Bauwerk

Haus S.
Michael Schröckenfuchs - Oberösterreich - 2009
Haus S., Foto: Andrew Phelps
Haus S., Foto: Andrew Phelps
Haus S., Foto: Andrew Phelps
26. März 2011 - afo
Sich eines ensemblegeschützten Hauses anzunehmen, ist eine Herausforderung; – wir empfanden die Chance dazu allerdings als großes Glück. Grund dafür ist ein Anforderungskatalog an unseren Wohntraum, den wir im Vorfeld für uns festgelegt hatten. Wir wollten aus ökologischen, ökonomischen und infrastrukturellen Überlegungen in der Stadt leben, vorzugsweise in einem eigenen Haus, trotzdem einen Garten besitzen, und unser Bedürfnis nach Licht und Luft nicht einschränken; natürlich sollten auch ökologische Ansprüche an zeitgemäßes Bauen Niederschlag finden. Beharrlichkeit und Zufall haben uns die Umsetzung all dieser Wünsche ermöglicht.

Das Gebäude grenzt an eine schwach befahrene Straße, ist südorientiert, absolut zentrumsnah gelegen, durch die Hanglage unverbaubar und daher mit einem atemberaubenden Ausblick auf den Fluss und die umgebenden Berge gesegnet. Abgesehen vom teilweise schlechten Zustand der Substanz (vor allem in den jüngeren obersten Geschoßen) bestand der Hauptaufwand der Planung im Erkennen der gebäudeimmanenten Struktur, zumal wir die wenigen Teile des Hauses, die auf die Ersterwähnung des Gebäudes im 16. Jahrhundert zurückzuführen waren, unbedingt erhalten und in das architektonische Raumkonzept einbeziehen wollten. Die klassisch anmutende innere Erschließung war aus dem Bestand vorgegeben und wurde gestalterisch gestärkt. Die Schichtung der Funktionen öffentlich (Zugang) und privat (Schlafräume) in der Mitte sowie halböffentlich (Kochen, Essen und Wohnen) im obersten Geschoß, ist zwar ungewöhnlich, nicht zuletzt aber ein Resultat der Hanglange, die es erst im dritten Geschoß erlaubt, den Garten zu betreten. Gleichwohl ermöglichte die vorhandene alte Struktur (tendenziell verwinkelte Räume mit niedrigen Decken und kleinen Fensteröffnungen, aber auch wunderbaren Gewölben!), diesen Bereich, der den „bergenden“ Charakter eines mittelalterlich anmutenden Altbaus vermittelt, für die privaten Schlaf-, Rückzugs- und Regenerationsbereiche zu nutzen. Im obersten Geschoß haben wir die gesamte Grundfläche zu einer Raumeinheit zusammengefasst, die durch ein vorhandenes und doch neu inszeniertes Atrium strukturiert wird. Hier ist heute ein „Durchwohnen“ vom Garten bis zur Altstadt möglich. Diese Räume haben besondere Raumlichten (zwischen 320 und 450 cm) und ermöglichen ein intensiv empfundenes Leben mit den Tages- und Jahreszeiten – Sonne, Schatten, Dämmerung, Regen, Schnee, Wind … Die Funktionseinheiten wurden in ein raumspannendes Möbel integriert, das die Offenheit und Richtung des Raumes unterstreicht.

Das Gebäude erreicht Niedrigenergiestandard (!), die Energieerzeugung wird von einer Solaranlage unterstützt. Ein Brauchwassersystem reduziert den Grauwasserverbrauch. Auch die verwendeten Materialen konnten in vielen Bereichen ökologischen Kriterien genügen (Dachkonstruktion in Holz, freispannend über 7,5 m, Zellulosedämmung). Die Fassade wurde restauriert, die Kastenfenster und das Biberschwanzdach denkmalschützend vermittelnd hinzugefügt. Es entspricht unserem Empfinden von verantwortungsvollem Umgang mit unseren Ressourcen, mit einem besseren Gefühl verfolgen wir nun unseren ökologischen „Fußabdruck“.

Aus privater, gestalterischer Sicht: Sehr viele Arbeitsstunden und noch mehr „Herzblut“ stecken in unserem Wohntraum-Haus. Wir haben über die Möglichkeiten nachgedacht und täglich abgewägt, wir haben an der Substanz gehämmert, ergänzt, geschliffen und gefeilt, beinahe täglich Neues erfahren und manchmal darüber nachgedacht, ob jemals ein Ende in Sicht sein würde. Letztlich glauben wir, hat unser Haus Charakter und Eigenheiten, ist alt- und modern zugleich – vielleicht so wie wir. Wir erfreuen uns täglich an ihm. (Text: Michael Schröckenfuchs)

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Für den Beitrag verantwortlich: afo architekturforum oberösterreich

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