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Garteln, wandeln, blicken
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Eine Gebühr für Parkbesucher? Undenkbar. Und Events wird sie nur zulassen, wenn sie den Gärten gut tun. Wider den Verwertungswahn bei öffentlichem Gut: Brigitte Mang, Direktorin der österreichischen Bundesgärten.

4. September 2004 - Judith Eiblmayr
Gartengestaltung ist zu einem Begriff geworden, der mittlerweile für die Menschen einen genauso hohen Identifikationswert wie Haus-Bauen bietet. Sei es, dass man professionell durch Gärtner gestalten und pflegen lässt oder dass man selbst zu Gartenschere und spitzem Schauferl greift, ein gepflegter Garten bereitet seiner Besitzerin mindestens so viel Freude, wie ein schönes Haus den Hausherrn stolz sein lässt.

Dass das Bedürfnis nach dem „Garteln“ ähnlich groß sein dürfte wie die Bastelleidenschaft, zeigt sich an der Peripherie, wo die Gartenabteilung bald den eigentlichen Baumarkt überwuchert haben wird und wo spezielle Pflanzen-Supermärkte - um bei der metaphorischen Sprache zu bleiben - wie die Schwammerl aus dem Boden schießen. Hier ist ein neuer, prinzipiell sympathischer Markt entstanden, denn letztendlich kommt es uns allen zugute, wenn durch eine vielfältige Bepflanzung unsere Atemluft angereichert und Lebensraum in der Natur kultiviert wird. Zumal die Versuchung der kommerziellen Verwertung des als Fläche gewidmeten Grüns, das, wenn schon nicht verbaut, so wenigstens unterbaut werden soll, immer größer wird. Die Gemeinde Wien hat bekanntlich diesbezüglich keinen „Genierer“ und räumt die Grünräume zusehends ab, um Garagenraum zu schaffen.

Auch der Staat Österreich nennt einige große Gartenanlagen sein Eigen und betreibt die Hege und Pflege derselben in augenscheinlich vorbildlicher Weise. Es sind dies durchwegs historische Gärten, die in einem imperialen architektonischen Kontext errichtet wurden und spätestens seit 1918 zur Nutzung geöffnet sind, in Wien der Schönbrunner Schlosspark, Augarten, Burggarten und Volksgarten und der Schlossgarten Belvedere, in Innsbruck der Hofgarten und der Park bei Schloss Ambras.

Seit März dieses Jahres werden die sieben österreichischen Bundesgärten von einer Direktorin verwaltet, die durch ihre Ausbildung und ihren beruflichen Werdegang als Idealkandidatin bezeichnet werden kann. Brigitte Mang ist Landschaftsarchitektin mit Spezialisierung auf Gartendenkmalpflege und hat bereits seit 14 Jahren die laufende Sanierung und Erneuerung des Schlossparks Schönbrunn betreut.

Für die Tochter des bekannten Wiener Architektenpaares Eva und Karl Mang war das Architekturstudium an der Technischen Universität in Wien nahe liegend, aber im Laufe des Studiums erkannte sie, dass ihr Interesse eher dem gewachsenen Außenraum als dem umbauten Innenraum galt. Der Grünraum kann aus der Starre, die allem Gebauten anhaftet, gelöst werden, durch Wind und Wetter und den Farb- und Stimmungswechsel im Laufe der Jahreszeiten. Das Thema ihrer Diplomarbeit war ein gartenspezifisches, was sie für die Lehrtätigkeit als Assistentin in Wien am Institut für Landschaftsplanung und Gartenkunst qualifizierte. Gleichzeitig führte sie ein eigenes Büro als Landschaftsarchitektin, wo sie sowohl planerisch wie auch theoretisch arbeitete, wobei ihr der Auftrag für die parkpflegerische Betreuung von Schönbrunn die Möglichkeit zur Profilierung bot.

Als die Nachbesetzung des Direktorpostens der Bundesgärten ausgeschrieben wurde, bot sich ihr eine spannende berufliche Perspektive. Brigitte Mang erhielt den Posten als erste Frau nach 22 Männern - nicht, weil sie eine Spezialistin für Gartenarbeit und Botanik ist, sondern weil sie als Architektin über die räumlichen Strukturen historischer Parks und deren mögliche Bespielung Bescheid weiß. Die strenge Regelmäßigkeit barocker Gärten war per se ein Thema der Architektur, diente sie doch primär dazu, den Umraum eines Schlosses weithin abzustecken und den Bau selbst in seiner Pracht optisch aufzuwerten. In diesen „architektonischen“ Gartenanlagen wurden gewachsene Einzelelemente, also Bäume und Hecken, nur gepflanzt und getrimmt, um den Lustwandlern den Weg zu weisen und eindrucksvolle Blickoptionen auf das Gebäude des Herrschers zu gewähren.

Während sich etwa die Prunkräume im Schloss Schönbrunn dem Betrachter meist additiv erschließen, ist der Schlosspark räumlich zentralistisch organisiert: Übergeordnet bildet in dieser rein absolutistischen Anlage das Schloss den Mittelpunkt, sekundär gibt es jedoch eine Reihe von „Subzentren“, die in romantisierender Weise ikonografische Hinweise auf den bis in die Antike zurückreichenden Machtanspruch der Habsburger geben sollten. Inmitten der konzentrisch zusammenführenden Wege wurden Brunnen gesetzt; durch verschiedene gebaute Objekte wie die Kaskade, einen Obelisken, die Römische Ruine oder die Gloriette versuchte man spannende räumliche Szenerien zu schaffen. Die Bäume und Sträucher selbst wurden nicht nur als raumbildende, sondern gezielt als plastische Elemente eingesetzt, indem sie, auf die Form von Kegeln, Zylindern oder Kugeln zurechtgestutzt, auf Freiflächen gesetzt wurden. Interessante Details dieser Frühform von Erlebnisarchitektur sind der Irrgarten, der den irrationalen Kontrapunkt im sonst so klar abgezirkelten barocken Park bilden sollte, aber auch die Menagerie und der Botanische Garten, die im Sinne eines Bildungsauftrags bereits im 18. Jahrhundert kostenlos zugänglich gemacht wurden.

Der Augarten wird ebenfalls von massiv Gebautem dominiert, aber weniger vom fürstlichen Barock des Palais, mit dem der Park nur indirekt in Zusammenhang steht, als vom äußerlich zerbröselnden Stahlbeton der zwei Flaktürme aus dem Zweiten Weltkrieg. Selbst unsprengbar, sprengen sie den eigentlichen Maßstab des barocken Lustgartens, sind aber andrerseits nicht „wegdenkbar“ und daher als integraler Bestandteil des Augartens akzeptiert.

Brigitte Mang möchte die historischen Gärten im denkmalpflegerischen Sinn erhalten, Bereiche jedoch, wo kein Altbestand vorhanden ist, sollen von Fachleuten neu gestaltet werden. Ebenso sollen sanierungsbedürftige Einbauten wie Pavillons neu errichtet werden und als zeitgemäße Ergänzung aus der Hand erfahrener Architekten auch klar erkennbar sein. Eine Absage erteilt sie dem Verwertungswahn beim öffentlichen Gut. Events wird sie nur zulassen, wo sie den Gärten gut tun, ebenso undenkbar ist eine Gebühr für Parkbesucher. Der Augarten, den sie mit seinen momentan bunt gemischten Blumenparterren als ihr Lieblingsbeispiel für ein gelungenes Ambiente in einem barocken Park anführt, hat Josef II. bereits 1775 für die Allgemeinheit zugänglich gemacht. Diesem kommunalen Auftrag fühlt sie sich verpflichtet und freut sich, wenn „ihre“ Gärtner und Gärtnerinnen den Park für die Stadtmenschen gestalten und mit blühendem Leben erfüllen.

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