Akteur

Oswald Mathias Ungers
* 1926 Kaisersesch/Eifel 2007 Köln

Rationalist der Architektur

Zum Tod von Oswald Mathias Ungers

5. Oktober 2007 - Claudia Schwartz
Stilübungen oder Metaphorik waren nie die Sache von Oswald Mathias Ungers. Der deutsche Architekt erstrebte mit seinen Bauten keine Interpretation, die über die angelegte Raumordnung und ihre Funktion hinauswies. In der Konsequenz dieses Ansatzes wurde die elementare Form – Quadrat, Kubus, Kreis und rechter Winkel – zur konstruktiven Leitfigur des Architekten. So manifestiert sich in Ungers' Werken eine ästhetische Radikalität, die zu seinem – nicht unumstrittenen – Markenzeichen wurde.

Ungers, geboren 1926 in der Eifel, studierte in Karlsruhe bei Egon Eiermann und war selbst zeitlebens nicht nur Architekt, sondern auch Lehrer. So weist das Schaffen von Ungers, der zu den international einflussreichsten deutschen Architekten der Nachkriegszeit zählt, in der Lebensmitte eine ungewöhnlich lange baufreie Phase auf, in der er sich intensiv der Architekturtheorie widmete. 1977 erschien die – gemeinsam mit Rem Koolhaas und Hans Kollhoff – erarbeitete Studie «Die Stadt in der Stadt – Berlin, das grüne Städtearchipel», in der Ungers seinen massgebenden Begriff der dialektischen Metropole entwickelte. Dieser überlagerte die gegensätzlichen Entwürfe von Le Corbusier und Guy Debord in einem Grossstadt-Modell, das nicht auf eine Idealvorstellung abzielt, sondern die Identität einer Stadt in vielfachen Qualitäten sucht, um «eine Erhaltung und Verdeutlichung» zu rechtfertigen.

Vor allem an Ungers' berühmten Museumsbauten – dem Kölner Wallraf-Richartz-Museum (1975), dem Deutschen Architekturmuseum in Frankfurt (1979–1984) und der Erweiterung der Hamburger Kunsthalle (1996) – lässt sich ablesen, wie der Baumeister im Spannungsfeld von räumlichen Ordnungsmustern und deren Brechung seine Idee von Architektur herausbildete. Ungers propagierte den interdisziplinären Ansatz in der Architektur. Allerdings darf man seinen Weg des Fächerübergreifenden durchaus als puristisch bezeichnen, da er in klassizistischer Rückbesinnung vor allem den gemeinsamen Wurzeln von Kunst und Architektur nachspürte. Die «soziale Frage» der Architektur hat Ungers, der Ende der sechziger Jahre deswegen von den Berliner Studenten heftig angegriffen wurde, denn auch lieber anderen überlassen. Er wollte den künstlerischen Rang der Architektur verteidigen und ihren überzeitlichen Geltungsdrang.

Über die Berliner Neue Nationalgalerie von Ludwig Mies van der Rohe schrieb Ungers einmal: «Es ist die Botschaft der Architektur als reine Kunst, als ein in sich abgeschlossenes Werk, losgelöst von aller Realität. Ein Ort, auf sich selbst bezogen. Eine geistige Akropolis, befreit von allen Zwängen und Niederungen der realen Welt.» Zeitlebens hatte er nicht weniger als die Unsterblichkeit der Baukunst im Blick. Wie erst jetzt bekannt wurde, ist Oswald Mathias Ungers am 30. September im Alter von 81 Jahren an den Folgen einer Lungenentzündung gestorben.

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Für den Beitrag verantwortlich: Neue Zürcher Zeitung

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