Akteur

Peter Zumthor

Der Mönch vom Heiligen Berg

Der Schweizer Architekt Peter Zumthor wird Pritzker-Preisträger

15. April 2009 - Ute Woltron
Schmal und steil führt der Weg hinauf in das Schweizer Alpendorf Haldenstein, wo die Klause des Peter Zumthor (65) steht. Dort lebt und arbeitet der in Basel geborene Architekt, umgeben von einer Mitarbeiterschar von nie mehr als 20 Jüngern - ein kleines Architekturbüro, das seit 1979 besteht und nur wenige Projekte umsetzt, doch jedes einzelne davon vom großen Atem der Ewigkeit beseelt. In dieser von Alpengipfeln umsäumten Einsamkeit empfängt Zumthor Bauherren aus aller Welt. Die reisen an wie Pilger, um von ihm die Absolution in Form exquisiter Architektur zu erlangen. Denn Zumthor kann sich mittlerweile aussuchen, für wen er baut, und nur Auserwählte erhört der asketische, bescheiden lebende Baumeister.

Zum Beispiel die Bauern aus dem deutschen Mechernich. Die kamen mit der Bitte um eine Kapelle für den heiligen Bruder Klaus. Zumthor schichtete über hundert schwere Baumstämme auf einem Feld zu einem rohen Turm übereinander, ließ die Bauern einen Monat lang Tag für Tag eine Schicht Beton auftragen, fackelte schließlich die Baumstämme im Inneren bedächtig drei Wochen lang ab, sodass schließlich eine rohe Betonhöhlung entstand. Auf dem Boden eine Schicht geschmolzenen Bleis, oben eine Kreisöffnung, durch die Licht und Regen fallen.

Für Weihestätten wie diese ist der Schweizer berühmt. Selbst sein bekanntestes Werk, die Therme in Vals (1996), geriet zu einer Art Sakralraum für Wasser und Verinnerlichung. Für die nur wenige Zentimeter hohen Quarzitblöckchen, die das Gebäude auskleiden, ließ er exakte Verlegepläne zeichnen. Denn die Seele des Materials ist Zumthor heilig.

Eigentlich hat er das Tischlerhandwerk gelernt, bevor er Architekt wurde. Präzision, Materialtreue sowie ein schlafwandlerisches Gespür für Raum sind sein Kapital. Das stellte er auch mit dem Kunsthaus Bregenz (1997) unter Beweis: ein kantiger Betonkern, umhüllt von transluzentem Glas, ein kostbarer Schrein für die Kunst. Zumthor arbeitet abseits jeder Mode, jedes Gags. Er ist eigentlich ein Relikt einer bereits untergegangen geglaubten Zeit. Wer zu ihm kommt, will Architektur, die für die Ewigkeit gemacht scheint.

Ende Mai wird Zumthor, der Hohepriester der raffinierten Einfachheit und der materialgewordenen Kontemplation, in Buenos Aires den Pritzker-Preis und damit die mit Abstand renommierteste Auszeichnung für Architektur entgegennehmen. Dann wird er sogleich wieder in sein Alpendorf zurückkehren.

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