nextroom.at

Profil

Wojciech Czaja, geboren in Ruda Śląska, Polen, ist freischaffender Journalist für Tageszeitungen und Fachmagazine, u.a. für Der Standard, Architektur & Bauforum, VISO, db Deutsche Bauzeitung, und DETAIL. Er ist Autor zahlreicher Wohn- und Architekturbücher, u.a. Wohnen in Wien (2012), Zum Beispiel Wohnen (2012), Überholz (2015) und Das Buch vom Land. Geschichten von kreativen Köpfen und g’scheiten Gemeinden (2015). Zuletzt erschien HEKTOPOLIS. Ein Reiseführer in hundert Städte im Verlag Edition Korrespondenzen. Er arbeitet als Moderator und leitet Diskussionsrunden in den Bereichen Architektur, Immobilienwirtschaft und Stadtkultur und veranstaltet unter dem Titel Ähm, ja also... Praxis-Workshops zum Thema Kommunikation und Präsentation. Er ist Dozent an der Universität für Angewandte Kunst in Wien sowie an der Kunstuniversität Linz und unterrichtet dort Kommunikation und Strategie für Architekten. Außerdem ist er von 2015 bis 2021 Mitglied im Stadtbaubeirat in Waidhofen an der Ybbs.

Publikationen

Wir spielen Architektur. Verständnis und Missverständnis von Kinderfreundlichkeit, Sonderzahl-Verlag, Wien 2005
periscope architecture. gerner gerner plus, Verlag Holzhausen, Wien 2007
Stavba. Die Strabag-Zentrale in Bratislava, Wien/Bratislava 2009
Light/Night. The Nouvel Tower in Vienna, Christian Brandstätter Verlag, Wien 2010
Wohnen in Wien. 20 residential buildings by Albert Wimmer, Springer Verlag, Wien 2012
Zum Beispiel Wohnen. 80 ungewöhnliche Hausbesuche, Verlag Anton Pustet, Salzburg 2012
Überholz. Gespräche zur Kultur eines Materials, Verlag Anton Pustet, Salzburg 2015
Das Buch vom Land. Geschichten von kreativen Köpfen und g’scheiten Gemeinden, Wien 2015
Der Fuß weiß alles. Markus Scheer, Ecowin Verlag, Wals bei Salzburg 2016
Der Erste Campus, Christian Brandstätter Verlag, Wien 2017
motion mobility. Die neue ÖAMTC-Zentrale in Wien, Park Books, Zürich 2017
Hektopolis. Ein Reiseführer in hundert Städte, Edition Korrespondenzen, Wien 2018

Karte

Artikel

28. Juni 2014 Der Standard

Der Gorilla lernt das Gehen

Los Angeles trägt das Stigma der Highway-Hölle. Völlig zu Recht. Doch nun, erklärt Stadtplanungsdirektor Michael J. LoGrande, soll der Straßenmoloch auf Diät gesetzt werden.

STANDARD: Sie waren mit der Delegation der Wirtschaftskammer Österreich einige Tage zu Besuch in Wien. Was ist Ihnen in Erinnerung geblieben?

LoGrande: Die alte, historische Architektur! Das gibt es in Kaliforniern nicht. Wir sind schon happy, wenn wir ein Haus aus den Zwanzigerjahren sehen. Noch mehr beeindruckt hat mich allerdings das öffentliche Verkehrsnetz. Besonders angetan hat es mir die Straßenbahn. Überall fahren Straßenbahnen!

STANDARD: In welchen Punkten kann Los Angeles von Wien lernen?

LoGrande: Lernpotenzial haben wir beim kulturellen Angebot und bei der Art und Weise, wie man hier mit öffentlichem Freiraum umgeht. Man nimmt die Straße den Autos weg und gibt sie wieder den Fußgängern und Radfahrern zurück, so wie das ja im Bereich der Mariahilfer Straße passiert ist. Was die Emanzipation des Fußgängers betrifft, sind wir in L.A. erst am Anfang.

STANDARD: Aber es tut sich was. In Hollywood und Santa Monica entstehen bereits die ersten Fußgängerzonen.

LoGrande: Ja, das sind die ersten Versuche. Auch beim Broadway in Downtown L.A. diskutieren wir über eine Verkehrsberuhigung. Wir sehen das als eine Abmagerungskur des Verkehrs und nennen das „Road Diet“: weniger Fahrstreifen für Autos, stattdessen mehr Platz für Fußgänger und Radfahrer.

STANDARD: Wird das Angebot angenommen?

LoGrande: Ja, aber nur langsam. Unser größtes Potenzial und somit unsere größte Hoffnung sind die jungen Menschen. Sie ziehen wieder zurück ins Stadtzentrum und genießen das, was man gemeinhin unter urbanem Leben versteht: Dichte, Infrastruktur, Gehdistanzen, Nachbarschaft und soziale Bindungen.

STANDARD: Wie viel Straße wurde schon abgespeckt? Wie viel Diät steht Ihnen noch bevor?

LoGrande: Die genauen Zahlen müssen wir erst erheben. Aber in Summe geht es darum, dass wir lernen, mit dem öffentlichen Gut namens Stadtraum kreativ umzugehen. Der neueste Trend ist die Schließung der Straßenkreuzungen, so wie das beispielsweise auf dem Times Square in New York gemacht wurde. Wo früher Autos waren, sitzen nun Leute im Freien. Außerdem werden immer mehr „Parklets“ errichtet. Das ist das, was man in Wien, glaube ich, als Schani-Garden bezeichnet. Für Sie mag das ganz normal erscheinen, aber für einen Angelino ist es keine Selbstverständlichkeit, im öffentlichen Raum zu sitzen und zu konsumieren. Wir sind es gewohnt, so etwas nur in klimatisierten Räumen zu machen.

STANDARD: Ist es Ihr Ziel, das Auto langfristig unattraktiver zu machen, so wie das in einigen europäischen Großstädten passiert?

LoGrande: Ja, das werden wir machen müssen, da haben wir einfach keine andere Wahl. Die Metropolitanregion L.A. hat 17 Millionen Einwohner, und die meisten Haushalte besitzen drei, vier Autos, also mindestens eines für jedes Familienmitglied. Das kann unmöglich das Rezept für die Zukunft sein.

STANDARD: Wie viele Autos haben Sie?

LoGrande: Vier Familienmitglieder, drei Autos. Was soll ich Ihnen sagen? Ich bin ein Durchschnittsamerikaner. Aber zu meiner Verteidigung muss ich sagen, dass ich manchmal öffentlich, also mit der Lightrail, einer Art Straßenbahn, in die Arbeit fahre.

STANDARD: Was wird passieren müssen, damit Sie in Zukunft öfter die Lightrail nehmen, um in die Arbeit fahren?

LoGrande: In den kommenden Jahren wollen wir das öffentliche Netz massiv ausbauen. Geplant sind weitere Subway- und Lightrail-Linien in Downtown, West Los Angeles, Hollywood, Long Beach, Santa Monica und Culver City. Dafür nehmen wir über 30 Milliarden US-Dollar (22 Milliarden Euro, Anm.) in die Hand. Insgesamt wollen wir 500 Kilometer Straßenbahn errichten. Und was für mich das Interessante ist: Nachdem das Vorhaben unsere Kasse extrem belasten wird, haben sich die Einwohner von Downtown L.A. sogar bereiterklärt, einige Jahre lang eine höhere Steuerbelastung zu akzeptieren.

STANDARD: Das heißt, hier muss der Steuerzahler das Versagen der öffentlichen Hand ausbaden?

LoGrande: Letztendlich stammt jeder einzelne Steuercent auf der ganzen Welt vom Steuerzahler.

STANDARD: Wird die Straßenbahn alleine genügen, um 18 Millionen Menschen vom Auto wegzubringen?

LoGrande: Ich fürchte nicht. Seit 1970 gibt es in der Metropolitanregion Los Angeles das sogenannte „Centers Concept“. Das ist die Idee einer polyzentralen City mit vielen dichten Clustern innerhalb der Stadt. Die möchten wir in den kommenden Jahren weiter ausbauen. Das heißt: mehr Parks, mehr Nahversorgung, mehr Hotspots des täglichen Lebens. In manchen Stadtteilen und Wohnvierteln muss man heute noch eine halbe Stunde lang zu Fuß gehen, um zu einem Supermarkt zu kommen. Wir wollen diese Distanz auf zehn Minuten reduzieren.

STANDARD: Also zwei Minuten mit dem Auto ...

LoGrande: Nicht unbedingt. Es findet eine Werteverschiebung statt. Früher war es ganz normal, mit 16 Jahren den Führerschein zu machen und mit 18 Jahren ein Auto geschenkt zu bekommen. Das hat sich geändert. Viele junge Leute denken gar nicht mehr daran, sich ein Auto zuzulegen. Aktuell liegt der Anteil der jungen Erwachsenen mit eigenem Auto bei unter 30 Prozent. Das ist ein Rekordwert für die USA.

STANDARD: Bis jetzt haben wir von Autos, U-Bahnen und Supermärkten gesprochen. Doch welche Mittel gibt es, das Wachstum der Stadt auch stadtplanerisch einzudämmen?

LoGrande: Die Wachstumsrate im Großraum Los Angeles beträgt circa ein Prozent. Besonders schnell wächst die Downtown. Immer mehr junge Menschen ziehen hierher. Derzeit werden in Downtown L.A. etliche neue Wohnhochhäuser errichtet. Doch der wichtigste Punkt wird sein, den Planning and Zoning Code (Stadtentwicklungsplan, Anm.) zu überarbeiten. Der jetzige stammt aus dem Jahr 1946.

STANDARD: 1946?

LoGrande: Ja, ich weiß.

STANDARD: In knapp 70 Jahren hat sich L.A. ja doch ein wenig verändert.

LoGrande: Und deshalb gehen wir jetzt den neuen Zoning Code, den sogenannten „Recode L.A.“, sehr radikal an. Wir wollen die Bau- und Entwicklungsvorschriften für die gesamte Stadt überarbeiten und ihr eine neue DNA einverleiben. Da geht es in erster Linie um Bauhöhe, Bebauungs- und Bevölkerungsdichte. Außerdem wollen wir das Wachstum auf die neuralgischen Punkte und Achsen konzentrieren. Das Ausufern der Stadt soll damit eingedämmt werden. Der Umplanungsprozess ist für vier Jahre anberaumt und soll rund 50 Millionen US-Dollar (knapp 37 Millionen Euro) kosten.

STANDARD: Die Stadt Los Angeles selbst hat nur 3,8 Millionen Einwohner. Das tatsächliche Stadtgebiet ist um ein Vielfaches größer. Wie leicht oder wie schwer gestaltet sich die Zusammenarbeit mit den anderen Gemeinden?

LoGrande: Ohne Netzwerk wäre langfristige Stadt- und Verkehrsplanung nicht machbar. Aber es funktioniert gut. Es gibt die Southern California Association of Governance (SCAG), die all die Entwicklungen im Auge behält und koordiniert. Trotzdem: So reibungslos und homogen wie in der EU wird unsere Stadtplanung niemals sein.

STANDARD: Aus wie vielen Gemeinden besteht der Großraum L.A.?

LoGrande: Aus rund 80. Aber fragen Sie mich jetzt bitte nicht, wie die alle heißen!

STANDARD: Hat man je darüber nachgedacht, die einzelnen Gemeinden zu einer großen politischen Einheit zusammenzulegen?

LoGrande: Schon oft. Gerade was die infrastrukturelle Planung betrifft, wäre das eine gute Idee. Leider wehren sich einige kleinere Gemeinden gegen eine Zusammenlegung. Da sprechen wir in erster Linie von sehr reichen und touristisch stark frequentierten Städten innerhalb L.A.s. Ich gebe zu: Mit einem einzigen Big Gorilla statt mit 80 kleinen Fragmenten wäre es leichter, die Zukunft in die Hand zu nehmen.

STANDARD: Gibt es eine Vision?

LoGrande: Allmählich erkennen die Angelinos die Vorteile von öffentlichem Raum und öffentlichem Verkehr. Sie sind so gesprächsbereit und offen für Veränderung wie nie zuvor. Und sie sehnen sich nach dem europäischen Modell. Meine Vision ist, dass L.A. eines Tages zu einem Prozent so werden wird wie Wien.

STANDARD: Ich habe Sie zu Beginn gefragt, wo L.A. von Wien lernen kann.

LoGrande: Rochade?

STANDARD: Ja. Was darf sich denn Wien von L.A. abschauen?

LoGrande: Wien ist eine sehr schöne, aber auch sehr homogene, sehr konformistische Stadt. Vor allem innerhalb des Rings sehen alle Häuser gleich aus, wenn ich das so sagen darf. Da würde ich mir mehr Kontraste beziehungsweise mehr Mut zu Neuem wünschen. Ohne Erneuerung wird die Stadt zum Museum.

21. Juni 2014 Der Standard

Zur Miete in Rapunzels Nachbarschaft

Im niederösterreichischen Steinabrunn baute Architekt Michael Schwaiger einen barocken Wehrturm in ein nicht ganz alltägliches Wohnhaus mit vier Mietwohnungen um.

Man nehme ein Stück Historie, vermenge dieses mit einem Hauch von Loft und füge ein paar materielle Kontraste hinzu. So ähnlich könnte man die Rezeptur für die Revitalisierung des Barockschlosses Steinabrunn beschreiben. In rund zehn Monaten Bauzeit nämlich wurde dieses in ein nicht ganz alltägliches Mietshaus mit insgesamt vier Mietwohnungen umgebaut. Zuständig für die Planung des ungewöhnlichen Projekts ist der Wiener Architekt Michael Schwaiger.

„Genau genommen handelt es sich hier nur um ein barockes Geviert mit vier Ecktürmen und einem Schüttkasten“, sagt Schwaiger, „denn das eigentliche Barockschloss wurde 1829 abgerissen, als Joseph II. die sogenannte Dachsteuer einführte. Um Geld zu sparen, wurden damals viele historische Bauwerke aufgegeben.“ Einer glücklichen Fügung ist zu verdanken, dass immerhin die vier Ecktürme erhalten geblieben sind. In einem davon befinden sich nun die vier rund 115 Quadratmeter großen Wohnungen.

Der historische sogenannte Ladenboden wurde erhalten beziehungsweise stellenweise mit breiten Brettern ergänzt. Die charakteristischen Stuckelemente an der Decke wurden restauriert, die Fassaden und Kastenfenster in Absprache mit dem Bundesdenkmalamt behutsam saniert. Außerdem wurde eine mit Flüssiggas betriebene Zentralheizung eingebaut. „Was den Bestand betrifft, haben wir uns lediglich um eine Reparatur bemüht“, so Schwaiger.

Optisch auffälliger hingegen ist der Neubau. Wie künstliche Implantate wachsen mal hinter den Säulen, mal aus den Nischen die neuen Trennwände und Einbauten hervor. Meist wurde weiß gestrichener Gipskarton verwendet. An einigen wenigen Stellen griff Schwaiger zu unbehandeltem, lediglich entfettetem und gewachstem Industriestahl. „Das Neue hebt sich bewusst vom Altbau ab, und zwar sowohl in den Baustoffen und Formen als auch in den Raumhöhen. So kommt das eine dem anderen nicht in die Quere.“

So ein Projekt, meint der Auftraggeber Hans-Gregor Koller, seines Zeichens Landwirt, „ist eine Herzblutsache. Da darf man nicht zu rechnen anfangen, sonst wird einem übel. Wenn ich nach 40 Jahren Vermietung mit null aussteige, bin ich schon glücklich.“ Dass die vier Wohnungen (zwei davon sind bereits vermietet) nicht der herkömmlichen Kategorie A mit Lift entsprechen, sei auch klar. „Hier hat die Historie eindeutig Vorrang. Wenn man in so einem alten Wehrturm klassische Zimmeraufteilungen macht sowie Aufzug und allen erdenklichen Luxus einbaut, dann macht man das Objekt nur kaputt. Dann lasse ich es lieber bleiben.“

Die Bauphase, die Koller als „spannenden, blanken Horror“ in Erinnerung hat, habe sich dennoch ausgezahlt, zumal die Zusammenarbeit mit dem Architekten eine sehr intensive auf einer Augenhöhe gewesen sei. Einer, der von der monatelangen Mühsal profitiert, ist Christian Ludwig. Gemeinsam mit seiner Freundin und zwei Katzen bewohnt er den zweiten Stock. „Es lebt sich hier wunderbar. Fünf Meter hohe Räume, historisches Ambiente, einen riesengroßen Barockgarten und noch dazu diesen Wohnkomfort ... wo hat man das schon?“

14. Juni 2014 Der Standard

Unser Wohnzimmer ist die Rua

Moloch Megacity: Welche Konzepte gibt es, um das Leben in großen Ballungsräumen lebenswert zu machen? Dieser Frage widmete sich diese Woche ein Workshop in Wien. Ein Gespräch mit den Rua Arquitectos aus Rio de Janeiro.

Aus der Stadt gibt es kein Entkommen. Die Prognosen für die kommenden Jahrzehnte, wonach 60, bald sogar 70 Prozent der Weltbevölkerung in Großstädten leben werden, sind wohlbekannt. „2030 wird es gigantische acht Milliarden Menschen auf der Welt geben“, sagt Pedro Gadanho, Chefkurator des Museum of Modern Art in New York (Moma). „Zwei Drittel davon werden in Städten leben, die meisten werden arm sein und nur begrenzte Ressourcen haben.“ Um dieses unausgewogene Wachstum in den Griff zu bekommen und eine soziale und politische Katastrophe zu verhindern, so Gadanho, werden Behörden, Stadtplaner und Wirtschaftsexperten künftig besser zusammenarbeiten müssen. „Nur so werden wir sicherstellen können, dass die wachsenden Megacitys bewohnbar bleiben.“

Ein Schritt in diese Richtung wurde diese Woche im Museum für angewandte Kunst (Mak) in Wien gesetzt. Architekten und Stadtplaner aus aller Welt trafen einander am Stubenring 5, um Zukunftskonzepte auszuarbeiten. „Uneven Growth. Tactical Urbanisms for Expanding Megacities“ nennt sich der Kongress, den das Mak in Zusammenarbeit mit dem Moma abhielt. Dabei richtet sich der Fokus nicht auf die üblichen, immer wieder im Rampenlicht stehenden Megastädte wie Tokio, Jakarta, São Paulo und Mexiko-Stadt, sondern auf die großen Ballungsräume in der zweiten Reihe: Istanbul, Lagos, Mumbai, Hongkong, New York und Rio de Janeiro. Heute, Samstag, werden die Ergebnisse präsentiert. Mit Pedro Rivera und Pedro Évora vom brasilianischen Büro Rua Arquitectos sprach DER STANDARD über Rio im WM-Fieber, über Favelas, fehlende Infrastruktur und die wertvolle Ressource namens Straße.

STANDARD: Spielen Sie Fußball?

Évora: Ich spiele ganz gern Fußball. Aber ich könnte besser sein. Rivera: Ich bin schrecklich darin. Eine Null.

STANDARD: Am Donnerstag hat die Fußball-WM begonnen. Wie ist die Stimmung?

Évora: Fußball ist ein größeres Thema denn je. Aber ich verstehe das. Fußball ist ein Tor in die große, weite Welt da draußen. Vor allem in den Favelas wird viel Fußball gespielt. Manchen gelingt es, sich aus der Armut zu kicken.

STANDARD: Klingt doch sehr positiv. In den Medien hat man anderes gelesen.

Évora: Klar. Viele sind enttäuscht, dass so viel Geld in den World Cup hineingebuttert wird, wo wir doch so dringend Schulen, Krankenhäuser, soziale Infrastruktur und öffentlichen Verkehr benötigen würden. Stattdessen wurden damit unzählige Stadien errichtet, die für die jeweilige Stadt, in der sie stehen, viel zu groß dimensioniert sind. Eine adäquate Nachnutzung ist fraglich.

Rivera: Im Zuge der WM wurden viele Versprechen gemacht. Man hat versprochen, dass die Flughäfen modernisiert werden. Man hat versprochen, dass in Rio in eine zweite U-Bahn-Linie gebaut wird. Man hat versprochen, dass in einigen brasilianischen Städten ein BRT-System (Bus Rapid Transit, Bus auf eigenen Busspuren mit U-Bahn-ähnlichen Intervallen und Stationslängen, Anm.) implementiert wird. All das ist nicht passiert. Das ist auch der Grund dafür, warum es in den letzten Monaten so viele Proteste gab.

STANDARD: Was fehlt?

Évora: Die Basics.

STANDARD: Das heißt?

Évora: Es fehlt das, was eigentlich selbstverständlich sein sollte für eine Stadt dieser Größe. Ein effizientes Gesundheitssystem, ein öffentliches Verkehrsnetz, das einer Metropolitanregion mit zwölf Millionen Einwohnern gerecht wird. Und das ist mehr als nur eine U-Bahn-Linie. Kindergärten, Schulen, Krankenhäuser ... Basics halt! Rivera: Rio de Janeiro ist in den letzten Jahren stark gewachsen. Die Stadtregierung ist immer noch damit beschäftigt, das nachzuholen, was bislang verabsäumt wurde. Und ich beobachte, dass das mit einer gewissen Schizophrenie passiert. Man kann sich nicht entscheiden, ob man ins Stadtzentrum investiert und damit die Stadt nachträglich verdichtet - oder aber, ob man sich auf die Peripherie konzentriert und damit der Stadt erlaubt, immer größer und größer zu werden. Es gibt keinen Masterplan.

STANDARD: Was schlagen Sie vor?

Rivera: Hilfe von außen. Fakt ist: Rio ist bereits groß genug. Immerhin sprechen wir hier von einer Stadt mit 30 Kilometern Ausdehnung und 159 Bezirken, sogenannten Bairros.

STANDARD: Eine große Rolle in den Bairros spielen die Favelas. Denn im Gegensatz zu jeder anderen Megacity liegen die Slumsiedlungen nicht am Stadtrand, sondern mitten in der Stadt.

Rivera: 23 Prozent aller Cariocas (Einwohner von Rio de Janeiro, Anm.) leben in Favelas. Die Tatsache, dass der Großteil dieser Favelas mitten in der Stadt liegt, ist ein enormer Qualitätsgewinn für die Stadt. So werden die armen Bevölkerungsgruppen nicht aus der Stadt verbannt, sondern tragen dazu bei, dass es zu einer sozialen Durchmischung kommt. Und ja, wir wissen, dass diese soziale Durchmischung besser sein könnte. Aber immerhin: Sie ist da.

Évora: Die höchste Qualität in Rio ist, dass die Reichen den Armen nicht aus dem Weg gehen können.

STANDARD: Investiert die Stadt irgendetwas in die Verbesserung der Favelas?

Évora: Immer wieder, aber in Summe zu wenig.

Rivera: Es gab ein paar gute Projekte und Ansätze, zum Beispiel Morar Carioca oder Favela Bairro. Das war eine Art Urbanisierungs-Upgrade, im Zuge dessen manche Favelas in reguläre Stadtviertel umgewandelt wurden. Das erste Projekt fand 1995 bis 2000 statt, das zweite von 2000 bis 2004. Und dann gibt es immer wieder kulturelle und künstlerische Initiativen wie etwa die Favela-Bemalung der holländischen Künstler Haas & Hahn (Jeroen Koolhaas und Dre Urhahn, Anm.) im Jahr 2010. Es tut sich was.

Évora: Nur nicht zurzeit. Weil WM.

STANDARD: In Ihren eigenen Projekten arbeiten Sie auch immer wieder mit beziehungsweise in Favelas.

Rivera: Wir haben schon Ateliers, Galerien, Kunstzentren und Jugendclubs geplant. Einige davon stehen mitten in den Favelas. Bei unserem jüngsten Projekt haben wir ein Gebäudeskelett, das niemals fertiggestellt wurde, in eine Galerie umgebaut: 1550 Galeria Babilonia. Es ist ein lustiges Projekt, denn es steht ganz oben auf der Hügelkuppe. Man muss tausende Stufen emporklimmen, irgendwann einmal kommt man dann völlig außer Atem oben an, um von der Kunst wieder zum Leben erweckt zu werden. Ist das nicht schön?

STANDARD: Woher kommt diese Vorliebe für die Favela?

Rivera: Die Favela macht ein Viertel der gesamten Stadt aus. Nicht damit zu arbeiten hieße, ein Viertel der Stadt zu ignorieren.

STANDARD: Ihr Architekturbüro heißt Rua. Das ist das portugiesische Wort für Straße. Woher der Name?

Évora: Ja, Rua ist die Straße. Aber Rua ist noch weit mehr. Für den Carioca ist die Rua das Zuhause. In der Rua treffen wir uns, um zu plaudern, um zu feiern, um Fußball zu spielen. Hier findet das Leben statt, hier fühlen wir uns daheim. Die Rua ist, wenn Sie so wollen, die Synthese von Rio de Janeiro. Und diese Synthese fließt in all unseren Projekten mit ein.

STANDARD: Haben Sie das Gefühl, dass die Rua hier mehr genutzt wird als in anderen Megacitys?

Évora: Ich denke ja. Ohne die Rua wäre die Stadt längst schon zu einem Moloch verkommen. Wir wären längst schon alle tot.

STANDARD: Die gesamte letzte Woche haben Sie im Mak verbracht. Was sind die Resultate Ihres Workshops?

Rivera: Wir haben mit der Rua gearbeitet, was sonst! Wir haben eine Stadtverdichtungsstrategie erarbeitet, die wir wie ein Netz über die Favelas gelegt haben. Die Idee dahinter ist, dass wir die einzelnen Gebäude in den Favelas miteinander verbinden und dass wir über der Straße noch eine weitere Verbindungs- und Kommunikationsebene errichten. Aufgrund der schönen Aussicht haben wir das Projekt Varanda City genannt.

Évora: Wenn wir einen Beitrag für ein künftiges Rio de Janeiro leisten wollen, dann müssen wir das respektieren, was bereits an wertvollen Ressourcen da ist. Und die wertvollste Ressource Rios ist die Kommunikation. Diese räumliche Kommunikation muss um jeden Preis erhalten bleiben.

STANDARD: Was sind die nächsten Schritte?

Évora: Jetzt müssen wir die WM überstehen. Danach können wir uns wieder auf die Kommunikation auf der Straße konzentrieren.

7. Juni 2014 Der Standard

Wo ist der politische Raum?

Die 14. Architektur-Biennale in Venedig ist eröffnet. Entgegen dem Konzept von Rem Koolhaas haben sich einige Länder entschieden, sich mit den politischen, auch wirtschaftspolitischen Handlungsräumen auseinanderzusetzen.

Willkommen zur Fair Enough, der Expo der Ideen! Bitte registrieren Sie sich", sagt die Dame an der Rezeption, mit leicht russischem Akzent. „Hier ist Ihre Eintrittskarte!“ Weit mehr als nur leicht akzentuiert ist ihre pink-violette Montur, die so gar nicht biennalekonform ist, sondern an ein intergalaktisches Stewardess-Kostüm aus den Sechzigerjahren erinnert, als die Zukunft noch Zukunft war, Augenaufschlag und aufreizende Pose inklusive. Nun denn, hört man die innere Stimme sagen, der russische Pavillon auf der Architektur-Biennale in Venedig war ja noch nie ein Meisterstück in Zurückhaltung und Eleganz.

Weit gefehlt. Nach wenigen Schritten kommt die große Überraschung. Kaum haben sich Auge und Hirn an das Kaleidoskop des Unmöglichen, an das Spektrum der dargebotenen Peinlichkeiten gewöhnt, erkennt man die Parodie, die die drei Kuratoren Anton Kalgaev, Brendan McGetrick und Daria Paramonova konsequent in ihr raumgreifendes Gesamtkunstwerk hineinstricken.

20 übel gestaltete Messestände, die die schlimmste Bau- und Immobilienmesse auf Investors Erden in den Schatten stellen, buhlen um die Aufmerksamkeit der mitunter schockierten Expo-Besucher. Da werden millionenfach realisierte Plattenbauwohnungen angepriesen (Pre Fab Corp, siehe Foto), da wird die Werbetrommel für des Russen kleines Sommerhäuschen gerührt (Dacha Co-op), da wird nach Lust und Laune die Historie russischen und sowjetischen Bauens zu fiktiven Produktions- und Consulting-Unternehmen verwurstet (Russian Council for Retroactive Development, Lissitzky Company und Estetika Ltd.). Die mit dem baukulturellen Gedankengut des 20. Jahrhunderts jonglierenden Ausstellerkojen nehmen kein Ende.

Sogar der richtige - und durch nichts aus seiner Rolle zu bringende - Kreditplaner steht bereits mit Brille, Krawatte und gegelter Haarpracht in seiner Box (Financial Solutions) und rückt einem nicht mehr von der Pelle, ehe man sich davon hat überzeugen lassen, dass es besser und effizienter sei, das historische Baudenkmal in der Moskauer Schutzzone abzureißen und durch einen identisch aussehenden Neubau mit Beton, Glasfaser-Verkabelung und Tiefgarage zu ersetzen. Motto auf dem Firmenplakat: „The same, but better!“

Wer am lautesten schreit

„Auf den ersten Blick mag unser Beitrag wie eine Parodie erscheinen“, sagt Daria Paramonova. „Doch tatsächlich ist das die Realität, die der russischen Architektur und Baukultur in den letzten hundert Jahren bedauerlicherweise widerfahren ist. Wir befinden uns heute in einem servicegetriebenen Markt, in dem sich alles nur um Geld und Image dreht. Es gewinnt, wer am lautesten schreit.“ Die Message sitzt.

Das Prinzip der lautesten Schreie lässt sich auf die gesamte Architektur-Biennale übertragen, die heuer zum 14. Mal stattfindet (bis November 2014). Biennale-Kommissär Rem Koolhaas - Theoretiker, Buchautor (Delirious New York) und Architekt namhafter Bauten (Casa da Música in Porto, CCTV-Tower in Peking) - stellte die heurige Architekturschau unter das Gesamtmotto „Fundamentals“ und lud die einzelnen Länder ein, den Fokus auf die Moderne zwischen 1914 und 2014 zu richten. Das kuratorische Korsett ist sehr eng. Vielleich zu eng.

Die meisten Länder folgten dieser Einladung und präsentieren nun traditionell konzipierte Themenausstellungen, die viel Muße und Leselust erfordern und die man eher in einem Museum erwarten würde, aber nicht im Arsenale, nicht in den Giardini. Die Redundanz und Fantasielosigkeit mancher Beiträge ist fatal. Wie oft an einem Tag will man schon „hundert Bauten aus hundert Jahren“ (Serbien, Brasilien, arabische Länder etc.) konsumieren? Die USA toppen das sogar und brummen einem gleich 1000 Häuser auf, durch die man sich Grundriss studierend und Texte lesend hindurchmanövrieren möge. Elend.

In Erinnerung bleiben daher ausgerechnet jene Pavillons, die sich über Koolhaas' Vorgabe weitestgehend hinwegsetzen und stattdessen ihre eigene Interpretation von „Fundamentals“ an den Tag legen. Dazu gehört auch Österreich. Der Beitrag des Kommissärs Christian Kühn trägt den Titel Plenum. Places of Power und widmet sich der formalen Manifestation von politischer Macht. Und das weltweit. 196 Parlamente aus 196 Ländern und autonomen Regionen werden in Form kleiner, weißer Modelle präsentiert und laden dazu ein, sich der mitunter enormen Interpretationsunterschiede von Demokratie gewahr zu werden (DER STANDARD berichtete).

„Parlamente sind eine Art bauliche Repräsentation der politischen Repräsentation“, er- klärt Ausstellungskurator Harald Trapp. „Und wenn ich mich hier so umsehe, so stelle ich fest, dass wir uns in einer tiefen Krise befinden. So unterschiedlich die Bauwerke auch sein mögen, so ähnlich und austauschbar ist das Prinzip des politischen Raumes, in dem wir uns alle bewegen.“ Gibt es ein Parlament, das einer neuen, womöglich innovativen Idee von Repräsentation gerecht wird? „Nein, eigentlich nicht. Zumindest nicht in baulicher Form.“

Aus dem Hintergrund dröhnen Schreie und Parolen. Es sind dies Wortfetzen, die wir bereits von #Occupy, #Gezi, #Taksim und #Euromaidan kennen und die nun als akustische Collage der Wiener Künstlergruppe Kollektiv/Rauschen aus den Lautsprechern und Megafonen dringen. Der neue, politische Raum, der in Form von Demos und Hashtag-Protesten aufgespannt wird, ist nicht zu überhören. Jeder wird zum Politiker. Über #Placesofpower kann man mittwittern. 20 Sekunden später erscheint die eigene Message als Klangkulisse im Garten des österreichischen Pavillons. Das geht unter die Haut.

So wie übrigens auch die vier riesigen Sanddrucker, die im israelischen Pavillon aufgebaut sind und die stundenlang irgendwelche Landkarten, Stadtpläne, Siedlungsstrukturen und Wohnungsgrundrisse ins Sandbett zeichnen. Kaum ist eine Zeichnung fertiggeritzt, wird sie gelöscht, und das Ganze geht von Neuem los. The Urburb der drei Kuratoren Ori Scialom, Roy Brad und Keren Yeala-Golan ist nicht zuletzt eine Persiflage auf die Siedlungspolitik der Israelis, die weder Stadt noch Land ist, sondern irgendwo in der Suburbanität steckengeblieben ist.

„Die gesamte Planung Israels findet Top-down statt“, erklärt Scialom. „Es werden ausgerechnet jene Masterpläne umgesetzt, die schon seit Jahrzehnten veraltet sind und die keinerlei Aktualität mehr haben. Ich habe das Gefühl, dass Israel das einzige Land weltweit ist, das heute noch am Bauhaus festhält - und das, obwohl wir längst wissen, dass die Moderne eine Utopie und alles andere als dauerhaft und demokratisch war.“

Es sind die politischen und gesellschaftskritischen Beiträge solcher großer, mitunter mutiger Protagonisten, die diese 14. Architektur-Biennale in Venedig auszeichnen. Den wenigen Ländern, die nicht davor zurückscheuen, das System Politik zu hinterfragen und die Machenschaften der Mächtigen zu durchleuchten, wird Rem Koolhaas verdanken, dass die diesjährige, ohne Zweifel prominenteste Architekturausstellung der Welt in Erinnerung bleiben wird. Heute, Samstag, wird die Biennale-Jury den Goldenen Löwen vergeben.

31. Mai 2014 Der Standard

Hohe Häuser

Kommende Woche startet die Architektur-Biennale in Venedig. Der österreichische Beitrag befasst sich mit unserem Bild von Politik - und präsentiert 196 Parlamentsbauten aus aller Welt

Das Bauwerk soll aus Ziegel sein und folgende Räume beinhalten: ein Sitzungszimmer sowie einen Saal für die Abgeordneten für jeweils 300 Personen, eine Lobby mit anschließendem Antichambre, einen Raum für den Senat mit 1200 Quadratfuß sowie zwölf Zimmer zu je 600 Quadratfuß für Beamtenschaft und Gremium. Erwartet werden Grundrisse und Schnitte, Ansichten aller Fassaden sowie eine Schätzung des Ziegelvolumens der Masse aller Wände."

So lautete die Ausschreibung für den Neubau des Kapitols in Washington, D.C., die am 24. März 1792 im Dunlap's American Daily Advertiser veröffentlicht wurde. Den Wettbewerb gewann der schottische Arzt William Thornton mit einer - wie Jurymitglied George Washington damals befand - Neuinterpretation des französischen Klassizismus des 18. Jahrhunderts voller „Grandeur, Einfachheit und Komfort“.

Ein Jahr später war Baubeginn. Zwar litt das Haus zu Beginn unter einem undichten Dach, bröckelndem Putz und schimmelnden Fußböden. Zudem erwies sich das Gebäude schon bald nach seiner Fertigstellung als viel zu klein, woraufhin es massiv erweitert werden musste. Und auch die charakteristische, 82 Meter hohe Kuppel kam erst ein halbes Jahrhundert später hinzu. Dennoch: Kein anderes politisches Bauwerk der letzten 200 Jahre prägte unser Bild des demokratischen Raumes so stark wie das sich über viele Jahrzehnte allmählich aufplusternde Flickwerk am Capitol Hill.

Genau diesem Phänomen widmet sich der österreichische Pavillon in Venedig, der kommenden Freitag im Rahmen der 14. Architektur-Biennale eröffnet wird. Plenum. Places of Power nennt sich der Beitrag des diesjährigen Kommissärs Christian Kühn, der anlässlich der bevorstehenden Sanierung des österreichischen Parlaments eigentlich eine Chronologie sowie einen Ausblick auf die Zukunft von Theophil Hansens Tempelbauwerk skizzieren wollte, letztendlich aber einen globaleren Weg einschlug.

Das Resultat dieser ausufernden Reise ist ein mächtiges Kompendium, in dem die Parlamentsbauten aller Herren Länder präsentiert und miteinander verglichen werden. 196 Regierungssitze von A wie Andorra bis Z wie Zimbabwe geben Aufschluss über Architekt, Baujahr, Errichtungskosten, Größe, Form, architektonischen Stil, Regierungsform, Bevölkerungsdichte, Bruttoinlandsprodukt (BIP), Human Development Index (HDI) und Democracy Index (DI). Es ist die angeblich erste Studie dieser Art weltweit.

Politik muss alt ausschauen

„Wir haben monatelang geforscht, was gar nicht so einfach war, weil die meisten Staaten einige der Informationen wie etwa Grundriss, Raumaufteilung und Entstehungsgeschichte nicht gerne aus der Hand geben, sofern sie denn überhaupt dokumentiert sind“, erzählt Kühn. Fündig wurde man letztendlich vor allem in Zeitungen und alten Fachzeitschriften. „Ich muss gestehen, dass mich das Sammelsurium am Ende enorm überrascht hat. Damit hätte ich niemals gerechnet.“

Die größte Überraschung: Nur ein kleiner Bruchteil der weltweiten Parlamentsgebäude ist älter als 100 Jahre. Drei Viertel aller Regierungshäuser wurden erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts errichtet. Nach zeitgenössischer Architektur und neuen, womöglich sogar innovativen Bildern muss man dennoch lange suchen, denn wenn es um Politik geht, wiegt die Vergangenheit mehr als die Zukunft. Das zeigen die kleinen, weißen Modelle an der Wand des österreichischen Pavillons ganz ohne Zweifel.

„Es geht um Stabilität, Zentralität, Repräsentation und Macht“, sagt Christian Kühn im Gespräch mit dem Standard. „Und offenbar wird die Architektur mitunter schamlos missbraucht, um Assoziationsfelder wie Französische Revolution, Aufklärung und Neoklassizismus zu eröffnen - auch dort, wo die vorgesetzte Architektursprache dieser Idee ganz offensichtlich näher ist als die Politik des jeweiligen Landes.“

Und so ist es nicht weiter verwunderlich, dass die Regierungssitze in Helsinki, Finnland, und Pjöngjang, Nordkorea, einander zum Verwechseln ähnlich sehen. Das ist den Kims nicht unrecht. Und der Umstand, dass sich William Thorntons Kapitol in Washington, D.C., am Erdball dutzende Male wiederfindet, hängt wohl damit zusammen, „dass sich in unseren Köpfen ein formal-politisches Muster eingeprägt hat, von dem wir uns nicht mehr so leicht trennen können“, so Kühn.

In Abuja, Nigeria, tagt die Regierung in einem weiß-grünen Ding, dem die Ähnlichkeit zum Washingtoner Vorbild kaum abzusprechen ist. In Luanda, Angola, steht eine tomatencremesuppenrosarote Kapitol-Kopie, die erst vor wenigen Jahren aus dem autoritären Erdboden gestampft wurde. Und in Melekeok im mikronesischen Inselstaat Palau ragt ein hölzerner Kapitol-Nachbau aus dem Regenwald, der zugleich das einzige Bauwerk der neu gegründeten Hauptstadt ist. Rundherum nur Dschungel. Das Bild ist irritierend.

Dass man den Blick auch in die Zukunft richten kann, beweist ein Wettbewerbsentwurf von Coop Himmelb(l)au. Für die albanische Hauptstadt Tirana plante das Wiener Büro 2011 eine auffällige, in jeder Hinsicht reminiszenzlose Skulptur mit einem gläsernen Sitzungssaal, der vom öffentlich zugänglichen Dach Einblicke ins Regierungsgeschehen offenbaren sollte. Nachdem man dafür jedoch das Mahnmal für den einstigen Diktator Enver Hoxha hätte abreißen müssen, wurde das Projekt wieder verworfen. Realisiert wird nun eine kleinere Version dieser Idee als Annex zum historischen Gebäude des ehemaligen Geheimdienstes, ebenfalls von Coop Himmelb(l)au. Geplanter Baubeginn ist Herbst 2014.

Von Um- und Neubauplänen ist man in Österreich indes so weit entfernt wie Pjöngjang von freien Wahlen. Obwohl es im Hohen Haus in Wien wie anno dazumal in Washington, D.C., bereits an allen Ecken und Enden bröckelt und rieselt (und bisweilen auch reinregnet), war ein offener, transparenter Neubau, wie er von vielen Architekten gefordert wurde, niemals mehr als nur eine hypoethische Vision.

Das 1883 fertiggestellte Parlament - und somit eines der ältesten Regierungsgebäude der Welt - soll in den kommenden Jahren einer sogenannten „nachhaltigen Sanierung“ unterzogen werden. Kolportiertes Investitionsbudget: 360 Millionen Euro. Darauf hatte sich die 25-köpfige Kommission unter Führung von Architekt Ernst Beneder vor einem Jahr geeinigt. Nach langem Hin und Her, das bisweilen den Anschein erweckte, man sei in Schilda und nicht in Wien, steht seit 25. April 2014 der Generalplaner fest. Derzeit werden - unter Ausschluss der Öffentlichkeit - die Verhandlungsgespräche geführt.

Wien? Verpasste Chance

„Es gab einen interfraktionellen Konsens“, verrät Parlamentssprecher Alexis Wintoniak. „Der Rest unterliegt der Verschwiegenheitspflicht. Wir rechnen mit einer Entscheidung bis Herbst.“ So lautet das vorläufige Ergebnis des „Auswahlverfahrens mit wettbewerbsähnlichem Charakter“, das alle zuvor getätigten Studien und Planungsschritte - und davon nicht wenige an der Zahl - zunichtemacht. Transparente Prozesse sehen anders aus.

„Ich kann nicht verstehen, dass das Parlament in erster Linie als historische Sanierung eines Ringstraßenjuwels gesehen wird“, sagt Biennale-Kommissär Christian Kühn mit einer gewissen Unzufriedenheit in seiner Stimme, „und nicht als Jahrhundertchance, um im Medium Architektur über heutige Auffassungen von Demokratie zu diskutieren.“ In Venedig wird das nachgeholt, was in Wien verabsäumt wurde.

17. Mai 2014 Der Standard

Ziegel zeigen

Vor einer Woche wurde in Wien der Brick Award 14 vergeben. Und es zeigt sich: In Sachen Ziegelarchitektur hinkt Österreich dem Rest der Welt weit hinterher.

Sengende Hitze, sommerlich flimmernde Luft, ein tropisch müder Blick in den Augen. Das große, ziegelrote Haus im Garten ist Opfer jenes thermisch-physikalischen Phänomens, das alles Betrachtete in sanften, leicht verschwommenen Schwingungen erscheinen lässt. Doch mit jedem Schritt wird der Zweifel größer. Und plötzlich erkennt man, dass es nicht die Natur ist, die einem ein Schnippchen geschlagen hat, sondern die Architektur höchstselbst.

Das Kantana Film and Animation Institute in der Provinz Nakorn Prathom, rund 45 Kilometer von Bangkok entfernt, ist ein Ausbildungszentrum für Filmschaffende und Animationskünstler. An den bauchigen Wänden, die bis zu acht Meter hoch in den Himmel ragen, treffen Licht und Schaffen aufeinander. Die mal hellen, mal dunklen, sich rhythmisch abwechselnden Flächen scheinen das Gebäude in Bewegung zu versetzen. Fast so, als würde eine 36-Millimeter-Filmrolle langsam, ganz langsam durch den Filmprojektor rattern.

Vergangene Woche wurde das Aufsehen erregende Bauwerk im Architekturzentrum Wien mit dem Wienerberger Brick Award 2014, Grand Prize, ausgezeichnet. Vier weitere Juryprojekte in den Kategorien Wohnen, öffentliches Gebäude, Umbau/Sanierung und Umgang mit vorhandener Stadtstruktur (siehe unten) sowie zwei Wienerberger Special Awards gingen nach China, Deutschland, Belgien, Spanien, Kroatien und Finnland. „Ich hätte mir niemals gedacht, dass so ein kleines, lokales Projekt jemals so große Aufmerksamkeit in aller Welt bekommen würde“, sagt Boonserm Premthada, Architekt der thailändischen Filmschule, im Gespräch mit dem Standard. „Ich wollte niemals ein berühmtes Haus bauen. Ich wollte einfach nur das machen, was ich immer mache: Architektur, die man mit allen Sinnen begreifen kann. Architektur, die man sehen, tasten, hören, riechen und ja, von mir aus auch schmecken kann, wenn's sein muss.“

Womöglich ist diese mehr als nur visuelle Qualität, die in der Architektur oft beansprucht und selten eingelöst wird, auf den Umstand zurückzuführen, dass Premthada selbst äußerst schlecht sieht und sein Hörvermögen auf 25 Prozent reduziert ist. „Architektur hat mehr als nur mit der Optik zu tun. Nachdem ich selbst nicht minder Spaß an meinem Job haben will, bin ich auf Baustoffe und Bauweisen angewiesen, die entsprechend mehr zu bieten haben, als nur schön zu sein. Ich denke, von diesem multiperzeptiven Ansatz profitieren auch die anderen.“

Vielsinnig und vielschichtig ist auch die Baugenese, denn die Rezeptur des 2000 Quadratmeter großen Gebäudes ist bei aller Sinnlichkeit, die seine Samba tanzenden Wände ausstrahlen, eine sehr einfache: Man nehme Lehm, einige Holzrahmen, viele helfende Hände und Füße, die die feuchte Erde in Form bringen, und baue mit der Bevölkerung einen Brennofen, in dem man die 600.000 in Handarbeit gefertigten Ziegelsteine schließlich brennen und für die nächsten Jahrhunderte haltbar machen kann.

Hohles Innenleben

„Meist kommen bei öffentlichen Projekten nur die großen, überregionalen, wenn nicht sogar globalen Baustoffproduzenten und Baufirmen zum Zug“, erklärt Premthada. „Doch für mich war wichtig, dass die Dorfbewohner an diesem Projekt mitarbeiten können und dass die Wertschöpfungskette so weit wie möglich in der Region bleibt. Nur wenn diese Kriterien gesichert sind, darf die Architektur von sich behaupten, nachhaltig zu sein.“ Der manuelle Arbeitsprozess ist übrigens nicht zu übersehen. Immer wieder kommen an der Ziegeloberfläche Hand- und Fußabdrücke zum Vorschein.

Die Nachhaltigkeit des Kantana Film and Animation Institute im Hinterland Bangkoks hat nicht nur mit dem Einsatz lokaler Ressourcen zu tun, sondern vor allem auch mit dem Klima. Nachdem sich die Ziegel zum Teil selbst verschatten, bleibt die Mauer kühl. Dank ihres hohlen Innenlebens funktioniert sie wie ein auf den Kopf gestellter Kamin. Die im Mauerzwischenraum enthaltene Luft kühlt sich ab, fällt dadurch nach unten, wird Teil eines verzweigten Luftkammersystems im Fundament und versorgt auf diese Weise den gesamten Campus mit wohl temperierter Frischluft. Einfacher und billiger kann man eine Klimaanlage nicht bauen.

Dass das diesjährige Brick-Siegerprojekt ein so uriges, ein so archaisches ist, liegt nicht zuletzt an der Jury beziehungsweise am Juryvorsitzenden, dem chinesischen Architekten und Pritzker-Preisträger Wang Shu. Seine Vorlieben und Qualitätsstandards sind nicht zu übersehen. Auch er besinnt sich in seinen Projekten auf jene Bau- und Kulturtraditionen, die in der schleichenden Verwestlichung der asiatischen Länder mehr und mehr in Bedrängnis geraten.

„Die moderne thailändische Architektur steht im Schatten der futuristischen, von Stars geprägten Plastikarchitektur mit ihren formalen Fassaden und ihren kurzlebigen Trends“, sagt Premthada. „Der Ziegelstein als Symbol für die Einfachheit und Vielfältigkeit dieses Landes gerät dabei oft in Vergessenheit. Das Kantana Film and Animation Institute soll uns diesen Reichtum der Vergangenheit wieder ins Gedächtnis rufen.“

Dem weltweit agierenden Ziegelzampano Wienerberger war dieser symbolische Hilfeschrei einen Hauptpreis wert. „Wie man am Grand Prize, aber auch an den anderen Preisträgern erkennen kann, kommen die neuen, innovativen Ansätze in der Ziegelarchitektur eher aus Asien als aus Europa“, sagt Heimo Scheuch, Vorstandsvorsitzender der Wienerberger AG. „Das hat einerseits klimatische Gründe, andererseits jedoch liegt das vor allem auch an der Tatsache, dass Handarbeit in Asien leistbarer ist als bei uns.“

Ob es wohl Zufall ist, dass die Gewinnerprojekte, die die Juroren heuer auserkoren haben (und nicht alle kommen aus subtropischen, immerzu warmen, asiatischen Billiglohnländern), ausschließlich aus nacktem, unverputztem Ziegelstein und Klinker bestehen? „Sagen wir mal so: Die ästhetischen Möglichkeiten in Mitteleuropa sind wahrscheinlich noch lange nicht ausgeschöpft“, sagt Scheuch und verweist auf die hierzulande vorwiegend praktizierte Styroporkultur, in der Baubranche euphemistischerweise auch Wärmedämmverbundsystem genannt. Die Häuslbauerland Österreich ist voll davon. Es geht auch anders.

26. April 2014 Der Standard

Da staunt die Kiste

Bauen mit Containern: Was einst als normiertes Transportsystem erfunden wurde, entpuppt sich immer öfter als genialer Baustein für Architekten.

Newtown. Wahrlich nicht die beste Gegend. Doch seit kurzem wartet der Johannesburger Industriebezirk mit einem neuen Wahrzeichen auf, das Schaulustige aus aller Welt anzieht: Auf dem Dach eines ehemaligen, seit Jahren leerstehenden Getreidesilos errichtete die südafrikanische Citiq Property Group vier Etagen aus alten, ausrangierten Schiffscontainern. Kommenden Freitag wird das ungewöhnliche Studentenheim, das aussieht wie eine Mischung aus Lego-Burg und raumgewordenem Tetris-Spiel, mit einer Führung offiziell eröffnet.

„Früher wurde Newtown ausschließlich von Industrie- und Gewerbebetrieben genutzt, doch die großen Firmen ziehen nach und nach weg, und der Stadtteil mausert sich langsam zu einem aufstrebenden Wohnviertel mit Künstlern und Kreativen“, erzählt Daniel Aarons, Projektarchitekt bei Citiq. „Aus diesem Grund haben wir beschlossen, die alte Bausubstanz, anstatt sie abzureißen, zu sanieren und einer neuen Nutzung zuzuführen. Das ist wirtschaftlicher und auch ökologischer.“

Während der Silo innen dank neuer Betondecken und etlicher Durchbrüche in den bestehenden Zylinderwänden zimmertauglich gemacht wurde, bekam er außen eine einfache Stahlkonstruktion verpasst. In diese Konstruktion wurden, als würde man ein Billy-Regal mit Büchern bestücken, 64 handelsübliche Schiffscontainer mit 40 Zoll Länge gesteckt. Die Stahlkisten, die in den letzten Jahren als Transportbehältnisse über den Erdball geschippert wurden, sind eine wertvolle Erweiterung der Nutzfläche. Dadurch bietet der Mill Junction Apartment Tower Platz und Bettstatt für insgesamt 375 Studenten.

„Die alten Container haben einen großen, unschlagbaren Vorteil“, sagt Aarons. „Indem man hier de facto ein Gebäude aus zwölf Meter langen, verhältnismäßig leichten Bauklötzen errichtet, ist der Baufortschritt so schnell wie bei keiner anderen Bauweise. Gerade bei einem hohen Silo, bei dem es Baumassen in große Höhen zu hieven gilt, ist das eine enorme logistische Erleichterung.“

Die Container, die die Citiq diversen Speditionsunternehmen zum Altmetallpreis abgekauft hat, wurden im Werk adaptiert und mit Türen, Fenstern, Böden, Heizung und LED-Beleuchtung bestückt. An der Außenseite wurden die Kisten mit 75 Millimeter Polystyrol gedämmt. Das war's. Keine Woche Bauzeit ist vergangen, und schon erstrahlte der einst nackte Silo in neuer, eckiger Pracht. Normalerweise dauert eine Aufstockung in diesen Dimensionen monatelang.

„Das ist absolute Low-Budget-Architektur, und natürlich hält sich der Komfort in Grenzen“, meint Aarons. „Doch die Wahrheit ist, dass es in Südafrika bereits genug teuren, perfekt ausgestatteten Wohnraum gibt. Woran es jedoch mangelt, das ist billiger, temporärer Wohnraum für Studenten.“ Allein in Johannesburg, rechnet der Citiq-Projektleiter vor, gehe der Bedarf in die Tausende. Die hier gewählte Bauweise - es ist der bereits zweite Container-Bau des südafrikanischen Bauträgers - sei eine Möglichkeit, die Nachfrage nach billigen Quadratmetern zu decken.

Weltweite Spedition einer Idee

Der Mill Junction Apartment Tower in Newtown ist kein Einzelfall. Wie es scheint, dürfte hier ein Trend entstanden sein, der anno 2006 von den Freitag-Taschenbrüdern initiiert wurde, nachdem sie ihren Zürcher Flagship-Store zu einem Turm aus 19 Überseecontainern gestapelt hatten, und der sich heute über den gesamten Globus zieht. Damit steht der Container nicht nur für die Spedition von Gütern, sondern auch für den interkontinentalen Transport einer neuen, innovativen Behausungsidee.

In New Jerusalem (Südafrika) wurde ein Waisenhaus aus 28 Containern errichtet. In Schanghai entstand auf diese Weise das Besucherzentrum eines Biolandwirtschaftsunternehmens. In der Antarktis stellten die Hamburger Architekten BOF letztes Jahr die Forschungsstation Bharati fertig, die aus 134 Containern zusammengeschraubt wurde. In diesem Fall war es der Wettlauf gegen die Zeit, der die Projektentwickler zum Griff zur Kiste zwang. In Planung sind außerdem diverse Pop-up-Shoppingcenter sowie ein aus Rolex-, Swarovski- und Louis-Vuitton-Containern gestapelter Luxury-Brand-Hotelturm in Hongkong.

Auch in Europa macht der Container Schule: In London wurde aus Anlass der Olympischen Spiele 2012 das Containerhotel Snoozebox errichtet, das innerhalb von 48 Stunden auf- und abgebaut werden kann. Im Zürcher Stadtteil Leutschenbach errichtete die Asylorganisation Zürich (AOZ) ein gelb-organes Containerdorf für 250 Asylsuchende. In Berlin wurde vor wenigen Wochen das aus 400 Hochseecontainern errichtete Studentenheim Frankie & Johnny übergeben. Und in Wien wurde kürzlich ein Architekturwettbewerb entschieden, bei dem es um die Errichtung eines temporären auf- und abbaubaren Studentenheims in der Seestadt Aspern geht - abermals aus Containern (DER STANDARD berichtete).

Für den Containerproduzenten Royal Wolf in Melbourne (Australien) planten die Room 11 Architects ein modulares Büro aus 14 Containern, dem man seine billige, effiziente Bauweise erst auf den zweiten Blick ansieht. „Man kann einen Container nicht eins zu eins vom Frachter hieven, aufs Grundstück platzieren und gleich ein paar Schreibtische hineinstellen“, erklärt Aaron Roberts, Projektleiter bei Room 11. „Doch auch wenn man die nachträgliche Wärmedämmung, die akustischen Maßnahmen, den Einbau von Fenstern und die Oberflächenveredelung im Innenraum mitberücksichtigt, ist so ein Bauwerk dennoch um einiges schneller und kostengünstiger als ein vergleichbares Projekt in herkömmlicher Bauweise.“

Vor allem aber geht es Roberts um die oft missbrauchten Begriffe Nachhaltigkeit und Recycling. „So ein Haus aus neuen, ungebrauchten Containern zu errichten wäre ökologischer Wahnsinn, denn bis der Rohstoff Stahl in diese Form gebracht ist, hat man bereits enorme Mengen Grauenergie verbraucht. In diesem Fall aber greifen wir auf Elemente zurück, die sonst auf dem Schrottplatz oder Containerfriedhof landen würden.“ Solange die Menschheit Güter über die Weltmeere speditiert, solange es auf dieser Welt Container gibt, so Roberts, so lange sei Container-Architektur auch ein wertvoller Beitrag zur Ressourceneinsparung und zum Umweltschutz.

Das vielleicht ungewöhnlichste Kostenkonglomerat, das in den kommenden Jahren errichtet werden soll, ist die Econtainer Bridge in Tel Aviv. Die 31 ausrangierten Transportbehältnisse, die mittels Schweißnähten und sogenannter Twistlocks kraftschlüssig zu einer 160 Meter langen Brücke verbunden werden, sollen ab 2016 einen acht Quadratkilometer großen Park am Rande Tel Avivs erschließen. Die Materialwahl ist kein Zufall: Durch seinen Zugang zu zwei Meeren spielt Israel eine große Rolle in der Schiffsspedition. Die Zahl der normierten Stahlboxen, die Jahr für Jahr aus dem Verkehr gezogen werden, ist enorm.

„Diese Brücke ist ein Icon für Denken und Umdenken“, sagt der zuständige Architekt Yoav Messer. „Auch wenn wir die Container umbauen und statisch nachrüsten müssen, ist diese Brücke dennoch viel billiger und viel effizienter als eine vergleichbare Brücke ohne Recycling. Ich bin davon überzeugt, dass das Projekt den Umgang mit Baustoffen und Recycling in Israel nachhaltig verändern wird.“ Das ist ein Statement, eines von vielen, die derzeit containerweise in aller Welt abgegeben werden.

26. April 2014 Der Standard

Eine Geschichte über die Vorfreude auf das Altern

Ein Grazer Ehepaar wollte sich für den Lebensherbst wappnen und auf dem Nachbargrundstück einen barrierefreien Holzbau errichten. Architekt Gerhard Mitterberger hat die Vorsorgevision realisiert.

Das bekannte Konzept der Vorsorgewohnung bekommt mit dem Haus R. eine neue Bedeutung. Denn das 230 m² große Holzhaus am Grazer Stadtrand ist eine Investition für den Lebensherbst eines heute 58-jährigen Ehepaars, das im Gesundheitsbereich tätig ist und sich für einen bequemen, barrierefreien Wohnalltag in späteren Jahren wappnen will.

„Wir wohnen heute in einem sehr schönen, sanierten Haus aus den Dreißigerjahren“, sagt die Baufrau, „und fühlen uns hier sehr wohl. Doch die Erfahrung zeigt, dass man nicht ewig fit bleibt und dass verwinkelte Räume und steile Treppen eines Tages zum Problem werden können. Also haben wir beschlossen vorzusorgen.“ Als das Nachbargrundstück zum Verkauf angeboten wurde, „war klar, dass wir zuschlagen müssen“.

Der Architekt ward schnell gefunden, teilte man sich doch früher einmal eine wild durchmischte Studenten-WG. „Wir kennen uns seit fast 40 Jahren“, erinnert sich die Baufrau. „Und nachdem Gerhard Mitterberger ein leidenschaftlicher Holzbauarchitekt ist und gerne helle, luftige Räume plant, war für uns klar: Wenn wir schon bauen, dann nur mit ihm.“

Das Resultat vieler intensiver Besprechungen ist eine schlichte hölzerne Kiste, die auf der einen Seite direkt auf der Hangkante aufliegt und ebenerdigen Zugang in den Garten ermöglicht, während sie straßenseitig auf schief tanzenden Stahlstützen ruht und damit einen witterungsgeschützten Carport schafft. Eine hölzerne Terrasse vor dem Wohnzimmer bildet den Adapter zwischen Haus und Natur und spielt „eine wichtige Rolle, weil sie einerseits mit dem Innenraum und andererseits mit dem Garten zusammenwächst“, erklärt Architekt Mitterberger. Auch innen dominiert die Nähe zu Mutter Natur: Bis auf den massiven Kern und die Stützen im Untergeschoß bestehen Wand und Decke zur Gänze aus sichtbar belassenem Holz. Aufgrund seiner Spannweiten und niedrigen Materialkosten kommt das sogenannte Kreuzlagenholz meist im Industriebau zum Einsatz. Mitterberger setzt es aber auch im Einfamilienhausbau gerne ein, „weil es eine natürliche, lebendige Oberfläche hat, die stark zur Atmosphäre des Innenraums beiträgt“.

In spätestens zehn Jahren wollen Herr und Frau X. in die Holzkiste übersiedeln. Bis dahin wird der Neubau an Freunde und Bekannte vermietet. „Noch brauchen wir das Haus nicht, aber der Tag wird gewiss kommen“, sagt die Baufrau. „Bis dahin erfreuen wir uns an der Tatsache, dass wir in der glücklichen Lage sind, uns die Nachbarn aussuchen und uns mit unserer eigenen Zukunft befassen zu können.“ Dann wird längst schon der Efeu an der hölzernen Terrassenpergola hochgewachsen sein.

Und bis dahin wird auch Architekt Mitterberger, Purist in Sachen Gartengestaltung, verziehen und verkraftet haben, dass das grüne Wucherzeug sich über „sein“ Bauwerk gelegt haben wird. „Das geht doch nicht! Die schöne Konstruktion!“, soll er beim letzten Besuch gesagt haben. Die Replik: „Der Architekt hat wunderbare Arbeit geleistet, und wir sind rundum glücklich. Aber jetzt ist das unser Haus!“ Jetzt. Oder in zehn Jahren. Oder wann auch immer.

25. April 2014 Der Standard

Architekt Hans Hollein gestorben

Der international tätige Avantgardist hinterlässt ein reichhaltiges Lebenswerk

Bei seinem allerersten Bauprojekt musste er die Pläne siebenmal umzeichnen und den Baupolizisten um den Finger wickeln: Das Kerzengeschäft Retti am Kohlmarkt sei einer Stadt wie Wien einfach nicht zuzumuten, hieß es damals seitens der Behörde. „Schließlich habe ich eine Minimaleinreichung im Maßstab 1:100 gemacht“, erinnerte sich Hans Hollein später: „Das wurde genehmigt, weil man darauf nichts Genaues erkennen konnte.“

Seit der Eröffnung des 16 Quadratmeter großen Kerzengeschäfts 1965 ist ein gewaltiges OEvre an Bauten, Möbeln, Kunstwerken, Bühnenbildern, Ausstellungsgestaltungen und zahlreichen theoretischen Schriften entstanden. Gestern, Donnerstag, ist der österreichische Architekt und Universalkünstler Hans Hollein, der am 30. März noch seinen 80. Geburtstag feierte, nach langer, schwerer Krankheit in den Morgenstunden gestorben.

„Als meisterhafter Architekt, inspirierender Lehrer, Visionär und Vordenker“, wie ihn Kunst- und Kulturminister Josef Ostermayer (SP) in seiner gestrigen Presseaussendung bezeichnete, habe Hollein einen wichtigen Grundstein für ein neues Bewusstsein in der Baukunst gelegt. Dieser Grundstein war Fundament für die Wiener Avantgarde der 1960er- und 1970er-Jahre.

„Wir müssen die Architektur vom Bauen befreien“, forderte Hollein, der an der Wiener Akademie der bildenden Künste in der Meisterklasse Clemens Holzmeisters studiert hatte, damals. Gemeinsam mit seinen Zeitgenossen Friedensreich Hundertwasser, Markus Prachensky, Walter Pichler und Arnulf Rainer mischte er die Wiener Kunstszene auf. Mit seinen Auftritten, Manifesten und Streitschriften protestierte er gegen den nüchternen Funktionalismus der Nachkriegsarchitektur und noch mehr gegen den konventionellen Kunstbetrieb.

Auch die Kollegen der eigenen Bauzunft verschonte er nicht: „Architekten müssen aufhören, nur in Bauwerken zu denken!“

Zu seinen bekanntesten visionären Entwürfen, die über den Tellerrand des klassischen Bauens reichten, zählen Flugzeugträger in der Landschaft (1964), Schattenberg Castle (1963), ein zur monströsen Burg entwachsener Rolls-Royce-Kühlergrill, sowie das Mobile Büro (1969), eine pneumatische Bürozelle aus Kunststoff, in der es sich der junge Baukünstler mit Reißbrett und Telefon bequem machte. Das aufblasbare Gehäuse war Prototyp einer provisorischen, transportablen Behausung und kam auch unserer heutigen Lebens- und Arbeitskultur um einige Jahrzehnte zuvor.

Gesamtkunstwerke

Real und ihrer Zeit voraus waren Holleins frühe Bauten wie das Schmuckgeschäft Schullin in Wien (1973), das Österreichische Verkehrsbüro im Opernringhof (1976), das 1987 in einer Nacht-und-Nebel-Aktion zerstört wurde, sowie das international viel beachtete Städtische Museum Abteiberg in Mönchengladbach. Das 1982 eröffnete Kunstmuseum für Werke namhafter bildender Künstler des 20. und 21. Jahrhunderts ist ein Gesamtkunstwerk, in dem Hollein erstmals mit den Elementen einer Architektur spielte, die später unter dem Begriff Postmoderne in die Geschichte eingehen sollte.

1990 wurde sein Haas-Haus am Stephansplatz eröffnet. Das aus Stein und Glas gebaute Manifest, in dessen gewölbten Fassaden sich das Wiener Wahrzeichen spiegelt, spaltete die Wiener Bevölkerung in Liebhaber und Hasser. Bis heute gilt das Haas-Haus als zeitgenössischer Konterpart in einem von der Unesco geschützten Weltkulturerbe. Es folgten Schul- und Bürobauten, diverse Museen wie etwa das Niederösterreichische Landesmuseum in St. Pölten oder das Museum für Moderne Kunst in Frankfurt sowie das Flugdach auf der Rampe der Albertina.

„Es kann nicht jedes Projekt eine Weihnachtsgans sein“, bemerkte Hans Hollein dazu einmal im Gespräch mit dem Standard. „Manchmal hat man nach einigen Jahren Arbeit eben nur ein warmes Würstl vor sich am Teller liegen. Aber alles ist wichtig. Und die Albertina ist in ihrer Gesamtheit ganz bestimmt eine Weihnachtsgans, auch wenn manche Teile davon eher ein Würstl sind.“

Internationale Erfolge

Die Weihnachtsgänse der letzten Jahre entstanden fast ausschließlich außerhalb Österreichs, so wie das Headquarter der Interbank Lima im Peru (2001), die Centrum Bank in Liechtenstein (2002) oder der 2002 eröffnete Vulcania-Erlebnispark in Saint-Ours-les-Roches in der Auvergne. Der Museumscampus mit seinem unverwechselbaren golden schimmernden Vulkankegel sorgte weltweit für Aufsehen.

Sein 1967 formulierter Leitsatz „Alles ist Architektur“ zog sich wie ein Wahlslogan durch sein Schaffen. Für Arthur Schnitzlers Komödie der Verführung (1980) am Wiener Burgtheater zeichnete er das Bühnenbild, für Traum und Wirklichkeit im Wiener Künstlerhaus (1985) lieferte er die Ausstellungsgestaltung. Zuletzt realisierte er vor dem Zentrum für Kunst und Medientechnologie (ZKM) in Karlsruhe eine spektakuläre Arbeit aus 1960, indem er ein paar ausrangierte VW-Käfer zu einem Car Building stapelte. Es ist die letzte dokumentierte Arbeit Holleins, der 1985, als bisher einziger Österreicher, mit dem renommierten Pritzker-Preis ausgezeichnet wurde.

„Ich habe mich nie als Teil der Avantgarde erachtet“, sagte Hollein im Rückblick auf sein Leben. „Ich habe einfach nur auf meine eigene Art versucht, in die Zukunft zu blicken.“ Dieser Blick zeichnet Visionäre aus und reicht weiter als seine eigene Existenz.

Am 5.5. eröffnet die Galerie Ulysses, Opernring 21, die Ausstellung „Hans Hollein“. Ab 25.6. zeigt das Mak eine umfangreiche Rückschau auf Holleins Lebenswerk.

29. März 2014 Der Standard

Zwischen Weihnachtsgansarchitektur und Kunst

Morgen, Sonntag, feiert der Wiener Architekt Hans Hollein seinen 80. Geburtstag. Bis heute gilt der einzige heimische Pritzker-Preisträger als einer der prominentesten Vertreter der Postmoderne in Europa.

Die einen bezeichnen ihn als „einflussreichsten und international wichtigsten Architekten aus Österreich“ (Dietmar Steiner, Direktor des Architekturzentrums Wien), andere als „kreativsten, interessantesten und erfolgreichsten bildenden Künstler dieses Landes“ (Kollege Gustav Peichl). Bundespräsident Heinz Fischer spricht sogar von „einem der prominentesten Vertreter der postmodernen Architektur in Europa“.

Es handelt sich um als Komplimente getarnte Geburtstagswünsche. Denn der 1934 geborene Hans Hollein, der seit seinem millionenfach zitierten Sager „Alles ist Architektur“ in den 1960ern stets an der Kante zwischen Kunst und Architektur wandert, feiert morgen, Sonntag, mit leicht angeschlagener Gesundheit seinen 80. Geburtstag. Feiern wird er. Das ließ er via Familie ausrichten.

Zu Beginn von Holleins Laufbahn standen Manifeste und visionäre Entwürfe wie etwa Flugzeugträger in der Landschaft (1964), ein zur monströsen Burg aufgeblasener Rolls-Royce-Kühlergrill, oder Mobiles Büro (1969), eine sogar buchstäblich aufgeblasene Bürozelle aus Kunststoff, in der es sich Hollein mit Schoß-Schreibtisch und Skizzenblock bequem machte und sich darin nachhaltig effektvoll fotografieren ließ.

Mit seinen ersten realisierten Projekten - das Kerzengeschäft Retti am Kohlmarkt - musste er gegen einen nicht sonderlich zukunftsoffenen Magistrat ankämpfen. Sechs Entwürfe reichte er ein. Alle wurden sie abgelehnt. Erst beim siebenten Anlauf, bei dem er die Beamten mit winzigen Zeichnungen austrickste, bekam er die Baubewilligung erteilt. Der Startschuss für eine postmoderne Bautätigkeit, die bis heute fortdauert.

Neben dem Städtischen Museum Abteiberg in Mönchengladbach (1992), dem Haas-Haus (1990), dem Media-Tower am Donaukanal (2000), dem Niederösterreichischen Landesmuseum in St. Pölten (2002), der neuen Albertina-Rampe (2003), dem Saturn-Tower (2004) sind es vor allem Projekte im Ausland, die Hollein zuletzt beschäftigten, darunter etwa das Vulcania-Museum in der Auvergne, Wohnhochhäuer in Taipeh sowie das Headquarter der Interbank in Lima, Peru.

„Ich habe viel gebaut, und es kann nicht jedes Projekt eine Weihnachtsgans sein“, meinte Hollein vor wenigen Jahren. „Manchmal hat man eben nur ein warmes Würstl vor sich am Teller liegen.“ Ob er schon einmal etwas bereut habe? „Nicht den Bau von Würstln. Das passt schon. Aber vor vielen Jahren habe ich es abgelehnt, zusammen mit Frank Gehry die Walt Disney Concert Hall in Los Angeles zu bauen. Aus heutiger Sicht war das ein Fehler.“

29. März 2014 Der Standard

Der Papierpragmatiker

Der Pritzker-Preis 2014 geht an den japanischen Architekten Shigeru Ban. Wojciech Czaja sprach mit ihm über Menschen in Not, Herausforderungen und seine pragmatische Liebe zu Papier.

STANDARD: Sie wurden diese Woche von der Pritzker Foundation angerufen und haben erfahren, dass Sie der Pritzker-Preis-Träger 2014 sind. Was war Ihre erste Reaktion?

Ban: Ich war überrascht. Diesen Preis zu gewinnen ist eine große Ehre! Wissen Sie, von 2006 bis 2009 bin ich selbst in der Pritzker-Jury gesessen, und ich kenne die komplizierten Prozesse und ewig langen Diskussionen, die hinter so einer Entscheidung stecken.

STANDARD: Warum ausgerechnet Sie?

Ban: Mir wurde gesagt, ein wesentlicher Grund sei die Kontinuität meiner Arbeit. Seit mehr als 20 Jahren arbeite ich daran, temporäre Konstruktion in Krisenregionen und Katastrophengebieten zu errichten und die beiden scheinbaren Widersprüche Effizienz und Ästhetik miteinander zu vereinen.

STANDARD: Eine Ihrer Besonderheiten ist das Bauen mit Pappkarton und Papier. Wann hat das begonnen?

Ban: Das allererste Projekt aus Pappe war die Gestaltung einer Ausstellung über Alvar Aalto 1986. Das war in Japan, in der Nähe von Tokio. Ich wusste nur: Ich will nicht schon wieder mit Holz bauen. Also habe ich mich dafür entschieden, mit Papier und Pappe zu bauen. Das war das erste Mal, dass ein Architekt mit diesem Material gearbeitet hat.

STANDARD: Seit damals arbeiten Sie regelmäßig damit. Was ist das Faszinierende an diesem Baustoff?

Ban: Wie meinen Sie das? Nichts ist faszinierend daran. Es ist ein Baustoff wie jeder andere auch. Nur hatte vor mir noch niemand anderer daran gedacht, damit zu arbeiten. Das ist alles.

STANDARD: Das klingt sehr pragmatisch. Das glaube ich Ihnen nicht.

Ban: Ich kann es auch anders sagen: Ich bin ein Freund des Erfindens. Immer nur Trends und Modeströmungen zu folgen ist mir zu wenig. Schauen Sie sich einmal Buckminster Fuller oder Frei Otto an! Die sind auch nicht irgendwelchen Trends gefolgt, sondern haben ihre ganz eigene Sprache und Konstruktionsästhetik entwickelt. Sie haben sich von niemandem beeinflussen lassen, sondern haben ihren eigenen Stil kreiert.

STANDARD: Ihr eigener Stil also ... Und welcher Motor steckt da dahinter?

Ban: Als ich vor mehr als 30 Jahren begonnen habe, als Architekt zu arbeiten, war Bauökologie ein Fremdwort. Darüber hat niemand gesprochen. Für mich jedoch war das etwas ganz Natürliches, etwas ganz Selbstverständliches. Ich war immer schon daran interessiert, mit billigen, regionalen und wiederverwendbaren Materialien zu arbeiten. Daher der - wenn Sie so wollen - eigene Stil.

STANDARD: Woher nehmen Sie das Material?

Ban: Die Pappröhren sind ganz normale Produkte, die für die Papierindustrie hergestellt werden. Keine Sonderanfertigungen. Wir beziehen uns auf das, was schon am Markt da ist. Und das Gute daran ist: Papierfabriken gibt es überall auf der Welt.

STANDARD: Wie bestimmen Sie die Festigkeit?

Ban: Solche Röhren halten sehr viel aus. Wenn Sie schon einmal gesehen haben, wie viel Tonnen Papier auf so eine Röhre gewickelt werden, dann wissen Sie das. Im Laufe der Jahre haben wir die unterschiedlichen Produkte Festigkeitsprüfungen unterzogen und können uns auf bereits bestehende Daten stützen. Wenn ein neues Produkt dazukommt, müssen wir einen neuen Test machen.

STANDARD: Was muss man alles beachten, wenn man mit Papier baut?

Ban: Sie meinen Feuer und Wasser?

STANDARD: Zum Beispiel.

Ban: Trinken Sie manchmal Orangensaft?

STANDARD: Aus dem Tetrapak?

Ban: Genau. Es gibt schon viele Methoden, wie man Papierprodukte wasserdicht und wasserfest machen kann. Das Gleiche trifft auch auf die Brandfestigkeit zu.

STANDARD: Wie lange halten Ihre Papierkonstruktionen?

Ban: Wie lange hält eine Betonkonstruktion?

STANDARD: Laut Betonlobby ewig.

Ban: Ja. Aber wir wissen alle, dass das nicht stimmt. Ein Gebäude aus Beton kann durch Wasser und Erdbeben leicht zerstört werden und ist schwierig zu reparieren. Beton hält keine 100 Jahre. Was die meisten Leute nicht wissen: Ein Haus aus Papier kann, wenn es gut gebaut ist, das stärkste Erdbeben überstehen, weil es sehr leicht konstruiert ist. Ein schweres Gebäude wird zusammenbrechen.

STANDARD: Papier hält also länger als Beton?

Ban: Mitunter ja. Wie gesagt: Die Technik ist nicht das Problem.

STANDARD: Sondern?

Ban: Die Vorschriften! Die Behörden haben keinerlei Erfahrung mit Papier- und Pappkonstruktionen und wollen sich damit auch nicht auseinandersetzen. Die Normen und Gesetze sind veraltet, und zwar diesbezüglich überall auf der Welt. Der Bewilligungsprozess ist extrem kompliziert.

STANDARD: Sie haben schon oft genug mit Papier gebaut. Erfahrungswerte sind da. Wie könnte man diesen Prozess vereinfachen?

Ban: Ich glaube nicht, dass man den Prozess vereinfachen kann. Es wird schwierig bleiben.

STANDARD: Lieben Sie Herausforderungen?

Ban: Würde ich sonst das tun, was ich tue?

STANDARD: Sie bauen einerseits für reiche, privilegierte Bauherren und weltbekannte Unternehmen und Institutionen, und andererseits für Menschen in Not.

Ban: Wir Architekten arbeiten fast immer nur für die Privilegierten. Sie haben Geld, Macht oder beides und beauftragen uns, ihnen Denkmäler zu bauen, die diese Macht symbolisieren. Das war schon immer so. Das ist die historische Rolle von Architekten ...

STANDARD: ... die Sie nun aufbrechen.

Ban: Wenn eine Naturkatastrophe passiert und in kurzer Zeit Notunterkünfte benötigt werden, ist meist weit und breit kein Architekt zu sehen. Dabei könnten wir hier vieles verbessern, wenn wir helfen. Also sollten wir das tun.

STANDARD: In welcher Rolle fühlen Sie sich wohler? Als Architekt der Reichen oder als Architekt der Menschen in Not?

Ban: In gewisser Weise gibt es da keinen Unterschied. Alles gleich.

STANDARD: Kein Unterschied?

Ban: Der einzige Unterschied ist: Bei den Reichen werde ich bezahlt und bei den Armen nicht.

STANDARD: In einem Interview haben Sie einmal gesagt, Sie seien nicht daran interessiert, Geld zu verdienen.

Ban: Das stimmt. Aber ich habe nun mal ein Büro, und dieses Büro muss überleben. Ich spreche nicht gerne über Geld. Ich hasse es, mich um Business-Angelegenheiten und Honorare zu kümmern. Das macht alles mein Partner.

STANDARD: 1995 haben Sie den Verein Voluntary Architects' Network (VAN) gegründet. Was genau passiert da?

Ban: Genau das! Bauen für Menschen in Not. Wir arbeiten überall auf der Welt. Überall, wo es Krisen und Naturkatastrophen gibt, also nach Kriegen, Erdbeben, Bränden, Hurrikanen und Tsunamis, und wo man in kürzester Zeit Behausungen für viele tausend Menschen schaffen muss.

STANDARD: Wo und wie finden Sie Ihre freiwilligen Helfer?

Ban: Es gibt keine Dauermitglieder. Ich sammle die Freiwilligen vor Ort, manchmal auch aus ganz Japan. Helfer aus dem Ausland müssten wir einfliegen lassen, und das können wir uns nicht leisten.

STANDARD: Sie sind nun der siebente japanische Architekt, der mit dem Pritzker-Preis für Architektur ausgezeichnet wird. Was macht japanische Architektur so attraktiv?

Ban: Was japanische Architektur auszeichnet? Das weiß ich nicht. Aber Nationalitäten sind in der Pritzker-Preis-Jury kein Thema. Das weiß ich noch von früher.

STANDARD: Würden Sie sich denn als japanischen Architekten bezeichnen?

Ban: Nein. Ich habe in Japan keine Erziehung genossen. Ich habe in Kalifornien und in New York City studiert. So gesehen bin ich ein internationaler Architekt.

STANDARD: Und wo fühlen Sie sich zu Hause?

Ban: Im Flugzeug. Da bin ich privat. Kein Scherz! Da kann ich all das machen, wozu ich sonst nie Zeit habe: Skizzen anfertigen, Filme schauen und schlafen. Und ich liebe es, zwischen den Zeitzonen unterwegs zu sein. Das gibt meinem Leben den gewissen Kick.

STANDARD: Wissen Sie schon, was Sie mit den 100.000 Dollar Preisgeld machen werden?

Ban: Ich werde weiterhin das tun, was ich bisher getan habe. Daran wird sich nichts ändern. Die Arbeit wird bestenfalls wachsen.

STANDARD: Also?

Ban: Ach, Sie meinen die 100.000 Dollar?

STANDARD: Genau.

Ban: Ich werde das Geld in meine NGO-Aktivitäten investieren. Da gibt's genug zu tun.

29. März 2014 Der Standard

Ohne Keller, dafür aber mit Schlamm und Eigenbau

Ein Einfamilienhaus in Hanglage ist üblicherweise ein teures Unterfangen. In Vorderweißenbach im Mühlviertel jedoch schufen die hpsa Architekten einen schwebenden Bungalow, der billiger ist als ein Haus auf ebener Wiese.

Wie ein schwarzes, überdimensionales Hufeisen ragt das Haus über die Hangkante. Wer den Weg zwischen den tanzenden Säulen hindurch und treppaufwärts nach oben findet, landet auf einer 22 Quadratmeter großen Terrasse und wird mit einem fantastischen Ausblick auf das obere Mühlviertel und das südlichste Zipfel der Tschechischen Republik belohnt. „Die Aussicht in die Landschaft ist eines der tollsten Dinge am ganzen Haus“, sagt Gregor Sonnberger. Gemeinsam mit seiner Frau Edith, beide ihres Zeichens AHS-Lehrer, und einer knapp zweijährigen Tochter zog er im Oktober letzten Jahres hier ein. Dass die vorerst noch dreiköpfige Familie vom Erdboden enthoben wohnt, ist weder Zufall noch Spleen, sondern in erster Linie Konsequenz einer wirtschaftlich getriebenen Entscheidung.

„In den meisten Fällen ist Bauen in Hanglage aufgrund von Baugrubensicherung und Hangwasser teurer als auf einem Grundstück in der grünen Ebene“, erklärt Dietmar Hammerschmid vom Grazer Büro Hammerschmid Pachl Seebacher Architekten (hpsa). „Doch in diesem Fall ist es uns gelungen, das Haus sogar billiger als auf der grünen Wiese zu bauen.“ Grund dafür sind der Verzicht auf einen Keller sowie die Reduktion der erdberührenden, meist aufwändig zu isolierenden Bauteile. Auf diese Weise ist es gelungen, die Fundierung um 20 Prozent billiger auszuführen.

Statt auf einem schweren Sockel aufzusitzen, tanzt die Wohnskulptur nun auf 19 verzinkten Säulen aus Stahl. Die windschiefe Lage zueinander soll laut Architekt „nicht nur einen Wald suggerieren“, sondern sorgt auch für die nötige Aussteifung gegen Windkräfte. „Wir waren sehr überrascht über diesen Vorschlag“, erinnert sich Bauherr Sonnberger, „doch eigentlich hat uns der Entwurf auf Anhieb gut gefallen.“ Nicht zuletzt sei aufgrund der geringen Beanspruchung des Grundstücks viel Garten übriggeblieben. Noch fehlt das Grün, doch schon bald, so Sonnberger, werde man unterm schwebenden Bungalow Spielgeräte für die Tochter aufstellen.

Insgesamt wurde das Haus in nur fünf Monaten Bauzeit fertiggestellt. Zu verdanken ist dies der Holzriegelbauweise, die eine Vorfertigung im Werk und eine rasche Montage vor Ort ermöglicht hat. „Ein großer Wunsch der Bauherren war, sich am Innenausbau zu beteiligen“, sagt Hammerschmid. „Also haben wir die Details so geplant, dass man sie auch ohne viel Know-how, sondern einfach nur mit Engagement ausführen kann.“ Selbst Hand angelegt haben die Sonnbergers bei den nichttragenden Zwischenwänden sowie bei der Fassade aus sägerauer Fichte.

„Wir haben uns ein Haus gewünscht, das nicht nach einigen Monaten verblasst oder vergraut“, erzählen Gregor und Edith Sonnberger. In Schweden wurde man schließlich fündig - mit dem sogenannten „Falu Rödfärg“. Die dunkelrote Schlammfarbe, ein Nebenprodukt der Kupfergewinnung, ist üblicherweise an schwedischen Holzfassaden zu finden. Hier wurde sie mit schwarzen Pigmenten versetzt und wird nun mindestens 15 Jahre lang bis zum nächsten Selbstmaltermin ausharren.

22. März 2014 Der Standard

Baku im Bleichwaschgang

Zwei Jahre nach dem Eurovision Song Contest will Baku hoch hinaus. Und zwar leider um jeden Preis. Ein Spaziergang durch die Baustelle des Investorenwunderlands Baku White City.

Es staubt im Gegenlicht. Die Bauarbeiter stehen auf dem Gerüst und stemmen, Stein für Stein, ein kleines, neues Paris in die Höhe. Dass sich hinter den Sandsteinplatten und den maschinell gefrästen Kapitellen eine Stahlbetonkonstruktion mit Hochlochziegelwand verbirgt, ist eine kunstgeschichtliche Unschärfe, die hier niemanden zu kümmern braucht. Das neue Evlari-Palais in der vorerst noch namenlosen Straße ist ein erster Vorbote des 50.000-Einwohner-Stadtteils Baku White City.

„Cities have never been growing so quick“ lautet der Slogan der weißen Stadt, die auf dem Gelände der ehemaligen Baku Black City aus dem Erdboden gestampft wird. Und tatsächlich ist die Geschwindigkeit, mit der man hier Stadt zu bauen gedenkt, nicht zu übertreffen: Wo seit 1860 fast 150 Jahre lang Erdöl gelagert und raffiniert wurde, sollen schon bald glückliche Menschen mit Gucci-Clutch, vollen Einkaufstaschen und Fotoapparat durch den Großstadtdschungel schreiten. So versprechen es zumindest die Visualisierungen der Azerbaijan Development Company (ADEC), die das ambitionierte Stadtquartier auf Geheiß von Präsident Ilham Aliyev aus der Taufe hebt.

„Wissen Sie, die Qara Seher (Black City, Anm.) ist ein Stück Geschichte dieser Stadt, auf die eigentlich niemand so richtig stolz ist“, erklärt Fuad Verdiyev, Head of Development bei ADEC, im Gespräch mit dem STANDARD. „Natürlich wurde hier große aserbaidschanische Geschichte geschrieben, denn schließlich verdanken wir dem Erdöl unseren Reichtum, aber in einer modernen, weltoffenen Stadt des 21. Jahrhunderts ist dafür kein Platz mehr.“

Stolz steht Verdiyev vor dem zehn mal zehn Meter großen Stadtmodell im Erdgeschoß des provisorischen Bürohauses. Das richtige ADEC-Headquarter, ein weißes, futuristisches Ei mit 13 Stockwerken, befindet sich auf dem Grundstück nebenan. Der Rohbau ist bereits abgeschlossen. Der Kontrast zu den benachbarten Pariser Palais im Stile Baron Haussmanns könnte dramatischer nicht sein.

„Bald werden wir übersiedeln und das Wachsen der Stadt dann vom letzten Stockwerk aus kontrollieren. Und wie Sie sehen, bauen wir sehr schnell.“ Bis Sommer nächsten Jahres soll ein Teil der blitzblank polierten White City fertiggestellt sein. Dann nämlich finden in Baku die Europaspiele 2015 statt. Das neu erfundene Sportevent, das kurioserweise auf asiatischem Boden stattfindet, soll darüber hinwegtrösten, dass Aserbaidschan mit seiner Bewerbung für die Olympischen Spiele 2016 zugunsten von Rio de Janeiro scheiterte.

Stadtplanung? Fehlanzeige

„Aber natürlich schaffen wir das!“ Verdiyev duldet keine Zweifel. Die juristischen Rahmenbedingungen helfen der Geschwindigkeit auf die Sprünge. Die Baku White City, ein Entwurf des Londoner Stadtplanungsbüros Atkins, wurde direkt beauftragt und wird in Großbritannien unter Zuhilfenahme von F+A Architects und Großmeister Norman Foster generalgeplant. Wettbewerb? Fehlanzeige. Umweltverträglichkeitsprüfungen? Fehlanzeige. Langfristiges Grünraum- und Verkehrskonzept? Fehlanzeige.

„Seien Sie doch bitte nicht so pessimistisch! Wir wissen genau, was wir tun.“ Einst erstreckten sich die Öl- und Raffineriefelder über 220 Hektar. Im Jahr 2000 wurde das einst schwarze Land umgewidmet, 2007 schließlich startete die Dekontaminierung des Bodens. Je nach Kontaminationsgrad wurde der Boden bis zu einer Tiefe von drei bis sieben Metern abgegraben und außer Stadt gebracht. Wohin, ist unbekannt. Das wisse er nämlich nicht so genau, meint ADEC-Chef Fuad Verdiyev. Fest steht jedoch, dass die White City schon in wenigen Jahren ein pulsierendes Zentrum sein werde.

18.000 Wohnungen und 48.000 Arbeitsplätze, diverse Hotels, Einkaufsboulevards, ein Riesenrad, eine Konzerthalle und die mit 400.000 Quadratmetern größte Shoppingmall der gesamten kaspischen Region sind hier geplant. Dass die Wohnungen ohne Haustechnik, also ohne Heizung und ohne Kühlung übergeben werden, sei ein „nicht so interessantes Detail am Rande, über das Sie nicht zu schreiben brauchen“, versichert Verdiyev. „Schließlich können die Bewohner die Haustechnik individuell nachrüsten. Platz für Heiz- und Kühlgeräte ist in jeder Wohnung in Form eines kleinen hofseitigen Balkons geplant.“ Ein neuer Stadtteil mit 18.000 Heizkesseln an der Fassade? In Baku kein Problem.

Nicht nur die ökologische, auch die soziale Nachhaltigkeit wird in der White City großgeschrieben, denn schließlich plane man eine „durchmischte Stadt für jedermann“. Wie sich dieses überaus ambitionierte Ziel mit der Tatsache verträgt, dass die 18.000 Neubauwohnungen trotz traditionell ausgeprägter Mietkultur in Baku ausschließlich in Eigentum auf den Markt gebracht werden und die Rohbau-Kaufpreise bei 1200 Manat (circa 1100 Euro) pro Quadratmeter starten, bleibt bei diesem Exklusivtermin eine ebenso unbeantwortete Frage wie alle anderen auch.

Wann sollen denn die Wassertaxis und die Straßenbahnlinien errichtet werden, die man hier im Modell sieht? „Das ist nur ein Vorschlag von uns. Darum kümmern wir uns aber nicht. Wir kümmern uns nur um die Bebauung. Die gesamte Infrastruktur und die Planung des öffentlichen Verkehrs ist nämlich Aufgabe der Stadtverwaltung, auf die wir aber leider keinerlei Einfluss haben.“

Wie viele Investoren am Bau der neuen Weißstadt beteiligt sind, wird geheim gehalten. Wie viel Prozent des neuen Areals bereits finanziert sind, könne man nicht so genau sagen. Und wie groß das Gesamtinvestitionsvolumen der Baku White City ist? „Kein Kommentar.“ Aber so viel sei sicher: „Bitte kommen und investieren Sie! Die ADEC ist ein offenes, transparentes und investorenfreundliches Unternehmen!“

In Baku ist alles möglich

Die nebulose Genese der Baku White City ist kein Einzelfall. Superlative um jeden Preis hat in dieser Stadt Tradition. Für das neue und in Lifestyle-Medien bereits vielfach publizierte Heydar Aliyev Cultural Center von Zaha Hadid musste ein ganzes Wohnviertel planiert werden. Dennoch: Knapp zwei Jahre nach Fertigstellung steht das 60.000-Quadratmeter-Museum fast leer - darüber ist in den Blogs und Hochglanzzeitschriften nichts zu lesen.

Und die nächsten Megaprojekte stehen bereits in den Startlöchern: Coop Himmelb(l)au etwa plant ein riesengroßes Kongresszentrum sowie das neue Hauptquartier der Central Bank of Azerbaijan (CBA). Und das Wiener Büro Hoffmann+Janz, das an der Küstenpromenade bereits das metaphorisch etwas plump geratene, nicht sonderlich subtile Teppichmuseum in Form einer 120 Meter langen, liegenden Teppichrolle baute, arbeitet bereits an einem Hochhaus, an einem Wasserpavillon im Kaspischen Meer sowie an einem neuen Sportzentrum, das im April eröffnet werden soll.

„In Baku wird mit anderen kulturellen Maßstäben gemessen als bei uns“, erklärt Teppichrollen-Architekt Franz Janz auf Anfrage des STANDARD. „In gewisser Weise ist in Aserbaidschan alles viel einfacher, denn die letzte Entscheidung hat immer der Präsident.“ Und Wolf Prix von Coop Himmelb(l)au meint: „Die neuen Bauten und Stadterweiterungsprojekte schaden der Stadt mehr, als sie ihr helfen, denn sie mögen für sich allein eine gewisse Qualität aufweisen, aber ein zusammenhängender, städtebaulicher Überbau ist nicht zu erkennen.“

Und das ist sehr schade, denn Baku mit seiner Unesco-geschützten Altstadt, seinen vielen Fußgängerzonen und seinen in den letzten Jahren sehr aufwändig historisierten Boulevards ist nicht nur eine sehr schöne, sondern auch gut funktionierende und vielfach unterschätzte Stadt. Vom einzigartigen Ambiente der Drei-Millionen-Metropole, dem auch die schwarze Ära von Erdöl und Kommunismus nichts anzuhaben schien, ist in der neuen, weißgewaschenen White City nichts zu merken. In der Euphorie hat die Immobilienwirtschaft hier etwas zu viel Bleichmittel beigesetzt.

8. März 2014 Der Standard

Ich bin Versuchskaninchen im eigenen Haus

Der Stuttgarter Architekt und Ingenieur Werner Sobek ist Pionier in Sachen Technologie und Vernetzung. Mit Nachtsichtgeräten, erfuhr Wojciech Czaja, kommt man in seinem gläsernen Einfamilienhaus aber nicht weit.

Das Beste an diesem Haus ist, dass es sich nicht anfühlt wie ein Haus. Vielmehr hat man das Gefühl, man sei mitten in der Natur. Und das ist man auch. Egal, wo man sich gerade aufhält, man sieht die Bäume, man sieht den Himmel, man sieht und hört den Regen, man riecht die Blüten, man bekommt einfach den ganzen Tagesverlauf mit. Ein halbes Jahr, nachdem wir eingezogen waren, fiel mir auf, dass ich nicht mehr auf die Uhr gucke. Anhand des Tageslichts kann man gut abschätzen, wie spät es immer ist.

Ich werde oft gefragt, wie es sich anfühlt, ständig unter Beobachtung zu sein. Und dann sage ich: Zum einen wohnt der nächste Nachbar 200 Meter von hier entfernt, und zum anderen ist mir das auch ziemlich egal. Es gibt sogar Leute, die versuchen, uns bei Dunkelheit mit Nachtsichtgeräten im Haus aufzuspüren, aber das führt zu nichts. Die Glasscheiben haben eine Low-Emissivity-Beschichtung und lassen keinerlei Infrarotstrahlung durch. Pech gehabt!

Warum das Haus so aussieht, wie es aussieht, hat einen guten Grund. Was meine Arbeit betrifft, würde ich mich als Pionier bezeichnen, weil ich an der Entwicklung neuer Technologien sowie an der Implementierung dieser Technologien im Bauwesen maßgeblich beteiligt bin. Ich lebe diesen Beruf mit Leidenschaft. Und wenn man etwas Neues entwickelt, so muss man sich auch als Versuchskaninchen zur Verfügung stellen und am eigenen Leibe das ausprobieren, was man später dem Markt anbieten möchte.

Wir haben lange an diesem Haus geplant - von 1997 bis 2000. Der Bauprozess selbst dauerte aber nur zehn Wochen. Es war eines der ersten Gebäude, das sich komplett über den Computer steuern lässt. Über einen Touchscreen geben wir die gewünschte Temperatur ein, und die EDV erledigt den Rest. Theoretisch können wir die Haustechnik auch übers Handy steuern. Wir wohnen in einem richtigen Nullenergiehaus - ohne Gaskessel, ohne Ofen, ohne Erdwärme. Wir heizen einzig und allein mithilfe der Sonne. Es gibt eine Bauteil-Aktivierung, einen Wärmetauscher sowie einen Speichertank mit 12.000 Liter Wasser, in dem die gewonnene Energie gespeichert wird. Die Wassertemperatur im Tank pendelt zwischen fünf und 85 Grad Celsius! Außerdem hält sich der Energiebedarf durch die hochwertige Isolierung - die Glasscheiben sind mit Krypton gefüllt und haben die gleiche Wärmedämmeigenschaft wie eine 14 Zentimeter dicke Styroporplatte - ohnehin in Grenzen.

Demnächst wollen wir das Haus technisch etwas nachrüsten und eine neue Software installieren. Es handelt sich dabei um ein Energieoptimierungssystem unter dem Namen alpha EOS. Dann werden wir noch weniger Strom verbrauchen als heute. Sämtliche Geräte wie Geschirrspüler oder Waschmaschine können dann via Internet gestartet werden. Das System ist mit der meteorologischen Station verbunden und kann aufgrund von Wetterlage, Netzauslastung und Tageszeit automatisch kalkulieren, wann die Energiekosten am niedrigsten sind und das öffentliche Stromnetz am geringsten belastet wird. Außerdem werden wir ab Sommer einen Elektro-Smart haben, den wir über unsere Photovoltaik-Anlage direkt aufladen können.

Ob mir das Haus zu transparent ist? Eigentlich nie! Denn wenn ich ungestört sein und mich ein wenig in mein Innerstes verkriechen will, dann mache ich einfach die Augen zu. Das lernt man, wenn man so viel unterwegs ist wie ich. Sobald ich die Augen schließe, fühle ich mich zu Hause, fühle ich Heimat.

5. März 2014 Der Standard

Das Architekturfestival Turn On

Vorträge und Diskussionen im Großen Sendesaal des ORF Radiokulturhauses Wien

„Einerseits werden manche Architekten von den Medien regelrecht zu Stars gemacht, andererseits aber werden die Urheber eines Bauwerks im Alltag oft nur ignoriert“, sagt Margit Ulama, Kuratorin und Initiatorin des Architekturfestivals Turn On. „Warum ist das so? Und wie sieht die Wirklichkeit aus, wenn die Planungs- und Bauprozesse immer komplexer werden und die Kreativität in diesem Gefüge einen immer kleineren Stellenwert einnimmt?“

Diesen Fragen möchte die Veranstaltung nachgehen, die am Freitag und Samstag im ORF Radiokulturhaus Wien zum zwölften Mal stattfindet. Die intensiven Vorträge und Diskussionen im Großen Sendesaal dauern an beiden Tagen neun Stunden.

Während sich der erste Tag der Schnittstelle von Architektur und Wirtschaft sowie dem integralen Planen widmet, ist der Samstag eine Rundumschau über all das, was österreichische Architekten in den letzten Jahren geleistet haben - national wie international. Vorgestellt werden Wohnprojekte sowie Kultur- und Infrastrukturbauten wie das Schubhaftzentrum in Vordernberg, der neue WU-Campus im Prater, das Schlesische Museum in Katowice oder das Sheikh Zayed Desert Learning Center in Abu Dhabi.

„Architektur zu machen ist heutzutage ein nomisches Spiel“, sagt Laura Spinadel vom Wiener Büro Bus Architektur. „Die Spielregeln sind paradox, die Spieler wechseln andauernd ihre Meinung, und jeder Prozess entwickelt sich selbstreferenziell. Daher ist es unsere Aufgabe, als Denker und Macher in der Optimierung der Umweltqualität wieder eine aktive Rolle zu erlangen.“ Dass dies mitunter wunderbar gelingt, wird bei Turn On 18 Stunden unter Beweis gestellt.

1. März 2014 Der Standard

Die Quadratur der Schlange

Das Sheikh Zayed Desert Learning Center in Abu Dhabi ist ein technischer Kraftakt. Die Planung des Wüstenmuseums stammt von den beiden Wiener Architekten Talik und Jaafar Chalabi.

50 Grad Celsius, Sand und trockenes Klima: Das ist das bevorzugte Habitat der Afrikanischen Hornviper. Ein besonders großes Exemplar dieser beige-braun geschuppten Wirbeltierspezies liegt in Al Ain auf der Lauer und wartet bereits gespannt auf die ersten Besucher. Das Sheikh Zayed Desert Learning Center (SZDLC) am Rande des neuen Wildlife-Parks ist nämlich nicht nur ein Wüstenmuseum samt Forschungszentrum und Kinosaal, sondern in erster Linie ein zeitgenössisches Stück Architektur, das die Aufgabe hat, Touristen aus den großen Städten der Vereinigten Arabischen Emirate ins Landesinnere zu locken.

„Die Bauherren haben sich eine charakteristische Landmark, eine Art neues Wahrzeichen für das Emirat Abu Dhabi gewünscht“, erinnert sich Talik Chalabi. „Daher war für uns klar, dass wir etwas Neues ausprobieren müssen, dass wir sowohl Entwurfsprozess als auch Bauweise ein bisschen strapazieren und bis an die Grenzen des technisch Machbaren gehen müssen.“ Die Herangehensweise überzeugte. Gemeinsam mit seinem Bruder Jaafar ging der Wiener Architekt (Chalabi Architekten & Partner) als Sieger aus einem geladenen Wettbewerb hervor, an dem sich insgesamt zwölf Büros aus aller Welt beteiligt hatten.

„Unsere Idee war, dass sich das Gebäude aus dem Gelände heraus entwickelt“, sagt Chalabi. Und tatsächlich: Wie eine im Sand liegende Schlange steigt der rund 10.000 Quadratmeter große Bau allmählich an, legt sich in Schlaufen und windet sich zu einem 300 Meter langen Ding, das an seiner höchsten Stelle fast 20 Meter über den Wüstenboden ragt. Da, wo Mutter Natur die Augen vorsah, steht nun der Besucher und blickt nach Süden, direkt auf den felsigen Hausberg Jebel Hafid, dessen Rückseite sich bereits im Oman befindet. Mystisches Licht. Gewaltige Stimmung. Daran können auch die paar Dutzend Bauarbeiter nichts ändern, die in den Abendstunden, sobald die Luft wieder abgekühlt ist, aus ihren Verstecken emporklettern und die letzten Arbeitsschritte an der steinernen Fassade vornehmen.

75.000 Tonnen Beton

Dass sich im Inneren des Bauwerks, hinter den rautenförmigen Platten aus Giallo Samad, der aus einem Steinbruch im Oman von den Architekten und von Bauherr Scheich Sultan Bin Tahnoon Al Nahyan höchstpersönlich ausgesucht wurde, ein konstruktiver Kraftakt verbirgt, sieht man dem SZDLC erst auf den zweiten Blick an. Das gesamte Haus ist stützenfrei, nirgendwo klafft auch nur ein langweiliger rechter Winkel, die Innenräume winden sich in sanften Kurven dramatisch ums Eck, es ist, als würde man eine liegende Skulptur durchwandern. Dass man nach ein paar Metern bereits die Orientierung verloren hat, ist selbstredend. Insgesamt wurden hier mehr als 75.000 Tonnen Beton verbaut.

Zu verdanken ist die organisch wirkende Konstruktion der intensiven Zusammenarbeit mit den Bauingenieuren. „Die genaue Planung des SZDLC erfolgte anhand dreidimensionaler Computermodelle, die wir so lange variiert und adaptiert haben, bis es gepasst hat“, erklärt Arne Hofmann, Projektleiter bei Bollinger+Grohmann Ingenieure. Rigid Finite Element Modelling (RFEM) und Evolutionary Structural Optimization (ESO) nennt sich das Ganze. „Anders hätten wir die komplexe Geometrie niemals bewältigen können, denn mit klassischem Ingenieursverstand kommt man bei so einem Projekt nicht weit.“

Nicht von ungefähr erinnern die steinernen Schuppen und die Öffnungen in den Wänden und Decken an ein Schlangentier. Tatsächlich stand die Natur Pate: „Man muss sich die Betonkonstruktion wie ein schlauchförmiges Netz vorstellen“, sagt Hofmann. „Die Linien in der Fassade und die Fensteröffnungen folgen haargenau den Kräftelinien. Einen Blick ins Freie hat man nur dort, wo es uns das algorithmische Modell erlaubt hat.“ Die Maßtoleranz im gesamten Gebäude beträgt fünf Millimeter. Alles andere würde die Statik nicht verzeihen.

55 Millionen US-Dollar (40 Millionen Euro) ließ sich der Scheich sein neues und überaus fotogenes Wüstenzentrum kosten, das aufgrund der noch nicht fertiggestellten Ausstellung nach wie vor Baustelle ist. Fragt sich nur: Wozu der ganze Aufwand? „Bauen in den VAE wird nicht als kultureller Beitrag und auch nicht als wertvolle geistige Ressource betrachtet, sondern als Werkzeug für die Verwirklichung finanzieller Interessen“, meint Talik Chalabi. „Viele Projekte werden in erster Linie als Prestige- und Marketing-Tool genutzt. Das war's.“ Doch wo Geld fließt, vermag man zwischen den Zeilen zu lesen, könne man die Chance nutzen, um die Weiterentwicklung von Architektur voranzutreiben. Talik: „Wenn wir schon die Möglichkeit haben, mitten in der Wüste ein solches Ding zu errichten, dann erhebe ich auch den Anspruch, daraus etwas lernen zu können.“

Die Mission scheint gelungen: Das Sheiks Zayed Desert Learning Center in Al Ain ist - neben all seinen anderen Talenten - ein nahezu autarkes Gebäude, das dank Solarthermie, Erdkühlung und Photovoltaik fast 95 Prozent der benötigten Primärenergie im Haus produziert. Es ist das erste Bauwerk im arabischen Raum, das mit der Green-Building-Bestwertung „Estidama 5 Pearls“ zertifiziert wurde.

8. Februar 2014 Der Standard

Traumjob Schlossgespenst

Das Astley Castle im britischen Warwickshire ist eine Zeitreise in die Gotik und Renaissance. Die ungewöhnliche Restaurierung beweist: Denkmalschutz ist eine kreative Sache.

Eigentlich hätte man mit der Kutsche vorfahren müssen oder zumindest mit einem alten Bentley, vorbei am gotischen Kirchlein, am verfallenen Friedhof mit seinen windschiefen, kaum noch lesbaren Grabsteinen, am saftig grünen Pferdegestüt mit seinen dutzenden in die Landschaft drapierten Gäulen, um dann stilgerecht über den mit Brennesselstauden zugewachsenen Burggraben zu rollen und sich schließlich in einer urbritischen Bilderbuchkulisse wiederzufinden, neben der sogar Rosamunde Pilchers wildromantische Literaturergüsse blass erscheinen würden.

„Kommen Sie! Wir haben Sie schon erwartet“, sagt Mary Strainger, Wischmopp in der Hand, den Staubsauger hinter sich herziehend. „Kommen Sie! Wir haben nicht viel Zeit. Eine Stunde, dann muss ich Sie leider wieder verabschieden. Um 14 Uhr kommen bereits die nächsten Gäste.“ Gemeinsam mit ihren beiden Kolleginnen Sharon und Lynn pflegt sie das im 13. Jahrhundert errichtete Haus, das sie als den schönsten Arbeitsplatz ihres Lebens bezeichnet.

Das Astley Castle in Warwickshire bei Birmingham, eine halbe Autostunde von Shakespeares Geburtsort Stratford-upon-Avon entfernt, ist eine Zeitreise in die frühe Gotik und Renaissance. Der Burggraben und einige Teile des Schlosses datieren bis 1266 zurück. Die Erosion an den Steinen lässt am Datum keinerlei Zweifel aufkommen. Der Großteil der Bausubstanz jedoch stammt aus den Jahren rund um 1555.

Einst wohnten hier Edward IV, Henry VII, Queen Elizabeth of York und Lady Jane Grey. Nach vielen Eigentümerwechseln und einer wechselhaften Chronik wurde das malerische Anwesen in den 1960er-Jahren in ein Hotel samt Pub umgebaut. Viele Einwohner von Astley erinnern sich noch an das eine oder andere Pint of Beer, das sie hier damals zu sich nahmen. Am 3. April 1978 wurde das Schlosshotel durch einen Brand komplett zerstört.

„Darf ich Sie bitten, kurz Ihre Füße zu heben? Many thanks.“ Mary hat nun das letzte Zimmer in Angriff genommen. „Als Kinder haben wir hier gespielt. Das war eine richtige Ruine. Zum Klettern und Verstecken einfach wunderbar. Ich hätte mir niemals gedacht, dass man hier eines Tages wieder wird aufräumen und putzen müssen. Sehen Sie, so kann man sich täuschen.“

Die Kehrtwendung in der jüngeren Geschichte des Astley Castle ist der britischen NGO The Landmark Trust zu verdanken. Schon seit vielen Jahren hat die 1965 gegründete Wohltätigkeitsorganisation, die in Großbritannien rund 200 historische Bauten und Monumente betreut, ein Auge auf Astley geworfen. Allein, es mangelte an den finanziellen Mitteln. „Das Schloss war dabei auseinanderzufallen“, erinnert sich Projektkoordinator Alastair Dick-Cleland. „Der Zustand war erbärmlich. Nicht mehr als ein Steinhaufen, der längst schon von der Natur zurückerobert wurde.“

Lesestoff in jeder Mörtelfuge

2005, zum 40. Jubiläum der Organisation, war es dann so weit. The Landmark Trust schrieb einen Wettbewerb aus und lud zwölf Architekten aus ganz Großbritannien ein, Ideen für eine Restaurierung und mögliche Nachnutzung dieses geschichtsträchtigen Orts einzubringen. Der erste Preis - die Juryentscheidung war einstimmig und ohne Debatte - ging an das Londoner Büro Witherford Watson Mann Architects (WWM), das dem längst zerfressenen Zahn der Zeit eine Art Ziegelplombe einsetzte. Die Funktion: Nobelherberge mit vier Schlafzimmern und einem Salon im ersten Stock.

„Sharon, hast du schon die Betten in Zimmer drei gemacht? Noch 45 Minuten. Das wird knapp.“ Obwohl die tages- und wochenweise anmietbare Luxusresidenz nicht den geringsten Wunsch offenlässt, ist die jahrhundertealte Geschichte, so scheint es, in jeder Mörtelfuge ablesbar. Nirgendwo ist diese Lektüre der vielen Jahrhunderte spannender als auf der Terrasse im Parterre. Da, wo einst auf zwei Ebenen herrschaftlich gewohnt und genächtigt wurde, befindet sich heute ein riesiger, dramatisch inszenierter Luftraum, der von steinernen Zeitzeugen gerahmt wird. In einigen Metern Höhe hängen die Überreste des alten Kamins im Nichts. Fast wähnt man sich in der Gesellschaft von Lady Jane Grey. Schlossgespenst müsste man sein.

Von einigen Blickwinkeln im Park ist kaum zu sehen, dass an der seit 1978 vor sich hin dösenden Ruine irgendein Stein verändert wurde. Da ragen flammenverkohlte Türstöcke und moosbewachsene, filigrane, gotische Sandsteinbögen in den Himmel. Von anderen Standpunkten wiederum erscheint das in jahrelanger Arbeit revitalisierte Astley Castle als behutsame Collage aus rotem Stein, altem Backstein und neuen, handgefertigten Ziegelsteinen aus der Region. Vergangenheit und Gegenwart kommen hier gleichermaßen zu ihrem Recht.

„Wir haben ziemlich lange nach dem passenden Baustoff gesucht“, erklärt Freddie Phillipson, Projektleiter bei WWM. „Erstens haben wir auf das Farbspektrum geachtet, zweitens wollten wir bei den Anschlüssen an das Mauerwerk so wenig Mörtel wie möglich verwenden.“ Für jede Wandfläche wurde ein eigenes Fugenbild entworfen. Die Linien zwischen den Epochen sind perfekt.

Auch das Spiel mit den Baustoffen beweist, dass hier zwar tollkühne, letztendlich aber sensibel agierende Architekten am Werk waren. Mal wird der Stein mit gebleichtem Lärchenholz und patiniertem Messing kombiniert, mal prangt eine schwere Renaissance-Kommode im Eck, mal steht eine Designerleuchte von der letzten Mailänder Möbelmesse unprätentiös im Raum herum.

„800 Jahre unter einem Dach“

„Die ungewöhnliche Sanierung des Schlosses ist ein Impuls“, erklärt Phillipson. „Wir wollten wissen, ob es uns gelingt, knapp 800 Jahre Geschichte in einem einzigen Projekt zu vereinen. Ich denke, das Experiment ist geglückt.“ Das beweisen allein schon die vielen Preise, die über dem Revitalisierungsprojekt hereingebrochen sind. Im Herbst 2013 wurde das Astley Castle mit dem renommierten RIBA Sterling Prize ausgezeichnet. Und nun ist das Projekt für den internationalen Wienerberger Brick Award 2014 nominiert.

Die Baukosten belaufen sich auf 2,5 Millionen Pfund (drei Millionen Euro). Der Großteil davon stammt aus dem Heritage Lottery Fund und von English Heritage. Hinzu kamen private Spenden. Vom mühsamen Bauprozess, der viele technische Tricks erforderte und an dem sogar Freiwillige aus der Grafschaft Warwickshire mitgewirkt haben, ist heute nichts mehr zu spüren. Fußbodenheizung, feines Tuch und ein Hauch royalen Flairs prägen die Gemächer.

„Lynn! Sharon!“, hallt es durch den Salon. „Nur noch die Blumen, dann sind wir fertig!“ 14 Uhr. In wenigen Minuten werden die Gäste anreisen. Man hört bereits das Knirschen des Schotters. Der Wagen biegt ums Eck. Kein Bentley.

Astley Castle, Astley, Nuneaton. Ein Wochenende ab ca. 1130 Pfund (ca. 1360 Euro). Interessenten werden sich jedoch gedulden müssen. Bis Jänner 2016 ist das Haus komplett ausgebucht.

10. Dezember 2013 Der Standard

Ein Botschafter auf dem Holzweg

Dem Vorarlberger Architekten Bernardo Bader geht es um den Fortbestand von Lokalkolorit und Bautradition. Kürzlich wurde er in Lissabon mit dem renommierten Aga-Khan-Preis 2013 ausgezeichnet

Dornbirn - „Eigentlich wusste ich nie, was ich studieren soll“, meint der 39-jährige Vorarlberger Bernardo Bader, der, bevor er sich der Architektur zuwandte, eigentlich Jurist werden wollte. Von der frühen Skepsis ist heute nichts mehr zu spüren. Ganz im Gegenteil: Vor zwei Monaten wurde der Hobbymusiker, der sich in seiner Freizeit liebend gerne mit Gitarre, Folk-und Country-Songs zurückzieht, für den von ihm geplanten islamischen Friedhof in Altach mit dem renommierten Aga Khan Award 2013 ausgezeichnet.

„Ich werde ständig gefragt, was ich mit meinem Preisgeld machen werde“, sagt Bader. „Ich werde es investieren, um meine Vision weiterhin zu propagieren.“ Und diese lautet: Fortsetzung von Vorarlberger und vor allem Bregenzerwälder Bautradition und Lokalkolorit auf der Höhe der Zeit. „Schon seit den Vorarlberger Baukünstlern ist die Bauqualität im Ländle extrem hoch. Dieses Potenzial darf man einfach nicht verspielen.“

In die Kistenecke gestellt

Laut und auffällig sind die von Bader geplanten Häuser nur selten. Meist handelt es sich um stille, behutsam in die Landschaft komponierte Archetypen. „Von den Innerösterreichern (sic!) wird man als Vorarlberger immer nur in die Holz- und Kistenecke gestellt“, sagt Bader. „Aber das ist mir ziemlich wurscht. Die laute, schreierische, skulpturale Lösung ist halt nicht immer die beste.“

Zu den bisherigen Projekten des Realisten („Viele träumen davon, Museen, Kirchen und irgendwas auf dem Mond zu bauen, aber ich will einfach nur schöne Projekte realisieren.“) zählen Einfamilienhäuser, Cafés, Restaurants, Gewerbebauten, Schauräume, Schulbauten und Kindergärten. Die meisten Gebäude sind aus Holz, wobei Bader darauf achtet, das Material aus der Region zu beziehen und die Wertschöpfungskette bei klein- und mittelständischen Betrieben zu lassen.

Holz aus eigenem Besitz

Bei einem seiner letzten Projekte überzeugte Bader die Gemeinde Bludenz, den zweitgrößten Waldbesitzer Vorarlbergs, den Gemeindekindergarten mit Material aus dem eigenen Forstbestand zu errichten (siehe Foto links). „Das gesamte Holz für dieses Projekt stammt aus eigenem Besitz. Das war zwar ein organisatorischer Mehraufwand, aber unterm Strich war das Projekt keinen Cent teurer.“

Erstmals wagt sich Bader, der sonst nur in der Bodenseeregion tätig ist, über den Alpenraum hinaus. Gemeinsam mit Sven Matt plant er in Zagreb derzeit den Neubau der österreichischen Botschaft. Das Projekt, Resultat eines Wettbewerbs, ist auch in ganz anderer Hinsicht eine Botschaft - und zwar für nachhaltiges, unaufgeregtes Bauen in Holzbauweise und Passivhausstandard. Sämtliche Bauteile werden vorgefertigt und sollen vor Ort nur noch zusammengesteckt werden.

Gegen „langweilige Investorenarchitektur“

Für eines allerdings wird Bader niemals zu gewinnen sein: „Langweilige Investorenarchitektur, bei der es darum geht, billigen Wohnraum als Wertanlage zu schaffen ... Ich finde das entsetzlich. Zum Glück kann ich es mir leisten, die Finger davon zu lassen.“

23. November 2013 Der Standard

Mit menschlicher Wärme

Das von baumschlager eberle geplante Bürohaus in Lustenau ist nicht nur etwas fürs Auge: Das Low-Tech-Haus kommt ohne Heizung aus.

Der matt polierte Türgriff aus Messing liegt satt in der Hand. Im Foyer hängt, mit der Eleganz eines Bentley-Interieurs, sandfarbener Filz mit händisch abgenähten Lederapplikationen von der Decke. Dahinter bereits entfalten sich weiße, luftige, von Grandezza durchströmte Räume mit Kunstwerken von David Reed und James Turrell. Und hinten, jenseits der Glastür schließlich blitzt, als würde man den brandneuen Designhotel- Guide durchblättern, eine fesche Cafeteria mit neonbunten Ingo-Maurer-Lampen und cognacfarbenem Ledergestühl hervor.

Bin ich denn hier richtig? Auf der Suche nach dem Architekturbüro baumschlager eberle? Adresse: Lustenauer Gewerbegebiet, Millennium Park 20? Und tatsächlich: Noch bevor der aufkommende Zweifel Raum greifen kann, marschieren, ja gleichsam schweben, schwarz gekleidet vom Scheitel bis zur Sohle, schlanke, junge, von einem künstlerischen Impetus getriebene Gestalten über den hellen Boden und bestätigen die eingangs noch wenig verfestigte Vermutung.

Doch die visuelle Wucht - schließlich sind wir hier in Vorarlberg, und von den Vorarlbergern ist man ja schon einiges gewohnt - ist nicht mehr als eine angenehme Begleiterscheinung. Der eigentliche Trumpf dieses nicht unhübschen Bürogebäudes nämlich ist nicht die Optik, sondern die Technik. Um nicht zu sagen: die nicht vorhandene Technik. Denn das Haus 2226 - der Name bezieht sich auf die weltweit akzeptierte, in diesen Räumen ganzjährig vorherrschende Wohlfühltemperatur von 22 bis 26 Grad Celsius - kommt gänzlich ohne Haustechnik aus. Ohne Lüftung. Ohne Kühlung. Ohne Heizung.

„Glauben Sie mir, Sie sind nicht der Erste, der so verdutzt schaut“, sagt Dietmar Eberle, Geschäftsführer von baumschlager eberle und Mastermind dieses revolutionären Projekts, der wie ein alteingesessener Galerist durch die erlauchten Räumlichkeiten wandelt und mit der lodernden Zigarette, mal hier, mal da, auf ein paar präzise gearbeitete architektonische Details hinweist: Flächenbündigkeit, Sesselleistenlosigkeit, zahnstocherdünne, aus massivem Stahl gezogene Stiegengeländer und was man von einem zeitgenössischen Gebäude heutzutage sonst noch alles zu erwarten hat.

Der Computer als Heizkörper

„Aber genau so ist es! Das gesamte Haus kommt 365 Tage im Jahr ohne eigene Wärmequelle aus, denn die Temperierung findet einzig und allein über jene energetischen Quellen statt, die bereits im Raum vorhanden sind.“ Große Augen, zum Bersten angespannte Stille, und nach wenigen Sekunden dann die lapidar daherkommende Erklärung: „Menschen, Licht, Computer. Mehr brauchen wir nicht. Das reicht.“

Das gesamte Haus ist so konzipiert, dass möglichst wenig Wärme durch die Wände diffundiert und dass möglichst viel Energie in der speicherfähigen Masse gebunden werden kann. 78 Prozent dieser energiespeichernden Mission übernehmen die massiven Böden und Decken aus Stahlbeton, die restlichen 22 Prozent obliegen den 80 Zentimeter dicken Außenwänden aus handelsüblichen, doppelschalig verlegten und in fast jedem österreichischen Einfamilienhaus vorzufindenden Wienerberger-Hochlochziegel. Wärmedämmung gibt es nicht. Aufgrund des hohen Luftkammeranteils des Ziegels konnte auf Mineralwolle und aufgeschäumte Erdölderivate verzichtet werden. Der in Vorarlberg hergestellte und zumeist bei Sanierungen verwendete gelöschte Kalkputz an der Wand ist außerdem in der Lage, Feuchtigkeit und Kohlendioxid zu binden.

In den Innenräumen des sechsgeschoßigen Vorzeige-Passivhauses regiert technische Askese. Man begnügt sich mit der Abwärme der Mitarbeiter, der Computer sowie der Abstrahlwärme von Leuchtstoff, Halogen und LED. Zudem sorgen die hier arbeitenden Architekten aufgrund ihrer Atemtätigkeit für die nötige Luftfeuchtigkeit. Mittels Sensoren wird in jedem Raum die aktuelle Luftqualität gemessen. Auf iPod-ähnlichen Displays in der Wand sind Lufttemperatur, Feuchtigkeit und CO2-Gehalt ersichtlich. Auch die Tages-, Wochen-, Monats- und Jahresentwicklung der niemals 22 Grad unter- und 26 Grad überschreitenden Temperaturkurve kann man hier ablesen.

Sobald sich die Faktoren bestimmten Grenzwerten annähern, sorgt die eigens für dieses Haus entwickelte Software dafür, dass mit den hier vorhandenen Potenzialen gegengesteuert wird. Dann gehen je nach Tages- und Jahreszeit die schmalen Fensterflügel auf und zu, dann schaltet sich das Licht ein und aus, dann kann es schon einmal passieren, dass sich an einem verlängerten Wochenende, wenn niemand im Haus und der Winter draußen klirrend kalt ist, für ein paar Stunden der Computer der Sekretärin einschaltet, um etwas warme Ventilatorenluft in den Raum zu hauchen.

Stupid Building mit Hirn

„Das Wichtigste ist, dass man die Komfortzone von 22 bis 26 Grad Celsius niemals verlässt“, sagt der Architekt. „Das Haus ist träge, kann viel Energie binden und reagiert entsprechend langsam und zeitverzögert auf äußere Umwelteinflüsse. Mit einem dünnen Pappendeckelhaus wäre das alles hier niemals machbar.“ Doch so, Eberle dirigiert sich mit seinem glimmernden Tabakstaberl durch den Raum, sei es tatsächlich möglich, auf all das zu verzichten, was in unseren Breitengraden stets unverzichtbar schien.

„Wissen Sie, ich habe in meinem Leben schon so viele Passivhäuser gebaut, und meine Erkenntnis nach mehr als 30 Jahren in diesem Beruf ist: Das ist alles sinnlos. Denn einerseits verbraucht man zwar weniger Energie, andererseits aber buttert man so viel Geld in die anfällige und regelmäßig zu wartende Haustechnik-Hardware, dass man unterm Strich keinen einzigen Cent eingespart hat. Mein Credo lautet daher: Back to the roots! Ich will keine Smart Houses und keine Smart Cities. Ich will einfach nur Stupid Buildings, die funktionieren.“

Und billig ist diese der vermeintlichen Dummheit innewohnende Architekturrevolution obendrein: Das Bürohaus 2226 kostete in der Errichtung rund 1000 Euro pro Quadratmeter - weitaus weniger als jeder soziale Wohnbau von der Stange. Und was die laufenden Stromkosten betrifft, so gönnt sich Hausherr Dietmar Eberle einen letzten entspannenden Zug von seiner Zigarette: „Das Teuerste an diesem Haus sind mittlerweile die Honorarkosten derer, die die Betriebskosten verwalten.“

Mit dem Bürohaus 2226 treten baumschlager eberle den Beweis an, dass die bevorstehende Energiewende mit den Mitteln heutiger Architektur durchaus zu meistern ist. Möge das preisverdächtige Projekt Nachahmer finden.

12. November 2013 Der Standard

„Die Scheu vor Architektur nehmen“

Die Wiener Architektin Lena Schacherer erklärt die Beweggründe für die neu gegründete Plattform „Best (un)built“

Mit ihrer neu gegründeten Plattform „Best (un)built“ will die Wiener Architektin Lena Schacherer vor allem Baumeister- und Fertighaus-Kunden ansprechen, erklärt sie im Gespräch mit Wojciech Czaja.

STANDARD: Wie kam es zu der Idee?

Schacherer: Viele Architekten planen Häuser, die niemals realisiert werden. Vor zwei Jahren habe ich mir dann gedacht: Ich halt's nicht mehr aus, so viel Zeit und Energie zu investieren, damit das Projekt, an dem man Monate oder Jahre gearbeitet hat, am Ende in der Schublade landet. So ist die Idee entstanden, eine Plattform zu gründen, auf der die besten unrealisierten Einfamilienhausprojekte zum Verkauf angeboten werden.

STANDARD: Wer ist das Zielpublikum?

Schacherer: In erster Linie sprechen wir jene Bauherren an, die kein Fertighaus wollen, mangels Alternativen oder mangels Durchblicks in der Branche dann aber beim Baumeister landen. Best (un)built soll Menschen die Scheu vor der Architektur nehmen.

STANDARD: Wie sieht das Prozedere aus?

Schacherer: Auf der Homepage bekommt man einen groben Überblick über die unterschiedlichen Projekte. Sobald man sich registriert und Mitgliedschaft beantragt hat, bekommt man zu jedem einzelnen Projekt genaue Beschreibungen, technische Detailinformationen, Grundrisse, Schnitte und eine Grobkostenschätzung.

STANDARD: Und dann?

Schacherer: Letztendlich hat der Kunde die Möglichkeit, den fixfertigen Einreichplan zu kaufen, wobei die Kosten je nach Projekt zwischen 3000 und 7000 Euro liegen. Natürlich ist so ein Einreichplan nicht eins zu eins auf das jeweilige Grundstück anwendbar, aber wir bieten auch technische Beratung und Serviceleistungen an beziehungsweise empfehlen unsere Kunden dann an Architekten und Konsulenten weiter.

STANDARD: Wie schaut es mit dem Copyright aus?

Schacherer: Wichtig: Das Urheberrecht bleibt bei den Architekten. Sie übergeben die Werknutzungsrechte an Best (un)built, wobei die Bezahlung wie in einem Galeriesystem abgewickelt wird.

STANDARD: Das heißt?

Schacherer: Der Architekt bekommt pro verkauften Plan einen bestimmten Prozentsatz.

STANDARD: Wie viele Projekte gibt es bisher in Ihrem Webshop?

Schacherer: Wir haben vor zwei Wochen gestartet. Derzeit haben wir 13 Projekte. Bis Jahresende sollen es 50 sein, wobei Architekten aus ganz Europa, unter anderem aus den Nachbarländern Deutschland, Ungarn, Tschechien und der Slowakei teilnehmen werden, aber auch aus Großbritannien und Frankreich. (DER STANDARD, 9.11.2013)

Lena Schacherer (38) studierte Architektur in Wien, Graz, Berlin und Paris. Seit 2011 arbeitet sie an Best (un)built.

12. November 2013 Der Standard

Phönix aus der Schublade

Jahr für Jahr landen in Österreich tausende Einfamilienhausentwürfe im Archiv. Eine neue Initiative will die besonders schönen Archivleichen nun an den Bauherrn und die Baufrau bringen

Laut Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten gibt es in Österreich derzeit rund 3000 registrierte, aktiv im Berufsleben stehende Architekten. Und jedem einzelnen davon, erklärt Bundeskammerpräsident Georg Pendl, passiere es zumindest einmal pro Jahr, dass ein fixfertig geplantes Projekt nicht zur Ausführung gelangt, sondern stattdessen in der Schublade landet. Die Gründe sind vielfältig und reichen von unrealisierten Wettbewerbsbeiträgen bis hin zur Scheidung der Bauherrenschaft.

Unbezahlte Arbeit

„Allein in offene Wettbewerbe werden in Österreich Jahr für Jahr mehr als 73 Millionen Euro an Arbeitsleistung hineingebuttert“, sagt Pendl. „Und ich würde davon ausgehen, dass die Verschwendung, die aus der Menge niemals gebauter Einfamilienhäuser resultiert, ähnlich groß ist - wenn nicht sogar größer.“ Genaue Zahlen dazu seien nicht in Erfahrung zu bringen.

Seit rund zwei Wochen ist ein Projekt online, das sich genau diesen Schubladenleichen widmet. Unter der Domain best-un-built.com findet man eine Art Shopping-Plattform für potenzielle Bauherren, die zwar an Architektur interessiert sind, denen der Weg ins Architekturbüro letztendlich aber zu stressig oder zu angstbehaftet erscheint. Deren gibt es viele. Und nicht wenige davon landen am Ende beim Baumeister oder Fertighausproduzenten.

„Die Einfamilienhausentwürfe, die in den Archiven schlummern, sind zum Teil von sehr hoher Qualität“, sagt Lena Schacherer, Projektinitiatorin und Inhaberin der Plattform. „Es wäre schade, diese Projekte nicht wiederzubeleben.“ Vor allem Menschen mit geringerem Budget hätten so die Möglichkeit, an ausgefallene Projekte zu gelangen.

Strenges Urheberrecht

Zwischen 3000 und 7000 Euro kostet eine abgeschlossene Einreichplanung, wobei das Projekt je nach Bundesland, Grundstück und geltenden Bebauungsbestimmungen adaptiert werden muss. Best (un)built stellt Kontakte zu Architekten, Baumeistern, Statikern, Haustechnikplanern und Innenraumgestaltern her. Der Verkauf der Pläne ist in erster Linie ein juristischer Akt, denn die Urheber- und Wertnutzungsrechte sind hierzulande sehr streng.

Zu den teilnehmenden Büros, die ihre Archivleichen auf Best (un)built anbieten, zählen etwa Söhne & Partner sowie die Klosterneuburger Architektin Andrea Bódvay. „Natürlich müssen die Projekte an neue Rahmenbedingungen angepasst werden, aber darin sehe ich kein Problem“, sagt Bódvay auf Anfrage des STANDARD. Und Guido Trampitsch, Söhne & Partner, meint: „Es kann passieren, dass ein Projekt verfremdet und so ausgeführt wird, dass es unseren Vorstellungen nicht entspricht. Aber diese Gefahr besteht eigentlich bei jedem Projekt.“

Kritik an „Dumping-Preisen“

Nicht alle sind von Best (un)built begeistert. „Da werden Einfamilienhaus-Projekte zum Dumping-Preis auf den Markt gebracht“, meint Günter Katherl vom Wiener Architekturbüro Caramel. „Ich fürchte, dass mit dieser Plattform ein Ausverkauf der Architektur einhergeht. Seit Jahren schon setzen wir uns dafür ein, dass unsere Arbeit einen gewissen Wert hat. Und nun sollen die Projekte um einen Bruchteil ihres Werts verkauft werden. Da bin ich vorerst noch skeptisch.“

10. November 2013 Der Standard

Wenn die Architektur zum Nebenschauplatz wird

Die Salzburger Architekten Maria Flöckner und Hermann Schnöll erachten ihre wenigen, aber dafür umso beeindruckenderen und medial viel zitierten Wohnhäuser als Teil der Landschaft

„Bitte noch ein Porträtfoto von Ihnen beiden!“ Und dann, Stunden später, kam eine wunderbar poetische Landschaftsaufnahme, auf der Maria Flöckner und Hermann Schnöll gerade einen Drachen in den Himmel aufsteigen lassen. Das Flugobjekt war zwar wunderschön, von den beiden Architekten jedoch, um die es hier geht, war nicht mehr zu sehen als ein dynamisches, von Bewegungsunschärfe gezeichnetes Gesichtspaar mit einigen Pixeln Größe.

Und schon ist über das Salzburger Büro Flöckner Schnöll das Wichtigste gesagt: Im Mittelpunkt steht weder der Architekt, noch das von ihm geplante Bauwerk, sondern einzig und allein die Schönheit der Landschaft. „Ein Haus ist immer auch Teil des Ortes, an dem es steht“, sagen die beiden, die sich vor vielen Jahren auf einem Symposium kennengelernt hatten. „Für uns ist Architektur nicht ein künstlicher Gegenpol zu Natur wie für viele andere, sondern ein räumliches Element, das uns ermöglicht, diese oft famosen Landschaftsblicke einzufangen, einzurahmen und zu genießen.“

Rundum verglast

Entsprechend zelebriert wird die atmosphärische Verbindung zwischen innen und außen. Beim 2007 fertiggestellten Wohnhaus 47°40'48"n / 13°8'12"e in Adnet – der Name ergibt sich aus den Geo-Koordinaten des Bauplatzes – wohnt man in einem rundum verglasten Raumgefüge zwischen zwei Stahlbetondeckeln. Man ist sozusagen der transparente Burger zwischen zwei betonierten Bun-Hälften. Um des Panoramaglücks nicht überdrüssig zu werden, befindet sich an der Außenkante des Hauses ein schwarzer Vorhang, den man je nach Belieben hin- und herschieben kann, um den Ausblick in die Landschaft mal schwächer, mal stärker zu filtern. Geblickt werden kann übrigens auch nach innen: Hinter einer riesigen, raumhohen Glaswand befindet sich die Garage.
Und in ihr ein knallgelber Porsche.

Auch beim Haus T in Hallwang, dessen Name sich aus der T-förmigen Mittelmauer ergibt, die das Haus auf der gesamten Länge in zwei Hälften schneidet, spielt Natur eine wichtige Rolle. Vor allem im Winter, wenn das Grün unter einer weißen, reflektierenden Decke verschwunden ist, scheinen Innen- und Außenraum nahtlos ineinander zu fließen. Um von diesem Genuss ja nicht abzulenken, wurden die Oberflächen im Low-Budget-Haus bewusst roh gehalten: Der Beton trägt Schönheitsflecken und Gussspuren, die Möbel sind aus handelsüblichen OSB-Platten gefertigt.

„Immer wieder Neues entdecken“

Warum das alles so ist wie es ist? „Es ist schwierig, sich selbst zu beschreiben“, sagen Maria Flöckner und Hermann Schnöll nach einer schweigsamen Minute. „Das müssen die anderen entscheiden. Was wir allerdings sagen können: Mit jeder neuen Bauaufgabe können wir unserem Beruf unvoreingenommen begegnen und immer wieder Neues entdecken. Dieses impulshafte Arbeiten in und mit der Landschaft hat für uns fast etwas Kindliches.“

5. November 2013 Der Standard

Höher hinauf zu den Wolken

Der Wiener Architekt Wolf D. Prix, Planer des neuen Wahrzeichens der Europäischen Zentralbank in Frankfurt, erhielt den Hessischen Kulturpreis 2013. Das Viertel rund um den EZB-Tower, als „neue Ikone“ beworben, wird jedoch zum Hochsicherheitsareal.

Staub und Lärm und pfeifender Novemberwind: Im 42. Stock, mit direktem Blick auf das Frankfurter Finanzviertel, wird eifrig gearbeitet. Da, wo später einmal der Vorstandskonferenzsaal der Europäischen Zentralbank sein wird, konnte DER STANDARD im Rahmen einer Baustellenführung einen Blick hinter die fast schon gänzlich geschlossenen Fassaden des neuen EZB-Towers werfen. Der Rohbau ist abgeschlossen, im Dezember sollen die Kräne und Bauaufzüge abmontiert werden, die Fertigstellung des 1,2 Milliarden Euro teuren Doppelturms der Europäischen Zentralbank ist für Ende 2014 angepeilt.

Grund genug zum Feiern dachte sich das Land Hessen: Am vergangenen Freitag überreichte man dem Wiener Architekten Wolf Prix, Chefarchitekt von Coop Himmelb(l)au, in Frankfurt den Hessischen Kulturpreis 2013. Prix, Sieger eines internationalen Wettbewerbs, arbeitet seit nunmehr zehn Jahren an diesem mit Abstand höchsten Gebäude seiner Karriere. Und schon jetzt wird das neue EZB-Headquarter, das auf dem Areal der historischen, denkmalgeschützten Großmarkthalle entsteht, als „Frankfurts neue Ikone“ und „Symbol einer polyzentrischen Stadt“ beworben.

„Prix hat es verstanden, die Werte der EZB in diesem Entwurf widerzuspiegeln und in seine spezifische architektonische Sprache umzusetzen“, erklärte EZB-Generaldirektor-Stellvertreter Werner Studener. Eine Vision habe Gestalt angenommen. Und der kalifornische Architekt Thom Mayne würdigte in seiner Laudatio die dynamische, innovative und stets Grenzen durchbrechende Architektur des Wiener Büros. „Man muss wissen: Wolf Prix hasst Schwerkraft, und er liebt Wolken.“ An diesem Projekt manifestiere sich das besser als je zuvor.

Ob der 185 Meter hohe EZB-Tower mit seinen gekrümmten Glasfassaden eines Tages wirklich als Ikone wahrgenommen werden wird, sei dahingestellt. Spätestens mit Fertigstellung wird sich das gesamte Gelände rund um die Großmarkthalle in ein Hochsicherheitsareal für 1500 Mitarbeiter verwandeln, in dem die Zukunft der europäischen Wirtschaft unter Ausschuss der Öffentlichkeit entschieden wird. Für Ikonentum bleibt da kein Platz.

Projekt in Ostchina

Sehr wohl öffentlich ist hingegen das Internationale Konferenzzentrum in der ostchinesischen Hafenmetropole Dalian, das nach Plänen von Coop Himmelb(l)au letztes Jahr fertiggestellt wurde. Auf einer Gesamtfläche von 100.000 Quadratmetern vereint es Opernhaus, Theater, Museum, Ausstellungszentrum, diverse Konferenzsäle und eine 45 Meter hohe Eingangshalle, die so groß ist wie vier Fußballfelder zusammen. Die Wiener Galerie Ulysses widmet diesem Projekt derzeit eine Präsentation mit großflächigen Bildern, Film und Modell.

2. November 2013 Der Standard

's Drießg-Minuta-Hüsle

In Krumbach, Vorarlberg, wartet man nicht nur auf den Bus, sondern auch auf sieben neue Buswartehäuschen. Das Projekt wirft eine Frage auf: Ist das Kunst oder Architektur?

7.53 Uhr. Um eine Minute den Bus nach Bregenz verpasst. Hargozack no amol! In wenigen Monaten, so wollen es die Projektinitiatoren, wird diese Situation keine unangenehme mehr sein. Denn ab März werden in Krumbach im Bregenzerwald ein paar Architekturpreziosen in die Landschaft gestellt, die nicht nur die Bautypologie Buswartehäuschen revolutionieren, sondern auch dafür sorgen sollen, dass man die kommenden 29 Minuten, bis der nächste bienemajafarbene Landbus daherkommt, mit um sich blickendem und holistisch wahrnehmbarem Raumgenuss verbringen kann.

„Bus:Stop Krumbach“, so der offizielle Name, ist eine Privatinitiative der 977-Seelen-Gemeinde Krumbach, die mithilfe von Geld- und Sachspenden sieben slicke, in jeder Hinsicht hirnbegabte Buswartehäuschen-Entwürfe aus aller Welt in die Realität umsetzen will. Und das mitten auf dem Land, bisweilen sogar mitten im Nirgendwo. Ziel dieser Initiative ist es, den öffentlichen Verkehr, der in Vorarlberg traditionell eine außergewöhnliche, weil allseits beliebte Position einnimmt, noch stärker ins Bewusstsein der Bevölkerung zu rücken. Und zwar nicht nur im Landbusland, sondern überregional.

„Mit 30.000 Einwohnern ist der Bregenzerwald verhältnismäßig dünn besiedelt“, sagt der Krumbacher Bürgermeister Arnold Hirschbühl. „Und doch gelingt es, dass der Landbus in Stoßzeiten im Halbstundentakt die Gemeinden anfährt, in Randzeiten immerhin noch einmal pro Stunde. Das gibt es im ländlichen Raum sonst nirgendwo.“ 6,9 Millionen Fahrgäste nutzen den Bregenzerwälder Landbus pro Jahr, wie Daniela Kohler, Geschäftsführerin der Regionalentwicklung Bregenzerwald GmbH, mitteilt: „Die neuen Wartehäuschen, die wir im Frühjahr bekommen werden, sind nicht nur ein Marketing-Instrument für uns, sondern auch ein media- ler Impuls, das Privatauto ruhig auch einmal zu Hause stehen zu lassen.“

Noch 17 Minuten. Die treibende Kraft hinter dem Projekt ist Kurator Dietmar Steiner vom Architekturzentrum Wien. Gemeinsam mit dem Verein Kultur Krumbach, dem Vorarlberger Architekturinstitut (vai), dem Kunsthaus Bregenz und rund 150 sponsernden Unternehmen aus der Region machte er es möglich, sieben Architekten aus aller Welt einzuladen und ihnen einen Entwurf für ein Wartehüsle zu entlocken. Als Belohnung gab's eine Woche Ländle-Urlaub.

„Die Vorarlberger Baukünstler der dritten Generation sind bereits so verfeinert und fast schon dekadent in ihrer Perfektion, dass wir uns dachten, ein bissl Schmutz und Irritation von außen wird den millimetergenau denkenden und auf höchstem Niveau agierenden Architekten schon guttun“, sagt Steiner. Doch was dann kam, 14 Minuten, stellte sich als globalisierter Kulturschock heraus.

„Dieses Vorarlberg scheint international schon so eine einschüchternde Vorbildwirkung zu haben, dass sogar ein Alexander Brodsky aus Russland, der bisher nur Baumstämme mit Kabelbindern zusammenimprovisiert hat, plötzlich mit millimetergenau gezeichneten CAD-Plänen für einen zweigeschoßigen Warteturm dahergekommen ist“, so Steiner. Die anderen Entwürfe, die kürzlich im Kunsthaus Bregenz (siehe Foto) präsentiert wurden, sind um keinen Deut unpräziser.

Genießen, bis der Bus kommt

De Vylder Vinck Taillieu (dvvt) aus Gent entwarfen eine Skulptur aus dreieckigen, zusammengeschweißten Stahlplatten, Rintala und Eggertson (Bodø, Norwegen) schufen einen mit Lärchenschindeln verkleideten Hochsitz, in dem man nicht nur auf den Bus warten, sondern auch das benachbarte Tennisspiel verfolgen kann, das Madrider Ensamble Studio stapelte unbehandelte Eichenbretter zu einem räumlichen Etwas mit Sitzbank und Dach, Sou Fujimoto (Tokio) schuf eine acht Meter hohe, filigrane Stangenskulptur aus Holz und Stahl, die man auf wackeligen Stufen erklimmen kann und die laut Steiner „das wahrscheinlich schwierigste Projekt in der Umsetzung werden wird“, und Pritzkerpreisträger Wang Shu aus Hangzhou, China, entwarf eine überdimensionale Camera obscura, in der man wie in einem alten Linhof-Ziehharmonika-Fotoapparat Platz nehmen und in die Landschaft hinausschauen kann. Bis der Bus kommt. Sieben Minuten.

Der einzige Entwurf, der jetzt schon im Maßstab 1:1 existiert, ist das gläserne Wartehäuschen des chilenischen Architekten Smiljan Radic. Inspiriert von den kleinen, gemütlichen Bregenzerwälder Stuben, transferiert er eine ebensolche hinaus in die freie Natur. Freilich nicht ohne dem Objekt die eines Architekten würdige Verfremdung überzustülpen. Die Wände sind aus Glas, die Bregenzerwälder Kassettendecke ist in Beton gegossen, und etwas entrückt ist am großen Hüsle noch ein kleines für die Vögel montiert.

„Von Anfang an haben mich die Holzstuben hier fasziniert, und gleichzeitig finde ich es berührend, wie in Vorarlberg Privatheit und Öffentlichkeit Hand in Hand gehen“, sagt Radic im Gespräch mit dem STANDARD. „Aus diesem Grund wollte ich den ursprünglich intimen Privatraum in die Natur hinausstellen und für alle spürbar machen.“ Die handwerkliche Präzision ist rekordverdächtig, wohlgemerkt.

„Natürlich braucht man so ein Wartehäuschen nicht wirklich“, sagt Dietmar Steiner. „Ein einfacher Unterstand mit Fahrplan und Logo tut's auch. Doch dieses Projekt markiert einen Ort. Und es ist ein Symbol für öffentlichen Nahverkehr.“ Und genau das ist der vielleicht einzige Kritikpunkt. Denn als Vorzeigebeispiel für künftige Buswartehäuschen zwischen Bregenzerwald und Seewinkel eignet sich Bus:Stop Krumbach - über das Budget wird vorerst noch geschwiegen - nur bedingt. „Ohne Sponsoring wäre das gesamte Projekt unverantwortlich und unfinanzierbar“, meint Bürgermeister Hirschbühl.

8.22 Uhr. Noch eine Minute. Und so wird Bus:Stop Krumbach bei aller Genialität als das in die Geschichte eingehen, was es ist: nicht als Architektur, sondern als Kunst im öffentlichen Raum auf höchstem Niveau und mit bester Netzwerkarbeit zwischen Creative Industry und regionalem Handwerk. 8.23 Uhr. Hinterm Waldrand biegt ein gelber Bus ums Eck. Das Warten hat ein Ende. Hargozack no amol!

Publikationen

2024

Wien Museum Neu

Der Band ist eine visuelle und essayistische Reflexion über ein bedeutendes Kultur-Bauprojekt an einem der zentralen Orte Wiens in unmittelbarer Nachbarschaft zu Karlskirche, Künstlerhaus und Musikverein.
Autor: Wojciech Czaja
Verlag: Müry Salzmann Verlag

2022

mittendrin und rundherum
Reden, Planen, Bauen auf dem Land und in der Stadt Ein nonconform Lesebuch

Seit über 20 Jahren ist nonconform in Deutschland und Österreich in der räumlichen Transformation tätig. Architektur ist für das interdisziplinäre Kollektiv nie bloß ein fertiges, fotogenes Resultat, sondern immer auch ein lustvoller, horizonterweiternder Prozess, in den die Bürger:innen einer Gemeinde,
Hrsg: Wojciech Czaja, Barbara Feller
Verlag: JOVIS

2022

Brick 22
Ausgezeichnete internationale Ziegelarchitektur

Vom handgemachten Ziegelstein zum hoch entwickelten modernen Produkt: Das Bauen mit gebrannten Tonblöcken schöpft heute aus einem Erbe von neun Jahrtausenden Baugeschichte und dank ihrer vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten, ihrer konstruktiven Qualitäten und ihrer Nachhaltigkeit sind Ziegel bis heute
Hrsg: Wienerberger AG
Autor: Wojciech Czaja, Anneke Bokern, Christian Holl, Matevž Celik, Anna Cymer, Isabella Leber, Henrietta Palmer, Anders Krug
Verlag: JOVIS

2021

Frauen Bauen Stadt

Wie weiblich ist die Stadt von morgen? Im Jahr 2030 werden weltweit 2,5 Milliarden Frauen in Städten leben und arbeiten. Traditionell war die Arbeit am Lebenskonzept Polis in ihrer Beauftragung, Planung und Ausführung jedoch männlich dominiert. Frauen Bauen Stadt porträtiert 18 Städtebauerinnen aus
Hrsg: Wojciech Czaja, Katja Schechtner
Verlag: Birkhäuser Verlag

2020

Almost
100 Städte in Wien

Was macht ein Reisender, wenn er nicht reisen kann? Er reist trotzdem. Wojciech Czaja setzte sich im Corona-Lockdown im Frühjahr 2020 aus Frust auf die Vespa und begann, seine Heimatstadt Wien zu erkunden. Er fuhr in versteckte Gassen, unbekannte Grätzel und fernab liegende Adressen am Rande der Stadt
Autor: Wojciech Czaja
Verlag: Edition Korrespondenzen

2018

Hektopolis
Ein Reiseführer in hundert Städte

Jede Stadt ist anders. Jede Stadt hat ihren eigenen Charakter, aber auch ihre ganz eigenen Geschichten. Der vielreisende Stadtliebhaber Wojciech Czaja widmet sich in seinem Buch Hektopolis genau diesen ortsspezifischen, feinstofflichen Beobachtungen, Erlebnissen und Anekdoten. Porträtiert werden hundert
Autor: Wojciech Czaja
Verlag: Edition Korrespondenzen

2017

Motion Mobility
Die neue ÖAMTC-Zentrale in Wien

In einem von der Grundstückssuche bis zur Fertigstellung interdisziplinären Prozess planten Pichler & Traupmann Architekten, FCP Fritsch, Chiari & Partner als Ingenieure und das Beratungsunternehmen M.O.O.CON in Zusammenarbeit mit der Agentur Nofrontiere Design und SIDE Studio für Information Design
Autor: Wojciech Czaja, Matthias Boeckl
Verlag: Park Books

2012

Wohnen in Wien
20 residential buildings by Albert Wimmer

Wie wohnen die Wienerinnen und Wiener? Inwiefern decken sich architektonisches Konzept und gelebter Alltag? Der Architekturjournalist Wojciech Czaja und die Fotografin Lisi Specht werfen gemeinsam einen Blick hinter die Fassaden des geförderten Wiener Wohnbaus und bitten die Mieter und Eigentümerinnen
Autor: Wojciech Czaja
Verlag: SpringerWienNewYork

2012

Zum Beispiel Wohnen
80 ungewöhnliche Hausbesuche

Wohnen ist eine zutiefst persönliche Sache. Kein Raum in unserem Leben steht uns so nahe wie unsere eigene Wohnung, wie unser eigenes Haus. Die beiden Autoren Wojciech Czaja und Michael Hausenblas reisen quer durch Österreich und sind zu Besuch bei Persönlichkeiten aus Kunst, Kultur und Wirtschaft. Die
Autor: Wojciech Czaja, Michael Hausenblas
Verlag: Verlag Anton Pustet

2007

91° More than Architecture

Architektinnen und Architekten sind Arbeitstiere. Viele von ihnen arbeiten zehn Stunden am Tag, sieben Tage die Woche, 50 Wochen im Jahr. Die wenige Zeit, die zwischen den dichten Arbeitsstunden noch übrig bleibt, ist wie ein Heiligtum und muss als solches respektiert werden. In diesem Sinne ist 91°
Hrsg: Wojciech Czaja, Eternit Österreich, Dansk Eternit Holding
Verlag: Birkhäuser Verlag

2007

Periscope Architecture
gerner°gerner plus

Vor zehn Jahren haben Andreas und Gerda Gerner mit einem Einfamilienhaus begonnen: „Für ein erstes Projekt ist das Haus Hinterberger sehr unkonventionell. Wir haben uns permanent gefragt: Trauen wir uns das? Seitdem hat man sich oft aus dem Fenster gelehnt“ Entstanden ist das schwebende Haus Südsee in
Hrsg: GERNER GERNER PLUS.
Autor: Wojciech Czaja
Verlag: Verlag Holzhausen GmbH

2005

Wir spielen Architektur
Verständnis und Missverständnis von Kinderfreundlichkeit

Was ist eigentlich ein Kind? Der Jurist wird uns darauf eine andere Antwort geben als der Soziologe, der Pädagoge eine andere als der Philosoph. Und der Architekt? Wird er schweigen und weiterbauen?
Autor: Wojciech Czaja
Verlag: Sonderzahl Verlag