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Drei D und Idee
Der Standard

Mit einer Architekturausstellung wird kommende Woche der Normalbetrieb im neuen Kulturinstitut New York aufgenommen. Gestellt wird die Frage: Was ist modern?

18. Mai 2002 - Ute Woltron
Österreichs fesches neues Kulturinstitut in New York erlebt kommende Woche seine erste große Ausstellung, und es ist kein Zufall, dass es sich um eine Architektur-Schau handelt. Architektur renommiert hier in der Architektur, und wieder einmal wird klar, dass die Baukunst, hierzulande so oft geschmäht und schmählich behandelt, eines der wichtigsten Kulturexportgüter der Nation ist. In Drei D und in Idee.

Raimung Abrahams skulpturaler Bau hat, wie das so üblich ist, international mehr Furore gemacht als hierzulande, hat mehr Anerkennung vorort von Fachleuten und Laien sonderzahl bekommen als bei den Kollegen in Wien. Die Nicht-Kollegen haben vor allem über die tatsächlich enormen Kosten gemault und die Kunstfertigkeit des Gebäudes übersehen. Doch wie auch immer - die österreichische Architektur hält Einzug in der Abrahamschen, als Kurator fungierte Otto Kapfinger.

Er hat mit Dieter Henke und Marta Schreieck, Christian Jabornegg und András Pálffy sowie Florian Riegler und Roger Riewe aus vielen anderen drei vorzügliche Teams ausgewählt, was aber, mit Verlaub, schon ein wenig willkürlich erscheint. Andererseits muss ja mit dem Ausstellen begonnen werden, und so groß die Masse guter Architekten hierzulande ist, so klein ist ja bekanntlich das Kulturforum.

Die nunmehr hier Ausgestellten sind allesamt etabliert und bekannt und haben, jedes Team für sich, für hocherfreuliche Architekturleckerbissen gesorgt. Diese Architekten sind weder jung noch alt, weder betont experimentell unterwegs noch irgendwie konservativ. Sie stehen so gesehen tatsächlich repräsentativ für jene vergleichsweise dicke Architekturschlagobersschicht, derer sich Österreich erfreuen kann, und sind trotzdem lauter Individualisten geblieben.

Henke & Schreieck haben nicht nur besonders gelungene Wohnbauten realisiert, sondern mit der Universität in Innsbruck geradezu Aufsehen erregt. Jabornegg & Pálffy konnten mit ihrem teils unterirdisch gelegenen Museum am Judenplatz eine der wohl subtilsten Architekturen der Bundeshauptstadt zum Leben bringen und mit dem Bankhaus Schöller demonstrieren, wie viel Geld mit viel Architektur veredelt werden kann. Riegler Riewe schließlich wurden durch ihren freundlich-hochtechnologischen Flughafen in Graz bekannt und sind unter anderem für den derzeit noch in Arbeit befindlichen eleganten Neubau des Innsbrucker Hauptbahnhofes zuständig.

Otto Kapfinger nennt seine Schau „Transmodernity“, und er will mit dem Gezeigten gewissermaßen einen Kurs abstecken, den Diskurs zwischen der Moderne gestern und der von heute oder gar morgen aufzeigen. Architekturtheoretiker Bart Lootsma schreibt in seinem Beitrag zum gleichnamigen Katalog dazu: „Die Spannung zwischen Modernität und Tradition muss im täglichen Leben aus-gefochten (sic) werden.“ Modernität und Moderne würden behutsam reflektiert, jedoch „selten auf die Spitze getrieben oder provoziert“.


[„Transmodernity. Austrian Architects“, Eröffnungs-
ausstellung des Austrian Cultural Forum New York in
Kooperation mit dem Architektur Zentrum Wien, 23.5. bis 12. 8. Ab 29. 8 ist die Schau im Az W zu sehen.]


1 Die Ausstellung Transmodernity geht unter anderem der Frage nach, was „modern“ sei. Was bedeutet für Sie Modernität im Jahr 2002?

2 Und was verstehen Sie in der Architektur unter dem Begriff „Modisch“?

3 Inwieweit sehen Sie sich als „österreichische“ Architekten - Sie repräsentieren ja nun quasi die Baukultur des Landes in New York?

4 Die heimische Architekturvergangenheit scheint mit Loos & Co. hierzulande omnipräsent: Bedeutet sie Ihnen persönlich eigentlich etwas, oder halten Sie Ihre Fühler eher doch in internationale Gefilde gestreckt?

5 Gibt es heute so etwas wie eine "österreichische Architektur?

6 Wenn ja: Was zeichnet sie aus? Wenn nein: Warum gibt es sie nicht?

7 Österreich legt Wert darauf, Kulturnation zu sein, und gibt etwa gegenüber den Niederlanden die dreifache Summe für Kultur aus.
Ist etwas von diesem - offenbar auch politisch budgetär gesteuerten - Kulturluxus in der
Architektur spürbar?

8 Sie gehören einer mittelalterlichen Architektengeneration an, die eigen-PR-mäßig im Gegensatz zu den älteren 60er-Jahre-Radikalos und auch den heute ganz jungen Nachwuchskräften eher leise tritt. Warum?

9 Warum machen Sie Architektur, und was wollen Sie damit „bewirken“?

10 Was bedeutet die Einladung, in New York auszustellen, für Sie?


Jabornegg-Pálffy

1 Ein wichtiger Bezugs- und Ausgangspunkt, über den wir mit den heutigen Mitteln weiterarbeiten.

2 Ein absehbares Verfallsdatum dilettantischer Ambitionen.

3 Wir sind Architekten und Österreicher. Unsere Arbeiten sind aber hoffentlich in einem internationalen Kontext auch lesbar.

4 Auf Fischer von Erlach möchten wir da auch noch hinweisen - ansonsten ist Qualität in der Architektur kein regionales Erlebnis.

5 Es gibt eine hohe Produktionsdichte, die teilweise auch im internationalen Kontext wahrnehmbar ist.

6 Eine ausgeglichene Korrespondenz zwischen räumlicher Qualität und Ausführung.

7 Der Löwenanteil dieses Budgets wird für Theater und Oper ausgegeben. Dies ist leider auch in der Architektur spürbar.

8 Die Sprache der Architektur ist mit gutem Grund eine leisere geworden. Das bedingt aber kein leiseres Auftreten.

9 Um einen Beitrag zur Verbesserung von Lebensbedingungen zu leisten.

10 Große Freude.


Henke & Schreieck

1 Da sind wir nach wie vor bei Josef Frank: „Modern ist nicht ein Stil, sondern das, was uns vollkommene Freiheit gibt.“

2 Trendig, kurzlebig - ist morgen schon von gestern.

3 Wir sind durch unsere Ausbildung bei Rainer und Achleitner beeinflusst und geprägt. Dieser Hintergrund ist sehr „österreichisch“ und auch nicht.

4 Sowohl als auch.

5 Es gibt ausgeprägte lokale Szenen und prägnante Einzelpositionen

6 Eigenständigkeit, Differenziertheit.

7 Kaum.

8 Für uns zählt das Gebaute - nicht die Selbstdarstellung.

9 Architektur bietet uns die phantastische Möglichkeit, an der Gestaltung unseres Lebensumfeldes aktiv mitzuwirken. In diesen Lebensräumen sollten sich die unterschiedlichsten Bedürfnisse und Interessen möglichst frei entfalten können.

10 Eine wohltuende Anerkennung unserer Arbeit.


Riegler Riewe

1 Eine Suche nach „formenlosen“ Konzepten für Nutzungsmöglichkeiten.

2 Das, was heute schon gestern ist.

3 Es ist unumstritten, dass das engere Umfeld der Arbeit wesentlichen Einfluss nimmt. Wir sehen es aber eher „mitteleuropäisch“ als speziell
„österreichisch“.

4 Unsere Gefilde sind überregional, was jedoch nicht unbedingt mit Entfernung gleichzusetzen ist.

5 Es lassen sich fein differenzierte Abstufungen im Architekturgeschehen im mitteleuropäischen Raum feststellen, aber eine „österreichische Architektur“ gibt es nicht.

6 Ergeben viele Dialekte zusammen eine „österreichische“ Sprache?

7 Kultur ist nicht unbedingt vom Budget abhängig - die Generierung von Kultur noch weniger!

8 Das war uns nicht bewusst. Stimmt das?

9 Unsere gedachten und realisierten Fragmente könnten zum Nachdenken anregen.

10 Viel Ehre!!

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