Bauwerk

Alptransit Besucherzentrum
bauzeit architekten - Pollegio (CH) - 2003

Aus dem Laib des Berges

Das Material aus dem Berg wurde am Gotthard zu einem Volumen geschnürt, um daraus eine Gedenkstätte zu machen. Im Innern bilden Stahl und Glas eine filigrane Vorrichtung für eine lebendige Ausstellung, welche die Geschichte des längsten Eisenbahntunnels der Welt erzählt.

26. April 2007 - Evelyn C. Frisch
Der Basistunnel durch den Gotthard wird vermutlich im Jahre 2013 den Norden der Schweiz mit dem Süden verbinden. Das Jahrhundertbauwerk von 57 km Länge hat eine Bauzeit von rund 25 Jahren und wird das Herzstück der neuen Hochgeschwindigkeitslinie durch die Alpen sein. Mit bis zu 250 km/h werden dann die neuen Personenzüge durch den längsten Eisenbahntunnel der Welt rasen. Rund 24 Millionen Tonnen oder 13,3 Millionen Kubikmeter Ausbruchmaterial soll am Ende bei der Untertunnelung angefallen sein – das entspricht dem fünffachen Volumen der Cheopspyramide. Der grösste Teil davon wird sofort wieder zu Beton gemischt. Ein anderer Teil wird für die Errichtung von zwei Besucherzentren verwendet, welche das Nord- und Südportal flankieren.

Ein Besucherzentrum wurde bereits fertiggestellt. Es setzt ein deutliches architektonisches Zeichen vor das Südportal und soll damit für Besucher und Reisende eine nachhaltig positive Wahrnehmung der neuen Gotthard-Achse auch nach Abschluss der Bauarbeiten sicherstellen. Das rohe, dem Berg entnommenen Material ist integraler Bestandteil sowohl des Gebäudes wie der Ausstellung, die auf sinnliche Weise in die Thematik des Tunnelbaus herantastet. Der Besucher wird von der steinernen Materie gefangen genommen, soll ihre Masse fühlen, ihre Trägheit und Wucht. Erzählt wird die Geschichte einer bisher 18 Jahre dauernden Baustelle.

Stahlstruktur und Steinhülle

Für die Hülle des Gebäudes wurden die aus dem Berg gesprengten Gneisbrocken mit einer Korngrösse von 10 bis 15 Zentimeter verwendet. Mit Steinschlagnetzen ist das grobe Material in «Form» gebracht und zu grossen, quaderförmigen Paketen verschnürt. Diese Pakete bilden die räumliche Grundstruktur des Besucherzentrums.

Die Hauptnutzungen sind als leichte, zweigeschossige Stahlkonstruktion in einer lang gestreckten Glasvitrine, die zwischen die Steinpolster geklemmt ist, untergebracht. Die Nebenräume sind als massive Stahlbetonkuben in die Steinschüttungen integriert oder durchdringen diese, um als gerahmte «Monitore » an der Aussenfassade den Blick auf das Geschehen im Inneren freizugeben. In den Kuben befinden sich die Verkaufszone, ein Bistro, sowie Tagungs- und Konferenzräume.

Flexible Ausstellungsflächen

Im Innenraum kontrastieren die Hightech-Materialien Stahl und Glas mit dem natürlichen Urgestein des Berges. Lichtprojektionen auf den Glasflächen, textile Membrane, Flachbildschirme und Multimedia-Technik finden hier ein faszinierendes, archaisches Bühnenbild. Die flexible Gestaltung der Ausstellung ist ohne grossen materiellen Aufwand möglich. Hier lebt der Kontrast zwischen den titanischen Anstrengungen, die Materie zu durchdringen um Verbindung zu schaffen, mit der luftgleichen Leichtigkeit zeitgenössischer Kommunikation. Zu hoffen bleibt nun, dass auch das Pendant im Norden zu seiner Manifestation kommt.

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Für den Beitrag verantwortlich: Steeldoc

Ansprechpartner:in für diese Seite: Evelyn C. Frischinfo[at]szs.ch

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