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Pritzker-Preis für Glenn Murcutt
Der Standard

Spitzenauszeichnung für fast Unbekannten

16. April 2002 - Ute Woltron
Los Angeles - Auf die Frage, welches Internet-Architektur- netz ihm das wichtigste sei, antwortete der australische Architekt Glenn Murcutt unlängst folgendermaßen: „Ich ziehe Spinnenetze vor.“ Diese Einstellung, mit einfachsten Mitteln den größtmöglichen Nutzen zu erzielen, bescherte dem 66-Jährigen den diesjährigen Pritzker-Preis für Architektur und damit die wichtigste Auszeichnung, die der internationalen Spitzen-Baugilde zugedacht ist.

Der mit 113.714 EURO dotierte Preis katapultiert den bis dato außerhalb der Grenzen Australiens kaum bekannten Architekten augenblicklich ins Zentrum des Szeneinteresses. Er selbst äußerte Journalisten gegenüber, dass er sich - nach über drei Jahrzehnten des Architekturschaffens - nun bestätigt fühle, dass Bauten „die Erde nicht zu sehr belasten dürfen“. Murcutts Architekturauffassung ist die einer stillen Bescheidenheit und Natürlichkeit. Alles, was man verstehen müsse, um gute Architektur zu machen, sei die Natur selbst und die Kostbarkeit aller Materialien, so der Australier, der bei seinen Häusern für Stararchitekten eher unkonventionelle Materialien wie Wellblech und kaum bearbeiteten Naturstein einsetzt. Vor allem der Dialog seiner Häuser mit der jeweiligen Landschaft und Umgebung steht für den Architekten im Vordergrund.

Murcutts Schwerpunkt liegt im Wohnhausbau, er selbst gilt als eigenwilliger Außenseiter und hat sich beispielsweise bis dato geweigert, Aufträge außerhalb des australischen Kontinents anzunehmen. Gute Architektur, so meint er, beginne eigentlich mit einem guten, an exzellentem Bauen interessierten Auftraggeber, der dem Architekten genug Freiraum ließe und die Muße, ein Gespür für die Evolution zu entwickeln. Vorbildwirkung hatten etwa Murcutts nur scheinbar primitive Wohnhäuser, die er für Aborigines entworfen hat.

Der Pritzker-Preis selbst wurde vom Chikagoer Unternehmerpaar Jay A. und Cindy Pritzker 1979 ins Leben gerufen; er gilt stets dem Lebenswerk und ging unter anderem an Hans Hollein, Frank Gehry, Rem Koolhaas und zuletzt an Jacques Herzog und Pierre de Meuron.

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