Aufzonen ist nicht mehr gratis

Der Regierungsrat hält an seinen 2016 festgelegten Eckwerten für den Ausgleich der Planungsmehrwerte fest. Die Vorlage, die nun an den Kantonsrat geht, setzt auch auf ein bekanntes Instrument.

Stefan Hotz
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Stadt und Land wachsen zusammen, hier im Bild Oberleimbach bei Adliswil. (Archivaufnahme: Gaëtan Bally / Keystone)

Stadt und Land wachsen zusammen, hier im Bild Oberleimbach bei Adliswil. (Archivaufnahme: Gaëtan Bally / Keystone)

In der Raumplanung liegen die politischen Standpunkte nicht nur im Links-rechts-Schema zuweilen weit auseinander. Das zeigte 2016 die Vernehmlassung über den Entwurf für das neue kantonale Mehrwertausgleichsgesetz (MAG). Für SVP, FDP, Gewerbe- und Hauseigentümerverband ging er zu weit, das Mitte-links-Lager und nicht nur die Exekutiven der meisten Städte, sondern ebenso Gemeinden und Regionen erachteten ihn als zu mager. Der Regierungsrat hält nun in seinem am Donnerstag publizierten Antrag an den Kantonsrat mit wenigen Änderungen an seinem Kurs in der Mitte fest.

Anfang März ist es fünf Jahre her, dass das Schweizervolk das revidierte Raumplanungsgesetz (RPG) des Bundes deutlich annahm. Noch bis Ende April 2019 haben die Kantone Zeit, das Kernstück der Vorlage umzusetzen und den Mehrwertausgleich zu regeln. Es geht darum, die Wertsteigerung bei Flächen, die sich ohne Dazutun der Grundeigentümer durch planerische Massnahmen der öffentlichen Hand ergibt, teilweise abzuschöpfen und zweckgebunden für raumplanerische Ziele einzusetzen. Zürich betritt damit wie die meisten anderen Kantone Neuland.

Die Raumplanung stärken

Das federführende Amt für Raumentwicklung (ARE) in der Baudirektion will nicht einfach ein Gesetz um des Gesetzes willen erlassen. Primäre Absicht sei es, so ist an einem Hintergrundgespräch hervorgehoben worden, die Ziele der Raumplanung zu verfolgen, die im 2014 revidierten Richtplan und im dort integrierten kantonalen Raumordnungskonzept verankert sind: die Siedlungsentwicklung nach innen insbesondere in den urbanen Gebieten zu stärken, die Zersiedelung der Landschaft zu bremsen.

Obwohl das Ziel also Raumplanung ist, wird der Vollzug dieser Bundesaufgabe nicht im Planungs- und Baugesetz geregelt, sondern – weil es in der Sache um eine Abgabe und zwei Fonds geht – separat im neuen MAG. Es enthält drei Hauptpunkte:

  • Der kantonale Ausgleich kommt in erster Linie bei der Einzonung von neuem Bauland zum Zug. Vom Mehrwert fliessen 20 Prozent in einen kantonalen Fonds. Diese Höhe entspricht der minimalen Vorgabe im Bundesgesetz. Der Zweck besteht darin, eine gemeindeübergreifende Verschiebung von Bauland zu ermöglichen. Eine Kommune kann eine Bauzone, die sie vielleicht gar nicht mehr überbauen will, auszonen und zur Entschädigung der Grundeigentümer Mittel aus dem Fonds beantragen, den umgekehrt Abgaben aus Einzonungen in anderen Gemeinden speisen. Heute müssten sich die zwei Gemeinden finden und einen solchen Transfer vertraglich regeln, was in der Praxis nahezu unmöglich ist. In der Realität dürften Ein- und Auszonungen im Kanton Zürich, der nicht übermässig viele Reserven an Bauzonen hat, indes eher selten sein. 
  • Mengenmässig mehr ins Gewicht fallen Auf- und Umzonungen, wo der kommunale Mehrwertausgleich greift. Dazu gibt der Bund nichts vor. Wie schon im Entwurf sieht der Regierungsrat eine Abgabe von maximal 15 Prozent vor. Primäres Ziel ist hier, dass die vorhandenen Bauzonen konsequent genutzt werden. Die Mittel fliessen in den kommunalen Fonds, aus dem Massnahmen für eine zielorientierte Raumentwicklung finanziert werden. Die Gemeinden müssen das Instrument in ihre Bau- und Zonenordnung integrieren. Dafür haben sie bis 2025 Zeit, eine Rückwirkung ist nicht vorgesehen. Weitere 5 Prozent Ausgleich bei Um- und Aufzonungen kommen dem kantonalen Fonds zugute. Begründung: Zusätzliche Nutzungsmöglichkeiten verursachen auch für den Kanton Kosten. Die Gemeinden können aber für ihre Projekte der Raumplanung ebenfalls Mittel aus dem kantonalen Topf beantragen.
  • Alternativ können Gemeinden den Mehrwertausgleich bei Auf- und Umzonungen auch durch städtebauliche Verträge schaffen, indem sich Grundeigentümer und Gemeinde auf eine Gegenleistung einigen, zum Beispiel zur besseren Erschliessung oder in Form eines Freiraums. Diese kamen in der Manegg oder in Bülach Nord bereits zur Anwendung. Neu erhält dieses Instrument mit dem MAG einen rechtlichen Rahmen. Das ARE weist ihm für die Entwicklung städtischer Gebiete einen hohen Stellenwert zu und erhofft sich eine bessere Akzeptanz in der Bevölkerung für die Siedlungsentwicklung nach innen.

Für ARE-Chef Wilhelm Natrup bilden städtebauliche Verträge den eigentlichen «Königsweg» des Mehrwertausgleichs. Sie sind so geregelt, das kein Zwang entsteht. Grundeigentümer haben immer die Möglichkeit, auf die Bezahlung auszuweichen. Sie müssen also vertraglich keine Gegenleistung erbringen, die höher als die insgesamt 20-prozentige Abgabe ist. Die Verträge werden zudem öffentlich aufgelegt, um Transparenz zu schaffen. Auch danach, wenn zum Beispiel ein Parlament oder eine Gemeindeversammlung noch Änderungen vornimmt, haben Eigentümer noch die Möglichkeit, vom Vertrag zurückzutreten.

Ausgleich ist eine Pflicht

Gegenüber der Vernehmlassungsvorlage nicht mehr vorgesehen ist insbesondere die dritte Möglichkeit, auf eine Abgabe oder einen städtebaulichen Vertrag bei Auf- oder Umzonungen zu verzichten. Es besteht, umgekehrt gesagt, die Pflicht, einen Mehrwertausgleich zu schaffen. Das entspricht dem Wunsch vieler Gemeinden und der Regionen in der Vernehmlassung, einen Standortwettbewerb über den Mehrwertausgleich zu verhindern.

Das RPG schafft auch die Möglichkeit für Massnahmen, um der Baulandhortung entgegenzuwirken. Darauf verzichtet der Regierungsrat laut seiner Weisung, weil im Kanton Zürich der hohe Marktdruck dazu führe, dass baureife Parzellen in der Regel innert nützlicher Frist überbaut würden. Hingegen regelt das Gesetz im Rahmen der erwähnten drei Punkte noch zahlreiche Einzelheiten, ausserdem arbeitet die Regierung in diesem Jahr noch eine Verordnung aus. Wichtig ist etwa der Zeitpunkt, wann die Abgabe fällig wird, nämlich mit der Überbauung eines Grundstücks, also nicht vor der Baufreigabe.

Ein weiterer Punkt ist die Bemessung des Mehrwerts. Dazu gibt es aus dem Immobilienwesen verschiedene Methoden. Der Kanton Zürich stützt sich für Wohnbauland auf ein bereits bestehendes hedonisches Modell des statistischen Amtes. Es beruht auf den Vergleichswerten der Handänderungsstatistik, die alle effektiv gehandelten Grundstücke erfasst. Der Aufwand sei gering, so Benjamin Meyer, der Projektleiter im ARE, das Schätzverfahren verbreitet, transparent und im Zusammenhang mit dem Fluglärm auch gerichtlich anerkannt. Für den Mehrwertausgleich haben die kantonalen Statistiker zudem ein Modell für Gewerbeland erarbeitet.

Zeitliche Guillotine

Laut Kantonsplaner Natrup erlaubt der kommunale Mehrwertausgleich mit städtebaulichen Verträgen massgeschneiderte Lösungen für eine qualitätsvolle Innenentwicklung. Als Nächstes wird sich nun die kantonsrätliche Kommission für Planung und Bau über den Antrag beugen. Allzu viel Zeit bleibt nicht, auch ein Referendum ist möglich. Hat der Kanton Zürich bis zum 30. April 2019 die Mehrwertabgabe nicht eingeführt, darf er, bis eine Lösung vorliegt, gemäss Übergangsbestimmung im RPG kein neues Bauland einzonen.