Bauwerk

Bergkapelle
Friedrich Kurrent - Ramingstein (A) - 1991
Bergkapelle, Foto: Franz Wimmer
Bergkapelle, Foto: Friedrich Achleitner
Bergkapelle, Foto: Friedrich Achleitner
14. September 2003 - Az W
Bei dieser Bergkapelle für Waldarbeiter decken sich Umfeld, Anlaß, Idee, Material und Ausführung und bedingen einander: alle Faktoren wurden schlüssig in eine einprägsame Form gebracht. Alle Teile sind restlos in das räumlich-strukturelle System eingebunden, nichts ist daraus zu lösen.
Der dreieckige Grundriß (5 x 5 x 5 m) hat seine Motivation im Blickfeld einer sich versammelnden Gemeinde auf einem Hang, ebenso von einem Punkt ausgreifend wie sich auf diesen konzentrierend. Aus diesem Dreieck entwickelt sich das Gerüst. Es bildet den „Träger“ für die Schichtung des ikonographischen Systems der Dreifaltigkeit, in das Maria Bilger ihre Bilder einer tripolaren Welt eingebunden hat.
Die Kapelle ist in mehrfacher Hinsicht mit der Landschaft verbunden: nicht nur in einer wie immer assoziierenden Form des Turmes oder als Interpretation einer „archaischen Welt“ der Forstarbeiter, sondern auch als Referenz an die Lungauer Landkirchen mit bemalten Holzdecken und schließlich als visionäre Geometrie, die immer schon das Bauhandwerk und die räumliche Phantasie befruchtet hat.
Die Kapelle hat eine merkwürdige Präsenz von Realität und Irrealität: sie ist anschaubar als Zeichen, als Turm, als Raum, betretbar und wieder nicht, als Innenraum genauso abgerückt und mit Distanz wahrnehmbar wie als Punkt in der Landschaft.
Die Wahrnehmung wird gefiltert durch viele Erinnerungen, von den Stabkirchen bis zu den slowakischen Holzkirchen, von den gestapelten Kuppeln der Moldauklöster bis zu den Raumvisionen Guarinis, von Plecnik bis Perret, ganz zu schweigen von der Vielfalt islamischer Konstruktionen. Trotz dieser Flut von Erinnerungen gibt es jedoch kein Objekt als „Vorläufer“ oder „Vorbild“. Es handelt sich um keine Varation oder Transformation; es handelt sich um einen neuen Gedanken, entwickelt aus dem Gedächtnis der Geschichte eines vom Osten befruchteten Mitteleuropa.

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Für den Beitrag verantwortlich: Architekturzentrum Wien

Ansprechpartner:in für diese Seite: Maria Welzigwelzig[at]azw.at

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