Die UBS legt los mit dem Umbau am Paradeplatz: Erste Bilder zeigen, wie Herzog & de Meuron das Herz des Zürcher Bankenplatzes beleben wollen

Aussen bleibt vieles gleich, innen wird alles neu. Dafür gibt es berühmte Beispiele – mehr und weniger erfolgreiche.

Marius Huber 5 min
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Die Idee für ein Dachrestaurant wurde verworfen, dafür entsteht ein begrünter öffentlicher Innenhof, von dem sich die UBS «Piazza-Atmosphäre» verspricht.

Die Idee für ein Dachrestaurant wurde verworfen, dafür entsteht ein begrünter öffentlicher Innenhof, von dem sich die UBS «Piazza-Atmosphäre» verspricht.

Visualisierung Herzog & de Meuron

Der Zürcher Paradeplatz hat ein offensichtliches Defizit: Er lädt nicht zum Verweilen ein. Er mag zwar eine der prestigeträchtigsten Adressen der Stadt sein und ist mit sieben Tramlinien perfekt erschlossen, aber es gibt wenig, was die Menschen dort hält.

Das liegt auch an den dominanten Bankgebäuden, die seit dem Kollaps der Credit Suisse beide der UBS gehören. Sie bilden ein Stillleben aus geschlossenen Fassaden, leeren Schaufenstern und abweisenden Gitterstäben. Die UBS hat ihre Schalter 2019 geschlossen; die meisten Menschen erledigen ihre Bankgeschäfte längst von zu Hause aus.

Die Grossbank verspricht, den Paradeplatz nun wieder zu beleben: Ab Anfang nächsten Jahres lässt sie ihren dortigen Standort, den viele irrtümlich für den Hauptsitz halten, nach Plänen der Stararchitekten Herzog & de Meuron für die Allgemeinheit öffnen. Diese Öffnung ist durchaus wörtlich gemeint, denn auf allen Seiten werden neue Eingänge in die Gebäudehülle gebrochen, dahinter entstehen Läden und Restaurants, insgesamt acht Lokale.

Unbemerkt von der Öffentlichkeit haben im Inneren des Hauses bereits der Rückbau und die Schadstoffsanierung begonnen. Nach Neujahr wird auch die Fassade eingerüstet. Dann wird am Paradeplatz voraussichtlich bis Ende 2026, Anfang 2027 gebaut. Da die Baubewilligung seit ein paar Tagen rechtskräftig ist, zeigt die Grossbank nun erstmals Visualisierungen öffentlich, die greifbar machen, was Herzog & de Meuron vorhaben.

Aus der Distanz betrachtet, wird sich nicht gleich erschliessen, weshalb der Umbau für die UBS ein «signifikantes Investment» wird (die Kosten sind ein Geheimnis). Denn die Rasterfassade aus den fünfziger Jahren wird unverändert bleiben. Sie stand zwar optisch stets im Schatten der historistischen Opulenz der Kreditanstalt (Credit Suisse) aus dem 19. Jahrhundert, ist aber ebenfalls denkmalgeschützt.

Die Gebäudefront verändert sich nur im Erdgeschoss

2027 gibt es mehrere neue Zugangstüren, die Fenster sind richtige Schaufenster. Visualisierung Herzog & de Meuron

Im Erdgeschoss, das zeigen die Visualisierungen, wird sich aber einiges verändern. An die Stelle der blinden, mit Sichtschutz versehenen Fenster von heute treten einladende Schaufenster, die Passantinnen und Passanten durch die neu geschaffenen Zugänge in Innere locken sollen.

Erst dort wird ersichtlich, wie stark sich der Charakter des Gebäudes verändert hat. Wer den Haupteingang unter dem Relief des Künstlers Franz Fischer betritt – heute eine Sackgasse –, gelangt in die ehemalige Schalterhalle, einen glasüberdachten Lichthof. Sie dient als Foyer einer Ladenpassage. Das Bankgeschäft spielt hier nur noch eine Nebenrolle, die 1200 Angestellten verteilen sich auf die neuen Grossraumbüros in den oberen Geschossen.

Ein Durchgang führt von hier in einen zweiten, offenen Innenhof mit üppig begrünten Wänden und Lokalen auf allen Seiten. Er soll zu einer Oase werden, die in der warmen Jahreszeit dazu einlädt, sich niederzulassen und einen Kaffee zu trinken. Bis dieser Innenhof seine finale Form hat, wird es eine Weile dauern, denn die Pflanzen brauchen Zeit zum Wachsen. Die beauftragten Landschaftsarchitekten haben ihre Arbeit aber schon aufgenommen.

In München funktioniert das gut, in Zürich bisher weniger

Herzog & de Meuron haben in München ein ähnliches Projekt umgesetzt, die Fünf Höfe. Auch dort haben sie vor über zwanzig Jahren einen historischen Bankenkomplex in der Innenstadt fürs Publikum geöffnet und mit einem modernen Innenleben versehen. Und auch dort haben sie mit Pflanzen gearbeitet, die trotz schwierigen Lichtverhältnissen üppig von der Decke wuchern und mit den Glasfronten der Geschäfte kontrastieren. Die Fünf Höfe, die allerdings deutlich grösser sind als der Sitz der UBS, verzeichnen heute mehrere Millionen Besucher im Jahr.

Entscheidend wird in Zürich der Mix der Mieter sein. Dies zeigt sich direkt nebenan, bei der Kreditanstalt, die von der Credit Suisse bereits vor zwanzig Jahren für 80 Millionen Franken in eine Einkaufspassage verwandelt worden war. Die Luxusmarken, die sich dort niedergelassen haben, ziehen aber wenig Laufkundschaft an, weshalb die eindrücklichen Räume oft fast menschenleer sind.

Die UBS hat dies registriert und verfolgt das Ziel, bei ihrem eigenen Umbau Räume zu schaffen, die eine andere Qualität aufweisen. Vom begrünten Atrium erhofft sie sich eine «Piazza-Atmosphäre».

Die Grossbank ist sich auch bewusst, dass es rund um den Paradeplatz nicht unbedingt noch mehr Juweliere braucht; in diesem Bereich sei zweifellos eine Saturierung erreicht. Sie setzt eher auf Mischnutzungen, die Verkauf und Gastronomie kombinieren. Es gebe schon jetzt entsprechende Interessenten, unter ihnen auch internationale Unternehmen.

Die geplanten Restaurants und Cafés im Erdgeschoss sollen darüber hinwegtrösten, dass die Idee für ein Dachrestaurant fallengelassen wurde. Diese war Teil eines ersten Projekts, das ursprünglich schon ab 2021 hätte realisiert werden sollen. Die UBS ging aber nach Gesprächen mit diversen Bedenkenträgern über die Bücher, ausschlaggebend waren unter anderem die Denkmalpflege und der Feuerschutz.

Die Rückseite zur Bärengasse wird aufgewertet

Die Fassade ist verändert und begrünt, unten gibt es einen Zugang zur Ladenpassage. Visualisierung Herzog & de Meuron

Im Gegenzug wurde das Vorhaben um den begrünten Innenhof ergänzt, den es in der ersten Variante nicht gegeben hatte. Sichtlich aufgewertet wird in diesem Zusammenhang die Rückseite des Gebäudeblocks hin zur Bärengasse, wo ein eleganter Zugang zum Hof entsteht.

Das Stichwort grün prägt den Umbau auch in Bereichen, von denen die Passantinnen und Passanten nichts zu Gesicht bekommen. Die UBS lässt nämlich nach dem höchsten Nachhaltigkeitsstandard bauen. So wird zum Beispiel das ganze Gebäude mit Seewasser gekühlt und geheizt. Zudem wird der Wasserverbrauch reduziert, indem man schmutziges Grauwasser wieder aufbereitet. Insgesamt sinkt der Energieverbrauch laut der UBS um mehr als einen Drittel, der verbleibende Bedarf werde komplett mit erneuerbaren Quellen gedeckt.

Katrin Gügler, Direktorin des Amtes für Städtebau, begrüsst den Umbau. Dem Paradeplatz fehle eigentlich wenig, sagt sie, dennoch könne er seine zentrale städtebauliche Bedeutung nur dann behalten, wenn dem Wandel der Zeit Rechnung getragen werde.

Das UBS-Gebäude, das mit seiner elegant geschwungenen Fassade subtil zwischen dem Platz und dem Bleicherweg vermittle, habe seine wichtige, belebende Funktion mit der Schliessung des Bankschalters im Erdgeschoss verloren. Hier zeige sich, dass sich das Bankengeschäft in den letzten Jahren stark verändert habe. Ähnlich wie der Detailhandel, was zur Umnutzung des Manor-Gebäudes an der Bahnhofstrasse geführt habe.

Der Umbau versuche dieser Entwicklung zu begegnen. Gügler ist zuversichtlich, dass die Ladenpassage und die Öffnung der denkmalgeschützten ehemaligen Schalterhalle dem Gebäude seine Bedeutung für den Platz zurückgeben und den Stadtraum beleben. Dies, ohne dass der Platz seine Qualitäten verliere. Denn der UBS-Bau behalte den eher zurückhaltenden Charakter eines Bankgebäudes.