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Es gibt sie selten, die reinen Holzbauten. Beim Bauen mit Holz wird immer gemischt, sei es mit Stahl für die Verbindungen, mit Glas für den Durchblick oder mit Beton für das Fundament.

Schon des Öfte­ren haben wir uns im Zuschnitt mit dem Thema des Mischens beschäftigt. Zuerst war es ein Überblick über die Kombinationsmöglichkeiten mit anderen Materialien (zuschnitt 17 – Holz +), drei Jahre später ging es dann schon viel detaillierter um die Kombination von Holz mit Glas (zuschnitt 29 – Holz und Glas). Nun wollen wir diese Materialreihe mit dem Thema Holz und Stahl fortsetzen. Dabei geht es uns nicht um Stahl als Verbindungsmittel, sondern um Mischkonstruktionen aus Holz und Stahl.

Das Verhältnis von Holz zu Stahl ist ein ganz anderes als das zu Glas. Die Unterschiede zum Glas sind ­offensichtlich: Das eine Material ist opak und trägt, das andere ist durchsichtig und zerbrechlich. Bei Holz und Stahl sind die Unterschiede nicht so einfach auszumachen: Beide sind in erster Linie stabförmige Baumaterialien, sie sind sehr präzise im Einsatz und sind beide sensibel im Umgang mit Feuer und Wasser. Und doch ist keines so einfach durch das andere zu ersetzen, jedes Material hat seine eigene Logik: Das eine ist ein natürlich nachwachsender Rohstoff, das andere ein industriell ­gefertigter Werkstoff. Beide haben andere Dichten und Festigkeitswerte und ganz unterschied­liche Anmutungen.

Welches Material man wo sinnvoll einsetzt, hängt von den Rahmenbedingungen, aber auch von ästhetischen oder gar philosophischen Überlegungen ab.

Die Gebäude, die wir für diesen Zuschnitt ausgewählt haben, haben jedes für sich eine eigene, schlüssige Antwort auf die Frage der richtigen ­Mischung gefunden. Da gibt es die historischen Bei­spiele wie die Case Study Häuser, die – so scheint es im Rückblick – wertfrei mal aus Stahl, mal aus Holz und da und dort auch aus einer Kombination beider Materialien errichtet wurden, oder das Ligno­stahl-Haus von Roland Rainer, das – nomen est omen – die Vorteile beider Materialien zu nutzen weiß. Im Werk- und Denklabor Pauker in Freising, einem jüngeren Beispiel, ist die Mischung besonders beeindruckend: Die Anmutungen beider Materialien scheinen sich gegenseitig zu steigern und gleichzeitig das Archaische, das beiden zu eigen ist, hervorzuheben. Dafür haben die Architekten einen Holzbaupreis und einen Stahlbaupreis bekommen – der beste Beweis dafür, dass Holz und Stahl hier lust- und sinnvoll eingesetzt wurden und keines das andere zu übertönen versucht. Auf die richtige Mischung kommt es eben an.
Anne Isopp

Editorial

Anne Isopp

Zehn Jahre Zuschnitt

Dieter Kainz

Essay – Natürlich wie Holz, kraftvoll wie Stahl
Kerstin Kuhnekath


Themenschwerpunkt

Zwischen Tradition und Fortschritt - Sliding House in Suffolk
Karin Triendl

Auf der Suche nach ökologischen Verbindungsmitteln für reversible Hybridbauten
Yoshiaki Amino

Hybridkonstruktionen

Anne Isopp

Sachlich bis heiter - Das Bilger-Breustedt Schulzentrum in Oberösterreich
Eva Guttmann

Ikonen kalifornischer Moderne - undogmatisch gemischt
Otto Kapfinger

Immer unter Spannung - Eiermuseum am Neusiedlersee
Anne Isopp

Materialeigenschaften im Vergleich

Johann Riebenbauer

Fragen an die Industrie

Anne Isopp

Präzision I, II, III

Wenn Holz und Stahl sich berühren
Anne Isopp

Lignostahl-Haus - Ein Prototyp von Roland Rainer
Georg Driendl

An der Hochschule I

Erforschungen von Holz-Stahl-Konstruktionen: Brandversuche mit Hybridstrukturen aus Holz und Stahl
Bunji Izumi

An der Hochschule II

Erforschungen von Holz-Stahl-Konstruktionen: Hybridträger
Wolfgang Winter

In der Praxis

Erforschungen von Holz-Stahl-Konstruktionen
Alfred Brunnsteiner

Patina statt Lack

Werk- und Denklabor Pauker bei Augsburg
Sandra Hofmeister

Im Duett

Umbau eines Stalls bei Belluno
Alexander Zoeggeler

Wertschöpfungskette

Im Quellenschutzland
Anne Isopp

Seitenware I

Bergkapelle Andelsbuch
Anne Isopp

Seitenware II

Bauernkapelle Nonsbach
Gabriele Kaiser

Holzrealien
Der Sieg der Knöpfe
Schnabel auf

Form follows Brett

Reisebibliothek

Texte: Michael Hausenblas

Holz(an)stoß
Oscar Tuazon
Text: Stefan Tasch

Artikel

15. Dezember 2010 Anne Isopp
zuschnitt

Immer unter Spannung

Eiermuseum am Neusiedlersee

Ein Ei ist rund. Zumindest, wenn man es von oben betrachtet. Das heißt aber noch lange nicht, dass ein Eiermuseum auch auf einem runden Grundriss beruhen muss. Das Museum für die Eiersammlung des Wander Bertoni jedenfalls ist quadratisch. Und das ist gut so.

Seit seinem zwanzigsten Lebensjahr sammelt der österreichische Künstler Eier. An die 4.000 Stück hat er inzwischen beisammen: große und kleine, steinerne, gläserne, metallene und solche aus Porzellan. Nicht in Kartons wollten er und seine Frau Waltraud die Sammlung ihren Nachkommen überlassen, sondern in einem würdigen Rahmen. So entstand die Idee zum Eiermuseum.

Die Architekten gaupenraub haben viel Zeit investiert, um dem Ort, den Wünschen des Bauherrn sowie den Ausstellungsobjekten gerecht zu werden. Allein der Ort, an dem das Eiermuseum steht, ist etwas Besonderes: 1965 erwarb Wander Bertoni inmitten von Weingärten in Winden am Neusiedlersee eine leer stehende Wassermühle mit angrenzendem Wohnhaus und Scheune. Nach und nach restaurierte und adaptierte er liebevoll alle Gebäude. 2001 ließ er sich von dem befreundeten Architekten Johannes Spalt einen Ausstellungspavillon gleich neben seiner Werkstatt errichten. Kurz darauf entstand die Idee, auch für die Eiersammlung ein Gebäude zu schaffen. Der inzwischen verstorbene Johannes Spalt zeichnete damals auf einer Papierserviette auf, welche Art von Gebäude er sich vorstellte: einen runden, zweigeschossigen Pavillon.

Er schlug Wander Bertoni vor, die Aufgabe seinen ehemaligen Schülern Alexander Hagner und Ulrike Schartner vom Wiener Büro gaupenraub zu übertragen. Diese befreiten sich ziemlich schnell von der Skizze ihres Lehrers und konnten den Bauherrn von einer eigenständigen, für den Ort und die Aufgabe adäquaten architektonischen Lösung überzeugen. Der Neubau ist nun quadratisch und zweigeschossig. Das Erdgeschoss ist vollkommen verglast und fungiert als Vitrine. Zwei schräg gestellte Stahlstützen und eine Stahltreppe sowie in der Fassadenebene angeordnete Zugstangen tragen das Obergeschoss samt Dach. Dieses ist fensterlos, in den oberen Ausstellungsraum dringt indirektes Licht lediglich über die Schrägverglasung, die die Erdgeschossfassade mit dem weit auskragenden Dachaufsatz verbindet.

Wo sonst Schwingungen in einer Deckenkonstruktion normal sind, waren diese hier aufgrund der fragilen Ausstellungsobjekte absolut unerwünscht. Wenn man aber eine quadratische Decke auf drei Stützen oder eben wie hier auf zwei Stützen und eine Treppe stellt, dann gibt es immer mindestens eine Ecke, die weit auskragt. Um auch diese nun frei von Schwingungen zu bekommen, hätte man die tragende Konstruktion um einiges dicker machen oder doch auf Außenstützen zurückgreifen müssen. Beides aber wollten die Architekten auf keinen Fall. Die Lösung, die sie mit Peter Bauer vom Statikbüro werkraum wien entwickelten, erscheint im Nachhinein simpel, doch steckt ein intensiver Planungsprozess dahinter: Die gesamte Stahlkonstruktion ist vorverformt und wird erst mithilfe von Zugstangen in der Fassadenebene in die horizontale Lage gebracht. Die Konstruktion steht damit immer unter der zu erwartenden Maximallast, und wer darauf geht, entlastet das Gebäude. Auf der Suche nach einer materialgerechten Konstruktion mit zugleich schlanken Querschnitten führte der Weg die beteiligten Planer nicht nur zu einer Mischkonstruktion aus Holz und Stahl, sondern auch zur Vorspannung: Deren Vorteil ist, so Bauer, dass man die Materialquerschnitte ausnutzen kann und eine hundertprozentige Materialminimierung bei gleichzeitig geringstmöglichen Verformungen hat. Doch Vorspannung bedeutet eben auch immer einen großen Planungsaufwand.

Die Stahlkonstruktion wurde an jedem Punkt etwas überhöht errichtet und mithilfe der Stahlstangen in die richtige Position gebracht. Die Dachkonstruktion aus Holz bringt bei gleichzeitig geringem Gewicht die nötige Randaussteifung der Plattform in das System. Die Architekten und der Statiker wollten diese zuerst als Fachwerk errichten, doch dem hinzugezogenen Zimmermann war die Vorstellung, eine Fachwerkkonstruktion vorzuverformen, nicht geheuer. Denn diese hätte nicht nur vertikal entsprechend der Stahlplattform vorverformt, son- dern auch leicht versetzt aufgestellt werden müssen, da sich die Decke unter Vorspannung auch horizontal verdreht. Deshalb schlug er eine Brettsperrholzkonstruktion für die Dachschrägen vor und eine klassische Sparrenkonstruktion als Abschluss.

„Wenn man einem Gebäude zuhören und darauf eingehen will, was es braucht, dann heißt das auch, dass man bereit ist, sehr viel mehr Planungszeit hineinzustecken“, sagt Peter Bauer. „Das unterscheidet dieses Konzept von einem traditionellen Weg, bei dem man Abkürzungen gehen kann, weil man es schon öfters gemacht hat.“ Der Aufwand hat sich gelohnt: Einen besseren Aufbewahrungsort für seine Objekte als dieses präzise geformte Schmuckkästchen kann man sich als Sammler gar nicht wünschen.

15. Dezember 2010 Kerstin Kuhnekath
zuschnitt

Natürlich wie Holz, kraftvoll wie Stahl

Essay

Holz steht für Natürlichkeit, Einfachheit und Freiheit, Stahl für Zivilisation, technischen Fortschritt und Kraft. Bis heute hat sich das Bild gehalten, obwohl beide Rohstoffe immense Veränderungen durchgemacht haben.

Der Philosoph Henry David Thoreau zog sich Mitte des 19. Jahrhunderts an den einsamen Waldensee zurück und baute sich eine Holzhütte. Zwei Jahre wollte er in den Wäldern von Massachusetts ein Leben im Einklang mit der Natur erproben. Zivilisation kam dabei nur noch als „ferner Klang einer vorbeifahrenden Eisenbahn“ vor. Eindeutiger als in diesem Bild lassen sich die gegensätzlichen Charakteristika von Holz und Stahl kaum einfangen: Holz steht für Natürlichkeit, Einfachheit und Freiheit, Stahl für Zivilisation, technischen Fortschritt und Kraft. Bis heute hat sich das Bild gehalten, obwohl beide Rohstoffe immense Veränderungen durchgemacht haben.

Den Handwerkern beider Materialien haften nicht weniger festgelegte Attribute an. Dem Schmied wurde als dem „Herrn des Feuers“ magische Bedeutung zugesprochen. Der Tischler galt als besonders kunstfertig und sensibel. Während der Schmied einen Werkstoff bearbeitet, dessen Eigenschaften durch die künstliche Zusammensetzung beeinflussbar sind, muss der Tischler ein Gefühl für die Natürlichkeit eines lebendigen Rohstoffes entwickeln und lernen, ihn zu domestizieren. Im Mittelalter avancierte das Tischlerhandwerk zur Kunst – streng organisiert in einer Zunft. Qualität und Sorgfalt standen im Vordergrund, man grenzte sich von Zimmerleuten mit ihren gröberen Arbeiten ab. Es entstanden eigene, fein differenzierte Berufszweige: Modell- und Bautischler, Stuhlmacher oder Treppenbauer.

Die Geschichte des Schmiedes liest sich etwas anders. Um ihn kreist seit je ein Mythos, der vom Dämonischen bis zum Göttlichen reicht. Im Mittelalter galt er als Universalhandwerker und genoss eine hohe gesellschaftliche Stellung. Sein Aufgabenfeld ging weit über das Schmieden hinaus, er hatte zum Beispiel das Recht, Asyl zu gewähren. Selbstverständlich fanden auch hier Differenzierungen statt zwischen dem Grobschmied, dem Hufschmied oder dem Messerschmied. Der Grund dafür lag in der hohen Nachfrage aufgrund der wachsenden Siedlungen, die Spezialisierungen stellten ein hohes Qualitätsniveau sicher. Heute heißt der Schmied etwas nüchtern Metallbauer der Fachrichtung Gestaltung, viele Spezialisierungen gelten quasi als ausgestorben. Dennoch vermag ein jüngst im Magazin der Süddeutschen Zeitung porträtierter Messerschmied noch die Stärke und den sprichwörtlichen „eisernen Willen“ in Wort und Bild auszudrücken: „Ich hasse Kompromisse!“, lautet sein Motto und das Foto zeigt ihn mit schwerer Schürze vor offener Flamme, neben ihm seine Werkzeuge – Hammer, Amboss, Wasserschleifstein.

Holz hat jahrtausendelang neben Stein die Geschichte der Baukonstruktion bestimmt. Doch im Zuge der Industrialisierung haftete ihm plötzlich der Hauch des Altbackenen an. Anfang des 19. Jahrhunderts hielt Eisen Einzug ins Bauwesen. Es eignete sich für die neuen Bahnhofs- und Ausstellungshallen mit ihren großen Spannweiten hervorragend. Das neue Material, der Fortschrittsglaube und die Entfremdung von der Natur drängten den natürlichen Werkstoff zurück. Zunächst dienten Holz-Konstruktionen allerdings noch als Vorbild. Die Kuppel der Halle au Blé in Paris, die Jacques-Guillaume Legrand und Jacques Molinos 1783 aus hölzernen Rippen entwickelt hatten und damit ganze 41 Meter überspannten – das vermochte bis dahin nur Stein –, brannte 1802 nieder und wurde von Francois-Joseph Bélanger und Francois Brunet durch eine gusseiserne Konstruktion ersetzt, die sich im Wesentlichen an den Konstruktionsprinzipien der alten Holzkuppel orientierte. Eisentragwerke und Konstruktionsdetails sprachen aber bald eine eigene Sprache. Neue Berechnungen ließen Materialquerschnitte fast bis zur Entmaterialisierung schrumpfen. Als Hauptwerk dieser neuen Eleganz ist der Kristallpalast von Joseph Paxton und Charles Fox 1851 zu nennen.

Holz verlor weiter an Bedeutung, als Eisen in so großen Mengen hergestellt werden konnte, dass es zu einem ebenbürtigen Baumaterial wurde. Ab 1900 galt Stahl als der modernste und flexibelste Baustoff. Seine Entwicklung war Grundlage für mehrgeschossige Skelettsysteme heutiger Prägung. Allerdings ist er nicht beliebig form- und bearbeitbar wie Holz und Holzwerkstoffe. Formen und Profile der stabförmigen Baustähle lassen sich an zwei Händen abzählen, und der rechte Winkel spielt die Hauptrolle bei den maßgenauen Einzelgeometrien. Formenfreiheit wurde erst durch Stahlbeton gewonnen, der innerhalb von zwei Jahrzehnten die Wertmaßstäbe beim Skelettbau veränderte. Stahl wurde dabei immer mehr zum dienenden Bestandteil: als Bewehrung in den einzelnen Bauteilen. Das entspricht nicht gerade seinem starken Charakter.

Die Forschungs- und Entwicklungsarbeit am Holz stand in der Zwischenzeit nicht still. Der konventionelle Holzbau wandelte sich zum Ingenieur-Holzbau. Der stabförmige Baustoff wurde zum flächigen weiterentwickelt. Die Bandbreite der Einsatzmöglichkeiten vergrößerte sich.

Fest aber steht, dass keine Weiterentwicklung je so revolutionär sein kann, dass sich die grundlegenden Charakteristika der Werkstoffe Holz und Stahl ändern werden. Beide haben ihre eigene Logik, ihre eigenen Einsatzbereiche. Sie stehen heute gleichberechtigt nebeneinander und können gut miteinander. Vom einsamen Container im Wald wird wohl niemand träumen, vielleicht aber von der idealen Kombination von Natur und Zivilisation.

15. Dezember 2010 Karin Triendl
zuschnitt

Zwischen Tradition und Fortschritt

Sliding House in Suffolk

Drückt der Bauherr den Knopf auf seiner Fernbedienung, dann hört er ein leises Surren, die versteckten Räder beginnen sich zu drehen und eine 20 Tonnen schwere, 16 Meter lange, 6 Meter breite und 7 Meter hohe Schale setzt sich in Bewegung.

Ein Haus, das sich bewegen kann? Nichts Ungewöhnliches, sagt Alex de Rijke. Schon gregorianische oder viktorianische Sommerhäuser seien auf Schienen dem jeweiligen Stand der Sonne gefolgt, und das ziemlich Lowtech. Nichtsdestoweniger hat das englische Architekturbüro drmm von Alex de Rijke, Philip Marsh und Sadie Morgan, das schon des Öfteren mit innovativen Holzkonstruktionen überrascht hat, bei dem Haus in Suffolk einmal mehr Unmögliches möglich gemacht.

Die Bauherren wollten dem hektischen Stadtleben den Rücken kehren. Das perfekte Grundstück mitten im Grünen war bald gefunden, konnte allerdings nur unter Erfüllung strenger Behördenauflagen bebaut werden. Der Neubau sollte den traditionellen länglichen, mit Holz verkleideten Scheunen nachempfunden werden. Architekt Alex de Rijke und der Bauherr ließen sich durch diese Vorgabe nicht beirren und konterten mit einer archetypischen, aber beweglichen Hülle.

So entstand ein eher konventionelles Gefüge, bestehend aus Wohnhaus, Gästehaus und einer aus der Achse abgerückten Garage. Darüber stülpt sich eine bewegliche Hülle, die auf eingelegten Stahlschienen dahingleitet und von vier mit Autobatterien angetriebenen Elektromotoren bewegt wird.

Drückt der Bauherr den Knopf auf seiner Fernbedienung, dann hört er ein leises Surren, die versteckten Räder beginnen sich zu drehen und eine 20 Tonnen schwere, 16 Meter lange, 6 Meter breite und 7 Meter hohe Schale setzt sich in Bewegung. Für die gesamte Strecke braucht das bewegliche Haus 6 Minuten.

Die eher ungewöhnliche Hülle ist nicht nur eine Antwort auf die strengen Baugesetze, sie entstand auch aufgrund einer einfachen Überlegung: Küche, Essplatz und Wohnzimmer sollten sich zur Sonne und zur Natur hin mit großen Glasflächen öffnen. Bei zu viel Glas können sich die Räume im Sommer überhitzen, in den Wintermonaten aber will man die Sonne gerne ins Haus lassen. Damit war die Idee eines beweglichen Sonnendaches, das sich den äußeren Bedingungen anpassen kann, geboren. Die wärmegedämmte Holz-Stahl-Konstruktion der beweglichen Hülle ist mit Lärchenholz beplankt und mit den Ausschnitten der Dachfenster versehen. So ist auch bei geschlossenem Zustand der Blick aus dem darunterliegenden Glashaus gewährleistet. Der nach Westen orientierte Wintergarten besteht aus kostengünstigen vorgefertigten Industrieprodukten, der daran angrenzende geschlossene Teil des Wohnhauses ist in herkömmlicher Holzständerbauweise errichtet und in eine rote, wasserdichte Kunststoffmembran gehüllt. An der Rückseite des Hauses bilden die Garage und das schwarz gestrichene Gästehaus einen kleinen Innenhof, der je nach Position der Hülle manchmal offen, manchmal überdacht vom Außen- zum Innenraum mutiert.

Die technische Umsetzung gestaltete sich schwierig, denn es durfte ja keine abstehenden Bauteile wie Dachrinnen oder Antennen geben. Das Regenwasser rinnt nun hinter der Holzschalung ab und wird über eine herkömmliche, im Boden versteckte Rinne abgeführt. Dockt der bewegliche Teil am Wohnhaus an, dienen rote Nylonbürsten als Windstopper. Als Energiequelle wurde Erdwärme gewählt, so konnte auf Kamine verzichtet werden. Außerdem musste ein der beweglichen Hülle angepasstes Fluchtwegkonzept entwickelt werden. Aus Sicherheitsgründen sind die Türöffnungen so konzipiert, dass es an jedem Punkt des Fahrweges immer einen Ausgang ins Freie gibt. Ist eine Tür verschlossen, öffnet sich eine andere.

Das Innere des Hauses wirkt überraschend „normal“. Küche, Wohn- und Essbereich befinden sich im gläsernen Wintergarten, rückwärtig liegen Wirtschaftsraum, Schlafzimmer und Bad. Über eine Galerie gelangt man ins erste Obergeschoss mit einem zweiten Schlafzimmer und einem Badezimmer. Der Innenraum wird dann zum Erlebnis, wenn sich das Dach in Bewegung setzt. Sogar das Baden unter freiem Himmel ist dann möglich.

Die bewegliche Außenhülle ist nicht nur ein Spektakel für sich, sie sorgt für eine radikale Flexibilität und macht diese für den Bewohner physisch spürbar.

15. Dezember 2010 Yoshiaki Amino
zuschnitt

Auf der Suche nach ökologischen Verbindungsmitteln für reversible Hybridbauten

Wie sehr wir auch Holz als Baumaterial schätzen, alleine kann es nicht alle unsere Ansprüche erfüllen. Die Geschichte zeigt, dass sich die Kunst des Holzbaus mithilfe von Sekundärmaterialien wie Metallen, Mineralien, Naturfasern und tierischen Produkten für Verbindungen, als Füllmaterial und als Belag entwickelt hat.

Genau genommen sind unsere Holzhäuser Hybridkonstruktionen: Tausende Nägel und eine Menge Holzplanken werden auch heutzutage für ihre Montage benötigt. Neben zahlreichen einfachen Gebäuden in Hybridbauweise zeigte bereits der Kristallpalast von 1851, welche äußerst ehrgeizigen Ziele sich mit Verbindungen aus Holz und Metall verwirklichen lassen.

Eine Reihe leistungsstarker Baumaterialien aus Holz wie z. B. Brettsperrholz wurden entwickelt, die gleich Betonkonstruktionen nicht nur hohe Axialkräfte, sondern auch große Biegemomente aufnehmen können. So kann man sagen, dass die heutigen Holzkonstruktionen durch eine „Hybridisierung“ charakterisiert sind.

Holz wird als nachhaltiges Baumaterial geschätzt. Holzkonstruktionen aber verlieren ihre ökologischen Vorteile, je mehr sie mit unökologischen Verbindungsmitteln kombiniert werden. Diesen Widerspruch gilt es zu lösen.

Metall weist eine geringere ökologische Verträglichkeit auf als Holz. Trotzdem bleibt es ob seiner hohen mechanischen Eigenschaften ein wertvolles Baumaterial. Auch ist nicht anzunehmen, dass wir in absehbarer Zeit eine Alternative mit gleichwertigen mechanischen Eigenschaften finden werden. Man kann jedoch den ökologischen Nachteil von Metall durch die Möglichkeit seiner Wiederverwertbarkeit wettmachen. Stahl ist ein recyclingfähiges Material, Aluminiumlegierungen aber haben einen weiteren Vorteil gegenüber dem Werkstoff Stahl: Durch das Einschmelzen des Leichtmetalls kann man bis zu 95 Prozent der Energie, die für die Herstellung des Primärprodukts aus Bauxit gebraucht wird, einsparen. Zusätzlich werden dabei niedrigere Temperaturen benötigt als beim Einschmelzen von Altstahl. Die globalen Aluminiumrecyclingraten sind hoch, sie liegen im Transport- und Baubereich bei etwa 90 Prozent. Aufgrund der Vorteile, die sich aus seiner Festigkeit in Kombination mit seinem leichtem Gewicht und der Wiederverwertbarkeit ergeben, steigt der Aluminiumgehalt in Fahrzeugen, Gebäuden und Verpackungen. Man schätzt, dass die Bestände etwa den siebenfachen Jahresbedarf eines Industrielandes abdecken. Mit Aluminium als besonders recyclingfähigem Metall kann man den ökologischen Wert von Holz-Metall-Hybridbauten erhöhen.

Wir müssen aber generell die Art der Verbindungselemente zwischen Holz und Metall überdenken. Es liegt auf der Hand, dass herkömmliche Verbindungselemente wie Nägel und Schrauben das Recycling von Gebäude erschweren. Zehntausende Nägel herausziehen zu müssen, um es in recyclingfähige Teile zu zerlegen, kann nicht zweckmäßig sein. So betrachtet, sind die heutigen Holzbauten weniger ökologisch, als wir meinen. Wir bauen mit zu vielen kleinen, dübelartigen Verbindungselementen, die fest ins Holz getrieben werden. Dazu kommt, dass die Entsorgung von Holzbauten, in denen Isolierungen, Dichtungen und Beläge mithilfe unterschiedlicher Verbindungselemente am Holz befestigt sind, weitaus schwieriger ist als jene von Stahlbetonbauten.

Nicht nur die Verstärkung der Festigkeit, sondern auch die Vereinfachung der Montage und Demontage stellen neue Anforderungen an Holz-Metall-Hybridbauten dar. Statt zahlloser kleiner Dübel sollten wir uns die Anwendung einiger weniger, jedoch großer Verbindungselemente vorstellen, die mehrere Bauteile und Schichten zusammenfügen. Durch bloßes Lösen dieser Verbindungselemente aus den Gebäuden ließen sich alle Bauteile voneinander trennen. Diese einzelnen Bauteile müssten dann vor dem Recycling nicht weiter zerlegt werden.

Wie können derartige Hybridbauten konkret aussehen? Die Geschichte gibt uns viele Hinweise auf reversible Konstruktionen. Früher wurden Gebäude – äußerst nachhaltig – aus austauschbaren Elementen zusammengesetzt. Man denke an Blockhäuser: Aufeinandergelegte Blockbohlen werden hier durch Zugstäbe, die in den Bohlen stecken, fixiert. Dieselbe Bauweise ist nicht nur mit Holzbohlen, sondern auch mit anderen aneinanderfügbaren Elementen wie Platten und Balken möglich.

Uns fehlt das letzte Puzzleteilchen für Hybridsysteme, das imstande ist, Gebäudeteile aus Holz und Metall zusammenzuhalten. Dies gilt es zu entwickeln. Dieses Kernstück darf nicht aus vielen kleinen Dübeln bestehen, sondern muß aus einem Material sein, das stark genug ist, um hohen Belastungen standzuhalten, und das selbstverständlich selbst recyclingfähig ist.

15. Dezember 2010 Anne Isopp
zuschnitt

Hybridkonstruktionen

Stahl als Verbindungsmittel, Hybridträger, Hybrides flächiges Modul, Gebäudehybrid

Der heutige Holzbau ist ohne Stahl als Verbindungsmittel kaum denkbar. Nägel, Schrauben, Bolzen mit und ohne Stahlblechformteile gehören zu den gängigen Holzverbindungen. Beim Besucherzentrum der KZ-Gedenkstätte in Dachau tragen Stützen aus grau lasierter, sägerauer Douglasie eine 40 cm starke Dachscheibe aus Beton. Speziell entwickelte, verstellbare Stahlteile erlauben den aus herstellungstechnischen Gründen notwendigen Einbau der Stützen nach dem Betonieren der Dachscheibe. Der gleiche Stahlteil konnte sowohl bei den geraden als auch den schräg gestellten Stützen eingesetzt werden. Der Verstellmechanismus erlaubt es zudem, die teilweise der Witterung ausgesetzten Stützen jederzeit auszuwechseln.

Hybridträger

Eine logische und sehr gängige Kombination von Holz und Stahl sind Hybridträger, bei denen Holz auf Druck und Stahl auf Zug beansprucht wird. Dies kann ein Fachwerkträger aus Holz sein, der mit Zugstangen aus Stahl komplettiert, oder ein Holzträger, der mit Stahl unterspannt wird.

Das Dach der Reithalle der Propstei St. Gerold wird von unterspannten Hauptträgern, auf welchen die Brettschalung ohne weitere Pfettenlage direkt aufliegt, getragen. Die Unterspannungen aus Rundstahl sind in doppeltem Raster angeordnet. Im Knickpunkt eines jeden Zugbandes laufen sechs räumliche Streben zusammen, die auch die „Luftstützung“ der Brettschichtholzbinder im Halbraster ermöglichen.

Hybrides flächiges Modul

Nach dem Prinzip der Spantenbauweise bei Flugzeugtragflächen werden Brettschichtholzträger und Stahlträger miteinander verbunden und verkleidet. Es entstehen integrale und multifunktionale Elemente, die zugleich tragen, aussteifen, Raum bilden und verkleiden.

Das Tribünendach des Bodenseestadions in Bregenz besteht aus zwölf hybriden Elementen. Diese setzen sich aus Brettschichtholzrippen zusammen, die zuvor linsenförmig zugeschnitten, mit Querholmen aus Profilstahl versehen und dann mit Holzwerkstoffplatten verleimt wurden. Diese einzelnen Dachelemente liegen auf der eigentlichen Tragstruktur aus Stahl nur an jeweils vier Punkten auf.

Gebäudehybrid

Der Holzbau hat sich mittlerweile vom Stab zur Fläche entwickelt. Dies lädt zu Mischkonstruktionen ein, bei denen der Stahl trägt und das Holz hüllt bzw. mitträgt. Das Hugo Boss Competence Center im Schweizer Coldrerio ist ein solcher Gebäudehybrid. Hier wirken Holz, Stahl und Beton im Verbund: Auf den hea-Träger ist eine 12 cm dicke Brettstapeldecke aufgelegt, darüber wurde eine 12 cm starke Betonschicht gegossen, die mit dem Stahl und dem Holz im Verbund wirkt. Um den Schubverbund zwischen Holz und Beton sicherzustellen, wurden vorher in regelmäßigen Abständen Stahlbleche in die Holzelemente eingeschlitzt.

15. Dezember 2010 Otto Kapfinger
zuschnitt

Ikonen kalifornischer Moderne

undogmatisch gemischt

In Architektur- und Designkreisen weltbekannt ist das Wohn- und Atelierhaus, das Charles und Ray Eames 1949 für sich bei Santa Monica errichteten. Weniger bekannt ist, dass der aus Standard-Stahlelementen gefügte, mit farbigen Paneelen und Glas ausgefachte Bau Teil einer ehrgeizigen lebensreformerischen Initiative war.

Dieses „Case Study House Program“ hatte John Entenza, der Herausgeber des damals in den usa führenden Magazins Arts &  Architecture, 1945 in Los Angeles gestartet, und die 25 in zwei Jahrzehnten errichteten, von verschiedenen Architekten geplanten Privathäuser gelten heute als wichtigster Beitrag Südkaliforniens zur Nachkriegsarchitektur. Noch weniger weiß man, dass diese Aktion nicht nur den industriellen Stahlbau im Einfamilienhaus propagierte – wie es das Eames-House (csh Nr. 8) oder der durch die Fotos von Julius Shulman später berühmt gewordene, über den Hollywood Hills auskragende Bungalow von Pierre Koenig (csh Nr. 22) suggerierten. Die ersten realisierten Häuser der Reihe waren aus Holz, es folgte eine mittlere Phase, in der Stahlkonstruktionen forciert wurden und parallel dazu interessante Mischungen mit Holztechnologien entstanden, und eine späte Phase mit einer breiteren Palette an Materialien.

Entenzas Impuls entsprang der Aufbruchstimmung zu Kriegsende. Er wollte dem Wohnungsbedarf angesichts Millionen heimkehrender Soldaten begegnen und Alternativen zum alten Eklektizismus, zum typischen Holzhaus aus simplem „balloon frame“ aufzeigen, imaginierte die technisch avancierte Vorfertigung von Einfamilienhäusern, propagierte offene Grundrisse sowie technische und funktionale Innovationen für Haushalte ohne Personal. Entenza wählte die Architekten aus und legte fest, welche Projekte ins Programm aufgenommen, in Arts & Architecture publiziert wurden sowie vor dem Bezug öffentlich zu besichtigen waren. Als Gegenleistungen für Inserate und Publizität agierten ausführende Firmen als Sponsoren. Insgesamt konnten damals über 360.000 Besucher die mit modernsten Küchen, Möbeln und Gartengestaltungen versehenen Musterhäuser besichtigen.

Versuche in diese Richtung hatten im Raum von Los Angeles in den 1920er und 1930er Jahren Irving Gill, Rudolph Schindler, Richard Neutra, Gregory Ain und andere unternommen. Ihre Visionen in Stahl oder Beton wurden durch die Depression nach dem Börsenkrach und die restriktive Kriegswirtschaft abrupt gestoppt. Schindler und Neutra benutzten ab 1930 wieder vorwiegend Holz, Sperrholz, Ziegel.

Nach Charles und Ray Eames (und Eero Saarinen) war es zunächst Raphael Soriano, der bei den Case Studies Stahlkonstruktionen einführte: 1950 in Pacific Palisades ein Primärskelett aus schwarzen Rundrohren, Balken aus i-Trägern, Stahlblechdach und Betonboden; als Sekundärstruktur für die Wände raumhohe Lattenreihen im üblichen „balloon frame“, im Schlafzimmer innen mit dunklen Hartfaserplatten und im Wohnraum mit Holzplatten aus Korina, einem tropischen Holz, getäfelt.

Es war dann der als Ingenieur ausgebildete Craig Ellwood, der Stahl und Holz zu faszinierenden, japanisch leichten Paneel-Bauten kombinierte (csh Nr. 16, 17, 18), indem er als Stützen 5-mal-5-cm-, als Hauptträger 5-mal-14-cm-Stahlhohlprofile benutzte, im Dach dazwischen Holzbalken für verputzte Deckenuntersichten einsetzte, für die massiven Wandteile aber vorgefertigte Holztafeln aus imprägniertem Douglastannensperrholz verwendete. Im Gegensatz dazu war Neutras viel beachtetes Case Study House Nr. 20 ein reiner Holzrahmenbau mit vorgefertigtem Installationskern.

Sehr interessant war auch Case Study House Nr. 20 von Buff, Straub & Hensman – ein leichter, lichter Holzbau mit hohlen Deckenbalken aus Sperrholz und tonnengewölbten Dachelementen. Die gedämmten Sandwichplatten, die sich aus zwei Schichten Douglastannensperrholz zusammensetzen, wurden in Modulen gebogen und unter Druck verleimt. Wärmedämmungen, Kältebrücken, Taupunkte etc. spielten und spielen im „Sunshine-State“ kaum eine Rolle.

Die Konzepte industrieller Einfamilienhaus-Stahlbausysteme – bei diesen Musterhäusern stets aufwendig handwerklich „gebastelt“ – waren mit dem Alltag der Bauwirtschaft und den Vorlieben der Klienten letztlich nicht kompatibel. Die Aktion endete in den 1960er Jahren, hatte mehr informelle als konkrete Wirkung. Manche Bauten wurden später stark verändert, manche abgebrochen; erst Ende der 1980er Jahre kam die „Wiederentdeckung“, einzelne Highlights notieren seither mit Rekordpreisen am Immobilienmarkt.

15. Dezember 2010 Eva Guttmann
zuschnitt

Sachlich bis heiter

Das Bilger- Breustedt Schulzentrum in Oberösterreich

2009 wurde in Taufkirchen an der Pram, einer Marktgemeinde im Innviertel, ein neues, heiter-urban anmutendes Schulgebäude eröffnet. Aus einem von der Gemeinde ausgeschriebenen Wettbewerb war mit Dietmar Feichtinger ein Architekt als Sieger hervorgegangen, dessen Arbeiten für ihre technische Ausgereiftheit und visuelle Leichtigkeit bekannt sind.

Das Grundstück für das Schulzentrum liegt südwestlich des Ortskerns von Taufkirchen zwischen der Bundesstraße Richtung Schärding im Norden und dem Flüsschen Pram im Süden. Der Neubau schließt im Westen an den bestehenden Kindergarten an und besteht aus einem parallel zur Straße liegenden, dreigeschossigen, lang gestreckten Baukörper, in dem Hauptschule, Musikschule, Turnsaal und Heimatmuseum untergebracht sind, sowie einem eingeschossigen, von großzügigen Terrassenflächen umgebenen Pavillon südlich davon, der die Volksschule beherbergt. Damit ist das Schulzentrum einerseits vom Verkehr im Norden abgeschirmt, andererseits konnte eine Öffnung der Klassenzimmer zum Naturraum der Pram erreicht werden. Diese Differenzierung ist auch an den Fassaden deutlich ablesbar: Während an der Nordseite eine ruhige, geschlossene Schindel- bzw. Glasfassade die Ansicht vom Ort bzw. der Bundesstraße aus dominiert, öffnet sich das Gebäude nach Süden hin und schafft mittels beschattenden Dachüberständen, Balkonen und durchgehenden raumhohen Glaselementen eine starke Verbindung zum Außenraum.

Der gesamte Neubau ist hell und transparent: Elemente wie der Stahl-Glas-Kubus, der zwischen die drei Baukörper eingeschoben ist und als Foyer die einzelnen Funktionen miteinander verbindet, der durchgehende Glasstreifen, der das zurückversetzte Erdgeschoss von den Obergeschossen trennt, oder die stirnseitige Verglasung des zweigeschossigen Pausenbereichs tragen ebenso zu diesem Eindruck bei wie die Schindelfassade, welche die Enden des Gebäudes als dünne Scheibe überragt und dadurch besonders klare Kanten formuliert, die von der Fassade übers Dach gezogenen Verglasungen, die damit zugleich als Oberlichten dienen, und der leichte Knick des nach Süden hin auskragenden Daches mit seiner Holzuntersicht.

Grundlage für all diese gestalterischen Maßnahmen ist das konstruktive Konzept, dessen Ausgangspunkt im Turnsaal zu finden ist. Dieser wurde ins Untergeschoss abgesenkt, um entsprechende wärme- und schalltechnische Vorteile ausnützen zu können. Das stützenfreie Volumen reicht über eine Höhe von zwei Geschossen und hat eine Spannweite von 40 Metern. Um darüber zwei Vollgeschosse errichten zu können und dennoch eine leichte Wirkung zu erzielen, wird der Turnsaal in seiner Mittelachse von einem Stahlfachwerkträger überspannt, in den die beiden Obergeschosse eingeschoben wurden. Daraus resultiert das System, das im gesamten Gebäude umgesetzt wurde: Ein Stahlskelett bildet die Tragkonstruktion, Massivholzelemente aus Brettsperrholz wurden für die ausfachenden Teile, Decken und Fassaden verwendet. So konnten eine zarte Tragstruktur und trotz großer Spannweiten – diese betragen etwa in den Klassenräumen bis zu 10 Meter in Querrichtung – vergleichsweise niedrige Konstruktionshöhen umgesetzt werden, wodurch die für den Architekten maßgebliche Leichtigkeit und Transparenz erreicht wurde.

Atmosphärische Gründe standen bei der Entscheidung im Vordergrund, die Konstruktionsmaterialien nach Möglichkeit sichtbar zu belassen. So sind der Stahlbeton des Gebäudesockels und des Erschließungskerns ebenso zu sehen wie das Stahlskelett und die flächigen Massivholzteile. Diese tragen ganz wesentlich zur sachlich-freundlichen Ausstrahlung des Schulzentrums bei, verfügen über große haptische und raumklimatische Vorteile und stellen eine Verbindung zum umgebenden Naturraum her. Darüber hinaus waren die Möglichkeit der Vorfertigung und die damit verbundene kurze Bauzeit ausschlaggebende Gründe, großflächig mit Holz zu bauen.
Die Detaillösungen in den Anschlussbereichen zwischen Holz und Stahl wurden so einfach wie möglich gehalten – eine Herangehensweise, die nicht nur wirtschaftlich ist, sondern aufgrund der guten Kombinierbarkeit beider Materialien auf der Hand lag. So wurden im Bereich des lang gestreckten Baukörpers die Holzdecken einfach zwischen die Stahlträger eingelegt, im Volksschul-Pavillon hingegen darunter abgehängt, um größere Maßtoleranzen zu erlauben. Um trotz der Sichtoberflächen den Brandschutzbestimmungen zu entsprechen, wurde eine technische Zulassung (Abbrandnachweis der die Stahlträger abdeckenden Dreischichtplatten über 30 bzw. 60 Minuten) für das Deckensystem erreicht, die Stahlträger wurden, sofern sichtbar verbleibend, zusätzlich mit einem brandhemmenden Anstrich (EI 30 bzw. EI 60) versehen. Die Schule verfügt über keine Sprinkleranlage, Hauptgänge werden mit Brandmeldern überwacht, darüber hinaus waren herkömmliche Brandabschnitte und Fluchtwege ausreichend. Problematischer war es, die hohen Schallschutzanforderungen zu erfüllen: Die für die Minderung der Schallübertragung aus Körperschall notwendige Masse wurde durch eine auf den Leichtbau abgestimmte präzise kalkulierte Schüttung auf den Geschossdecken erreicht. Die Leichtigkeit der Konstruktion wurde dadurch jedoch ebenso wenig in Mitleidenschaft gezogen wie ihre Schönheit.

Bauwerk