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dipl. Architekt ETH Zürich
CAS-Kulturmanager Universität Bern
seit 2002 Redaktor Architektur Hochparterre, seit 2009 Leiter Edition Hochpaterre

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1. Februar 2002 NZZ-Folio

Nachhaltigkeit auf Japanisch

Das Japanische Gifu, einige Kilometer nördlich der Millionenstadt Nagoya gelegen, ist eine der vielen gesichtslosen Agglomerationen im Landesinneren des Archipels.

Die Grenze zwischen den beiden Städten ist fliessend, ein grossflächiger Häuserteppich, aus dem Hochspannungsmasten herausstechen, verwebt die Orte miteinander. Die Region ist mit dem schweizerischen Mittelland zu vergleichen: Kein Zentrum ist auszumachen, erst am Fuss der Berge schlägt die träge Welle der Zersiedelung an. Wer genauer hinsieht, merkt aber, dass der Teppich aus unzähligen eigenständigen Stadtteilen besteht. Gifu ist, wie viele andere japanische Städte auch, eine Stadt der 1000 Dörfer.

Im Rahmen eines radikalen Stadtentwicklungsprogramms haben die Vertreter der Präfektur vor ein paar Jahren beschlossen, eines dieser natürlich gewachsenen «Dörfer» abzubrechen und an seiner Stelle - ganz im Sinne des Mottos der europäischen Moderne «Licht, Luft und Sonne» - einen neuen, modernen Ort im Niemandsland zu schaffen. Gefördert vom Staat, sollten 420 Wohneinheiten von je rund 70 Quadratmetern entstehen. Unter der Koordination von Arata Isozaki, einem Altmeister der japanischen Architektur, haben die vier Architektinnen Kazuyo Sejima, Akiko Takahashi, Elisabeth Diller und Christine Hawley den neuen Stadtteil erbaut. Anstelle des engmaschigen Quartiers aus meist zweigeschossigen Häuschen schlängeln sich nun vier gewaltige Wohnscheiben entlang der Parzellengrenze. Sie fassen einen trostlosen Leerraum, den die amerikanische Landschaftsarchitektin Martha Schwarz ungelenk mit einem Garten dekorierte.

Trotz der Brutalität des städtebaulichen Eingriffs sind ausserordentliche Wohnungen entstanden: Einzigartig sind die Einheiten in der mehrfach geknickten Scheibe von Kazuyo Sejima. Die 45-jährige Architektin gilt als Shootingstar der internationalen Architekturszene. Bekannt wurde sie auch ausserhalb von Fachkreisen mit ihrer Arbeit am Verpackungsdesign der neuen Kosmetiklinie von Prada und mit dem Design der Prada-Kosmetikshops.

In Gifu hat Sejima jedoch keineswegs Kosmetik betrieben, sondern beim Bau ihrer 107 Einheiten versucht, ein System zu etablieren, das auf zukünftige Änderungen im Wohnverhalten der Menschen flexibel reagieren kann. Die Architektin glaubt, dass sich die traditionelle Familienstruktur auflösen wird, und hat deshalb ein Haus gebaut, das auf Familien ebenso gut wie auf Singles, Paare oder auch Wohngemeinschaften zugeschnitten ist.

Ihre neungeschossige Wohnwand ist beeindruckend schmal. Die geringe Tiefe von 8,5 Metern ist eine Antwort auf die heissen und schwülen japanischen Sommer: Die natürliche Querlüftung ist immer noch effizienter und kostengünstiger als jede Klimaanlage. Über die gesamte Länge des Riegels regelmässig verteilt, stehen auf jeder Etage die Zimmerwände im Abstand von 2,85 Metern. Sie unterteilen den Wohnriegel in der Horizontalen in unzählige Zellen von jeweils 16,5 Quadratmetern Fläche. Diese Wände sind gleichzeitig Tragstruktur, darauf stehen alle Geschossdecken. Auf der Südseite hören sie 1,20 Meter vor der mit Bandfenstern verglasten Fassade auf. Dadurch entsteht eine Art wohnungsinterner Laubengang, der alle Zimmer miteinander verbindet.

Auf der ziemlich schroff gestalteten Rückseite führt parallel dazu auf jedem Stock ein offener und öffentlicher Laubengang entlang dieser fast unendlichen Aufreihung von Zimmern. So kann jedes Raummodul vom inneren wie auch vom äusseren Laubengang her betreten werden. Das macht jedes Zimmer zum selbständigen Modul eines grossen Systems. Der Vorteil: Eltern oder Kinder können so beispielsweise die Wohnung verlassen oder betreten, ohne die anderen Mitbewohner zu stören.

Um den engen Wohnverhältnissen etwas Luft zu geben, hat Sejima fast jeder Wohnung ein zweigeschossiges Wohn- und Esszimmer zugeordnet. Es dient als Scharnier zwischen oben und unten. Denn alle Wohnungen haben zwei Ebenen, eine kleine interne Treppe in diesem über fünf Meter hohen Raum verbindet die Etagen miteinander. Dieses Maisonnette-System macht es möglich, dass auf einer Etage Eltern und Kinder wohnen und auf einer darüber- oder darunterliegenden Etage etwa die Grossmutter. Auch gehört zu jedem Appartement ein Aussenraum, eine grosszügige Loggia, die sich über die gesamte Gebäudetiefe erstreckt und auf beiden Seiten offen ist. Sie wird dankbar und rege als Waschküche, Lagerraum, Velogarage oder Balkon benutzt. Sejima versteht diesen Aussenraum aber auch als eine Art Garten, in dem der Bewohner den Kontakt zur Natur, zu Wind und Wetter aufrechterhalten kann - auch 20 Meter über dem Boden.

Die scheinbar zufällige Anordnung dieser Loggias verleiht dem riesigen Baukörper eine gewisse Leichtigkeit. Das gekonnte Spiel mit der Durchlässigkeit, mit Löchern und Schichten, nimmt dem Bau etwas von seiner Monumentalität. Die Fassade wird zur grossflächigen Textur, an den Löchern wird der menschliche Massstab wieder erkennbar. Der Architektin gelingt es bei diesem Bau, mit einem relativ einfachen System unterschiedliche Wohnformen zu ermöglichen. In diesem Sinne versteht sich der Bau als Beitrag zum Thema Nachhaltigkeit. Denn nicht nur die Wahl dauerhafter Baumaterialien wie Beton erhöht die Lebensdauer eines Gebäudes - die durchschnittliche Lebensdauer eines Hauses in Japan beträgt 25 Jahre -, auch die Fähigkeit der Anpassung an unterschiedliche Benutzer garantiert ein längeres Leben.

1. Dezember 2001 NZZ-Folio

Bilbao-Effekt in Wien

Angefangen hat alles 1997 in Bilbao. Dort stellte der amerikanische Stararchitekt Frank O. Gehry im Auftrag der baskischen Regierung für die Guggenheim-Stiftung eine phantastische Bauskulptur ans Nervión-Ufer.

Angefangen hat alles 1997 in Bilbao. Dort stellte der amerikanische Stararchitekt Frank O. Gehry im Auftrag der baskischen Regierung für die Guggenheim-Stiftung eine phantastische Bauskulptur ans Nervión-Ufer. Der schon fast unheimliche Besucherrekord im heute weltberühmten Museum (3,5 Millionen in den ersten drei Jahren) und der wirtschaftliche Erfolg (bis 2000 flossen Zusatzerträge von 500 Millionen Dollar in die rezessionsgebeutelte baskische Hauptstadt) führten dazu, dass man bald weltweit vom «Bilbao-Effekt» sprach. Der Begriff steht für die wirtschaftlich-kulturelle Initialzündung in einem heruntergekommenen Stadtquartier, bei der die Architektur eine führende Rolle spielt.

Nun hat die Sage von Bilbao Wien erreicht. Nicht weit von der Donau entfernt, wurde eines der wuchtigsten Architekturmonumente der österreichischen Hauptstadt - die vier prunkvollen Gas-Silos aus dem Jahre 1899 - im unwirtlichen Niemandsland des 11. Bezirks wiederbelebt. Doch im Gegensatz zu Bilbao sollte nicht Kultur diese Initialzündung auslösen, sondern Kommerz und Wohnen. Die vier im Volksmund Gasometer genannten Backsteinhüllen sind diesen Sommer als schriller Wohn-, Freizeit- und Shoppingpark wiedereröffnet worden.

Die Stadtväter hatten 1996 einen Investorenwettbewerb durchgeführt mit dem Ziel, die denkmalgeschützten Bauten einer wirtschaftlich selbsttragenden Nutzung zuzuführen. Unter anderem mit der Bereitschaft, insgesamt 2,3 Milliarden Schilling zu investieren, entschieden drei grosse Wiener Wohnbaugesellschaften - SEG, Gesiba und GPA - die Konkurrenz für sich. Gleichzeitig suchte man in einem zweiten Wettbewerb international bekannte Architekten, die dem ausserordentlichen Bauvorhaben ihren gestalterischen Stempel, gewissermassen die Marke, aufdrücken sollten. Den Standortfaktor Architektur garantierten Architectures Jean Nouvel aus Paris und Coop Himmelb(l)au aus Wien sowie die vor allem in Österreich bekannten Baumeister Wilhelm Holzbauer und Manfred Wehdorn. Jeder Architekt gestaltete einen Gasometer.

Obwohl vier Gestalter am Werk waren, gab es bei den Gasometern mit heute 615 Wohnungen, 11 000 Quadratmetern Büros, 15 000 Quadratmetern Archivfläche und einer 22 000 Quadratmeter grossen Shoppingmall, mit Studentenheim, Kindergarten und Veranstaltungshalle nur zwei Bebauungsstrategien: die Ring- und die Mittenhinein-Variante. Denn die Knacknuss eines kreisrunden Baukörpers ist die Führung des Lichts: Wie bringt man möglichst viel Tageslicht in eine 65 Meter hohe Backsteintonne mit einem Durchmesser von 72 Metern? Jean Nouvel, Coop Himmelb(l)au und Manfred Wehdorn entschlossen sich zur Ringbebauung. Sie passten einen bis zu elfgeschossigen Wohn- und Büroring in die Tonne und formten so ein grosses kreisförmiges Atrium. Bei Nouvel hat der neue Innenraum einen Durchmesser von 34 Metern.

Nur Wilhelm Holzbauer entschied sich für die Mittenhinein-Bebauung und setzte einen sternförmigen Baukörper mitten in die Tonne, der den Innenraum in drei grosszügige Gärten unterteilt und die Gasometerwand nicht berührt. Eine spektakuläre Abweichung von der Ringbebauung erlaubten sich Coop Himmelb(l)au: sie bauten zusätzlich ein von weitem sichtbares, 18-geschossiges Schild an die Nordseite ihres Gasometers. In den oberen Stockwerken finden sich Wohnungen und Büros, die über eine grosszügige, jedoch nach Norden orientierte Glasfassade mit Loggien belichtet werden.

Eine grundsätzliche Antwort auf die Lichtfrage geben alle, indem sie den unteren Geschossen der Gasometer Funktionen zuordneten, die fast oder ganz ohne Tageslicht auskommen: 856 Parkplätze, die Veranstaltungshalle für rund 3000 Besucher und vier kreisrunde Shoppingmalls, die mit Fussgängerbrücken verbunden sind. Erst darüber befinden sich die drei Bürogeschosse bzw. - im Gasometer von Coop Himmelb(l)au - das Studentenheim. Die sechs bis acht Wohngeschosse pro Gasometer beginnen erst auf einer Höhe von 30 Metern.

Am interessantesten hat Jean Nouvel die Lichtfrage gelöst. Er zerschnitt seine Ringbebauung in neun Segmente. Durch die Schlitze fällt viel Sonne in den Hof und in die Wohnungen und der Blick der Bewohner nach aussen. Die Seitenwände sind mit spiegelndem Chromstahl verkleidet, was zusätzlich Licht nach innen lenkt.

Schwieriger gestaltete sich bei der Ringbebauung die Erschliessung: Ungemütliche, dunkle Laubengänge zwischen der bestehenden Aussenhaut und der neuen Innenhaut führen alle zwei Stockwerke zu den Wohnungen. Von dort aus geht es entweder direkt in die kreissegmentförmigen oder über eine schmale Treppe in die darüberliegenden Wohnungen. Wenig Licht und neugierige Blicke machen jedoch alle direkt hinter dem Laubengang liegenden Wohnräume fast unbrauchbar. Trost spenden der Blick auf den spektakulären Innenhof und - von den grösseren, teilweise zweigeschossigen Wohnungen in den oberen Geschossen - die Sicht über die Simmeringer Peripherie.

Dass alle 615 Wohnungen zwei Monate nach Fertigstellung verkauft oder vermietet waren, kann nicht an der Wohnqualität liegen. Eher am Bilbao-Effekt, der sich an der Donau eingestellt und das Shoppingcenter zum quirligen samstäglichen Ausflugsziel der Wiener gemacht hat. Erzeugt haben diesen Effekt das Charisma der reaktivierten hundertjährigen Architekturikone, der gelungene Mix der Nutzungen, die hervorragenden Verkehrsverbindungen (die verlängerte U-Bahn-Linie bringt einen in acht Minuten zum Stephansdom, die Schnellbahn in wenigen Minuten zum Flughafen und die neue Nord-Ost-Tangente ohne Stau ins Umland) und die tiefen Preise der Wohnungen: Eine 3-Zimmer-Wohnung von Jean Nouvel mit 73 Quadratmetern Wohnfläche etwa kostete freifinanziert umgerechnet 170 000 Franken.

Wie in Bilbao haben sich auch bereits Folgeinvestitionen eingestellt: Der Architekt Rüdiger Lainer konnte gleich neben den vier Gasometern ein riesiges Multiplexkino mit 15 Sälen verwirklichen, und in unmittelbarer Nachbarschaft entstand ein grosses Bürohaus. Wenn die Kettenreaktion in dieser Geschwindigkeit weitergeht, wird das Hoffnungsgebiet der Wiener Stadtplanung innert weniger Jahre zur autark funktionierenden Gasometercity.

1. Oktober 2001 NZZ-Folio

Die hängenden Gärten von Kobe

Die Wohnüberbauung Rokko I-III im japanischen Kobe ist das wohl grösste Bauwerk des Stararchitekten Tadao Ando und der Traum eines jeden Baumeisters: ein Projekt, das über Jahre hinweg wächst und sich kontinuierlich entwickelt.

Bisher besteht es aus 244 Wohneinheiten, die zwischen 1981 und 2000 in drei Etappen gebaut worden sind. Rokko I ist - nach einer beachtlichen Reihe von Einfamilienhäusern - das erste grosse Wohnbauprojekt des gelernten Zimmermanns aus Osaka. Die Elemente seines späteren Stils sind hier bereits deutlich sichtbar: Der aus einfachen Verhältnissen stammende Autodidakt verwendet kompromisslos schmucklosen Beton und lässt bewusst Licht und Wind in die geometrisch genau definierten Räume ein. Das Projekt, das 1983 fertiggestellt wurde, machte Tadao Ando endgültig international bekannt.

Die 20 Wohnungen von Rokko I sind am Rande von Kobe situiert. Das Quartier der Millionenstadt ist nobler Wohnort für betuchte Geschäftsleute, von denen die meisten im 20 Zugminuten entfernten Osaka arbeiten. Die Siedlung liegt am Fusse des steil aufragenden Rokko-Gebirges und ist in den nach Süden gerichteten Hang mit einem Gefälle von 60 Grad regelrecht eingegraben. Die Lage ist nach Auffassung der japanischen Geomantik ideal: Der Abstand zum Meer ist kurz und der Blick darauf weit, der Rücken des Hauses ist durch den Berg geschützt, und der leichte Hangwind und die dichte Vegetation verschaffen im Sommer Kühlung.

Der Grundriss des Komplexes basiert auf einem regelmässigen und symmetrischen Grundraster, in diesem Falle von 5,4 × 4,8 Metern. In der Mitte liegt die gemeinsam genutzte Erschliessungstreppe. Die unregelmässige Topographie des Berghangs bricht die Strenge des Plans und sorgt für unterschiedliche skulpturale Gestaltung der Wohneinheiten. Man könnte fast meinen, die Betonkuben plätscherten ganz natürlich den Hang hinunter.

Rokko II liegt etwas oberhalb der Bauten der ersten Etappe und wurde zwischen 1989 und 1993 erstellt. Ando vergrösserte den Grundrissraster minim auf 5,2 × 5,2 Meter. Die Anlage besteht aus 50 Einheiten, ist aber viermal so gross wie Rokko I. Auch das Zielpublikum ist ein anderes: Rokko I richtete sich an junge Leute und ist deutlich der Idee des gemeinschaftlichen Wohnens verhaftet - Rokko II hingegen ist eine Frucht der japanischen Bubble Economy der neunziger Jahre. Es ist Luxus pur. Die für japanische Verhältnisse riesigen Wohnungen mit hohen Räumen und Parkettböden haben grosszügige private Terrassen und Gärten; die Bewohner teilen sich Sauna, Fitnessraum mit Blick über den Hafen und einen grossen Swimmingpool. Der Meister des Lichts und des samtenen Betons erfüllte sich mit Rokko II einen langen Traum und kaufte sich das oberste Appartement im 14. Stock gleich selbst. Heute wohnt der ehemalige Profiboxer jedoch hauptsächlich im Zentrum von Osaka und benutzt die Wohnung vor allem am Wochenende und für repräsentative Einladungen.

Rokko III ist wiederum dreimal so gross wie Rokko II. Obwohl die 174 Wohneinheiten schon lange geplant waren, wurde ihr Bau erst durch das Erdbeben von 1995 ermöglicht. Zwei Jahre nach dem schrecklichen Unglück konnten Ando und ein Investor den Besitzer des Landes vom Verkauf überzeugen. Ziel war diesmal aber nicht teurer und luxuriöser Wohnungsbau, sondern schnell realisierbare Wohnungen für Erdbebenopfer.

Die Anlage liegt auf einem Plateau oberhalb von Rokko I und II und besteht aus fünf siebengeschossigen Wohnscheiben, die zusammen - der Hanglinie folgend - ein grosses L formen. Am Fusse der Längsseite liegen noch vier dreigeschossige Atriumhäuser. Insgesamt verfügt Rokko III über 24 000 Quadratmeter Wohnfläche. Dazu kommen wiederum ein Swimmingpool und ein Gymnastikraum, in einem viertelkreisförmigen Gebäude in der Ecke des L placiert.

Zwischen den Wohnscheiben und den Atriumhäusern liegt ein grosszügiger gemeinschaftlich genutzter Garten, der jedoch nicht öffentlich ist. Überhaupt misst Ando den Grünflächen grosse Bedeutung bei: Im Gegensatz zu den vorhergehenden Projekten sind die Wohnungen nicht mit kargen Betontreppen und urbanen Terrassen miteinander verbunden, sondern mit lauschigen Weglein, die durch einen grünen Park führen. Auch alle einsehbaren Dachflächen sind bepflanzt.

Trotz der deutlich höheren Dichte gegenüber seinen Vorgängern hat man in Rokko III nirgends das Gefühl, eingeengt zu sein. Am schönsten sind die Dachwohnungen der fünf Wohnscheiben hoch über dem Park. Ein riesiges Wohnesszimmer unter dem luftigen Tonnendach gibt den weiten Blick über die Bucht von Osaka und Kobe frei - vergessen sind die üblichen, für unsere Begriffe äusserst engen japanischen Wohnverhältnisse. Zu haben waren im vergangenen April noch rund 50 Wohnungen in den hängenden Gärten von Kobe. Ab umgerechnet 650 000 Franken ist der Traum zu erstehen, so viel kostet eine knapp 80 Quadratmeter grosse Dreizimmerwohnung - allerdings im Parterre.

Aber Tadao Ando wäre nicht Tadao Ando, wenn er die vierte Etappe nicht bereits fertig geplant aus der Schublade ziehen könnte: Das gegenüber Rokko III noch viel grösser geplante Rokko IV wird realisiert, sobald die benachbarte Universität Kobe sich entschliesst, ihre Parzelle zu verkaufen, auf der sich derzeit ihr Sportplatz befindet. Dann steht einer weiteren Hangskulptur aus Sichtbeton wohl nicht mehr viel im Weg.

1. August 2001 NZZ-Folio

Gestalt gewordene Sozialutopie

Wenn die Wirtschaft nichts mehr mit uns anfangen kann, müssen wir uns anderweitig umschauen

«Wenn die Wirtschaft nichts mehr mit uns anfangen kann, müssen wir uns anderweitig umschauen.» Auf diesem Grundsatz der Gruppe Kraftwerk 1 aus dem Jahre 1993 basiert ein Bauprojekt im ehemaligen Zürcher Industriequartier. Acht Jahre später haben sich rund 450 Menschen zwölf Tramminuten vom Hauptbahnhof entfernt den Traum vom massgeschneiderten Wohnen (300) und Arbeiten (150) im Trendquartier erfüllt. Der trotzige Slogan stiess bei Erscheinen des Manifests der damals noch kleinen Interessengemeinschaft auf unerwartet grosse Resonanz: Mehrere hundert Personen füllten den Optionsschein im Büchlein aus und legten damit den Grundstein für die Genossenschaft Kraftwerk 1 und für die Realisierung einer Sozialutopie.

Die Baugenossenschaft Kraftwerk 1 setzte sich aber nicht nur zum Ziel, günstige und ökologische Wohn- und Gewerbeflächen zu bauen, sie lancierte auch ein gross angelegtes Wohnexperiment. Was ist daran anders? Es ist auch die Architektur, aber vor allem, was darin steckt: Die rund 110 Wohneinheiten auf über 10 000 Quadratmetern Fläche richten sich nicht an die Standardfamilie, sondern tragen mit ihrer ausserordentlichen Vielfalt an Wohnungsgrössen - zur Auswahl stehen ein bis dreizehn Zimmer - den gesellschaftlichen Veränderungen der letzten 20 Jahre Rechnung. Zum Beispiel, dass Wohnen und Arbeiten nicht mehr zwingend räumlich getrennt sind. Oder dass man miteinander unter einem Dach wohnen, aber trotzdem seine eigenen vier Wände haben will. Deshalb ist es möglich, mehrere Wohnungen zu sogenannten Suitengemeinschaften zusammenzuschliessen.

Ein anderes Modell sind die Riesenwohngemeinschaften: Bis zu 20 Menschen können in einer der fünf übergrossen Wohnungen ihre Lebens- und Arbeitsbereiche miteinander verknüpfen. Zimmer von mindestens 14 Quadratmetern Fläche, grosszügige gemeinsam genutzte Räume und teilweise zwei Küchen pro Haushalt machen Rückzug und Zusammenleben nicht zu einem Müssen, sondern zu einem Dürfen. Dazu gibt es in der Anlage Gästezimmer, Gemeinschaftsraum auf der Dachterrasse, Kindergarten und Hort, Ateliers, Waschsalon, Coiffeur, Blumen- und Früchteladen, Restaurant oder Nähatelier.

Doch an der Hardturmstrasse haben sich nicht ausschliesslich linksalternative und bewusst solidarische Menschen (jeder Bewohner bezahlt einen Solidaritätsbeitrag für Wenigerverdienende, gemeinsam genutzte Räume und Ökomassnahmen) gefunden. Denn schon die Charta aus dem Jahre 1997 klingt - gegenüber den kämpferischen Slogans des Manifests - etwas milder: «Wir können uns vorstellen, ohne Auto auszukommen, Autofreaks aber nicht auszugrenzen», steht dort beispielsweise. Viele Bewohner von Kraftwerk 1 verzichten deshalb auch nicht auf ein Auto, sondern teilen sich mittels Mobility Car Sharing mehrere Wagen, die in der hauseigenen Tiefgarage stehen.

Die Immobilienkrise stand bei der Realisierung des Projekts Pate. In den neunziger Jahren fielen wegen des Überangebots an Büroflächen die Bodenpreise im Industriequartier zusammen, die Bauzinsen und -kosten sanken, und die Immobilienfirmen waren ratlos, wussten nicht, was sie mit den ausrangierten Industriearealen anfangen sollten. Die linke Baugenossenschaft wurde deshalb schnell zu einem ernst zu nehmenden Partner, auch für mächtige Immobilienfirmen.

Konkret wurde es 1998: Nachdem sich schon mehrere Architekten und Investoren die Zähne am Areal ausgebissen hatten, fanden sich die Genossenschaft Kraftwerk 1, Oerlikon-Bührle Immobilien (heute Allreal Generalunternehmung) sowie die beiden Zürcher Architekturbüros Bünzli & Courvoisier und Stücheli Architekten zu einem pragmatischen Team zusammen.

Doch die 7755 Quadratmeter grosse Parzelle war nicht nur industriell, sondern auch planerisch vorbelastet: Wer auf dem Grundstück bauen wollte, musste das nach einem alten städtischen Gestaltungsplan tun. Dieser legt Grösse und Lage der vier Baukörper zwingend fest. Die Folge: Die Architekten konzentrierten sich vor allem auf die innere Organisation.

Das spektakuläre Innenleben des zentralen achtgeschossigen Baukörpers ist von aussen kaum sichtbar. Seine schroffe, mit dunklem Klinker verkleidete Backsteinhaut und der regelmässige Fensterraster lassen nicht auf den komplexen Aufbau schliessen.

Im Inneren kreuzen sich zwei Erschliessungssysteme: In der Vertikalen verbinden vier Treppen- und Lifttürme oben und unten. Im Erdgeschoss, im dritten und im sechsten Obergeschoss verbinden das Haus in der Längsachse - analog Le Corbusiers Unité d'habitation - sogenannte rues intérieurs.

Die Architekten nutzen die Möglichkeiten, die die Schottenbauweise bietet, und schaffen es, zwei- oder mehrgeschossige Maisonnettewohnungen, Durchschusswohnungen (ihr grösster Raum erstreckt sich über die gesamte Gebäudetiefe von 17 Metern), loftartige Einheiten sowie Apartments mit gegeneinander versetzten Geschossen in einem Baukörper unterzubringen. Am schönsten sind die Maisonnettewohnungen: Sie haben gegen den Hof jeweils einen luftigen, überhohen Raum, der die oberen und unteren Räume der Wohnung miteinander verbindet. Der Trick liegt im Schnitt: Dort, wo sich auf der Westseite vier Geschosse erstrecken, sind auf der Ostseite nur drei Geschosse untergebracht.

Dass innovativer Wohnungsbau nicht nur günstig, sondern auch ökologisch sein kann, beweist Kraftwerk 1 ganz nebenbei: Der Gesamtenergieverbrauch der vier Bauten beträgt rund ein Drittel des derzeitigen Durchschnitts der Häuser in der Schweiz und erreicht damit den Minergie-Standard. Die Anlagekosten betragen rund 50 Millionen Franken, die Mieten liegen rund 20 Prozent unter dem derzeitigen Durchschnitt von Neubauten. Eine zweigeschossige 8½-Zimmer-Wohnung mit rund 240 Quadratmetern Wohnfläche kostet beispielsweise 4378 Franken pro Monat inklusive Nebenkosten. Einzurechnen ist noch das Genossenschafts-Anteilscheinkapital: Es beträgt für diese Wohnung 102 000 Franken.

Kraftwerk 1 ist Ausdruck einer anderen Auffassung der Gesellschaft. Das Projekt richtet sich gegen monotone Einfamilienhausquartiere und anonyme Wohnblöcke. Es ist auch eine Reaktion auf den spekulativen Wohnungsbau der achtziger und neunziger Jahre. Ob es bald Kraftwerk 2 oder Kraftwerk 3 geben wird, bleibt abzuwarten. Fest steht, dass in Zürich 450 Menschen eine andere Wohnform gesucht und sie im ehemaligen Industriequartier gefunden haben.

1. Juni 2001 NZZ-Folio

Wald im Haus

Bäume spielen oft eine wichtige Rolle im Gestaltungsprozess von Architekten.

Bäume spielen oft eine wichtige Rolle im Gestaltungsprozess von Architekten. Wenn immer möglich, wird heute der Baumbestand auf einem Grundstück in den Entwurf eines Hauses mit einbezogen. Diese inszenierte Allianz zwischen Baum und Bauwerk sehen Architekten gerne als einen ihrer Beiträge zum Thema Natur und Künstlichkeit. Meister der Inszenierung von künstlicher Natur sind die Japaner. Ihre jahrhundertealte Tradition der Gartengestaltung und die Blumensteckkunst Ikebana zeugen davon, und heute spielt in Japan der Umgang mit der Natur eine wichtige Rolle in der Gestaltung der Umwelt.

Beim Entwurf von elf Wohnungen im noblen Tokioter Wohnquartier Setagaya-ku war denn auch wichtigste Prämisse die Erhaltung der 27 zufällig verteilten Bäume auf dem rund 1000 Quadratmeter grossen Grundstück. Da es keine passende und genügend grosse Baufläche auf der Parzelle gab, die nicht von einem Baum besetzt war, musste der japanische Architekt Shigeru Ban die Luxusapartments um den Baumbestand herum planen. Er entwarf also nicht ein Haus im Wald, sondern holte den Wald ins Haus.

Zweite wichtige Vorgabe waren die beschränkten Mittel, die er zur Verfügung hatte. Zwar kann der international bekannte Baumeister etliche Luxusvillen in seiner eindrucksvollen Werkliste vorzeigen, der 44-Jährige hat sich aber vor allem im Westen auch einen Namen mit innovativen und kostengünstigen Papier- und Kartonkonstruktionen gemacht. Mit seinen «Paper Tube Structures» - mit wasserfestem Papier überzogene Kartonröhrenbauten - hat er die japanische Bautradition auf einzigartige Weise weiterentwickelt. Bans grosse Stunde schlug, als er 1996 zahlreichen Erdbebenopfern in Kobe mit günstigen sowie schnell montierbaren Kartonhäuschen ein erstes Dach über dem Kopf schuf. Auch in Europa hat sein Büro solche faszinierende Papier- und Kartonkonstruktionen realisiert. Man rief Ban auch zu den Opfern des letzten grossen Erdbebens in der Türkei, und er entwarf für Hilfswerke neue Zelttypen für die Flüchtlingsströme aus Rwanda. Und letztes Jahr konnte er für sein Land den vielfach publizierten japanischen Pavillon an der Weltausstellung Expo in Hannover realisieren.

Da die Baupolizei in Tokio wegen der Brandgefahr nur eingeschossige Holz- oder Papierbauten erlaubt, musste sich der Architekt in Setagaya-ku für ein anderes Tragsystem entscheiden. Das tat Ban nicht mit Widerwillen, denn es ist nicht das Material, das ihn in erster Linie interessiert, sondern die Struktur eines Bauwerks. Er wählte dafür einen mit Zementplatten ausgefachten Stahlbau. Die Schwierigkeit lag im Finden eines passenden Grundrissrasters. Denn hätte der Architekt wegen des unregelmässigen Baumbestandes auch ein unregelmässiges und damit aus Sonderanfertigungen bestehendes Stahlgerüst gewählt, hätte das die Kosten erhöht. Nur mit vorgefertigten Standardprofilen liessen sich Zeit und Geld sparen. Doch kein Gerüst aus regelmässigen quadratischen Einheiten wollte so richtig zwischen die Bäume passen. Die Lösung bot schliesslich ein zwar regelmässiger, aber auf gleichseitigen Dreiecken mit vier Metern Seitenlänge basierender Raster. Dieser Grundrissraster erlaubte ein grosszügiges und fast ortsunabhängiges Aushöhlen des Baukörpers mit ovalen Licht- und Baumhöfen.

Um das Wurzelwerk nicht zu beschädigen, setzte der Architekt sein Haus auf Stützen und liess das Erdgeschoss fast unbebaut. Unter dem Haus herrscht eine ungewohnte Stimmung, etwas zwischen Vorgarten und Wald. Von den Blättern der Bäume grünlich gefärbtes Licht fällt durch die sieben mit Glasbausteinen verkleideten Höfe. Das Spiel mit den Begriffen Natur und Künstlichkeit greift: Stahlsäulen und Baumstämme werden zu einem Wald. Darin führen ausgetretene Pfade auf dunklem Holzschnitzelbett zu elf unter dem Haus frei verteilten Glashäuschen. Ihre Wände sind teilweise verspiegelt, was den Wald optisch vergrössert und noch verwirrender macht. In diesen Kristallkuben sind weisse Treppen verpackt. Sie führen in den ersten Stock, wo die Wohnräume beginnen.

Die Wohnungen sind für europäische Verhältnisse eher klein und teuer. Sie sind zwischen 50 und 80 Quadratmeter gross und kosten zwischen 3000 und 4000 US-Dollar pro Monat. Alle Apartments sind zweigeschossig und haben mindestens einen spektakulären Balkon, der ins Grüne ragt. In den Einheiten auf der Nordseite wird man von einem luftigen doppelgeschossigen Wohn-Ess-Zimmer empfangen, eine interne Treppe führt zur Galerie, auf der sich ein bis zwei eher kleine Schlafzimmer befinden. Die Wohnungen auf der Südseite sind geräumiger. Die meisten haben ein grosses Wohn- und Esszimmer im ersten Geschoss und zwei kleine Zimmer darüber. Wie schon bei früheren Projekten macht Ban die innenliegenden Wände zu Möbeln: Er verkleidet sie mit geschosshohen Schrankwänden - Schallschutz gegenüber den Nachbarn ist willkommener Nebeneffekt.

Bans Wohnbau aus dem Jahre 1997 besticht dadurch, dass er leichtfüssig auf komplizierte Baubedingungen geantwortet hat. Unerwartet für Europäer ist der starke Einfluss der europäischen Moderne. Denn Ban hält sich mit seinem Entwurf an fast alle Punkte, mit denen Le Corbusier 1925 seinen neuen Wohnhaustypus definierte. Auch in Setagaya-ku gibt ein Stützenskelett einem weissen Kubus mit Bandfenstern die Form. Zudem steht das Haus auf Säulen, und seine Innenräume gehen ineinander über. Zum Glück erlaubte sich Ban beim Dachgarten eine kleine Interpretation.

1. April 2001 NZZ-Folio

Von der Wasch- zur Wohnanstalt

Die Geschichte der Waschanstalt Zürich ist eine Geschichte des Wandels. Sie begann mit einer Entdeckung des Zürcher Unternehmers Heinrich Treichler: Auf einer Reise nach Paris sah er Mitte des 19. Jahrhunderts die ersten Waschschiffe in der Seine vor Anker liegen. Treichler brachte die Idee mit nach Zürich und beauftragte keinen geringeren als den berühmten Architekten Gottfried Semper mit der Planung einer solchen schwimmenden Waschküche. Das Treichlersche Waschschiff - ein prächtiges Manifest des Klassizismus - war ein grosser Erfolg. Und schon bald musste der findige Unternehmer auf festen Boden expandieren. Er fand ein Gelände direkt am linken Seeufer in Wollishofen, damals noch ein Vorort von Zürich.

1863 zog Treichler das elegante Waschschiff an Land und baute darum herum Schuppen, Hallen, Trockenräume, eine Filteranlage und eine Heizzentrale. Bis zur Jahrhundertwende wuchs das kleine Waschschiff zur mächtigen Waschanstalt Zürich. Die Hülle des schlichten Backsteinbaus aus dem Jahre 1906 an der Ecke des Areals markiert noch heute das Tor zu Zürich. 1959 fand die letzte wichtige Erweiterung der Anlage statt: Der Zürcher Architekt André Bosshardt entwarf auf der Seeseite einen eleganten modernistischen Stahlskelettbau, der über die gesamte Fassadenlänge mit milchigen Glasbaustein-Streifen überzogenen war.

Als 1997 die Waschanstalt Zürich mit der Firma CWS fusionierte, begann die vorerst letzte Station im Wandel des Areals. Beim Handwechsel fiel das Gelände in die Hände der Gewerbebank Zürich. Diese war sich des Werts des Grundstücks bewusst, denn es bot sich damit die wahrscheinlich letzte Gelegenheit, innerhalb der Stadtgrenze am Zürichsee zu bauen. Direkt am Wasser gelegene Wohnobjekte sind deshalb heiss begehrt - und bieten attraktive Renditeaussichten. 1998 veranstaltete die Bank einen Wettbewerb unter drei Zürcher Architekturbüros. Das Team Angélil/Graham/Pfenninger/Scholl (A/G/P/S), das derzeit auch mit der Planung des Neubaus Midfield Dock des Flughafens Zürich beauftragt ist, gewann die Konkurrenz mit einem Vorschlag der sich zwischen Neubau, Umbau, Renovation und Abbruch bewegt. A/G/P/S übernahmen die Masse der bestehenden Volumen, unterteilten das Areal aber nutzungsmässig in einen viergeschossigen seeseitigen Riegel mit 20 Luxuswohnungen und einem Restaurant sowie einem zweigeschossigen Bereich auf der Strassenseite mit Büros, Läden und Ateliers. Eine schmale Wohnstrasse, in deren Mitte der alte Kamin thront (heute Abluftkanal des Restaurants), zerschneidet die Überbauung in der Längsachse und dient der Erschliessung der Wohnungen und Ateliers.

Augenfällig, ja zeichenhaft sind die kistenartigen Atelierräume, die sich waghalsig über das Erdgeschoss des strassenseitigen Teils zur Fahrbahn hin schieben. Die drei roten «Augen» sind der architektonische Ersatz für das markante Zackendach, das dem Autofahrer bisher signalisierte, dass er in Zürich angekommen war. Am schönsten sind die Wohnungen im ehemaligen Bosshardt-Bau am See. Die Architekten höhlten das über 40-jährige Industriegebäude mit grossem Aufwand aus und passten drei Wohnungstypen ins alte Stahlskelett ein. Sie unterteilten den Neubau in der alten Baustruktur quer in acht Tranchen, die alle mehr oder weniger attraktiven Wohnraum mit Blick auf den See bieten.

In den zweistöckigen Lofts im Erdgeschoss führt jeweils eine luftige Treppe entlang der Wand in den oberen Stock, wo sich ein offenes Schlafzimmer und ein zweites Bad befinden. Türen und abgeschlossene Zimmer gibt es nicht, alle Räume sind offen und fliessen ineinander über. Darüber liegen auf der selben Grundfläche acht weitere, eingeschossige Lofts.

Die spektakulärsten Räume sind auf dem Dach. Im zurückgestuften Attikabau, einem Neubau aus Holz, befinden sich vier Wohnungen mit grosszügigen Terrassen: Auf bis zu 220 Quadratmetern geniesst man hier einen luxuriösen Ausbau und den atemraubenden Blick über den See. Dunkle Gussasphaltplatten und glänzende Chromstahlabdeckungen versprühen industrieromantisches Flair, ein heller, ahornverkleideter Körper versteckt Bad und Waschküche. Der schnörkellose Einbau unterteilt zudem die weite Fläche in einen rückseitigen Schlaf- und einen seeseitigen Wohn- und Essbereich. Beeindruckend ist aber nicht nur das Panorama, auch die Preise sind es: Zwischen 3000 Franken (für einen 80 Quadratmeter grossen Loft) und 11 000 Franken (für den 220 Quadratmeter grossen) kostet das Wohnen in der einstigen Waschanstalt. Dazu kommen noch Nebenkosten wie Strom, Heizung und Wasser. Wer sich das leisten kann? Unter anderem die französische Popsängerin Patricia Kaas.

Die rund 30 Millionen Franken teure Umnutzung ist eine hybride Anlage, wie sie heute an vielen Architekturschulen gelehrt wird: Wohnen, Arbeiten, Freizeit und Einkaufen unter einem Dach. Mit der innenliegenden Erschliessungstrasse sind viele Probleme, die das Grundstück bietet, gut gelöst: die Belichtung und Erschliessung eines Areals mit zwei grundverschiedenen Seiten. Die Wahl des architektonischen Themas fiel weniger entschieden aus. A/G/P/S spielen zwar mit Alt und Neu - aber nur sehr oberflächlich: Sie degradieren die Zeugen der industriellen Vergangenheit zu Fussnoten.

Von der ehemaligen Waschanstalt ist nicht mehr viel zu sehen, die einstige Funktion der Anlage diente in erster Linie als Verkaufsargument. Die gesamte Baustruktur ist neu, mit Ausnahme der renovierten Hülle des Backsteinbaus aus der Jahrhundertwende, des dekorativen Kamins und des Stahlskelett des seeseitigen Industriebaus. Aufgehen wird die Rechnung aber sicher für den Investor - die Wohnungen waren innert kürzester Zeit vermietet.

1. Februar 2001 NZZ-Folio

Meteorit im Häusermeer

Holländische Architekten sind bekannt für ihre unkonventionelle Baukunst.

Holländische Architekten sind bekannt für ihre unkonventionelle Baukunst. Doch gibt nicht nur ihre frische Architektursprache zu reden, auch im Städtebau hat Holland die Nase vorn: Die Umnutzung zweier ehemaliger Hafen in zentral gelegene Wohngebiete in Amsterdam und Rotterdam gehört derzeit zu den wohl interessantesten Projekten europäischer Stadtplanung.

Das Beispiel Amsterdam fasziniert durch die ungewöhnliche Strategie und das Tempo seiner Realisierung. Im östlichen Hafengebiet ist dort seit Ende der achtziger Jahre unter der Leitung von holländischen - und auch ausländischen - Architekten und Urbanisten eine komplette neue Stadt entstanden. Auf den ehemaligen Docks Entrepot-West, KNSM Island, Java Island sowie Borneo und Sporenburg, wo früher Frachter aus den ehemaligen Kolonien ihre Ware löschten, wohnen heute mehr als 15 000 Menschen in rund 6000 Häusern und Wohnungen.

Wohnen im alten Hafen von Amsterdam hat mehrere Vorteile: Alle Häuser und Wohnungen liegen nahe des Zentrums - mit dem Schifftaxi sind es nur 15 Minuten bis zum Hauptbahnhof. Zudem herrscht fast nur Anwohnerverkehr, und die meisten Häuser gewähren den Blick aufs heute eher ruhige Hafenbecken, falls sie nicht sogar daran anstossen. Städtebaulich einzigartig ist die noch nicht vollständig abgeschlossene Stadterweiterung auf den Docks Borneo und Sporenburg. Die Planung dafür begann 1993. Die Vorgabe der städtischen Projektgruppe war einfach und klar: In diesem neuen Wohngebiet sollen insgesamt 2150 Wohneinheiten gebaut werden. Das ergibt eine sehr hohe Bebauungsdichte von 100 Häusern pro Hektar. Damit wollte die Projektgruppe die Wirtschaftlichkeit, aber auch das städtische Flair dieses neuen Wohngebiets garantieren.

Man lud drei Planungsbüros zu einem Wettbewerb ein. Die Teams arbeiteten Vorschläge aus, wo und wie diese immense Zahl Häuser bzw. Wohnungen auf den beiden langgezogenen rechteckigen Halbinseln gebaut werden könnte. Überzeugt hat die Juroren die Vision des Architekten Adriaan Geuze, Spiritus rector des Rotterdamer Architektur- und Landschaftsarchitekturbüros West 8. Er schlägt in seinem Masterplan ein weites und flaches Häusermeer vor, in das drei Meteoriten, so nennt er die gewaltigen Wohnbauten, einschlagen.

Heute ist Geuzes Idee belebte und bei den Bewohnern beliebte Realität geworden: Schier endlose Reihen von schmalen, maximal dreigeschossigen Reiheneinfamilienhäusern - sie sind teils nur vier Meter breit und bis zu 15 Meter tief sind - überziehen die beiden über 1000 Meter langen Docks. West 8 erreicht mit der Reihenhausstrategie eine Dichte von rund 70 Wohneinheiten pro Hektar, und dennoch besitzt fast jede Wohneinheit eine eigene Türe zur Strasse. Verglichen mit konventionellen holländischen Reihenhaussiedlungen, stehen auf den ehemaligen Docks rund doppelt so viele Häuser auf gleicher Fläche. Um den strengen Rhythmus und die doch spürbare Dichte aufzulockern - und um die verlangten 100 Wohneinheiten pro Hektar zu erreichen -, stellte der Architekt drei Superblocks mit je 150 bis 214 Wohnungen in seine Häuserlandschaft.

Der zweite der drei geplanten Meteoriten ist nach nur zweijähriger Bauzeit im Dezember vergangenen Jahres fertiggestellt worden. Die von Fenstern durchlöcherte und silbern schimmernde Wohnskulptur des Amsterdamer Architekturbüros de Architekten Cie. ist bis jetzt der schrillste bauliche Akzent in diesem Architekturbiotop. 150 Sozialwohnungen und 64 nicht finanziell geförderte Wohnungen finden im umgerechnet 24 Millionen Franken teuren Bau Platz. Unübersehbar ragt der kantige Wohnbock mit seiner hellen Haut aus Zinkschuppen aus dem dunklen Backstein-Häusermeer und zieht alle Blicke auf sich. Am eindrücklichsten wirkt er, wenn man unverhofft in eine der engen Wohnstrassen einbiegt und sich an deren Ende die gewaltige Mauer aus Fenstern und Metall aufbaut.

Erst beim Näherkommen aber nimmt man die riesigen Dimensionen und die bizarre Form ganz wahr. An den Schmalseiten ist der bis zu zehngeschossige Hofbau jeweils um einige Meter vom Boden aufgestützt - die Dachlinien folgen diesem Knick. Dieser kleine Eingriff in die sonst eigentlich konventionelle Form hat grosse Wirkung auf unsere Wahrnehmung: Aus dem im Grundriss rechteckigen Wohnblock wird sofort eine autonome Skulptur. Auch ist damit klar, wo die Eingänge sind, und zudem fällt viel Licht in den von West 8 gestalteten begrünten Innenhof.

Fährt man mit einem der an den Ecken gelegenen Lifte zu den Wohnungen hinauf, ist die Überraschung komplett: Die innere Fassade hat keinen flächigen Charakter mehr, sondern ist alle zwei Geschosse von langen, tiefen horizontalen Schlitzen aufgeschnitten. Diese mit Lärchenholz ausgefütterten und gelb beleuchteten Einschnitte sind die Laubengänge, die zu den einzelnen Wohnungen führen. Sie erinnern an Blockhüttenelemente und geben damit dem grossmassstäblichen Bau eine gewisse Intimität zurück. Metallverkleidete Feuerleitern sind an der Innenfassade befestigt und verbinden im Brandfall die einzelnen Gänge miteinander.

Die Wohnungen selbst sind brauchbar, aber eher konventionell geschnitten: Es sind schmale Drei- und Vier-Zimmer-Wohnungen, die sich jeweils über die ganze Tiefe des Baus erstrecken. Sie bestehen aus einem breiteren Wohn- und einem schmaleren Servicestreifen mit WC, Bad und Waschküche. Alle Wohnungen besitzen eine grosszügige Loggia gegen Süden. Die staatlich geförderten Wohnungen kosten rund 525 Franken pro Monat für 75 Quadratmeter Wohnfläche beziehungsweise 700 Franken für 95 Quadratmeter.

Am schönsten sind die Dachwohnungen. Hier haben die Architekten mit der Deckengeometrie und -höhe gespielt und teilweise Wohnräume mit grosszügigen Raumhöhen oder elegante Maisonettewohnungen gestaltet. Von dort aus geniessen die Bewohner einen prächtigen Blick über das Häusermeer, manche sogar bis hin zur geschwungenen Glashalle des Hauptbahnhofs, die nachts wie ein Glühwurm leuchtet.

Das Amsterdamer Beispiel zeigt eindrücklich, wie und in welcher Geschwindigkeit heute Städtebau gemeistert werden kann. Noch fehlt dem neuen Stadtteil zwar ein befriedigender Anschluss an den öffentlichen Verkehr. Ist auch dieses Problem noch gelöst, wird der alte Hafen als Wohnquartier noch attraktiver werden.

1. Dezember 2000 NZZ-Folio

Der versteckte Wohngarten

Herzog & de Meuron gehören zu den Schrittmachern der aktuellen Architekturszene. Mit ihrem 1999 fertiggestellten Umbau eines Londoner Kraftwerks in eines der weltgrössten Museen für moderne Kunst, die Tate Modern, hat sich das Basler Team endgültig einen Platz in der internationalen Liga der Toparchitekten gesichert.

Was aber, wenn diese hochgelobten Museumsspezialisten nicht ein verführerisches Kür-, sondern ein pragmatisches Pflichtprogramm zu absolvieren haben? Mit ihrem Ende November eingeweihten Bau, 57 Sozialwohnungen für Familien an der Rue des Suisses in Paris, beweisen Herzog & de Meuron, dass sie das Handwerk nicht verlernt haben: Im 14. Arrondissement - einem relativ zentral gelegenen Wohnquartier südlich der Seine - verzaubern sie einen unwirtlichen städtischen Restraum mit leichter Hand in eine intime und vielschichtige Wohnwelt.

Beginnen wir von vorne. 1996 lädt die Wohnbaugesellschaft der Stadt Paris eine Handvoll Architektenteams zu einem Wettbewerb ein. Gesucht werden Lösungen für ein rund 2730 Quadratmeter grosses Grundstück, dessen grösster Teil zwischen zwei langen Mauern im Hinterhof einer für das Quartier typischen Blockrandbebauung versteckt liegt. Herzog & de Meuron gewinnen die Konkurrenz mit einer ebenso sorgfältig auf die enge Nachbarschaft zugeschnittenen wie dreisten Lösung: Sorgfältig zugeschnitten deshalb, weil alle Baukörper direkt und differenziert auf ihre nächste Umgebung Bezug nehmen. Und dreist, weil das Ensemble eine Ansammlung architektonischer Zitate aus dem eigenen Werk ist.

Für das Wettbewerbsprojekt gruben die beiden Architekten im eigenen Fundus: Die beiden strassenseitigen Lücken des Gevierts füllen sie mit je einem siebengeschossigen Wohnblock, der auf dem Thema ihres viel publizierten Wohn- und Geschäftshauses mit den gusseisernen Faltläden an der Schützenmattstrasse in Basel aus dem Jahre 1993 basiert. Das eigentliche Kernstück des Ensembles, der dreigeschossige Hofbau, hat ein berühmtes Frühwerk als Vorbild: das holzverkleidete Basler Wohnhaus an der Scheidemauer aus dem Jahre 1988.

Den langgezogenen Zwischenraum im Hinterhof unterteilen die Architekten mit zwei Betonhütten, die je eine Zweizimmerwohnung enthalten. Diese Minihäuser lehnen sich formal an das karikaturistische Einfamilienhaus in Leymen bei Basel aus dem Jahre 1997 an. Herzog & de Meuron wären nicht Herzog & de Meuron, würden sie die Gratwanderung zwischen Zitat aus dem eigenen Fundus und Weiterentwicklung einer erprobten Typologie nicht meistern. Das Projekt ist trotz aller Referenz an frühere Bauten ein eigenständiges und vor allem ortsspezifisches Werk.

Die Architekten reagieren auf die zwei grundsätzlich unterschiedlichen Ausgangslagen: Strassenseite und Hof. Die strassenseitigen Mehrfamilienhäuser quetschen sich zwischen die unscheinbaren Nachbarhäuser aus dem 19. Jahrhundert. Um die Enge und die Spannung zwischen den Brandmauern zu betonen, wurde die vollständig verglaste Fassade des grösseren der beiden städtischen Betonskelettbauten mehrmals geknickt. Geschosshohe Faltläden aus Gitterblech hüllen die durchlaufenden Balkone wie ein grosser Vorhang ein. Sie geben dem Haus ein homogenes Fassadenbild und nehmen im Kleinen das Thema Falten wieder auf.

Im grösseren der beiden Lückenfüller befinden sich 33 Wohnungen, die sich - bis auf eine durchgehende Wohnung pro Geschoss - mit einem schmalen Balkon entweder zur Strassen- oder zur Hofseite orientieren. Diese knapp geschnittenen Wohnungen haben zwischen drei und vier Zimmer.

Im kleineren Hofrandbau finden sieben loftartige, rund 76 Quadratmeter grosse Geschosswohnungen Platz, in denen sich ein kleines Schlafzimmer gegen den ruhigeren Innenhof orientiert und ein luftiger Wohn- und Essraum, durch das innenliegende Treppenhaus unterteilt, von der Strasse bis zum Hof erstreckt. Ganz anders präsentiert sich die Situation im Hof des Gevierts. Erst auf den zweiten Blick gibt dieser Ort seine Qualitäten preis: Ruhe, Abgeschiedenheit, mit Efeu überwucherte Backsteinmauern, ein paar vergessene Bäume.

Dieser «Park» ist die Hauptattraktion des Ensembles. Der Grünstreifen ist mit rund 50 Bäumen bepflanzt. Herzog & de Meuron inszenieren den Hinterhof als versteckten Garten und möblieren ihn mit einem langen flachen Wohnblock mit 15 Drei- bis Fünfzimmerwohnungen und mit zwei Mini-Einfamilienhäusern.

Im Riegel sind alle Räume konsequent gegen Süden und den laubenartigen Balkonvorbau geöffnet. Mit den Holzjalousien regulieren die Bewohner den Grad der Öffnung. Wenn alle Läden, die in ihrem lässigen Schwung an die berühmten Pariser Metrostationen von Hector Guimard erinnern, geschlossen sind, wird das Haus vollends zum eleganten Möbelstück in dieser wundersamen Hinterhoflandschaft.

An die Rückseite sind, wie in den englischen Industriearbeitersiedlungen aus der Jahrhundertwende, fünf weitere kleine Betonhäuschen angebaut, worin sich jeweils Bad und Küche der Erdgeschosswohnungen befinden. Diese Anbauten unterteilen den engen Zwischenraum in intime Gartenhöfe. Wie mit den Klappläden an den beiden Lückenbauten übersetzen die Architekten mit dieser Hof-im-Hof-Idee auch hier ihre grosse Geste ins Kleine.

An der Rue des Suisses schafften Herzog & de Meuron also eine differenzierte Wohnwelt, die sich aus wichtigen Wohnhaustypen unserer Zeit zusammensetzt: Blockrand, Riegelbau und Einfamilienhaus. Damit bietet die Überbauung auf engstem Raum ein vielfältiges Wohnungsangebot und mit der geschickten Anordnung der Baukörper sehr unterschiedliche, attraktive Aussenräume, und fast alle Wohnungen haben viel Licht und einen Blick ins Grüne. Und das bei einem Quadratmeterpreis von 51 Francs pro Monat.

Fast könnte man sagen: In Paris schaffen Herzog & de Meuron die Quadratur des Kreises und erzählen nebenbei noch eine kleine Geschichte des urbanen Wohnens.

1. Oktober 2000 NZZ-Folio

Die Bundesschlange

«Architektur im Volksmund», so könnte ein Buch heissen, das sich über Bauten in Berlin schreiben liesse. Die Berliner Schnauze erfindet immer wieder schnodderige, manchmal liebevolle, immer aber treffende Ausdrücke für die einheimischen Baumonumente: Der Fernsehturm am Alexanderplatz heisst «Telespargel», der unweit davon gelegene Palast der Republik «Palazzo Protzo», wegen seiner Masslosigkeit. Und gleich gegenüber der «Schwangeren Auster» im Tiergartenpark - einem ehemaligen Kongresszentrum, das seinen Spitznamen der waghalsigen Hängedachkonstruktion verdankt -, steht ein neues Beispiel, nämlich die «Bundesschlange».

Die 500 Meter lange, lässig geschwungene Wohnwand des Berliner Architekten Georg Bumiller ist das markanteste Stück des grössten Wohnbauprojektes in der Innenstadt Berlins. Sie beherbergt 437 der insgesamt 718 Wohnungen, die für Abgeordnete und Mitarbeiter des Bundestages vorgesehen waren. Das neue Quartier grenzt zur einen Seite an den Bundespräsidentensitz Schloss Bellevue und zur anderen ans Westende des von Axel Schultes und Charlotte Frank entworfenen anderthalb Kilometer langen «Bandes des Bundes», des grössten Bauprojekts für Parlament und Regierung in Berlin.

Trotz der zentralen Lage - den neuen Bundestag etwa erreicht man in nur 20 Gehminuten durch den lauschigen Tiergartenpark - scheint das Grundstück abseits zu liegen. Der Ort ist weder Vorstadt noch Zentrum. Seine «Landseite» liegt gegen Süden, gegen die idyllische und grüne Flusslandschaft mit Uferwanderweg; seine spröde «Stadtseite» liegt gegen Norden - hier rattern die Züge fast im Minutentakt über den Viadukt. Bei der Bebauung des schwierigen Grundstücks stellte sich die Frage nach der städtebaulichen Einordnung. Sollen die Rheinländer Bundesbeamten in einer kleinbürgerlichen Vorstadtsiedlung oder in einer Berlin-typischen Blockrandbebauung mit Hof und Hinterhaus wohnen? Die Antwort auf die - allerdings nicht explizit gestellte - Frage hatte ein Architekturwettbewerb im Jahre 1995 zu geben.

Der damals 38-jährige Bumiller stach seine 29 Konkurrenten mit dem Vorschlag für eine städtebauliche Zwitterlösung aus: Peripherie und City zugleich. Er strickte das vielgepriesene Spreebogenkonzept für die neuen Bundesbauten weiter, indem er eine der beiden grossen Alleen in sein Planungsareal hinein verlängerte. Diese Baumreihe teilt das Areal in zwei dreieckige Flächen und ist zum Rückgrat des Ensembles geworden. Auf der südlichen Seite zeichnete Bumiller seine kraftvoll geschwungene Schlange mit einem Kopfbau, auf der Nordseite setzte er um zwei offene Höfe herum vier städtisch wirkende Atriumhäuser. Die Realisierung musste er sich allerdings mit zwei andern Büros teilen: Die Architektur des Kopfgebäudes entwarf Jörg Pampe mit Irene Keil, die Gestalt der Atriumhäuser stammt aus dem Atelier der Architekten Müller Rhode Wandert.

Bumillers städtebauliche «Sowohl-als-auch-Lösung» rief in der Fachwelt heftige Diskussionen hervor. Konfliktpotential birgt Bumillers Überbauung deshalb, weil die derzeit den Wiederaufbau Berlins beherrschende Architektursprache eine traditionalistischere ist: Unter dem Schlagwort «Kritische Rekonstruktion» wird mit streng und behäbig wirkenden Neubauten einem Stadtbild aus der Gründerzeit Leben eingehaucht. Viele Bauten des neuen Berlins orientieren sich deshalb am Modell Blockrandbebauung mit Hof und Hinterhaus. Eine zweite Front bildete sich gegen die tatsächlich einfältige Idee der beiden Wohnbaugesellschaften, ein luxuriöses «Beamtenghetto» zu errichten.

Knapp ein Jahr nach der Fertigstellung hat sich die Aufregung gelegt, die Bundesschlange hat ihren festen Platz in der Metropole eingenommen, die Einwände der Kritiker haben an Gewicht verloren: Im Gegensatz zu den städtischen Atriumhäusern ist die Schlange fast vollständig vermietet, und das nicht nur an Bundesbeamte. Die meisten zogen es nämlich vor - wen wundert's -, nicht in ein Beamtenreservat, sondern in eine bereits gewachsene Nachbarschaft zu ziehen.

Die Schlange mit ihrer im Sonnenlicht sanft golden schimmernden Klinkerfassade empfängt Besucher und Bewohner auf der nördlichen Eingangsseite mit einer arenaartigen Fassadenwand, wohlkomponiert mit liegenden und stehenden Fenstern durchlöchert. Sie fasst drei gartenähnliche Höfe über der Tiefgarage. Hinter den grosszügigen Fensterbändern auf der Flussseite sind konsequent alle Wohnräume gegen Süden und den Tiergartenpark orientiert. So fällt - in den Aussenkurven natürlich mehr, in den Innenkurven leider weniger - den ganzen Tag Sonnenlicht in die Wohnzimmer.

Schade ist, dass die Bauherrschaft die von Bumiller vorgeschlagenen innenliegenden Wintergärten eingespart hat. Die meisten Wohnungen besitzen keinen privaten Aussenraum, sondern teilen sich den grossen öffentlichen Garten, den Tiergarten, der nun über die Spree bis an die Hausmauer heranreicht.

Die Wohnungen - überwiegend Zwei- und Dreizimmerwohnungen - sind zwischen 61 und 78 beziehungsweise zwischen 80 und 91 Quadratmeter gross. Für Berliner Verhältnisse ist die Raumhöhe von knapp 2,6 Meter eher gering. Der Innenausbau mit Parkett im Wohnbereich und einer funktional ausgestatteten Küche ist nicht luxuriös. Die Wohnungen leben denn auch nicht von einem exklusiven Ausbau, sondern vom Blick auf die beiden gegensätzlichen Landschaften. Man kann in der Schlange beim Anblick der über die Wiese hoppelnden Tiergarten-Kaninchen frühstücken und abends mit dem Licht einschlafen, das die S-Bahn an die Zimmerdecke wirft, deren Züge nachts wie Lichterketten durch die städtische Dachlandschaft auf der Nordseite ziehen.

Aber noch ist das Idyll nicht perfekt: Erst im späten Herbst wird der weite öffentliche Park der Zürcher Landschaftsarchitekten Kienast Vogt und Partner fertiggestellt sein. Mit seinen zu ovalen Hainen gruppierten Bäumen erstreckt er sich entlang des Ufers der Spree.

Und noch fehlt auch die kleine Brücke, die das neue Wohnquartier auf der Ostseite mit dem Tiergarten und den Bundesbauten verbinden soll. Auch scheint die andernorts in Berlin so erfolgreiche Umnutzung von Bahnbögen hier nicht voranzukommen. Erst ein Restaurant hat unter dem Viadukt seine Pforten geöffnet. Bis diese Schritte zur Integration des Quartiers in die Stadt getan sind, bleibt die Bundesschlange ein äusserst attraktiver, der Hauptstadt aber auf wundersame Weise entrückter Flecken.

19. September 2000 Neue Zürcher Zeitung

Am Thema vorbei

Das 3. Architektursymposium Pontresina

In Pontresina fand vom 13. bis zum 15. September zum dritten Mal das internationale Architektursymposium statt. Wie schon in den Vorjahren versammelten sich Stararchitekten und ihre Gäste im Kongresszentrum Rondo: Hans Kollhoff, Jean Nouvel und Toyo Ito waren dieses Jahr mit von der Partie. Auch Massimiliano Fuksas hätte zur illustren Runde gehört, wenn ihm nicht ein «unverrückbarer Termin im Engagement für die Architekturbiennale in Venedig», so die offizielle Mitteilung, einen Strich durch die Rechnung gemacht hätte. Trotz der Absenz des italienischen Biennaledirektors (für den offensichtlich kein ebenbürtiger Ersatz gefunden wurde) hatte man erwartet, dass die angereisten drei Schrittmacher der Gegenwartsarchitektur genügend Diskussionsstoff zum Thema «Global city versus local identity» lieferten. Doch anders als bei den letzten Symposien wollten die durch die einzelnen Vorträge erzeugten Assoziationsflüsse nicht so recht zum grossen Gedankenstrom zusammenfinden - die Architekten gingen zu frei oder gar nicht auf das Thema ein.

Hans Kollhoff beispielsweise sprach über Bilder. Das zweidimensionale bildhafte Sehen löse zunehmend die dreidimensionale körperliche Wahrnehmung ab, stellte er fest. Vermarktungsbilder und spektakuläre Architekturfotos seien heute wichtiger als der Bau selbst. Er fordert deshalb, dass sich die Architektur aus dem Kunstdiskurs ausklinke und wieder dem Nutzer und dem Passanten diene. Während der polemische Auftritt und die traditionalistische Architektur Kollhoffs noch für eine Protestwelle beim Publikum und damit auch für eine Diskussion sorgten, blieb es bei den nüchternen und einfallslosen Werkschauen von Nouvel und Ito eher ruhig im Saal: Nouvel elektrisierte mit der ausgedehnten Präsentation seines Kunst- und Kulturzentrums Luzern höchstens noch Gäste aus dem Ausland, und Ito begann seinen Vortrag tatsächlich mit seinem «Turm der Winde» in Yokohama, ein Projekt aus dem Jahre 1986, das jede Architekturzeitschrift mindestens schon einmal publiziert hat.

Immerhin erfüllte sich teilweise die Hoffnung, durch die Vorträge der von den Stars eingeladenen Koreferenten unerwartete Anstösse zu bekommen: Itos Gäste Yoshiharu Tsukamoto und Momoyo Kaijima fesselten mit ihrer Studie über skurrile Bauten in Tokyo, die unter dem hohen baulichen Druck und den fehlenden Regulativen entstanden sind. Das junge Architektenteam zeigte beispielsweise ein «Betonmischerwohnhaus» oder eine Abwasseraufbereitungsanlage mit Sportplätzen auf dem Dach. Doch auch dieses Referat hatte mit dem eigentlichen Thema der Veranstaltung nichts zu tun, sondern faszinierte vor allem durch den Einblick in eine für die meisten Europäer unverständliche, exotische Welt.

Nach dem dritten internationalen Architektursymposium Pontresina stellt sich deshalb dringend die Frage nach der Struktur: thematisch oder nicht thematisch? Wenn ja, wie bringt man viel beschäftigte Stars dazu, nicht nur von ihren aktuellen Projekten zu erzählen, sondern sich gewissenhaft auf das gestellte Thema vorzubereiten? Vor allem diese Fragen müssen die Organisatoren lösen, wenn sie nicht wollen, dass der «Architekturgipfel» nach dem verheissungsvollen Start zu einem jährlichen Sehen-und-gesehen-Werden in Pontresina verkommen soll.


[Unter www.hochparterre.ch findet man Zusammenfassungen der Vorträge sowie Kommentare.]

7. April 2000 Neue Zürcher Zeitung

Haus des Lichts

Ein Verwaltungsneubau von GWJ Architekten in Ittigen

Eigentlich hätten im Neubau in Ittigen Arbeitsplätze für den ehemaligen Schweizerischen Bankverein Platz finden sollen. Doch Einsprachen verzögerten den Baubeginn, und während dieser Zeit überdachte die Bank ihren Raumbedarf in Bern und Umgebung neu. Das Geldinstitut kam dabei zum Schluss, dass es für das Gebäude zwischen Bahndamm und Worblentalstrasse gar keinen Bedarf mehr hatte. Trotzdem liess die Pensionskasse des Bankvereins den Bau mit 400 Arbeitsplätzen erstellen und fand im Bund einen interessierten Mieter.

Doch vor Baubeginn musste das auf die Bedürfnisse einer Bank gemünzte Siegerprojekt des Architekturwettbewerbes aus dem Jahre 1991 in einen eidgenössischen Verwaltungsbau mit Büros für die Bundesämter Buwal und Astra verwandelt werden. Im Klartext hiess das: Das Team um die Architekten Nick Gartenmann, Mark Werren und Andreas Jöhri (GWJ) sollte die luftigen Grossraumbüros auf eine dem Bundesraster von 1,25 Metern entsprechende Zellenstruktur zurückstutzen. Doch wie das Haus heute zeigt, ist gute Architektur geduldig. Denn auch mit langen Korridoren anstatt loftartigen Grossraumbüros ist der rechteckige Bau ein Haus des Lichts geblieben: Eine hohe gläserne Eingangshalle, ein schmaler Lichtschlitz und ein offener Innenhof bleiben die Eckpunkte des Entwurfs. Diese drei Lichtkamine lassen Helligkeit ins Innere dringen, akzentuieren einzelne Bereiche im Haus und helfen den Benützern zudem bei der Orientierung.

Man betritt den Bau durch den etwas kleinlichen, als geschlossene Betonkiste ins verglaste Erdgeschoss hineingeschobenen Windfang. Ist man erst einmal in der Eingangshalle, so ist die Überraschung gross, denn von aussen lässt nichts auf den luftigen Innenraum schliessen: Das viergeschossige Atrium ist Herzstück und Drehscheibe des Gebäudes. Es zieht den Blick der Besucher unweigerlich nach oben. Die Aufzüge, die Nasszellen sowie die Putz- und Nebenräume sind seitlich in einem leuchtend roten Baukörper zusammengefasst. Im Erdgeschoss befinden sich Konferenzräume, eine Cafeteria und - etwas tiefer - ein Restaurant. In den oberen Geschossen reihen sich die einzelnen Büros entlang weitläufiger Korridore. Diese Gänge führen bald der inneren Glasfassade, bald langen Tür- und Schrankreihen, bald einem schmalen Lichtschlitz entlang um den grossen Innenhof. Der Rundkurs endet in der offenen Galerie, die um die Halle herumführt. Die Bewegung durch das Haus wird dabei belebt durch wechselnde Blicke auf die Landschaft oder in die anderen Geschosse.

Der Neubau der GWJ Architekten ist aber nicht nur ein sorgfältig geplantes Bürohaus, das seine Flexibilität in der Grundrissanordnung unter Beweis stellt, sondern auch ein städtebauliches Zeichen für die Berner Vorortsgemeinde: In Ittigen befinden sich nun rund 1000 der mehr als 15 000 Arbeitsplätze des Bundes. Dienstleistungsbetriebe und die Bundesverwaltung haben in den vergangenen Jahren die kleineren Industrie- und Gewerbebetriebe entlang der Worblen abgelöst und rücken den Ort damit noch näher zur Hauptstadt.

6. November 1999 Neue Zürcher Zeitung

Haus der Architekturen

Das Berner Kornhaus in neuem Glanz

Das Kornhaus in Bern erzählt eine wechselvolle Baugeschichte. Der ehemalige Kornspeicher wurde 1711 bis 1718 errichtet. 1895 bis 1898 baute der Architekt Adolf Tièche das gedrungene Haus am heutigen Kornhausplatz in ein stattliches Gewerbemuseum mit einem luftigen zweigeschossigen Ausstellungssaal um. Dafür vergrösserte er die schmalen Lüftungsschlitze an der Fassade in lichte Fenster und ersetzte im ersten und zweiten Obergeschoss die hölzerne Tragkonstruktion durch genietete Eisenstützen mit elegant geschwungenen Fachwerkträgern. Aus Anlass des europäischen Jahres für Heimatschutz und Denkmalpflege haben dann die Architekten Hans Haltmeyer und Ulrich Stucky den Bau 1975 bis 1980 restauriert und die Fassaden wieder in den ursprünglichen Zustand zurückgeführt. Das ist heute schwer zu verstehen, denn aus dem ehemaligen Tageslichtmuseum ist dabei wieder ein dunkler Kunstgewerbespeicher geworden.

Im Jahr 1987 entwickelte die Stadt dann ein neues Konzept für eine Nutzung des geduldigen Baus: Schwerpunkt des neuen Kornhauses sollte das Forum für Medien und Gestaltung werden. Letztes Jahr ist nun dieses kleine Centre Pompidou nach gut einjähriger Bauzeit eröffnet worden. Für den 15 Millionen Franken teuren Umbau waren sam Architekten aus Zürich verantwortlich. Kern des neuen Kornhauses ist der öffentlichen Stadtsaal, den zwei Kuratoren des Forums für Medien und Gestaltung mit vier bis sechs Ausstellungen pro Jahr bespielen. Zwischendurch ist der Raum auch Heimat des Architekturforums Bern. Darum herum gliederten die Architekten die Regionalbibliothek Bern mit ihrer Abteilung für Gestaltung. Unter das Dach des viergeschossigen Baus placierten sie dann noch das Kornhaustheater, die Kammerbühne des benachbarten Stadttheaters. Der Auftrag für das Café im Erdgeschoss hingegen ging an den italienischen Designer Claudio Silvestrin. Er kleidete die Halle unter den Arkaden mit etwas schwerfälligen Glaswänden ein und machte aus dem ursprünglichen Aussenraum ein elegantes sandfarbenes Designer-Café mit urbanem Flair.

Das letzte Umbauvorhaben, das Restaurant im Keller, gestaltete das Zürcher Architektenduo Grego und Smolenicky. Das monumentale Gewölbe des traditionsreichen Restaurantkellers mit seinen geschützten üppigen Fresken von Rudolf Münger liess jedoch keine grosse Geste zu. Die Architekten respektierten wohl oder übel die folkloristische Festlichkeit und setzten ihr schlichte Formen und Materialien gegenüber. Nun ist jeglicher Zeughauskeller-Mief verweht, und es ist ein elegantes Restaurant mit grossen stilvollen Lounges auf der Galerie entstanden. Mit der Wiedereröffnung des renovierten und umgebauten Kornhauskellers am vergangenen Sonntag ist das vorerst letzte der vielen Um- und Rückbaukapitel des Baudenkmals abgeschlossen worden. Bern besitzt mit dem Kornhaus nun nicht nur einen vielfältigen und lebendigen Kulturbau, sondern auch ein ein Haus der unterschiedlichsten Architekturen.

5. November 1999 Neue Zürcher Zeitung

Städtebauliche Analyse

Ein neuartiges Lehrexperiment der ETH Zürich in Basel

Die vier Architekten Jacques Herzog, Pierre de Meuron, Roger Diener und Marcel Meili teilen sich seit Oktober für die nächsten fünf Jahre einen ordentlichen Entwurfslehrstuhl an der Architekturabteilung der ETH Zürich. «Die Schweiz - ein städtebauliches Porträt» heisst ihr Thema für die kommenden drei Jahre. Doch nicht auf dem Hönggerberg in Zürich, sondern in einem grosszügigen Atelier in Basel wollen sich die neuen Architekturprofessoren zusammen mit maximal 20 Studenten pro Semester mit der Schweiz auseinandersetzen. Ziel dieses Lehrexperiments sind nicht individuelle Entwurfsarbeiten, sondern ein Buch mit einer städtebaulichen Analyse der Schweiz. Ausgangslage bildet ein Phänomen, das erst vor wenigen Jahren in die Planungsdiskussion Aufnahme fand: die Globalisierung. Sie stellt an Urbanisten und Architekten neue Fragen - beispielsweise nach der Identität der Schweiz, nach dem Verhältnis von Stadt und Land oder nach der Rolle Zürichs innerhalb der Schweiz. Die Wahl des Standorts des Ateliers soll denn auch gerade als ein Statement der Dekonzentration und Verflechtung gelesen werden.

Der Kurs ist aber mehr als ein Versuch, den Campus in Zürich mit Basel zu vernetzen, er ist auch Ausdruck einer Protesthaltung der Initianten gegenüber der derzeitigen Unterrichtsmethodik an der Architekturabteilung der ETH Zürich. Die vier Professoren stehen dem Betrieb auf dem Hönggerberg skeptisch gegenüber. Sie fürchten die Reibungsverluste an der Architekturabteilung, denn die ETH sei - verglichen mit der Zeit, als die neuernannten Professoren selbst dort studierten - eine träge Institution geworden. Das Angebot sei mittlerweile so gross, dass für Studenten die Gefahr bestehe, sich zu verlieren. Auch gebe es bei der grossen Studentenzahl zuwenig Austauschmöglichkeiten zwischen Studenten und Professoren und der Blick sowohl der angehenden Architekten wie auch der Lehrerschaft beschränke sich zu fest auf den Projektunterricht, erklärte Marcel Meili anlässlich einer Pressekonferenz in Basel. Ihr Ziel sei deshalb, die kleine Studentengruppe in intimer Atmosphäre persönlich zu unterrichten und die Breite des Blickfeldes zu öffnen. Dabei helfen auch zwei externe Fachleute: Der visuelle Gestalter Cornel Windlin aus Zürich betreut den graphischen Teil, der Wirtschafts- und Stadtgeograph Christian Schmid von der Universität Bern vermittelt Recherchetechnik, hilft bei der Informationssuche und bei der Formulierung der erarbeiteten Inhalte.

5. November 1999 Neue Zürcher Zeitung

Hochseilakt im Prättigau

Die neue Schrägkabelbrücke bei Klosters

Die Prättigauer Dörfer leiden unter dem Durchgangsverkehr. Mit der «Neuen Prättigauerstrasse» soll sich das ändern. Die 950 Millionen Franken teure Umfahrungsstrasse erstreckt sich von Küblis bis zur Autoverladeanlage des Vereinabahntunnels bei Klosters Selfranga. Bis oberhalb von Serneus verläuft die neue Strasse auf der rechten Talseite der Landquart. Dann wechselt sie in sechzig Meter Höhe auf die linke Talseite und sticht durchs Westportal des 4,2 Kilometer langen Gotschnatunnels. Verbindungsstück ist die 526 Meter lange Sunnibergbrücke, die letztes Jahr fertiggestellt wurde. Am Tunnel wird voraussichtlich noch bis ins Jahr 2007 gebaut, doch um die 600 000 Tonnen Ausbruch abtransportieren zu können, hat man den Bau der 18 Millionen Franken teuren Brücke vorgezogen.

Die Entstehungsgeschichte der Sunnibergbrücke ist so unkonventionell wie der Bau selbst: 1994 vergab das Tiefbauamt Graubünden einen Studienauftrag an drei Ingenieurbüros für die Gestaltung des Brückenschlags über die Landquart. Der emeritierte ETH-Brückenbauprofessor Christian Menn, Berater im Preisgericht des Wettbewerbs, war von den eingereichten Vorschlägen nicht überzeugt. Zu konventionell und zu wenig zeichenhaft. Menn schlug deshalb zusammen mit Andrea Deplazes, dem Architekturberater des Tiefbauamtes, eine filigrane Kabelbrücke auf hohen Stützen vor. Der auf einem Gestaltungskonzept von Menn aus dem Jahre 1989 basierende Entwurf überzeugte die Bauherrschaft. Die Detailprojektierung und die technische Bauleitung übernahm daraufhin das Churer Ingenieurbüro Bänziger, Köppel, Brändli + Partner.

Die gebogene Schrägseilbrücke ist eine Weltneuheit. Denn normalerweise hängt die Fahrbahn einer Kabelbrücke tief unter der Spitze der Pylone an einem steilen, radialen Kabelfächer. Hier liegt sie auf sechzig Meter Höhe im oberen Viertel des Pfeilers auf, und die parallel angeordnete Kabelharfe ist dementsprechend flach. Die ungewöhnliche Kombination von hochgelegener Fahrbahn und flach geführten Kabeln macht den Bau gegenüber einer konventionellen Balkenbrücke oder einer Bogenbrücke feingliedriger und eleganter: Nur eine schmale Fahrbahn zerschneidet das Panorama.

Geschickt sind auch die vier Pylone gesetzt: Die zwei äusseren verschwinden fast im Wald, so dass nur die beiden mittleren Pfeiler ins Auge stechen. Diese sind aber keine wuchtigen Hohlkörperstützen, sondern profilierte Gabeln mit je zwei flachen Zinken. Oben breit und unten schmal, visualisieren sie den Kräftefluss. Doch nicht nur von der Ferne ist die Brücke ein Erlebnis, auch die Überfahrt ist spektakulär: Die parallelen Kabelharfen spannen einen durchlässigen Fahrraum auf. Die Kurve sorgt für Dynamik. Man bekommt das Gefühl, in einem transparenten Kanal zu fahren. Leider hat man begonnen, die schwarzen Seile weiss einzufassen, was den bisher unauffälligen Kabeln eine unnötige Dominanz verleiht.

Bei der Gestaltung von Brücken ist der Bezug zur Landschaft eine wichtige Frage. Die Sunnibergbrücke schafft trotz der Talquerung auf sechzig Meter Höhe den Spagat zwischen Unterordnung und Eigenständigkeit im Gelände. Der Bau ist nicht kleinlich, aber auch nicht gigantisch. Obwohl die Kosten der gebauten Variante die der günstigsten, einer Balkenbrücke, um 14 Prozent überstiegen, ist die Differenz von 2,2 Millionen Franken im Vergleich zu den 506 Millionen Franken betragenden Gesamtkosten für die erste Etappe der Umfahrung eher klein. Dabei ergibt es Sinn, diese Mehrkosten zugunsten der Gestaltung in den markantesten und auch sichtbaren Teil der Umfahrung zu investieren.

15. April 1999 Neue Zürcher Zeitung

Die Schweiz als labyrinthischer Klangkörper

Der Auftritt der Schweiz an der Expo 2000 in Hannover

Der Schweizer Architekt Peter Zumthor zeichnet für den Auftritt der Schweiz an der Weltausstellung im Jahr 2000 in Hannover verantwortlich. Der Baumeister inszeniert keine Leistungsschau im herkömmlichen Sinn, sondern zeigt die Schweiz mit ihren Klängen, Worten und ihrer Gastronomie. Die Besucher erwartet ein Labyrinth aus Holzstapeln, in dem sie sich genüsslich verlieren sollen.

Wer je an einer Weltausstellung war, weiss, wie überbordend die Länder und internationalen Organisationen um die Aufmerksamkeit der Besucher buhlen. Leuchtschriften, Multimediaspektakel und Spezialitätenrestaurants werben schrill um die Gunst der von Reizen überfluteten und überforderten Besucher. Der Schweizer Auftritt in Hannover soll nach den Plänen Zumthors anders werden: Nicht augenfällig und laut, sondern dezent und geheimnisvoll will sich die Eidgenossenschaft präsentieren. Zumthors sogenannter «Klangkörper Schweiz» soll eine erholsame Antwort auf die Reiz- und Informationsflut einer Weltausstellung werden: In einem Labyrinth aus gestapelten Lärchenholzbalken sollen Schweizer Klänge, Wörter und Gaumenfreuden die Gäste verführen. Der Architekt will mit seinem Bau in erster Linie die Sinne der Besucher ansprechen. Die reine Informationsvermittlung tritt dabei in den Hintergrund.


Labyrinthisches Holzlager

Auf einer Fläche von rund 50 mal 60 Metern plant Zumthor eine verwinkelte Raumstruktur aus gestapelten Holzwänden. Die Strenge der rechtwinkligen Anordnung bricht er durch einen subtilen Trick: Der Architekt stellt alle Holzwände senkrecht auf eine auf zwei Seiten leicht abfallende schiefe Ebene. Keine Nägel halten die Balken zusammen, alle Hölzer liegen, durch kleine Schifthölzer getrennt, lose aufeinander und werden nur durch Stahlseile zusammengehalten. Nach der Expo sollen sie unversehrt abgebaut und wiederverwertet werden. Etwa 100 dieser knapp neun Meter hohen Balkenstapel bilden das unregelmässige rechtwinklige Gassenmuster. Es entsteht eine exakt ausgewogene Horizontal- Vertikalkomposition, die der Bündner Bauingenieur Jürg Conzett berechnet hat. Über 70 schmale Gänge, 3 nach oben offene Höfen und 8 überdachte Innenräume formen das labyrinthische Holzlager. In die verbleibenden Resträume setzt der Architekt 3 Servicecontainer.

In den dreigeschossigen Holzkörpern aus farbigen Mehrschichtplatten sind Infrastrukturräume wie Küche, Toiletten, Buchladen, Informationsbüro, Administration oder VIP-Lounges untergebracht.


Duftende Gassen und klingende Höfe

Was erlebt der Besucher des «Klangkörpers Schweiz»? Wer eine der 1,80 Meter breiten und 6,30 Meter hohen Gassen betritt und sich ins Innere des Pavillons vortastet, landet dank der ausgeklügelten Wegführung zunächst in einem der drei offenen Innenhöfe. Sie wirken als Drehscheibe und sind ein Ort der Orientierung. Hier stellt sich beispielsweise die Frage: Will man seinem Appetit folgen, der sich wegen des verführerischen Dufts aus einer der drei Häppchenbars bemerkbar macht, und ein Glas Weisswein und eine Walliser Randenwurst geniessen? Oder soll man sich von der geheimnisvollen Musik in einen der fünf Klanghöfe locken lassen? Zumthor will, dass sich die Besucher von ihrer Stimmung leiten lassen und sozusagen sinnlich flanierend den Pavillon entdecken. An die Wände projizierte Schriftzüge und Wörter, die gleichzeitig auch Lichtquelle sind, säumen diese Reise der Sinne durch Schweizer Klänge, Wörter und Gastronomie.

Durch den Fokus auf Literatur, Musik und Gastronomie werden grossen Teile der Schweizer Kultur ausgeblendet. Peter Zumthor, der gleichzeitig auch künstlerischer Leiter ist und somit auch für den Inhalt des Pavillons verantwortlich zeichnet, will nicht mit geschriebenen oder audiovisuellen Beiträgen über die Schweiz informieren. Am Ort nicht vorhandene Wirklichkeit soll nicht mit Bildern nachgestellt werden. Alles, was in Hannover ausgestellt wird, ist echt. Die rund 40 Angestellten, die den Pavillon täglich betreuen werden, sollen im persönlichen Gespräch informieren. Vier kleine Ausstellungskataloge zur Architektur, Musik, Gastronomie und zu den Wortcollagen liefern weiterführende Informationen. Wer noch mehr wissen will, der wird ans Auskunftsbüro verwiesen, wo eine umfassende Dokumentation bereit liegt und der Zugriff aufs Internet möglich ist.

Der Schweizer Auftritt in Hannover ist mutig, unkonventionell und dennoch gefahrlos. Denn der Verführer Zumthor verzichtet zugunsten sinnlicher Erlebnisse in einer hochästhetischen Welt aus Holz auf eine umfassende Informationsvermittlung und Leistungsschau, die ohnehin nie allen Ansprüchen gerecht werden kann.

6. Februar 1999 Neue Zürcher Zeitung

„Steinernes Jona“

Das neue Gemeindehaus der Architekten Truniger und Müller

Noch bevor Jona und Rapperswil Fusionsgedanken hegten, schrieb die Aufsteigergemeinde am Obersee einen Wettbewerb für ein neues Gemeindehaus aus. Gewonnen haben die beiden jungen Zürcher Architekten Daniel Truniger und Andreas Müller mit einem strengen Entwurf für ein schnörkelloses Stadtpalais. Das nun fertiggestellte Erstlingswerk der Architekten erzählt nicht nur die Geschichte eines städtischen Hauses an einem unstädtischen Ort, es verrät auch einiges über ein Meister-Schüler-Verhältnis.

Hö. Wer das Zentrum von Jona sucht, sucht vergeblich. Die Gemeinde am Obersee ist ein unförmiger Vorstadtgürtel, der sich um das schöne Rapperswil schnürt und der 1973 nur wegen seines schnellen Wachstums zur Stadt erklärt wurde. Wer mit dem Zug nach Jona fährt, steigt bei einem Bahnhof aus, den man eher als Haltestelle bezeichnen sollte. Auf der einen Seite liegt freies Feld, auf der andern Seite deutet ein Häuserverbund auf so etwas wie einen Ort. Man läuft durch die lose Ansammlung von Bauten, bis einen an der Kreuzung plötzlich doch ein Gefühl von Zentrum überkommt. Denn dort, wo sich das Flüsschen Jona und die verkehrsreiche Hauptstrasse treffen, steht nun ein stattliches Haus aus graugrünem Stein.

Das neue Gemeindehaus zieht unweigerlich die staunenden Blicke der Passanten und Autofahrer auf sich und tut selbstbewusst kund: «Schaut, hier ist die Mitte von Jona!» Dieser unschweizerische Bau ist ein eindrückliches Hôtel de Ville, das einen mit seinen französischen Fenstern an klassizistische Stadtpaläste in Mailand oder Paris erinnert. Die strenge Rasterfassade hüllt das Gebäude rundherum ein, und nur wenige Ausnahmen brechen die Regelmässigkeit der Aussenhaut. Das viergeschossige Haus ist nach klassischer Manier in Sockel, Mittelteil und Dach unterteilt. Es herrscht ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Fenster und Stein, was dem Bau eine elegante Note verleiht. Das karge Einheitskleid unterstreicht aber auch die Autorität, die das Haus ausstrahlt. Schnell wird einem klar: Das Gebäude ist nicht irgendein Haus, sondern das Prunkstück einer selbstbewussten Gemeinde.

Weit herum sichtbar

Die Entscheidung, einen in sich abgeschlossenen, freistehenden Solitärbau an der vielbefahrenen Kreuzung zu errichten, war richtig. Die Architekten haben erkannt, dass eine Stadtreparatur wenn überhaupt, nur durch ein eigenständiges, weit herum sichtbares Zeichen möglich ist. Denn wo keine einheitliche Baustruktur vorhanden ist, können Planer auch keine weiterstricken. Oder anders herum: Wieso soll sich der Architekt mit seinem Bau bei einer unkoordiniert gewachsenen Häuseransammlung anbiedern? So steht das neue Gemeindehaus Jona an der Stelle des alten und kümmert sich um seine direkte Umgebung wenig. Es ist ein kompakter Baukörper, der sich neben Kirche, Schulhaus und Tagungs- bzw. Gemeindeversammlungszentrum gut behauptet. Mit dem Bau des Gemeindehauses entsteht zwar noch keine bauliche Mitte, wie wir sie von mittelalterlichen Stadtkernen her kennen, doch die starke Präsenz des neuen Baus vermittelt ein deutliches Gefühl von Zentrum.

Betritt man den Bau, ist die Überraschung gross: Das Innere des Gemeindehauses ist eine hölzerne Höhle. Vergessen ist die schwere Sandsteinfassade, hier ist alles in warmes Eichentäfer gehüllt. Eine luftige Halle ist der Kern des Baus. Um sie herum reihen sich die aussenliegenden Büros auf. Die Halle ist aber eigentlich keine Halle, sondern vielmehr eine Abfolge von Foyers auf drei Ebenen: Über eine breite Defiliertreppe steigt man vom zweigeschossigen Entrée, über welches das Einwohneramt, die Schulgemeinde und der Polizeiposten zu erreichen sind, ins hohe, wiederum doppelgeschossige Hauptfoyer im ersten Obergeschoss. Darin öffnet ein riesiges, fast rahmenloses, quadratisches Fenster den weiten Blick auf die Landschaft und die Kirche. Von hier aus führt eine weitere, schmalere Treppe zur dritten und letzten Station der Raumabfolge. Der Besucher landet im nunmehr eingeschossigen Vorraum im dritten Stock, wo auf der Nordseite ein breites Panoramafenster einen exakten Ausschnitt aus der Dachlandschaft Jonas sticht. Ständiger Begleiter dieser Promenade architecturale ist der hellgraue Valser Quarzit, der sich als Bodenbelag vom Sockelbereich der Fassade durch das ganze Haus bis unters Dach zieht.

Die strenge Säulenabfolge, welche das Haus von aussen bestimmt, charakterisiert auch die drei grosszügigen und hellen Innenräume. Hinter den breiten, holzummantelten Stützen, die den Innenraum begrenzen, liegen die diskreten Erschliessungsgänge für die Angestellten. Sie verbinden die aussenliegenden Büros miteinander. Im Dachgeschoss sind dann noch das Bauamt, ein grosses Sitzungszimmer und die Cafeteria untergebracht. Diese Etage ist zwar abgetrennt von der Halle, aber nicht weniger öffentlich. Die Büros im vierten Geschoss sind nur über das zweite, rückseitige Treppenhaus oder den Lift erreichbar. Die eindrückliche und schöne Halle wirft aber auch eine kritische Frage auf: Für wen ist dieser luxuriöse Innenraum gedacht? Das Gemeindehaus Jona will zwar ein Haus für Besucher sein, doch eignet sich der Raum weder als Veranstaltungsort, noch kann man sich vorstellen, dass er Treffpunkt der Gemeinde wird. Die meisten Besucher werden ihr Gemeindehaus nur betreten, wenn sie beispielsweise ihren Pass verlängern wollen. Vielleicht hätte man die Cafeteria, die nun in der obersten Etage versteckt und nur für Personal geöffnet ist, in die Halle mit dem grossen Fenster im ersten Stock legen sollen. So gäbe es allenfalls auch einen Anreiz, diesen öffentlichen Innenraum beispielsweise in Verbindung mit einer Ausstellung zu betreten.

Das Meisterstück

Ein pikantes Detail fällt in Jona vielleicht vor allem Fachleuten auf: Das stattliche Gemeindehaus weist deutlich Parallelen zu einer Architektursprache auf, die derzeit den Wiederaufbau Berlins beherrscht: Unter dem Schlagwort «Kritische Rekonstruktion» wird dort mit Neubauten an neuralgischen Punkten einem Stadtbild aus der Gründerzeit Leben eingehaucht. Die unverkennbaren Neubauten im «steinernen Berlin» orientieren sich an der klassizistischen Formensprache der Häuser aus der Jahrhundertwende. Federführend in dieser hitzigen städtebaulichen Diskussion um die Art des Wiederaufbaus Berlins, die auch weit über die Grenzen der deutschen Metropole geführt wird, ist unter anderem der international bekannte Architekt Hans Kollhoff. Der Berliner vertritt seine traditionalistische Architekturauffassung auch seit vielen Jahren als Professor für Entwurf an der Architekturabteilung der ETH Zürich.

Die jungen Architekten Andreas Müller und Daniel Truniger haben während ihrer Ausbildung an der ETH beide bei Hans Kollhoff studiert. Obwohl die beiden Gestalter ungern mit ihrem Lehrer in Verbindung gebracht werden, ist die Ähnlichkeit mit der umstrittenen Formensprache ihres ehemaligen Professors augenfällig. Doch mit ihrem Erstlingswerk ist den ehemaligen Kollhoff- Studenten nun ein sorgfältig detailliertes und konsequent zu Ende gedachtes Meisterstück gelungen, das den eindrücklichen Bauten ihres Lehrers in keiner Weise nachsteht. Daneben macht der stattliche Bau aus Jona zwar noch keine Stadt, doch vermittelt er der gesichtslosen Gemeinde immerhin einen wichtigen Orientierungspunkt und ein deutliches Gefühl von Mitte.

Publikationen

2010

Zürich wird gebaut
Ein Führer zur zeitgenössischen Architektur 1990–2010

Der Architekturführer dokumentiert den Bauschub der letzten 20 Jahre. Vor allem in Zürich West und Nord entwickelt sich die Stadt in schnellen Schritten. 103 Bauten stellt das Buch in Bild und Plan vor. Der Architekturfotograf Roger Frei hat eigens für diese Publikation alle Objekte neu fotografiert.
Hrsg: Roderick Hönig, Hochparterre AG
Verlag: Scheidegger & Spiess

2009

Unterwegs in Zürich und Winterthur
Landschaftsarchitektur und Stadträume 2000–2009

Dieser Führer durch die Städte Zürich und Winterthur behandelt sechzig wegweisende Projekte zeitgenössischer Landschaftsarchitektur. Die Parks, Plätze und Gärten – viele von ihnen wurden in der Fachpresse lobend erwähnt – werden in Bild und Text eingehend vorgestellt. Der Bogen spannt sich von den Grünanlagen
Hrsg: Roderick Hönig, Claudia Moll, Hochparterre AG
Verlag: Scheidegger & Spiess

2004

Architekturführer Zürich

Der Architekturführer Zürich 1990–2005 dokumentiert den Bauschub der letzten 15 Jahre. Vor allem in Zürich West und Nord hat sich die Stadt in schnellen Schritten entwickelt. 75 Bauten und aktuelle Planungen sowie 32 Interiors (Hotels, Bars und Lounges) werden in Bild und Plan vorgestellt. Ein Essay
Hrsg: Roderick Hönig
Verlag: Hochparterre AG