Artikel

„Eine Katastrophe für die Festspiele“
Der Standard

Das Verfahren „Kleines Festspielhaus Salzburg“ wurde auf Einspruch Wilhelm Holzbauers vom Vergabekontrollsenat für nichtig erklärt. Eine Fertigstellung des Projektes bis 2006 scheint damit aussichtslos, die Vorbildwirkung für die Architekturszene ist katastrophal.

17. April 2002 - Ute Woltron
Salzburg - Der Umbau des Kleinen Festspielhauses in Salzburg muss baldigst in Angriff genommen werden, will man das Mozart-Jahr 2006 mit einer Mozart-Spielstätte begehen. Im Herbst gewann das Team Hermann & Valentiny und Wimmer Zaic mit neun zu null Stimmen das Architekturverfahren, Wilhelm Holzbauer bemühte daraufhin als Zweitgereihter den Bundesvergabesenat. Mit Beschluss vom 12. 4. wurde die am 14. 11. 2001 bereits erteilte Beauftragung der Bietergemeinschaft „für nichtig“ erklärt, laut Holzbauers Anwalt Stephan Heid eine „bahnbrechende Entscheidung, da erstmals im Bereich Architektur eine Fehlentscheidung einer Jury aufgehoben wurde“.

Konkret spießt es sich an den Kosten: Laut Kostenprüfer Hans Lechner würde sich Holzbauers Projekt bei vorgegebenem Rahmen von 400 Millionen Schilling auf eine Bausumme von 410 Millionen belaufen, das Siegerprojekt allerdings auf 487 Millionen. Die Bietergemeinschaft hält dem entgegen, dass Lechner in seiner Berechnung auch die Zusatzvarianten, also quasi die Fleißaufgaben miteingerechnet hätte, was die Kosten verzerren würde. Lechner seinerseits hat jüngst auch im Falle der Volksoper die empfohlenen Entwürfe geprüft, auch damals wurde Holzbauer der Zuschlag erteilt.

Salzburgs Bürgermeister Heinz Schaden empfindet die Entscheidung als „Katastrophe für die Festspiele und ganz Österreich, die Sache trägt die Züge einer Operette und wird auch in der internationalen Architekturszene einen Aufschrei provozieren“. Kulturlandesrat Othmar Raus will sich terminlich „nicht unter Druck setzen lassen“, das Ziel bleibe der Umbau, allerdings ohne Terminvorgabe. Armin Fehle vom Festspielkuratorium: „Das ist zu einer sehr unerfreulichen Sache geworden, unsere Anwälte analysieren derzeit die Situation. Wir werden Anfang nächster Woche wissen, was wir weiter tun werden.“

Holzbauer selbst sieht durch das Siegerprojekt das historische Ensemble gefährdet und meint: „Ich wurde die ganze Zeit an der Nase herumgeführt, alles muss man sich auch nicht gefallen lassen.“ Der Luxemburger Projektsieger und Holzbauer-Schüler Franz Valentiny hat derweilen die Kontakte zu seinem Lehrer abgebrochen und empfindet das Verfahren als Farce.

STANDARD: Was erschien Ihnen dubios?
Valentiny: Wir haben diesen Wettbewerb im Herbst mit neun zu null Stimmen gewonnen und standen jetzt wie Verbrecher vor einem Tribunal. Architektur wurde hier nach rein juristisch-formalen Gesichtspunkten abgehandelt, es ist ein Skandal, dass diese Leute sich kein Gesamtbild des Projektes gemacht, sondern nur die Kosten behandelt haben. Die Kostenaufstellung, die anhand eines Formblattes nachzuweisen war, werden wir liebend gerne machen. Hier werden Steuergelder verplempert, weil ein ignoranter, schlechter Architekt gemeinsame Sache mit einem Amt macht und ein Verfahren unnötig in die Länge zieht. Es ist skandalös, dass ein Lehrer, der ohnehin nur mehr einen Schüler hatte, der zu ihm stand, diesen opfert wie Abraham seinen Sohn. Holzbauer ist ein alter Mann, der nicht mehr weiß, worum es im Leben geht. Er zeigt egoistisches Blut-und-Boden-Denken, das mit der heutigen Welt nichts mehr zu tun hat.

STANDARD: Wie geht es in Salzburg weiter?
Valentiny: Ich weiß es nicht. Wir wurden jedenfalls nicht ausgeschieden, und Holzbauer wird als Zweitgereihter auch nicht automatisch zum Zug kommen. Das Amt hat den Bauherren aufgefordert, vergleichbare Kosten vorzulegen. Dieses Urteil ergibt keinen Sinn, sondern hilft nur der Eitelkeit eines Einzelnen.
STANDARD: Die Vorbildwirkung für weitere Wettbewerbsverfahren ist gegeben - werden künftig hauptsächlich Juristen in Österreich über Architektur entscheiden?
Valentiny: Solange es altmonarchistische Menschen wie Holzbauer gibt, die öffentlich Ansprüche stellen, die ihnen nicht zustehen, ist das möglich. Das ist eine undemokratische Haltung, die in ganz Europa schon nicht mehr verstanden wird, ein Denken aus längst vergangener Zeit, und wenn sich Österreich mit dieser Haltung darstellt, dann wird es Probleme bekommen. Holzbauer baut seit 20 Jahren nur mehr miese Investorenarchitektur, er hat seinen Idealismus, sein Können, sein Talent dem Geld geopfert.

teilen auf

Für den Beitrag verantwortlich: Der Standard

Ansprechpartner:in für diese Seite: nextroomoffice[at]nextroom.at

Tools: