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PPP heißt Pitten, Petteln und Pauen
Der Standard

Mit der Zauberformel Public Private Partnership wollen nun auch die Wiener Stadtväter das Blech in ihren Schatullen vergolden und privatwirtschaftlichen Wohlstand zugunsten der Öffentlichkeit anzapfen. Das funktioniert nur, wenn alle etwas davon haben, und wenn weitsichtig koordiniert wird. Der Donaukanal könnte als erstes gelungenes Beispiel dafür in die Geschichte eingehen, wenn jetzt die Formel richtig ausgesprochen wird.

27. April 2002
Der Wiener Planungsstadtrat Rudolf Schicker hatte es bereits zu Antritt seines Amtes angekündigt. Er werde, so meinte er damals, Sorge dafür tragen, dass die Public Private Partnership, im Fachjargon knapp PPP genannt, nicht nur eine leere Worthülse bleibe, sondern sich im Dienste aller Stadtbewohner in ordentlichen Gebäuden, Infrastrukturmaßnahmen und ähnlichem niederschlage.

Was PPP auf deutsch heißt, ist kurz erklärt: Die Stadt, die genau bestimmen darf, was wo wie - vor allem aber, wie hoch - gebaut werden darf, holt sich den Gewinn, den Investoren durch großzügige Genehmigungen an dafür städtebaulich hoffentlich geeigneter Stelle naturgemäß einstreifen, in irgend einer Form wieder zurück. Wenn etwa gleich gegenüber der Innenstadt am schönen Donaukanal ein besonders hohes Haus entsteht, das später seinen widmungsbegünstigten Erbauern herrlich viel Mietertrag beschert, dann müssen die Investoren dieses Hauses einen entsprechend fetten Betrag zu Gunsten der Öffentlichkeit springen lassen. Oder auch nicht, was man dann als Peinliche Pleite bezeichnen könnte, was quasi die Vorgängerin des von Schicker propagierten PPP darstellt, etwa am Wienerberg, wo die Stadt von den Twin Towers nichts lukriert.

Damit es auch nicht zu netten kleinen Alibigesten kommt, zu einem Investorenreinwaschen mittels Miniaturspenden, wie etwa die Errichtung eines Treppleins hinunter zu den schäumenden Donaukanalwogen - nur um vom Wienerberg an diesen zentral gelegenen besonderen Ort der Stadt wieder zurückzukehren - braucht es vor allem eines: einen klugen, mit allen Wassern der Politik und der Wirtschaft gewaschenen Koordinator, der unbedingt auch was vom Städtebau verstehen muss.

Der Donaukanal ist derzeit ein von den Wiener Stadtgärtnern aufmerksam betreutes, von Fahrradfahrern, Joggern und Hunden gerne aufgesuchtes Klein-Naherholungsgebiet am Rande der Innenstadt. Es gibt nichts zu meckern an ihm, außer, dass alle, die nicht gerade laufen, skaten oder Hunde äußerln führen, sich hier eigentlich ein wenig verloren und fehl am Platze vorkommen. Denn außer Wegen und im Schilf planschenden Enten gibt es hier kaum etwas, nur ganz wenige Lokale verheißen Erfrischung, und noch dazu wirkt sich am heikelsten Punkt des von Radwegen durchzogenen Lang-Parks eine unbefriedigende Unterbrechung durch den auf dieser Ebene nicht überbrückten Wienfluss äußerst störend aus. Und selbst die Sportler bekommen eine gewisse Unwirtlichkeit der Gefilde zu spüren, sobald sie der Drang überfällt, Toiletteanlagen aufzusuchen. Es gibt nämlich keine.

All diese Mängel und noch ein paar andere könnten relativ leicht behoben werden, wie diverse Studien jüngerer und älterer Vergangenheit beweisen. Vorausgesetzt, man hat das nötige Geld dafür zur Verfügung. Es bedarf keiner näheren Ausführung, dass das bisher nicht der Fall war. Seit vergangenem Sommer bemüht sich nun aber mit Klaus Steiner ein eigens dafür eingesetzter Koordinator um eine Erfrischung und Belebung des Kanals, und Steiner wurde mit seinen Aktivitäten seinem Titel gerecht. Er rechnete nämlich nicht zuerst aus, wie viel Geld für die erforderlichen Infrastrukturmaßnahmen nicht vorhanden ist, sondern lotete die Tiefen etwaiger Investoren aus, legte die Koordinaten für Orte fest, an denen investiert werden könnte, und unterbreitete die Vorschläge den zuständigen Stellen der Stadtregierung.

Steiner: „Wir sind an die Sache unter der Voraussetzung des PPP herangegangen, man dachte anfangs eher an Wursthütten und ähnliches, aber um eine reine Verschönerung kann ich mich nicht kümmern. Was wir brauchen, sind vielmehr infrastrukturelle Verbesserungen. Wir haben Standorte gesucht, die zwar nicht Bauland sind, aber städtebauliches Potenzial aufweisen und mit einigen starken Unternehmen verhandelt, die dort investieren wollen.“ Konkret geht es um ein Stück des Hermannparks kanalabwärts vom Wienfluss und um eine Zone in Nussdorf. „Im Bereich Hermannpark“, so Steiner, „könnte man das in Wien sträflich vernachlässigte Thema Bauen am Wasser realisieren.“

Dort könnte ein Hotel-Büro-Wohnhaus entstehen, dessen unterste Zone öffentlich zugängig wäre, und wo etwa Uferrestaurants und ähnliche attrahierende Institutionen residieren würden. Flussaufwärts, in Nussdorf, will Steiner eine für Familien und Sportler zugleich zugängliche Wildwasserstrecke realisieren, die sich in Form einer wasserdurchströmten Rinne zu Land befindet.

Ähnliche Beispiele gibt es unter anderem in Sydney, eine Machbarkeitsstudie für Wien ist derzeit in Arbeit. Steiner: „Es handelt sich um eine selbsttragende Unternehmung, die Firma wurde von Professoren der Sportuniversität in Leipzig gegründet, die ihr Know-how vermarkten.“ Weiters in Realisierungsnähe rückt ein schon seit langer Zeit geplanter Mädchen-Spielplatz, und auch der traditionelle Ruderclub LIA, derzeit an der alten Donau beheimatet, könnte an den Donaukanal übersiedeln und die gegenströmenden Kräfte des Wassers zum Muskelaufbau nutzen. Steiner: „Es wäre doch ausgesprochen appetitlich, wenn hier am Donaukanal die Achter zu Wasser gelassen würden.“

Bevor es aber soweit ist, müssen die Investoren und die Stadt zur besagter öffentlich-privater Partnerschaft finden, und zwar mit Ring und Siegel. Laut Steiner ist man mit „namhaften Unternehmungen“ in die Phase der konkreten Verhandlung getreten: „Nun sind die Entscheidungsträger gebeten, nachzudenken und zu einem Entschluss zu kommen.“ Der sollte - so man vorhat, das vollendete Ergebnis wahlwirksam einzusetzen - noch vor Sommer fallen. In etwa drei Jahren wird gewählt, und, so Steiner, „es ist üblich, dass man sich knapp vorher in die Auslage stellt und seine Erfolge aufzählt.“ Außerdem pflegen Investoren rasch zu handeln: "Sollte die Entscheidung bis Sommer ausbleiben, greift kein Investor mehr ins Brieftaschl und das Geschäft kommt nicht in Gang.

Soll das Projekt gelingen, muss jetzt eine standortbezogene Gesellschaft gegründet und festgelegt werden, wer überhaupt in den von den Investoren gefüllten Honigtopf greifen darf. Was die Formgebung des Projektes im Bereich Hermannpark anlangt, so haben laut Steiner die Investoren die Bereitschaft signalisiert, einen geladenen Wettbewerb gemeinsam mit dieser - noch nicht gegründeten - Donaukanalgesellschaft zu veranstalten.

Jetzt ist also nicht nur der dem PPP ohnehin wohlgesonnene Schicker am Zug, sondern der gesamte Stadtsenat. Steiner betont, dass der Donaukanal in keiner Weise radikal verändert, sondern einfach benutzerfreundlicher und attraktiver gestaltet werden soll. Charmante Traditionen wie etwa die äußerst beliebte Überfuhr müssten unbedingt erhalten werden, und außerdem sei es extrem wichtig, in allen Entscheidungen totale Transparenz zu üben. Steiner: „Hier soll niemandem etwas aufs Aug gedrückt werden, alle Entscheidungen müssen auch mit den zuständigen Bezirken abgesprochen und getroffen werden.“

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