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Bauexperiment im Wohnungseigentum
Der Standard
24. September 1997 - Gert Walden
Berlin � Wo sich einstmals die DDR-Prominenz im Sperrbezirk Pankow ansiedelte, werden nun � kontradiktorisch zum Ancien Régime � Wohnungen im Eigentum entstehen. Und diese sollen von �Vertretern einer konsequent modernen Auffassung in Städtebau und Architektur� geplant werden. So sieht es zumindest der Beirat der Stadt Berlin für die �Bauaustellung Berlin 1999� vor.

Privates Eigentum statt geförderter Mietwohnungen ist auch ein Hinweis auf die schwache finanzielle Situation der Kommune, die nun ihre vierte �Bauausstellung� nach 1931, 1957 und 1984 ausrichtet.

Idealziel ist es mit privaten Investoren rund 600 bis 700 Häuser im nordöstlichen Gebiet der Hauptstadt zu errichten, die beteiligten Architekten wurden direkt beauftragt.

Darunter befinden sich die Österreicher Helmut Richter und das Team Florian Riegler und Roger Riewe, wobei allerdings die beiden letztgenannten noch an Umsetzungsschwierigkeiten mit ihrem Investor zu kämpfen haben.

Da Projekt von Helmut Richter für den Investor �Upmeier Wohnungsbau� in Bucholz-West dagegen ist schon weiter fortgeschritten. Helmut Richter verwendet, im Gegensatz zum �Steinernen Berlin� der Innenstadt, Stahl als wesentliches konstruktives Material für seine zwei- bis dreigeschoßigen Einzelhäuser, die in Reihe aufgestellt werden sollen.

Das Tragwerk bietet tischähnliche Ebenen, die möglichst flexibel in der Organisation des Grundrisses sind und außerdem kostenmäßig den Erwartungen des Investors entgegenkommen. Mit rund 12.000 S pro Quadrat- meter Netto ließe sich auch von den nicht gerade

mit Reichtum gesegneten Ostberlinern Eigentum bilden. Die Architektur Helmut Richters bietet innerhalb der ökonomischen Grenzen ein Maximum an räumlichen Reichtum. Die einzelnen Ebenen sind nur durch Stützen unterteilt, sodaß sich entlang der gekoppelten Erschließungs-und Sanitärzone, geschlossene Zimmer und auch ein mehrgeschoßiger Innenhof realisieren läßt. Nachträglich kann auch das dritte Stockwerk ausgebaut werden.

Die Flexibilität der Architektur bedeutet aber nicht, daß Helmut Richter eine der zur Zeit so beliebten �Schachteln� konstruiert hätte, die architektonische Reduktion mit Einfallslosigkeit gleichsetzen. Dagegen spricht nicht nur die Vielfalt der Raumsituationen mit ihren visuellen Beziehungen, sondern auch das Gestalthafte der Architektur, wie sie die Bauten Richters immer wieder auszeichnet.

Auch in Berlin � Wiens Bauordnung würde diese �Stahlhäuser� ohenhin nicht erlauben � wird Richters Architektur einer optimierten Konstruktion als Experiment verstanden, doch die Bereitschaft rund 60 Objekte zu errichten, ist vorhanden.

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