Akteur

Lord Norman Foster
Foster and Partners - London (GB)

Technik und Ästhetik

Zum 70. Geburtstag des Architekten Norman Foster

Mehrere Arbeiten von Norman Foster gelten als architektonische Meisterwerke. In jüngster Zeit allerdings realisierte er einen Bau nach dem anderen. Doch entwerferische Qualität und Innovation bewahren diesen erfolgreichsten Architekten Grossbritanniens, der heute seinen 70. Geburtstag feiern kann, vor dem künstlerischen Abstieg.

1. Juni 2005 - Hubertus Adam
In seinem eben erst erschienenen Buch «Iconic Building» widmet sich der Architekturkritiker Charles Jencks, seinerzeit Wegbereiter der baukünstlerischen Postmoderne, der Zeichenhaftigkeit heutiger Bauten. Diese architektonischen Inkunabeln sind laut Jencks Zeichen, die für sich selbst stehen und mehrere Bedeutungen zulassen, rätselhafte Signifikanten ohne wirkliches Signifikat. Nicht ohne Grund zeigt das Umschlagbild Norman Fosters Swiss Re Building als Rakete auf einer Abschussrampe der Nasa. Und Madelon Vriesendorp steuert eine Zeichnungsreihe bei, welche das 2004 in der City of London eingeweihte Gebäude als Bombe und Schraube, als Finger und Penis, als Tannenzapfen und Zigarre interpretiert. In der Tat wirkt das Gebäude, das mit britischem Understatement meist als «Gherkin» interpretiert wird, durch seine unübersehbare Form, der es gleichwohl an einer zwingenden semantischen Dimension mangelt. Foster hat ein neues Wahrzeichen für London geschaffen, das in bauökologischer und energietechnischer Hinsicht neue Massstäbe setzt und den kurz zuvor errichteten Komplex der Greater London Authority, des neu installierten Londoner Stadtparlaments, qualitativ bei weitem übertrifft.

Fosters Karriere ist eine Erfolgsgeschichte sondergleichen. Vor siebzig Jahren, am 1. Juni 1935, in Manchester geboren, gründete er 1965 gemeinsam mit seiner Frau Wendy sowie Sue und Richard Rogers das Architekturbüro Team 4. Die Zusammenarbeit dauerte nur zwei Jahre, doch sie bildete gleichsam den Humus für die Entwicklung einer Architektur, die als Hightech schliesslich zum britischen Exportschlager werden sollte. Das Willis and Faber Head Office in Ipswich (1976) knüpfte mit seiner schwarzen ondulierenden Fassade an die Stromlinienästhetik der Moderne an, das Sainsbury Centre for Visual Arts in Norwich (1978) gilt als Paradigma des Museumshangars. Der internationale Durchbruch kam für das 1967 gegründete Büro Foster Associates, das später in Foster and Partners umbenannt wurde, mit dem Sitz der Hong Kong and Shanghai Bank in Hongkong (1979-86). Indem er Technik und Ästhetik mit einer Stahl-Glas-Architektur verband, setzte Foster Standards, ohne die sein Commerzbank- Hochhaus in Frankfurt (1997) oder der Londoner Swiss Re Tower nicht möglich gewesen wären. Auch bei anderen Bauaufgaben wirkte Foster bahnbrechend: nicht zuletzt bei Flughäfen. In Stansted bei London entwickelte er das Konzept transparenter und modularer Terminals, das er dann mit dem neuen Flughafen in Hongkong in den grossen Massstab übersetzte.

Im Ausland hatte Foster zunächst besonders viele Projekte in Deutschland, und er konnte in Berlin mit dem Umbau des Reichstags einen äusserst markanten Akzent setzen. Inzwischen hat er in 48 Ländern an Projekten jeglicher Grössenordnung gearbeitet; in der Schweiz befasst er sich mit dem Umbau des Hotels Dolder in Zürich und in St. Moritz - wo er schon ein kürbisförmiges Apartmenthaus realisieren konnte - mit dem Projekt «The Murezzan». Foster ist ein Verfechter der Hightech-Architektur geblieben, und selbst wenn manche Bauten der letzten Jahre doch eher als Massenware eines Grossbüros zu werten sind, so gelingen ihm immer wieder herausragende Werke, etwa das subtil auf die römische Maison Carrée Bezug nehmende Kulturzentrum Carré d'Art in Nîmes (1993) oder der Great Court des British Museum in London (2000). Unter Tony Blair avancierte Foster, der 1990 geadelt und 1999 von der Queen zum Lord of Thames Bank erhoben wurde, zum Architekten der englischen Hauptstadt. An jeder zweiten Ecke der City of London hängt ein Bauschild mit seinem Namen, und für die nachwachsende Architektengeneration bleiben einzig Nischen als Betätigungsfelder. 2004 verlor Foster seinen wichtigsten Mitarbeiter: Ken Shuttleworth, «Ken the Pen», von dem Bau in Ipswich bis hin zur «Gurke» der herausragende Entwerfer, verliess das Büro, um unter dem Namen «Make» sein eigenes zu eröffnen.

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Für den Beitrag verantwortlich: Neue Zürcher Zeitung

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