Bauwerk

Tokyo National Museum, Galerie der Horyuji-Schätze
Yoshio Taniguchi - Tokyo (J) - 1999

Bühnenhafte Architektur

Ein Museumsbau von Yoshio Taniguchi in Tokio

6. Juli 2001 - Sabine von Fischer
Die Anlage des Nationalmuseums von Tokio ist mit der Galerie der Horyuji-Schätze nicht nur um einen Museumsbau, sondern auch um ein Stück zeitgenössischer Architektur reicher geworden. Als der Architekt, der in Japan schon mehrere Museen realisiert hat, vor drei Jahren den eingeladenen Wettbewerb für die Erweiterung des Museum of Modern Art in New York (unter anderen in Konkurrenz zu Herzog & de Meuron, Rem Koolhaas und Bernhard Tschumi) für sich entscheiden konnte, war er im Ausland weitgehend unbekannt. An diesem Zustand hat sich bis heute nur wenig geändert, denn auch seine neueren Werke wurden ausserhalb Japans kaum publiziert und zur Kenntnis genommen. Zumindest ein Bau von Taniguchi lohnt jedoch eine nähere Betrachtung: das vor zwei Jahren eröffnete Museum für die Sammlung aus dem Horyuji- Tempel im Tokioter Ueno-Park. Allein schon architekturhistorisch gesehen befindet es sich in bester Gesellschaft. An der Parkkante thront in imperialer Erhabenheit die Konzerthalle des Le- Corbusier-Schülers Kunio Maekawa, daneben steht das weit weniger auftrumpfende Museum für westliche Kunst von Le Corbusier. Im Park hinter den um einen Platz gruppierten älteren Bauten des Nationalmuseums lebt die Moderne nun in zeitgenössischer Form weiter: Die Galerie der Schätze des Horyuji-Tempels ist im Vergleich zu den anderen Museen im Ueno-Park ein kleiner Bau. Er kündigt jedoch mit subtiler und zugleich erhabener Geste die Wichtigkeit seiner Sammlung an. Das Museum erhebt sich über einer Wasserfläche, aus der sporadisch ein Wasserstrahl in dieHöhe schiesst; und in der gläsernen Vorhangfassade hinter einer Hülle aus Metallstäben spiegelt sich der Park. Das metallene Vordach faltet sich zu einer Rahmenfigur, die dem Baukörper etwas Bühnenhaftes verleiht. Nur eine schwarze Wand deutet an, wo sich der Eingang befindet.

Durch die Glashülle nehmen die Eingangshalle, die im Winkel daran anschliessende Bibliothek und das darunter liegende Café den Bezug zur Umgebung auf, während die mit Beton und Stein ummantelten Ausstellungsräume die Aufmerksamkeit nach innen lenken. Aus der Tiefeder dunklen Raumfolge im ersten Stock schimmert die bronzefarbene Rückwand. Davor sind 48 kleine buddhistische Statuen in Glaskuben auf einem Raster im Raum verteilt, was poetische Spiegelungseffekte bewirkt. Die Treppe nach oben führt vorbei an einem in Oberlicht getauchten goldenen Banner. Auch die Galerieräume im zweiten Stock sind in dunklem Grau gehalten, und auch hier stehen die Exponate aus Holz, Metall oder Papier in Vitrinen einzeln im Raum oder sind in die Wand eingelassen. - Die hauptsächlich aus dem 7. Jahrhundert stammende Sammlung der 319 Objekte wurde 1878 aus dem Horyuji-Tempel in Nara an den kaiserlichen Haushalt übergeben. Mit der Eröffnung dieses Museums sind die Objekte nun erstmals in einer permanenten Ausstellung der Öffentlichkeit zugänglich. Die Horyuji-Sammlung ist historisch besonders wertvoll, weil sie seit der Gründung des Tempels durch Prinz Shotoku über Generationen weitergereicht wurde, also nicht aus archäologischen Funden besteht. Zwischen den einzelnen Objekten entwickelt der Raum eine Tiefe und Stille, die der japanischen Ästhetik der Dunkelheit im vielzitierten «Lob des Schattens» von Tanizaki Junichiro nahekommt. Im Schutz dieser auch aus konservatorischen Überlegungen erwünschten Dunkelheit und der fast sphärischenVitrinen konzentriert sich alles auf die Kunstobjekte - nicht zuletzt dank der Lichtgestaltungvon Shozo Toyohisa: Aus versteckten Deckenlampen trifft jeweils ein Lichtstrahl auf die geätzte Oberfläche der Vitrinen, wo er sich dann streut.

Der Ausstellungsrundgang führt auf einen Balkon, der über der Eingangshalle auskragt, dann durch die Sammlung und endet schliesslich neben dem Café im Erdgeschoss. Hier spielt die Magie des Raumes: Der Blick geht seitlich über die Terrasse zum Park und nach vorne zum Wasserbecken und zur Fontäne. Die sich von dort dem Museum nähernden Besucher nehmen dank der Spiegelung des Glases hinter den Metallstäben nur die Stille des Eingangsraums wahr.

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Für den Beitrag verantwortlich: Neue Zürcher Zeitung

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