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Schnittiger Bolide in Beton
Der Standard

Die Wiener Architekten Roman Delugan und Elke Meissl gewannen das Rennen um das Porsche Museum.

12. Februar 2005 - Ute Woltron
Roman Delugan und Elke Meissl gehören zu jenen unter den „jungen Architekten“, die von der älteren Garde besonders eifersüchtig beäugt werden. Seit elf Jahren entwerfen die Wiener ein formidables Projekt nach dem anderen, quasi nebenbei zeichnen sie Wettbewerbe am Laufband, und ihr internationaler Ruf ist mittlerweile auch nicht mehr ohne.

Das „Hackeln wie die Berserker“, wie es Elke Meissl mit energisch-oberösterreichischem Frohmut ausdrückt, hat sich gerade aufs Lieblichste bezahlt gemacht: Innerhalb von 24 Stunden entschieden Delugan Meissl vergangenen Freitag zwei Wettbewerbe für sich. In Wien gewannen sie das geladene Verfahren für einen Fachhochschul-Campus im 10. Bezirk für 3000 Studenten. Der wichtigere Anruf besagten Tages enthielt ebenfalls Gratulationsbotschaften, er kam aus Deutschland, genauer aus Zuffenhausen bei Stuttgart.

Dort residiert die Dr.Ing.h.c.Porsche AG, die für den Bau der feschesten unter den für Normalsterbliche unerschwinglichen Boliden bekannt ist, und die sich für die traditionsreiche Geschichte dieser Prachtautos ein Museum wünscht. Der Weg dorthin führte über ein Bewerbungsverfahren, an dem 170 europäische Büros teilnahmen. Beachtenswert dabei: Die Auslober suchten sich jene zehn Architekten, die schließlich Entwürfe aufbereiten sollten, ausschließlich nach nach der Qualität der bis dato vorgelegten Architekturen aus - und nicht, wie hier zu Lande derzeit hoch in Mode, nach Umsatzzahlen, Mitarbeiternummern und anderen bürokratischen Widersinnigkeiten.

Und: In der Jury dominierten zahlenmäßig Fachpreisrichter, also Architekten, was ebenfalls Rückschlüsse auf eine intelligente Weitsicht des Auftraggebers zulässt. Ganz offenbar handelt es sich im Falle Porsches um ein Unternehmen, das die fachliche Kompetenz anderer anerkennt - auch das eine in den hiesigen Gegenden schmerzlich vermisste Tugend, denn das Fachwissen von Architekten darf, im Gegensatz etwa zu ärztlichem und juristischem Know-how, stets und ständig auch von den Unbedarftesten fröhlich angezweifelt werden.

Der Porsche-Gottoberste Wendelin Wiedeking saß jedenfalls auch in der Jury. Er zeigte sich sehr angetan vom Entwurf der Österreicher: „Dieses Konzept ist innovativ, modern und herausfordernd. Sicher wird es auch provozieren, aber auch das war ja eines der Ziele. Mit diesem Neubau werden wir an unserem Stammwerk in Zuffenhausen ein architektonisches Highlight setzen, das weit über die Grenzen von Stuttgart hinaus strahlen wird.“

Das Projekt ist, wenn man so sagen kann, typisch Delugan Meissl: Ein gekonnt „zurechtgekneteter“ Baukörper mit überzeugendem Innenleben. Von außen betrachtet wirkt der Entwurf monolithisch, klar geschnitten und skulptural, er hat trotzdem etwas von der Dynamik des 911ers, braucht dazu aber keine Rundlichkeiten, hält sich also eher an die kantig-harten 70er-Jahre-Modelle als an die neueren Boxer-Versionen. Schnittige Rasanz entfaltet das Haus in seinem Inneren. Eine verzerrte Spirale wickelt sich mit Rampen und Treppen um eine „Arena“. Die Architekten haben hier gewissermaßen die Straße in das Museum hineingeleitet, sie entwickelt sich zu weiten Boulevards, gießt sich in Piazze und bereitet dort den Boliden die rechten Ausstellungs- und Themenplätzchen auf.

Gezeigt wird die Geschichte des Unternehmens, geteilt in die Epochen vor und nach 1948, also in die Zeit Ferdinand Porsches und die Dekaden seiner Nachfolger. Im Brennpunkt der Schau stehen natürlich die Autos. Damit die bunt glänzenden Oldtimer und die wild beklebten Haudegen historischer Rennen so recht zur Geltung kommen, nimmt sich der Innenausbau des Museums betont zurück und wird in ruhigen, unaufgeregten Materialien und Farbtönen erfolgen. Im Auge dieses Rampen-und Spiralen-Zyklons befindet sich mit der „Arena“ eine prominente Räumlichkeit für Events aller Art, etwa für die Präsentation neuer Porsche-Modelle.

Das Museum verfügt des Weiteren über Mehrzwecksäle, Konferenz- und Verwaltungsräume sowie Shop, Gastronomie und ein befahrbares Dach. Die Bewegung dominiert die Architektur, und diese nimmt geschickt Rücksicht auf die langsamere Gangart des Menschen, setzt aber auch über die Straßenhaftigkeit der Rampen die Vielgängigkeit der Exponate, also der Autos, rasant in Szene.

In speediger Manier auch das weitere Procedere: Das Projekt wird noch heuer in Bau gehen, 2007 wird eröffnet, die Porsche-Bosse erwarten „deutlich über 200.000“ Museumsbesucher pro Jahr. Kosten wird diese Skulptur aus Stahlbeton rund 50 Millionen Euro.

Delugan und Meissl haben also demnächst einiges zu tun, sie wollen ihre Bürostruktur mit insgesamt zehn Leuten dennoch schmal, übersichtlich, familiär halten. Vor Kurzem erst wurden Dietmar Feistel, Martin Josst und Christopher Schweiger zu Büropartnern, weil die, so Meissl, sowieso „einen irren Input liefern und das von den Schwingungen her im Büro sehr gut funktioniert“. Andere Architekten warten mit Schritten wie diesen bis 20 Jahre nach dem eigenen Pensionseintrittsalter.

Die junge österreichische Architektengarde zieht also recht kräftig an, ergänzend sei erwähnt, dass erst im Vorjahr die Kollegen von „Querkraft“ einen nicht minder aufregenden Wettbewerbsgewinn für den deutschen Sportartikler Adidas heimholten, über den allerdings bedauerlicherweise noch keine detaillierteren Auskünfte erteilt werden dürfen. Und die fröhliche Truppe „Alles wird gut“ gewann ebenfalls vor wenigen Tagen einen landschaftsplanerischen Wettbewerb in Luxemburg auf dem 11.000-Quadratmeter-Areal eines ehemaligen Stahlwerks gegen kräftige internationale Konkurrenz. Alle diese Architekten und Architektinnen haben etwas gemeinsam: Sie sind jung, sie sind gut, sie werden diese Projekte in Absprache mit ihren Auftraggebern vorzüglich umsetzen - und sie hätten bei heimischen Bewerbungsverfahren à la Ronacher keine Chance, weil sie im Gegensatz zu Ältergedienten die „Mindestanforderungen“ nicht erfüllen. Na ja, bauen sie halt anderswo.

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