden sorgt für regen Blickkontakt zwischen den unterschiedlichen Wohnebenen.

Unten an der Gartenerde liegen die Schlafzimmer sowie das große Bad mit seinem hohen Wellnessfaktor - inklusive Terrasse, Morgensonne und Waldluft. Damit nicht jeder gleich hereinlinsen kann, windet sich ums exponierte Eck ein Zaun aus horizontalen Blechbahnen.

Gegen unerwünschte Einblicke haben sich die x Architekten noch mehr einfallen lassen. „Wir wollten nicht auf die Hausmauer vom Nachbarn schauen“, sagt die Baufrau. Und so wurden an die Nebenräume kurzerhand an die Nordseite verfrachtet. Von hier mäandert am dynamisch geführten Fensterband ein freigeformter Gang den Wohnraum entlang. Je nach Wohnzimmernutzung steigt die Glasfläche steil an oder neigt sich fast bis zum Boden.

Wo der Wohnraum auf die Terrasse übergeht, lassen sich ganze fünf Meter der Glasfassade per Schiebetür öffnen. Im Freien dann pure Entspannung mit akustischer Untermalung: Aus einem Schlitz in der schwarzen Wandscheibe fließt ein Wasserstrahl ins Becken. Den Architekten forderte dieses kleine Detail isolationstechnisch einiges ab. Doch der Aufwand lohnte: „Das ist das liebste Spielzeug der Kinder. Das müssen sie sofort allen Freundinnen zeigen.“

7. Dezember 2007 Der Standard

In der Mitte ist das Licht

Für eine befreundete Familie plante das Architekturbüro polar ein Atriumhaus. Das ebenerdige Baukunstwerk schwebt auf einer aufgestelzten Bodenplatte federleicht über dem Hang. Und schon winkt der erste Preis: „Das beste Haus 2007“ in der Steiermark.

Bad Gleichenberg ist ein Dorf. Eisern hält sich im Ort das Gerücht, dass Architekten ein Vermögen kosten. Auch Familie J. fiel der öffentlichen Meinung anheim - und fuhr daher, ohne auch nur einen Moment zu zögern, in die Blaue Lagune, um dort am gebauten Objekt das Terrain des Leistbaren zu erkunden.

Man wurde fündig. Den befreundeten Architekten Siegfried Loos und Margot Fürtsch, die unter dem Namen polar firmieren, präsentierte Familie J. den häuslichen Fund und den eigenen Grund, um noch ein paar heiße Tipps zu ergattern. Die Architekten kamen und staunten: Das sonnige Grundstück, schön in einer Talmulde gelegen, erwies sich als leichte Hanglage. Mit dem Traum des Fertighauses aus der Blauen Lagune war es damit aus und vorbei.

Nun kam das Architekturbüro polar ins Spiel. Das Budget war klein, die Erwartungen an einen überzeugenden Entwurf waren dafür umso größer. Die Architekten gingen sehr umsichtig vor. In vielen Gesprächen loteten sie die Gewohnheiten jedes einzelnen aus. In einem Punkt waren sich alle zukünftigen Bewohner einig: Ein großes, gemeinsames Wohnzimmer musste her, alle Räume sollten ebenerdig auf einer Ebene angesiedelt werden. Den Blicken aller ausgesetzt zu sein? Da hatten die beiden Töchter Unbehagen. Feinsensorisch wurde ihnen diese Vorstellung genommen. Stattdessen reifte die Liebe zu guten Materialien und zu reichlichem Veränderungspotenzial heran.

In der Mitte ein Atrium

Die Essenz all dessen wurde schließlich in einen Entwurf gegossen: ein Atriumhaus, das auf einer aufgeständerten Bodenplatte federleicht über dem Gelände schwebt. In nur drei Tagen stand der Holzbau. Sorgfältig wurde er so ins Grundstück gesetzt, dass auch die flache Wintersonne in den verglasten Innenhof strömen kann. Feinakkordiert gruppieren sich sämtliche Räume um diesen Innenhof. Er ist der kontemplative Angelpunkt, um den das Wohnen kreist. Morgens bis abends scheint hier die Sonne. Gelegentlich kommt ein Haustier aus Nachbars Garten zu Besuch, schlüpft unter dem Haus hindurch und nimmt im sonnigen Atrium Platz.

Draußen vorm Haus. Am Eingang steht ein winterkahler Amba-Ahorn. Die Fassade aus graugrünen Eternitplatten bietet ihm einen passenden Hintergrund. An der Westseite drängt sich die Massivholzdecke des Innenraums nach außen und geht in ein Vordach über. Wind- und blickgeschützt kann man hier in der Abendsonne liegen und über Sitzstufen in den Garten hinausgehen. „Wir haben mit der Terrasse große Freude“, sagt die Baufrau, „bis Ende Oktober können wir unbedenklich draußen sitzen.“

Sichtbares Holz

Im Innenraum dominieren warme Farben und Materialien. Die sichtbare Massivholzdecke schafft atmosphärische Wärme. Dem Holz war man nicht abgeneigt. Statt über eine herkömmliche Treppe bewältigt man den Niveausprung zum lauschigen Platz am Feuer mittels eines massiven Holzblocks, der unbekümmert auf dem Boden liegt. „Ich liege oft auf dem Boden und genieße die Wärme“, sagt die Baufrau.

Einmal kam eine Kurgästin angetrippelt und deponierte ein Kuvert: Zwei Fotos vom Gebäude und liebe Grüße waren darin. Seit das Projekt mit dem Steiermark-Preis für „Das beste Haus 2007“ ausgezeichnet wurde, gibt es viele neugierige Besucher.

1. Dezember 2007 Der Standard

Wohnen im Lattenmantel

Im einem beschaulichen Kleingarten ist es nur ein kurzer Weg in den Garten - und ein ebenso kurzer Weg zu den Nachbarn. Aus diesem Grund hüllte Architekt Georg Marterer seinen Entwurf in ein Kleid aus Lärchenlatten. Praktisch: Die zweite Haut spendet Schatten.

Die Kleingartensiedlung, die an den Neustifter Friedhof grenzt, ist ein versteckter, grüner Mikrokosmos am Stadtrand. Er animiert zum Wohnen und Spazieren. Als die Bauherren eines Tages durch ihre künftige Wohnumgebung schlenderten, stach ihnen ein zeitgenössisches, modernes Haus ins Auge - eine Seltenheit im Kleingartenland. Die Baufrau erinnert sich: „Wir haben das Grundstück betreten, der Hausherr hatte gerade die Bohrmaschine in der Hand und entpuppte sich als Architekt. Es hat uns beeindruckt, dass er nicht am Schreibtisch sitzt, sondern am eigenen Haus baut.“

Damit war die Zusammenarbeit mit Architekt Georg Marterer eingeleitet. Nur einen Steinwurf entfernt lag das tiefe Hanggrundstück der Bauherren, für das Marterer Pläne schmieden sollte. Hauptaugenmerk galt der Aussicht auf die Weinberge, die gegenüber in der Sonne lagen. Das Haus sollte warm und freundlich sein, etwas anderes als Holz kam für die Bauherren nicht in Frage. „Wir wollten Helligkeit, Transparenz und klare Strukturen, aber auch Bereiche mit größerer Intimität.“

Georg Marterer machte sich an die Arbeit - und entwarf einen Holzquader von etwa sechs mal acht Metern. Rundherum ist das Haus von einer mehrgeschoßigen Pergola aus Lärchenlatten umhüllt. Sie verleiht dem Gebäude seinen unverwechselbaren Charakter. Die vertikalen Lamellen bilden eine frei stehende Struktur, die sogar die Terrasse im obersten Stock überragt. Hier wird am Eck des Hauses mit wenig Materie ein turmhohes Zeichen in den Himmel gesetzt.

Doch die Pergola dient nicht nur der Ästhetik, sondern erweist sich auch als höchst funktionell. „Die Überhitzung ist bei Holzleichtbauten immer ein Problem“, erklärt Georg Marterer, „ich wollte das Haus daher mit einem Sonnenschutz umkleiden.“ Das ist Low-Tech mit hoher Effizienz. Einen Nebeneffekt hat das Ganze auch noch: „Man braucht keine Vorhänge“, sagt der Bauherr, „ich habe nie verstanden, warum sich die Leute Glasfassaden planen lassen und sie dann verhängen.“

Spiel mit Bauordnung

Besondere Freude bereitet dem Franzosen das französische Fenster im obersten Stock, das direkt an das Glasband anschließt und sich voll unerfüllter Sehnsucht ins Leere öffnet. Hinaustreten? Hier nicht. „Die Bauordnung erlaubt nur einen einzigen Balkon. Wir wussten anfangs nicht, ob wir oben im Freien die Sonne oder den Blick auf die Weinberge genießen wollen“, sagt die Baufrau. Schließlich fiel die Entscheidung zugunsten eines kleinen Sonnenbalkons auf der Südrückseite des Hauses. Nun kann man vom Schlafzimmer aus hinaustreten und an der frischen Luft Sonne tanken.

Wichtig nahm der Architekt auch die Freiraumgestaltung: Die Terrasse an der Hinterseite ist teilweise gedeckt und versprüht eine lauschige Atmosphäre. An der vorderen Terrasse wiederum schaffen Böschungsmauern den Kindern eine ebene Spielfläche.

Schließlich ließ sich Georg Marterer eine Alternative zu den gängigen Lattenzäunen und Thujenhecken einfallen. Sein Vorschlag, den Gehweg im Norden als Gabionengitter auszubilden, stieß beim Stadtgartenamt auf wohlwollendes Einverständnis. In die steingefüllten Stahlkörbe ist sogar eine Sitzbank integriert, auf der sich Passanten eine kleine Spazierpause gönnen können - eine weltoffene Option im hübschen Kleingartenland.

24. November 2007 Der Standard

Im Dreiklang mit der Natur

Einem Musiker und seiner Familie schneiderte das Architekturbüro t-hoch-n ein skulpturales Haus nach Maß. Das Besondere: Von außen schimmert es im Sonnenlicht, von innen entfaltet sich das Wohninstrument zu einem Schaukasten der umliegenden Landschaft.

Der Bauherr ist ein begnadeter Musiker. Zum Studium seiner Partituren braucht er absolute Konzentration, optimale Akustik und einen inspirativen Weitblick in die Landschaft. Davon gibt es rundherum mehr als genug. „Hier ist es so grün, wie wir es wahrscheinlich nie wieder finden werden“, sagt die Baufrau, „wir haben Ausblick auf Felder und nichts als Felder.“

Wie setzt man in eine derartig vollendete Landschaft ein derartig weltliches Objekt wie ein Einfamilienhaus? „Wir wussten nicht, wie unser Haus aussehen soll. Wir dachten einfach, wir lassen die Architekten werken.“ Einige konkrete Vorstellungen gab es dann aber doch: Das Haus sollte ein Refugium zum privaten Rückzug sein, solide aus Ziegeln gemauert, cremefarben und mit einem Hauch goldigen Schimmers.

Der ideale Baugrund fand sich am Ende einer Ortschaft im Wienerwald. Die Architekten von t-hoch-n betteten eine skulpturale Baukörperkomposition ins Gelände, die sich wie eine Raumpartitur in verschiedenen Sequenzen erschließen lässt. Metallische Pigmente im Putz lassen das Haus mit der Sonne erstrahlen. Um nicht allzu sehr aus der Reihe zu tanzen, gibt sich der Bau an der Straße zurückhaltend nieder.

Licht- und Formenspiel

Zwei verputzte Nebenraumboxen, die wie große Mauerpfeiler wirken, bilden den Auftakt zur schimmernden Wohn-Ouvertüre. Zwischen ihnen hindurch schreitet man auf einen gedeckten Vorplatz zu, hinter dem das Dach in formvollendeter Dramaturgie langsam ansteigt, um nach einer weiten, beschattenden Auskragung sacht über dem Musikzimmer auszuschwingen. Wie könnte es anders sein.

Auch der Innenraum ist meisterhaft durchkomponiert. Wie eine künstliche Kluft wirkt das Vorzimmer, das von einem Oberlicht in abstrakte Helligkeit getaucht wird und Besucher effektsteigernd ums Eck in den Wohnraum führt. Hier entfalten sich Architektur und Landschaft in voller Pracht: Am Panoramaglas bleibt man stehen und blickt über unberührte Äcker hinweg bis in den Süden.

Am Durchgang hinterm Esstisch, der stolze zwölf Personen fasst, liegt die zweizeilige Küche. „Das ist mein Reich“, erklärt die Baufrau, „ich wollte die Küche nicht ganz offen im Raum stehen haben.“ So hat sie einerseits Ruhe und behält andererseits die Kinder im Blick. Am Kamin mit der gemauerten Sitzbank beginnt der eigentliche Wohnbereich. Ein übers Eck verglaster Luftraum steigert das Wahrnehmungserlebnis um eine Höhendimension und holt den Himmel ins Haus.

Musik im Mittelpunkt

„Bei so einer Lage war es ganz klar: Wir wollten mit dem Raum großzügig umgehen und wollten den Ausblick bewusst zelebrieren“, sagt Architekt Gerhard Binder, „als Tribut an die Bauherren wurde das Musikzimmer als wichtigster Raum im Haus gehandhabt.“

Elegant ist der Übergang ins Musikzimmer gelöst - über eine metallbesaitete Innenstiege lässt es sich autonom erschließen. Wie ein akustisch abgetrennter Klangkörper scheint der Holzleichtbau der Landschaft entgegenzuschweben. Neben einem Flügel, dem Notenarchiv und der Bibliothek hat noch eine Handvoll Musiker Platz, um im häuslichen Rahmen zu proben. Vom Klavierhocker aus sieht der Bauherr, was ihm lieb ist: die Noten, die Tasten, die Familie, die Natur.

17. November 2007 Der Standard

Die Kunst ist der Raum

Gutes Wohnen will gelernt sein. Achtsam verwandelte das Architekturbüro Raumkunst den Rohdachboden eines Gründerzeithauses zu einer Oase aus edlen Materialien und über-raschenden Raumeindrücken. Das Rückgrat bildet eine Möbelskulptur aus Markassa-Holz.

Was essen Sie gerne? Interessieren Sie sich für Mode? Und welche Musik hören Sie?" Auf Fragen dieser Art muss man bei einer Wohnberatung von Christine Diethör durchaus gefasst sein. „Die Leute wundern sich immer, weil ich Sachen wissen will, die nicht unmittelbar mit Architektur zu tun haben. Aber schließlich geht es beim Bauen nicht nur um Quadratmeter, sondern auch darum, wie man wohnt und lebt“, sagt die Architektin, die gemeinsam mit ihrem Partner Harld Fux das Büro Raumkunst betreibt.

Die Synthese aus Zahlen, Fakten und persönlichem Gespräch mit der zukünftigen Bauherrschaft ergibt das Nutzerprofil, das den Raumkünstlern als Planungsgrundlage dient. Und so antwortete eines Tages eine Baufrau schlicht und einfach: „Ich wohne gerne schön!“ - und schickte die Architekten prompt auf die Suche nach einem passenden Objekt.

In Wien-Penzing fand sich ein ausbaufähiger Rohdachboden, der sich leicht in zwei Einheiten unterteilen ließ - eine zum Bewohnen und eine zum Vermieten. Eine Komplikationen gab es auf dem Dach des Gründerzeithauses aber dennoch. Diethör: „Der Dachboden liegt in der Schutzzone, hatte nur 30 Grad Neigung und mehrere unverrückbare Kaminwände in der Mitte.“

Intelligente Möbel ...

Um einen offenen, durchlässigen Wohnraum zu erzeugen, mussten die Kamingruppen notgedrungen in die Gestaltung miteinbezogen werden. Die Not wurde hier zur raumkünstlerischen Tugend. Der Kamin ist mit einem Regal aus Markassa-Holz verkleidet und fügt sich auf diese Weise dezent in die freistehende Wohnküchenzeile. Es entsteht das, was Architekten so gerne als Raummöbel bezeichnen - eine Skulptur, die viele unterschiedliche Funktionen des Wohnens birgt. Vom Essplatz über den Herdblock bis hin zum Raumteiler und zur Garderobe sind hier sämtliche Stauräume und Möbel zur einer einheitlichen Großform zusammengefasst.

„Ich kleide mich gern in schlichter Eleganz und liebe einfache, gerade Linien“, sagt die Baufrau, „genau so wollte ich auch wohnen.“ Getrost konnten die Raumkunst-Architekten daher auf Materialreduktion und klare Formen setzen: helles Birkenholz am Boden, dunkles Markassa für alle raumbestimmenden Möbel, ja sogar der Waschtisch im Bad ist aus Markassa. Mit dem Kalkstein des Bodens und des Badewannensockels harmoniert das edle Holz besonders gut. „Jedes Objekt hat so etwas wie eine Seele“, sagen die Architekten, „es macht uns viel Spaß, eine bestehende Struktur in etwas noch Besseres zu verwandeln.“

... großes Raumwunder

Messerscharf über der Traufkante sind im großen Zimmer zwei übereinanderliegende Dachflächenfenster eingeschnitten. Sie wirken wie Lichtschlitze, durch die der Himmel in den Wohnbereich fällt. Doch das wahre Raumwunder beginnt darüber - unter einem derart flachen Dach wie hier zählt nämlich jeder Zentimeter. Vor der Kaminwand ist ein vollverglaster Liegeplatz mit Schiebetür eingeschnitten, der sich zur großzügigen Terrasse auswächst.

„Ich wusste gar nicht, dass der Blick da draußen so schön ist“, sagt die Baufrau, die von der Terrasse und vom Wintergarten aus exakt die Gloriette im Visier hat. „Oft bin ich schon mit Decken und Pölstern da draußen gesessen und habe ein Picknick gemacht.“

12. November 2007 Der Standard

„Es gibt so viele gleiche Gebäude“

Jean Novel zeigt als Festredner der ZV neue Perspektiven für die Architektur

Im Semperdepot feierte die Zentralvereinigung der Architekten Österreichs (ZV) ihren 100. Geburtstag, dazu gratulierte der französische Architekt Jean Nouvel mit einem Festvortrag. Gerfried Sperl (der Standard) moderierte mit der Verve seiner Architektur-Begeisterung, der Saal war voll, die Stimmung prächtig, Bundespräsident Heinz Fischer gratulierte per Videobotschaft, Bundesministerin Claudia Schmied war wirklich da und bekannte sich klar zur Baukultur.

Nach einer kurzen Doppelconférence mit Hans Hollein von Star zu Star und Turmbauer zu Turmbauer legte Nouvel dann los. Er plant den neuen Uniqa Tower gegenüber von Holleins Hochhaus am Donaukanal. Subtil zielte er seinen Vortrag in Richtung der geänderten Zukunftsvisionen dieses Turms. „Es gibt so viele gleiche Gebäude in der Welt. Die Schlüsselfrage der heutigen Architektur ist, an jedem Bauplatz mit der Geografie, Kultur und Geschichte des Ortes in Dialog zu treten“, betonte Nouvel. Mit diesem sehr kontextuellen Ansatz war es ihm kontinuierlich gelungen, sich nicht zu wiederholen und mit jedem Bau neue Maßstäbe zu setzen. Auch in Österreich. Schlüssig ließ er die Projekte, die er zeigte, aus Bildern ihrer Umgebung entsteigen und spannte so einen Bogen bis zum krönenden Finale.

1998 setzte er für die SEG einen hölzernen Wohnbau mit Rankgittergerüsten an die Leopoldauer Peripherie. An einem Friedhof in der Bregenzer Vorstadt plante er für die Interunfall ein Büro-und Wohnhaus, in dem eine raffinierte Fassade aus beweglichen Lamellen Licht-Schatten-Spiele erzeugt. Im Innenhof schafft ein Oberlicht Atmosphäre.

„Ich hatte Angst, dass es klaustrophobisch wird,“ bekennt Nouvel in Bezug auf seinen Bauteil in den Wiener Gasometern. Also entwickelte er eine reflektierende Fassade, die möglichst viel Licht in die Wohnungen bringt. Auch der Uniqa-Tower wird alles andere als eine banale Scheibe, sondern eine vertikale Screen, die vielschichtig den Blick auf Dom und Innenstadt feiert.

Stadtraumbereichernd fußt ihr Sockel mit grünen Innenhöfen auf Wiener Boden, darüber hebt lichtdurchlässig transparent die Nordfassade ab. Als eindrucksvoller gläserner Keil ist die Lobby eingeschnitten. Ihre Decke und die schwebende Untersicht des Panoramarestaurants wird Pipilotti Rist gestalten. 20 Prozent ihrer Kunst am Bau wird beweglich sein. Wieder neue Perspektiven für die Architektur.

10. November 2007 Der Standard

Großes Wohnen im kleinen Garten

Viel Haus auf wenig Raum: In einem schmalen und langen Kleingartenhaus am Stadtrand von Wien brachte Architekt Jakob Oberwalder ein umfangreiches Raumprogramm unter. Durch geschickte Absenkung des Gartens bekommen auch die Zimmer im Kellergeschoß noch Tageslicht.

Einen Kleingarten in Wien zu besitzen ist alles andere als billig - und er ist auch nicht leicht zu bekommen. Die schönen Parzellen sind rar und heiß begehrt. Umso glücklicher waren die Bauherren, als sie von dem durchaus leistbaren Grundstück am Flötzersteig erfuhren. Im Nu war das Land gekauft, fehlte also nur noch das richtige Haus. Zielstrebig machte man sich auf der Kleingartenmesse kundig und stieß dort auf Architekt Jakob Oberwalder, der einen feinen, roten Holzquader als Referenzobjekt vorweisen konnte (siehe Projekt rechts unten).

„Die Entscheidung war ganz einfach“, sagt der Bauherr, „er hatte einfach das schönste Haus ausgestellt.“ Auch preislich käme das Fertighaus aus Oberwalder'scher Feder nicht teurer als die Fertigteilhäuser von der Stange.

Die Bauordnung für Kleingartenhäuser ist streng und gesteht dem Bauherrn nur eine beschränkte Nutzfläche und Bauhöhe zu. Doch wie es sich für einen Traum gehört, gab die Wunschliste dem Architekten ein ordentliches Pensum auf: eine große, offene Wohnküche, zwei Bäder, ein Schlaf- und Kinderzimmer, ein Arbeitsraum, und genügend Platz für Gäste musste auch noch sein - keine leichte Aufgabe.

Leitmaterial Holz

Nur wenige Parzellen liegen zwischen dem stark befahrenen Flötzersteig und der Grundgrenze des neuen Zuhauses. Im Norden gibt sich das fast zehn Meter lange und fünf Meter breite Holzhaus bis auf einen hohen Fensterschlitz geschlossen. Ein Vordach markiert den Eingang mit der sonnengelben Tür. „Diese Tür hat Signalwirkung, sie ist nicht zu übersehen“, sagt der Bauherr stolz.

Das vorgerostete Cortenstahl, das sich die Bauherren ursprünglich gewünscht hatten, sprengte das Budget - dafür wurde der vorstehende Eingangsquader mit orangebraunen Okuméplatten verkleidet. Das tropische Holz findet sich auch zwischen den Glasfronten und im schattenspendenden Rahmen wieder, der in großer Geste das Gebäude umfasst.

Im Obergeschoß springt das Haus zurück. „Der vorgesetzte Rahmen kaschiert den Rücksprung und wirkt für die Südseite als baulicher Sonnenschutz“, erklärt der Architekt. Ganze drei Meter reckt sich die Holzterrasse der Abendsonne entgegen und schafft so dem Wohnen einen gedeckten Freiraum. Auf diese Weise kann das Wohnzimmer im Sommer über zwei Glastüren in die freie Natur verlängert werden.

Die an die Nordwand gedrängte Treppe und die Balkendecke aus verleimtem Brettschichtholz, die im Übrigen sichtbar belassen und nicht verkleidet wurde, lässt den Wohnraum höher wirken. „Die Decke ist weiß gestrichen, damit kein Almhüttenflair aufkommt“, sagt Oberwalder, „ich wollte einen offenen Eindruck erzeugen.“ Dieser Trick wirkt übrigens auch im Schlafgeschoß.

An der Ostseite griff der Architekt in die topografische Trickkiste: Vorm Keller sorgt ein großer Lichthof für taghelle Verhältnisse im unten angesiedelten Arbeitszimmer. Die Zukunftsaussichten auf den abgesenkten Garten, der im Sichtbetonschacht gedeihen soll, sind zwar nicht rosig, dafür aber grün. Daneben liegt eine Badeoase mit Saunaoption und einem eigenen Zugang ins Freie. Ein weiterer Lichtschacht auf der Nordseite erhellt das Gästezimmer. Ein Außenluft-Kompressor in der finsteren Kellermitte sorgt für Wärme zum Niedrigenergiestandard.

3. November 2007 Der Standard

Leben auf der Sonnenseite

Am Nordrand von Salzburg realisierten die sps-architekten die innovative Passivhaus-Wohnanlage Samer Mösl. Durch geschickte Anordnung haben die durchgesteckten Wohnungen direktes Sonnenlicht auf beiden Seiten. Gebaut wurde nachhaltig mit Holz.

Die Wohnhausanlage Samer-Mösl sollte höchste Qualität erzielen. Also schrieb der Bauträger „Heimat Österreich“ für die innovative Passivhausanlage ein EU-weites zweistufiges Wettbewerbsverfahren aus. Das junge Büro sps-architekten legte sich mit einem reinen, dreistöckigen Holzbau die Latte sehr hoch, siegte prompt und wurde als Generalunternehmer beauftragt. „Wir planten ein Passivhaus ohne klassische Nord- und Südfassade“, erklärt Architekt Simon Speigner, „jede Wohnung hat Vor- und Nachmittagssonne, die Mieter im Erdgeschoß haben auf jeder Seite einen Garten, die Wohnungen darüber verfügen über Loggia und Balkon.“

Der Bauplatz liegt auf einer einstigen Müllhalde am nördlichen Stadtrand von Salzburg. Zwischen den drei lang gestreckten Gebäuderiegeln wurden Grünstreifen, Spielplätze und gekurvte Wege angelegt. Auf der einen Seite der Wohnanlage grenzt ein weites Feld an, auf der anderen Seite plätschert der Alterbach. Dahinter liegt das Landschaftsschutzgebiet des Moores.

„Wegen des weichen Untergrunds musste der Aushub fünf Meter in den Boden reichen“, erinnert sich Speigner, „wir fanden da unten Schilfsedimente, und der Geruch war übel.“ Davon ist heute nichts mehr zu spüren: Statisch gefestigt stehen die Wohnbauten heute auf einzelnen Pfählen, die bis zu zwölf Meter in die Erde ragen. Unter dem mittleren der drei Baukörper wurde in einer wasserdichten Wanne die Tiefgarage angelegt.

Die drei langen Häuser mit ihrer vorvergrauten Fichtenschalung machen sich gut in der Landschaft. Rundherum grünt und blüht das üppige Moor. Aufgrund der losen Bebauung haben die Wohnungen nur Sonnenseiten: Jede der 60 Einheiten ist durchgesteckt und öffnet sich mit raumhohen Fenstertüren nach Südosten und Nordwesten. Die Holzriegelwände sind hoch wärmegedämmt, die Decken sind massiv ausgeführt und bestehen aus Kreuzlagenholz. Und schließlich die Passivhaustechnologie: Sonnenkollektoren auf dem Flachdach speisen die Warmwasseraufbereitungsanlage an, Pelletsheizung und kontrollierte Wohnraumbe- und -entlüftung sorgen für höchsten Komfort bei niedrigsten Energiekosten.

„Die Qualität der Wohnanlage ist unvergleichbar hoch“, sagt eine Erdgeschoßbewohnerin, „die Wohnung ist gut aufgeteilt und außerordentlich hell.“ Die größte Überraschung allerdings war das viele Grün. Direkt vor den Wohnräumen liegt ein großer Vorgarten, der der Kontaktfreudigkeit der Bewohner durchaus entgegenkommt: „Wir haben uns immer schon mehr Kontakt zu den Nachbarn gewünscht. Nun laufen ständig Kinder vorbei und wollen unsere Haustiere streicheln.“

Gute Orientierung

Wie Stege ragen in den Obergeschoßen die Terrassen über den Garten hinaus und schaffen auf diese Weise jeder Wohnung einen gedeckten Freibereich. Zwischen den Terrassen sind die Stiegenhäuser situiert, in die durch Glasbausteine mildes Licht hineinfällt. Je zwei Wohnungen pro Geschoß werden von jedem Stiegenhaus erschlossen - eine gute Bezugsgröße für gelebte Nachbarschaft.

Zur besseren Orientierung gibt es einen Farbkodex: Die Trittstufen sind in unterschiedlichen Farben lackiert und wer genau hinschaut, der entdeckt die unterschiedlich farbigen Isolierfolien, die zwischen den grauen Holzlatten durchschimmern.

27. Oktober 2007 Der Standard

Abheben mit Flügelschlag

Auf dem Dach eines Wiener Fuhrwerkshauses zeigt Architekt Peter Liaunig vor, wie er sich Wohnen und Arbeiten in Alt und Neu vorstellt. Das neue Dachgeschoß ist ein expressives Spiel mit geometrischen Formen. Über einen Steg gelangt man auf einen Dachgarten.

Architektur ist durch und durch eine statische Angelegenheit. Umso mehr träumen Architekten davon, sie zum Fliegen zu bringen. Ein solcher Träumer ist Architekt Peter Liaunig. In Wien Hernals fand sich ein Fuhrwerkshaus aus der Gründerzeit, das sich als Sockel für Liaunigs kühne Visionen bestens eignete. Der neue Dachaufbau scheint im Begriff, jeden Augenblick mit einem kräftigen Flügelschlag abzuheben.

Zur Straße gibt sich der Dachaufbau dezent und streng diszipliniert. Die Kastenfenster blieben, die bestehende Fassade wurde in einheitliches Weiß getaucht. Vorwitzig lugt darüber die Bibliotheksgalerie über das minimalistische Gesims. Der hofseitige Formenausbruch lässt sich von dieser Seite bestenfalls erahnen. Expressiv bricht das Dachgeschoß in vollverglaster Freiform über dem Garten aus. Von der edelstahlgedeckten Kugelkalotte überm offenen Raum bis zur Regenrinne am Schrägprofil ist jedes Detail der neuen Dachskulptur akribisch durchdacht. „Sanierung und Dachausbau eines solchen Hauses sind eine dreidimensionale Werbung“, sagt Liaunig, „da kann man zeigen, wozu man imstande ist.“

Ausgetüftelte Form

Doch alles der Reihe nach: Im Erdgeschoß des Bestands befindet sich die Modellbauwerkstatt, darüber macht sich ein imposanter Wohnraum mitsamt offenem Kamin breit. Begrüßt, bekocht und gegessen wird auf weißem Marmor mit Blick in den Hof. Eine wilde Glasfassade saugt das romantische Kleinod regelrecht ins Wohnzimmer rein. Die schräg geneigten Gläser scheinen dem Garten entgegenzukippen. Doch auch Architekten sind nur Menschen: „Ich musste sehr viele Modelle bauen, bis die Geometrie der Fassade endgültig feststand“, blickt Peter Liaunig zurück.

Wie ein Vogel mit geknickten Beinen landet die organische Raumskulptur aus Stahl und Glas mit zwei schräg gekanteten Betonscheiben auf der neuen Verbunddecke, die aus statischen Gründen nötig geworden war. Von hier aus geht es hoch ins Obergeschoß. Schwungvoll führt die Treppe aus Stahl und Glas auf die Galerie. Flügelgleich hebt von dieser skelettartigen Mitte die Kugelkalotte an. Bergend neigt sie sich mit einem schattenspendenden Vordach über das Kinderzimmer und den großen, hohen Wohnraum.

Direkt vor dem Wohnzimmer liegt eine kleine Terrasse. Wie von Geisterhand schwingt sich ein Steg aus Gitterrosten auf das Dach der alten Fabrikationshalle. Von der alpinen Distel über den japanischen Zwergahorn bis zu Wein, Äpfeln, Ribiseln und Erdbeeren gibt es nichts, was in diesem Dachgarten nicht gedeihen würde. Auch für dieses niedrige Hofgebäude fand sich eine Verwendung: In die vier Meter hohen Räumlichkeiten zog das Büro des Architekten. Der Weg in die Arbeit ist somit nicht weit.

Zeitintensive Planung

Bis zu acht Stunden war Peter Liaunig täglich auf der Baustelle. Viele Entscheidungen wurden erst vor Ort gefällt. Weil es kaum Wände gibt, musste das schlagfeste Glas höchsten Schallanforderungen gerecht werden. Auch die Dichtigkeit der schrägen Flächen war eine Herausforderung für sich. „Um all die Details zu ermöglichen, mussten die Handwerker zum Teil skulptural arbeiten“, sagt Liaunig. Doch der Aufwand lohnte sich: „Ich finde immer wieder neue Durchblicke, von denen ich überrascht bin.“

20. Oktober 2007 Der Standard

Schwereloser Lebensherbst

In Lienz steht eines der größten Pflegeheime Osttirols. Architekt Georg Steinklammer sanierte den Bestand und erweiterte das Heim um einen modernen Zubau. Wie ein organisch geformter Stein zieht der neue Trakt nun alle Blicke auf sich.

Hans Buchrainer war früher einmal Architekt. 1954 hatte er sein Büro gegründet und plante seitdem einen Teil des Innsbrucker Olympiadorfes, das Eisstadion und die alte Bergiselschanze. Zu seinen Projekten zählt auch das Lienzer Altersheim aus dem Jahre 1971. Bei seiner Eröffnung galt das Heim als Vorzeigeprojekt", sagt Franz Webhofer, Verwalter der Osttiroler Wohn- und Pflegeheime, „mit je einer Nasszelle pro Zimmer wurde ein Standard geboten wie noch nie zuvor“.

Heute ist das Pflegeheim, das 1986 um einen Bauteil erweitert wurde, in die Jahre gekommen - und mit ihm sein damaliger Architekt. Vor einiger Zeit zog Buchrainer mit Sack und Pack in sein eigenes Projekt ein und übergab das Büro an Georg Steinklammer. Schon hatte der ambitionierte Architekt einen großen Auftrag: Schrittweise sanierte er das Heim, dessen technischer Standard längst überholt war und dessen Infrastruktur nicht mehr den heutigen Anforderungen entsprach. Die alte Küche war für den Bedarf an Essen auf Rädern nicht gerüstet, Zimmer und Bäder waren nicht behindertengerecht.

Sanierung in Schritten

„Die Planung nahm viel Zeit in Anspruch“, sagt Steinklammer. Zuerst wurden die Bäder adaptiert, später kam Farbe in Zimmer und Gänge. Der Abbruch des Personalhauses schließlich machte Platz für einen Neubau, in dem heute die Dementenstation untergebracht ist.

Wie ein Möbel schwebt der freigeformte, organische Baukörper mit seinen abgerundeten Kanten über einer transparenten Empfangshalle. Darunter knickt eine Stützmauer aus steingefüllten Gabionenkäfigen ums Eck. Die rotbraune Verkleidung der Fassade, die ein bisschen an Kirsch- und Birnenholz erinnert, korrespondiert mit der stillen Hinterseite, wo die Stadt noch von charismatischen, alten Bauernhäusern und Stadeln geprägt ist.

„Wir wollten dem Gebäude einen warmen, heimeligen Ton geben, damit es wie ein Möbel wirkt“, erklärt der Architekt. Hier befindet sich auch die Zulieferung zur neuen Küche, zur Wäscherei und zum Speiseraum des Personals. Er liegt am eingeschnittenen Lichthof im Keller des einstigen Personalhauses.

Rein ins Haus. Als offenes Raumkontinuum zieht sich das Foyer mit seinem grauen Terrazzo und den sonnengelben Sitzgelegenheiten bis zum neuen Speisesaal vor. Hell und warm fällt das Sonnenlicht durch die Glasfront im Osten und Süden. „Dieser Raum ist wie ein Schaufenster und öffnet das Heim zur Stadt“, sagt Georg Steinklammer, „auf den langen Bänken entlang der Wand sitzen die Leute wie am Dorfplatz.“

Barrierefrei und freundlich geht es auch in den Schlaftrakten zu. Gangseitig sind die Zimmer mit holzfurnierten Platten verkleidet und bieten den betagten Menschen einen Handlauf, der die Fortbewegung erleichtern soll. Kleine Nischen regen zum Rasten und Plaudern an.

Hinter einer Glaswand liegt der Gemeinschaftsraum mitsamt offener Schauküche, roten Lederbänken, Spielzeugregalen und Kartenspieltischen. Hier können sich die Bewohner wie im Wohnzimmer zusammenfinden und in Gesprächen und Gesellschaftsspielen versinken. Im Hintergrund ragen die Lienzer Dolomiten empor. „Durchschnittlich sind unsere Bewohner 85 Jahre alt“, sagt Franz Webhofer, „wir wollten ihnen ein möglichst angenehmes und stressfreies Umfeld schaffen.“

Publikationen

2021

Architektur in Niederösterreich 2010–2020
Band 4

Der vierte Band der erfolgreichen Reihe Architektur in Nieder­österreich dokumentiert das Baugeschehen in diesem Bundes­land zwischen 2010 und 2020. Hundert mittels Text, Bild- und Planmaterial beschriebene Projekte legen Zeugnis ab von der Vielfalt und der Qualität ausgewählter Beispiele in sieben Ka­tegorien.
Hrsg: ORTE Architekturnetzwerk Niederösterreich
Autor: Isabella Marboe, Eva Guttmann, Franziska Leeb, Gabriele Kaiser, Christina Nägele
Verlag: Park Books

2012

Architektur in Linz 1900-2011

Der Architekturführer erzählt die Linzer Baugeschichte der letzten 110 Jahre. Über das Moment des Gebauten wird u.a. dem Linzer „Stadtgefühl“ nachgespürt, historische Typologien unterschieden oder die wechselvolle Geschichte der Stadt vermittelt. Neben den wesentlichsten 200 Bauwerken aller Typen beinhaltet
Hrsg: Andrea Bina, Lorenz Potocnik
Autor: Isabella Marboe, Theresia Hauenfels, Elke Krasny
Verlag: SpringerWienNewYork