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Wohnen in der Mega-Zeit
ORF.at

Die Weltgesellschaft befindet sich in dem wohl komplexesten und dynamischsten Trend seiner gesamten Geschichte.

5. April 2002
Die aktuellen wirtschaftlichen und politischen Konzentrationsprozesse bringen riesige Strukturen hervor, denen die Tendenz eigen ist, sich weltweit zu verbreiten, vielfältig zu verknüpfen und Mega-Dimensionen zu erreichen. Ein Trend, der auch als Globalisierung bekannt ist. Wir sind erst am Anfang dieser Entwicklung und doch bereits mitten drin.

Wahrscheinlich wird es keine oder nur wenige Bereiche des normalen menschlichen Lebens geben, die von diesen Megatrends unbeeinflusst bleiben. Die Bereiche des Arbeitens sind bereits voll von den Veränderungen erfasst, in den Bereichen Wohnen, Freizeit und Kultur zeichnen sich die ersten Auswirkungen ab. Die neuen funktionellen Verflechtungen stellen neue Anforderungen auch an die Architektur, besonders die Architektur des Wohnens.


Neue Aufgaben

Die Wohnungen und damit auch die Wohnsiedlungen der unmittelbaren Zukunft werden viele Funktionen und Aufgaben übernehmen müssen, die bisher von anderen Bereichen wahrgenommen werden: Arbeiten ist das wohl wichtigste, Erholung, Bildung, Gesundheit, Alterspflege etc. kommen hinzu. Dies alles in einem Bereich, der früher Wohnung genannt wurde - oder wenigstens in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft. Durch diese Synergiekräfte wird die Entstehung der Megaformen und -strukturen in der Architektur zusätzlich verstärkt.


Beispielhafte Anmaßung

Kein Land auf der Welt, auch Österreich nicht, wird dieser Entwicklung ausweichen oder gar entkommen können. Die Herausforderungen sind denen der Industrialisierung und Gründerzeit vergleichbar. Sie sind Anmaßungen und werden - so die These der Ausstellung - auch anmaßend behandelt werden müssen.

Für die anmaßende Art einer positiven Bewältigung von Mega-Problemen in der Vergangenheit bietet Österreich ein herausragendes Anschauungsbeispiel: Die sozialen und kulturellen Reformen des „Roten Wien“ samt des kommunalen Wohnbaues waren weltweit bewunderte Leistungen, denen das Denken in Mega-Dimensionen samt der Logistik der praktischen Umsetzung zugrunde lag.


Historischer Superblock

Bereits dem damals gängigen Terminus Superblock für die einzelnen großen Wohnhausanlagen, wie dem Karl Marx-Hof, ist dies zu entnehmen. Die Folgen der damaligen politischen Anmaßung: Eine Megastruktur mit rund 64.000 Wohnungen, die innerhalb von etwa zwölf Jahren errichtet wurden, prägen noch immer wesentlich die Stadtstruktur und den hervorragenden Ruf von Wien als Ort des wagemutigen Denkens.

Der durch seine Formen und Gestaltung einheitlich wirkende kommunale Wohnbau ist eine hervorragende Illustration für eines der wichtigsten Gesetze der Megastrukturen und auch für die gegenwärtig besonders aktuellen Ziele des kreativen Umgangs mit Megastrukturen in der Architektur und im Städtebau.

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