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Entwurf für Haus der Geschichte vorgelegt
Der Standard

Das Haus der Geschichte Österreich erhält einen partiellen Neubau im Wiener Museumsquartier, die Architektur kommt von dem Berliner Büro O&O Baukunst.

13. September 2024 - Stefan Weiss
Auch das ist vielleicht historisch: Seit Jahrzehnten stritten in dieser Republik relativ ergebnislos mächtige Männer mit viel Geltungsdrang um die Frage, wie ein Museum zur Geschichte Österreichs aussehen könnte – und die Umsetzung gelingt nun einer Frauenrunde. Das Podium, das am Donnerstag vor der Presse den Siegerentwurf für die architektonische Umsetzung des Hauses der Geschichte Österreich (HdGÖ) präsentierte, war von Politik über Jury bis zum Museumspersonal zu 100 Prozent weiblich besetzt.

Einzig der Architekt, der von der Jury unter dem Vorsitz von Elke Delugan-Meissl den Zuschlag erhielt, durfte sich als Markus Penell vorstellen. Er ist Teil des Berliner Büros O&O Baukunst, an ihn und sein Team geht der Auftrag, im sogenannten Klosterhof des Wiener Museumsquartiers eine dauerhafte Bleibe für das HdGÖ zu errichten. O&O hat zuletzt das Jugendtheater in Frankfurt oder die renommierte Ernst-Busch-Schauspielschule in Berlin umgebaut, in Wien wird mit ihrer aus Holz und Glas bestehenden Neubauarchitektur der bestehende barocke Altbestand sinnvoll ergänzt.

Über ein helles Foyer gelangt man in den mehrstöckigen Neubau mit Terrasse, die 3000 Quadratmeter Ausstellungsfläche ziehen sich weiter bis in den Altbestand, jenen Flügel des MQ, der seine Fenster in Richtung Mariahilfer Straße hat. Äußerlich wird das HdGÖ im verwinkelten MQ damit nicht zu übersehen sein. Im Gegensatz zu den derzeit in der Neuen Burg verfügbaren 900 Quadratmetern wird die Nutzfläche mehr als verdreifacht, dem inhaltlichen Auftrag des HdGÖ, die Geschichte Österreichs von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis in die Gegenwart zu erzählen, kann dann erstmals voll entsprochen werden.

Baubeginn ist im zweiten Halbjahr 2026, Fertigstellung Ende 2028. Auf 39,3 Millionen Euro beläuft sich die Kostenschätzung, 27,7 davon sind bereits budgetiert, für den Rest wird eine neue Bundesregierung sorgen müssen, sagte Kultur-Staatssekretärin Andrea Mayer (Grüne), die sich „trotz des Wahlkampfs“ auch beim Koalitionspartner ÖVP bedanken wollte. Die Betriebskosten werden durch die Vergrößerung der Fläche zwar höher sein als aktuell (derzeit 1,7 Millionen Euro), dank der klimafitten Architektur wird das Haus in der Relation zum aktuellen Provisorium in der Hofburg allerdings günstiger.

Die Idee für die nunmehrige Lösung stammte ursprünglich von Johanna Rachinger (ÖNB-Chefin) und Bettina Leidl (MQ-Geschäftsführerin seit 2021), Mayer und Dschungel-Chefin Anna Horn wurden ins Boot geholt. Letztere wird auf die Probebühne des Jugendtheaters im Klosterhof verzichten müssen, erhält aber im Nebenhof eine größere Spielstätte, die alle Dschungel-Räumlichkeiten in einem Haus zusammenfasst. Eine Win-win-Situation ist die Sache auch für das Kunsthistorische Museum, das in der Neuen Burg wieder mehr Raum für die archäologische Ephesos-Sammlung erhält.

Die Entscheidung darüber, inwiefern das HdGÖ strukturell an die Nationalbibliothek angebunden bleibt oder ob es mit einem eigenen Haus nun letztlich auch ein eigenständiges Bundesmuseum werden sollte, wird ebenfalls einer neuen Bundesregierung obliegen, hieß es. Die Beteiligten ließen durchblicken, dass eine Eigenständigkeit der Institution wohl langfristig sinnvoller wäre.

HdGÖ-Direktorin Monika Sommer freute sich, dass das seit 2018 in der Neuen Burg nebst anderen Institutionen als Provisorium eingerichtete „Haus“ nun tatsächlich ein solches werde. Und dass die Architekten von O&O ihren Entwurf an der „inhaltlichen DNA“ des HdGÖ ausrichteten, die da lautet: Offenheit, Transparenz, Flexibilität im Umgang mit geschichtlichen und zivilgesellschaftlichen Diskussionen.

Bettina Leidl begrüßt die neue Institution als „erste inhaltliche Weiterentwicklung des MQ seit der Eröffnung im Jahr 2001“. In die neue Klimastrategie des MQ, die verstärkte Bodenentsiegelung und Begrünung auch im Klosterhof vorsieht, fügt sich der Museumsneubau nahtlos ein. Geschichte wird gemacht – diesmal im Zusammenwirken lösungsorientierter Pragmatikerinnen.

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