Die Zeiten, in denen der Prime Tower Zürich überragte, sind vorbei. In den kommenden Jahren werden mehrere Neubauten die Stadt nachhaltig verändern. Das sind die wichtigsten.
Seit Anfang Jahr wird am Flughafen Zürich gebaut - und zwar gross. Auf der letzten grossen Baufläche auf dem Areal sollen für eine Milliarde Franken unter anderem ein Hotel, ein Kongresszentrum und Büros gebaut werden. Der «Circle at Zurich Airport» ist derzeit die grösste Baustelle der Schweiz, aber nicht das einzige Grossprojekt, das in Zürich ansteht. Das sind die wichtigsten Bauten, die das Gesicht der Stadt prägen werden:
Es lebe der Sport, heisst es derzeit in der Limmatstadt. Gleich zwei neue Stadien sollen bis 2022 in Betrieb genommen werden. Die Grasshoppers und der FC Zürich wollen schon in vier Jahren ihre Heimspiele wieder auf dem Hardturm-Areal austragen. Private Investoren werden das Fussballstadion bauen und betreiben. Um es zu finanzieren, ziehen sie neben dem Stadion zwei Wohn- und Geschäftstürme hoch, die mit ihren 137 Metern Höhe den Prime Tower als höchstes Gebäude der Stadt ablösen werden.
«Ensemble» nennen die Investoren um die HRS ihr Zürcher Stadionprojekt. Es ist ein braver Name im Vergleich zu jenem, der für den geplanten Stadionneubau in Altstetten benutzt wird: Im «Temple of Dreams» soll im Jahr 2022 der erste Puck gespielt werden. Der 170-Millionen-Bau, den Klub und Stadt gemeinsam finanzieren, bietet 14 Logen für die reichen Fans und einen 12 000-Liter-Biertank für alle anderen.
Am «Haus zum Falken» am Stadelhofen nagt der Zahn der Zeit. Im August fielen Teile des Dachs aufs Trottoir. Höchste Zeit, sagen einige, dass das alte Haus einem neuen Bau Platz macht, denn geplant ist etwas Spektakuläres: Ein Schiff aus Stahl und Glas hat der Stararchitekt Santiago Calatrava für die Axa Winterthur, die Besitzerin des Grundstücks, entworfen. «Ein Haus wie eine Luxusjacht», so beschrieb Zürich-Redaktor Adi Kälin das Projekt. Und er findet: Dieser Bau tut Zürich gut. Der Baustart ist für 2018 geplant.
Ab 2020 wird Zürich das grösste Kunstmuseum der Schweiz haben. Dann nämlich soll der Erweiterungsbau des Kunsthauses am Pfauen fertiggestellt sein. Seit 2015 wird dort gebaut. Der Neubau, den David Chipperfield geplant hat, wird die Gesamtfläche des Kunsthauses fast verdoppeln. 206 Millionen Franken darf das Projekt kosten, je 88 Millionen zahlen die Stadt Zürich und die Zürcher Kunstgesellschaft, weitere 30 Millionen der Lotteriefonds des Kantons.
Auf dem Areal des alten SBB-Güterbahnhofs hat im Juni der Bau des neuen Polizei- und Justizzentrums begonnen. Der 570-Millionen-Bau wird ein Volumen von rund 500 Einfamilienhäusern ausfüllen und neben 300 Polizei- oder Untersuchungshäftlingen 1800 Vertretern der Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden Platz bieten. Das PJZ ist nach dem Flughafenprojekt «Circle» das grösste und wohl komplexeste Hochbauprojekt des Kantons. Ab 2021 werden die Untersuchungshäftlinge und Verwaltungsangestellten den Neubau in Etappen beziehen.
Im Zentrum Zürichs soll bis 2040 ein Hochschulcampus von Weltruf entstehen. Das Universitätsspital, die Universität und die ETH wollen sich in den kommenden zwei Jahrzehnten um ein Mehrfaches ausdehnen. Rund 4,5 Milliarden Franken sollen die Neu- und Ausbauten kosten. Gegenwärtig erarbeitet die kantonale Baudirektion die Grundlagen für die Lancierung von Projektwettbewerben.
Weil der Raum im Quartier begrenzt ist, wird tendenziell in die Höhe gebaut: In einer ersten Etappe soll die Universitätsklinik an der Gloriastrasse einen Neubau erhalten, der gemäss dem kürzlich festgesetzten Gestaltungsplan maximal 66 Meter hoch sein kann. Bei den Anwohnern stossen diese Höhen auf Kritik, konkrete Bauprojekte liegen aber noch keine vor.
Als Betonwüste und klinisch toter Architekturzombie wurde sie bezeichnet, als Paradebeispiel verfehlter Stadtplanung und als Quartier ohne Freude, Stimmung und Leben. Die Europaallee ist wahrscheinlich Zürichs umstrittenstes laufendes Bauprojekt. 15 000 Personen sollen hier pro Tag das Viertel beleben. Anfang Jahr bezog der Tech-Riese Google Büros im Quartier. Noch ist die Europaallee aber ein Provisorium: Erst 2020 soll sie fertiggestellt sein.
Am westlichen Ufer des Zürcher Seebeckens herrscht Baufreude. Die Versicherungskonzerne Swiss Re und Zurich ersetzen oder ergänzen ihre klassizistischen Repräsentationsbauten mit neuer Architektur.
Der Rückversicherer Swiss Re zog Anfang Oktober in sein neues Bürogebäude mit der auffällig gewellten Glasfassade ein. Die Versicherung besitzt in der Umgebung noch weitere Gebäude, die sie nun in rascher Folge sanieren oder ersetzen wird: Am geplanten «Campus Mythenquai» sollen langfristig alle 3500 Schweizer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter konzentriert werden. Dafür wird unter anderem das «Mythenschloss» abgebrochen und durch einen Neubau von Meili Peter Architekten ersetzt. Weil das Schloss eine Reproduktion aus den achtziger Jahren ist, befand das Verwaltungsgericht, dass es nicht schützenswert sei.
Auch die Zürich Versicherung räumte im Dezember 2016 die Büros für Umbauarbeiten. Zwar wird der Hauptsitz nur teilweise abgerissen, weil drei Gebäude unter Denkmalschutz stehen. Aber ein auffälliger, u-förmiger Neubau mit ornamentaler Glasfassade wird die geschützten Bauten künftig ergänzen - und in der Höhe überragen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollen im Jahr 2020 einziehen.
Ein unbeliebter Betonbau aus den siebziger Jahren wird verschwinden: Das Hotel Dolder Waldhaus wird abgebrochen und durch einen Neubau von Meili & Peter ersetzt. Eine Privatperson bremst das Bauvorhaben mit einem Rekurs derzeit noch aus. Deshalb hat die Dolder Hotel AG den Baubeginn verschoben: Geplant war der Abbruch für den Frühling 2017. Nun werden die Bagger erst im Frühling 2018 auffahren. Bis dahin werden die Zimmer im trostlosen Hochbaukomplex von Studenten oder älteren Leuten zwischengenutzt. Das neue Vier-Sterne-Haus soll im Winter 2020 eröffnet werden. Neben 97 Hotelzimmern, Suiten und Apartmentsuiten will die Dolder Hotel AG eine Villa mit vier Mietwohnungen bauen.