Artikel

Was kostet die Welt
Der Standard

Österreichische Architekten bauen international: Bei guter Organisation und mit politischem Rückenwind könnte sich Architektur zum Exportfaktor entwickeln.

20. November 2004 - Ute Woltron
Die heimische Architekturszene hat ein Qualitätsniveau erreicht, das international gefragt ist. Das zeigt sich zum Beispiel darin, dass Österreichische Architekten zunehmend zu internationalen Wettbewerben und Gutachterverfahren geladen werden, sie in den USA, in China und in der gesamten EU gern gesehene Vortragsredner sind, und dass man sie als Professoren an den wichtigsten Architekturfakultäten der Welt wiederfindet.

Und: Sie holen sich zunehmend auch Aufträge im nahen und fernen Ausland. In China, in Frankreich, in Deutschland, in Südtirol, in der Schweiz. Die Liste der international Aktiven ist beachtlich: Baumschlager & Eberle, the next ENTERprise, BEHF, Heinz Neumann, Querkraft, Adolf Krischanitz, Volker Giencke, Günther Domenig, Johannes Kaufmann, Klaus Kada, Much-Untertrifaller sind nur einige von ihnen, und dass Coop Himmelb(l)au, Hans Hollein & Co schon lange Kultur- und Architekturexport betreiben, ist bekannt. Neu ist, dass die jüngere Garde aktiv nachzieht.

„Langfristig betrachtet sieht die Auftragslage im Ausland mittlerweile besser aus als in Österreich“, sagt Elke Delugan-Meissl. Kollege Georg Driendl pflichtet ihr bei: Die heimische Auftragssituation sei „eher ein Jammer“, international sehe es wesentlich besser aus. Driendl und das Büro Delugan-Meissl gehören zu jener gar nicht so kleinen Schar Architekten, die zumindest in Fachkreisen international keine No-Names mehr, sondern gern gesehene Know-how-Transporteure sind. „Architektur ist definitiv ein Exportfaktor geworden“, sagt Elke Delugan-Meissl, und dass es sich dabei nicht nur um Planungsexport handelt, rechnet der Architekt Georg Reinberg vor.

Reinberg gilt seit Jahren als einer der wichtigsten Pioniere in Sachen energieoptimierten Bauens, ein Bereich, in dem die heimische Architektenschaft sowie die dazugehörige hochspezialisierte Industrie Weltrang haben. Allein in den vergangenen Monaten hat der Wiener Architekt Vorträge zu diesem Thema in Italien, Deutschland und Tschechien gehalten, in den Iran wurde er jüngst als Konsulent für ein Umweltprojekt geholt.

„Ich bemerke eine sehr starke internationale Nachfrage dieser Thematik“, sagt er, „während das Interesse in Österreich selbst eher gering ist.“ Vor allem eines sei wichtig: „Durch Vorträge und Ausstellungen bringen wir eine Menge heimischer Firmen international ins Spiel.“ Kammerpräsident Robert Krapfenbauer ist einer der Mitgründer eines Vereins, der Arge Planungs- und Beratungsexport heißt, im heurigen Frühjahr gegründet wurde und sich genau diesem Thema künftig widmen will: „Bei Planungsleistungsexport ist ein Nachzug für die Bauwirtschaft von 1 : 7 zu erwarten.“ Sprich, für jeden Euro, der von Architekten und Ingenieuren im Ausland verplant wird, darf sich die dazugehörige Bauindustrie Auge mal Pi über 7 Folgeeuros an Aufträgen freuen. Das Wirtschaftsministerium unterstützt die Bemühungen mit einer versprochenen Million Euro, die Auszahlung lässt derweilen noch auf sich warten. Und: Ins Auge gefasst sind nicht nur Architekten und Ingenieure, sondern auch Consultants und Finanzierungsberater.

Fazit: Die Architekten müssen ganzheitlich zu denken beginnen, wollen sie auch auf politischer Ebene im größeren Rahmen mitspielen, denn auf diesem Parkett zählen ausschließlich Zahlen und Fakten als Überzeugungsmittel, will man um Exportförderungen und Unterstützungen jedweder Art einkommen. Weder die Architektenkammer noch die Wirtschaftskammer verfügen derzeit über genaueres Zahlenmaterial, was die Argumentation im Wirtschaftsministerium naturgemäß erschwert.

Dass aber auch Ausstellungen wie Biennalen die Auftragslage der heimischen Baukünstler zu verbessern imstande sind, berichtet Volker Dienst, der sich als Sprecher der „Plattform für Architektur und Baukultur“ aktiv um Architekturexport bemüht: „Wir entwickeln derzeit konkrete Konzepte und Programme für den internationalen Dienstleistungsexport im Bereich Architektur und Baukultur.“

Einer, der das als Planer bereits aktiv und erfolgreich betreibt, ist Adolf Krischanitz. Seine Projekte allein in der Schweiz wiegen rund 110 Millionen Euro schwer - bewegen sich also in Größenordnungen, die es hierzulande kaum mehr gibt. Er meint: „Ich habe nicht das Gefühl, in Österreich die Chancen zu haben, die ich bräuchte.“ Allgemein betrachtet seien die Österreicher die bunten, interessanten Vögel in der Szene, die man gerne zu Verfahren einlade, dann aber doch nicht so gerne gewinnen lasse. Die Schutzmechanismen der nationalen Architektenverbände beginnen sich langsam, aber sicher gegen ausländische Konkurrenz zu wappnen. Umso wichtiger wäre eine Unterstützung der heimischen Architekten- und Bauszene auch auf wirtschaftspolitischer Ebene.

teilen auf

Für den Beitrag verantwortlich: Der Standard

Ansprechpartner:in für diese Seite: nextroomoffice[at]nextroom.at

Tools: